Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Gräser bestimmen weitgehend den Aspekt der Wiesen, bunte Blühaspekte sind selten (Abb. 83). Im Frühjahr sind die fetten Glatthaferwiesen durch Taraxacum sect. Ruderalia einheitlich gelb gefärbt. Später bringen Crepis biennis, Heracleum sphondylium, Leucanthemum vulgare und Centaurea jacea s. l. etwas Farbe in die gräserdominierten Wiesen (Abb. 84). Gelegentlich bestimmen Stickstoffzeiger wie Anthriscus sylvestris den Aspekt (Abb. 85). Diese differentialartenlose Ausbildung beinhaltet hochproduktive Glatthaferwiesen mit hohem Futterwert auf gut gedüngten Standorten (vgl. Dierschke & Briemle 2002). Sie besiedelt frische, gut basenversorgte und ausgesprochen nährstoffreiche Böden; dies zeigen auch die mittleren Zeigerwerte der 43 Vegetationsaufnahmen: mF 5,4; mR 6,3; mN 5,8. Die mittlere Stickstoffzahl erreicht den höchsten Wert aller Glatthaferwiesen- Ausbildungen. Diese Glatthaferwiesen frischer Standorte sind im gesamten Untersuchungsgebiet weit verbreitet. Ein Schwerpunktvorkommen liegt im Südwesten, aus dem auch die meisten Aufnahmen stammen. Eine detailliertere Untergliederung des Aufnahmematerials ist nicht möglich, da weitere differenzierende Artengruppen (z. B. Magerkeitszeiger, nitrophile Arten) fehlen. Die Aufnahmen sind nach abnehmender mittlerer Artenzahl sortiert. Daran zeigt sich, dass in den artenärmeren Beständen die Arten der Arrhenatheretalia und der Molinio- Arrhenatheretea zurücktreten. In ihnen herrschen produktive Gräser wie Holcus lanatus, Alopecurus pratensis und Dactylis glomerata vor. 146 Die Glatthaferwiesen, die häufiger oder etwas länger überflutet werden (Arrhenatheretum symphytetosum), fehlen im Untersuchungsgebiet. Diese Standorte werden meist von Feuchtwiesen eingenommen. Den Glatthaferwiesen Luxemburgs fehlen demzufolge weitgehend ausgesprochene Nässezeiger (Angelica sylvestris, Lotus pedunculatus, Carex acutiformis, C. acuta u. a.). So konnte nach dem vorliegenden Aufnahmematerial auch die von Ellenberg (1996) genannte Seggen-Glatthaferwiese mit Nässezeigern wie Caltha palustris, Carex acutiformis, C. acuta nicht unterschieden werden. Im Untersuchungsgebiet fallen der Glatthafer und weitere typische Arten der Glatthaferwiesen auf den feuchten bis nassen Böden weitgehend aus und Arten der Molinietalia herrschen vor. Aufgrund des atlantischen Klimaeinflusses gibt es zu wenige und zu kurze Trockenperioden auf den grundwasserbeeinflussten Böden. Häufige bis dauerhafte Durchfeuchtung des Oberbodens hemmt Arrhenatherum elatius (Ellenberg 1996). Den Einfluss des Allgemeinklimas auf die Ausbildung und die Artenzusammensetzung von Glatthaferwiesen stellt Ellenberg (1996) ausführlich am Beispiel von Wiesen aus Südwest- und Nordwestdeutschland dar. Während im kontinental geprägten Südwesten Deutschlands Kennarten des Arrhenatheretum zusammen mit Feuchte- und Nässezeiger vorkommen, schließen sie sich im Nordwesten aus. Ökologie Die Glatthaferwiesen weisen hinsichtlich der Wasser-, Nährstoff- und Basenversorgung eine recht weite Amplitude auf. Die Standortbedingungen der jeweiligen Ausbildung der Glatthaferwiesen wurden bereits in den Ausführungen zur Untergliederung besprochen. Hier wird die ökologische Charakterisierung zusammenfassend dargestellt. Glatthaferwiesen kommen auf zeitweise trockenen bis wechselfeuchten, aber hauptsächlich frischen, meist gut wasserversorgten Böden vor. Die Nährstoffversorgung ist weitestgehend durch Düngung geregelt, so dass die Standorte meist gut mit Nährstoffen, vor allem Stickstoff, versorgt sind. Glatthaferwiesen kommen auf basenreichen bis mäßig basenreichen, teilweise auch ausgesprochen basenreichen Standorten vor. Die Bewirtschaftungsweise und -intensität nehmen einen entscheidenden Einfluss auf die Ausprägungen der Glatthaferwiesen. Verbreitung Glatthaferwiesen sind im gesamten Untersuchungsgebiet verbreitet und nahezu aus allen Naturräumen dokumentiert. Im Ösling sind sie allerdings seltener ausgebildet, es gibt daher auch nur wenige Vegetationsaufnahmen aus dem Norden. Dort stehen Weidenutzung und Ackerbau stärker im Vordergrund. Das Arrhenatheretum besiedelt verschiedene Substrate in Luxemburg. Die tonigen, meist basenreichen Braunerden der Gipsmergel und bunten Mergel des Gipskeupers, die zeitweise stark austrocknen können, sind für die Ausbildung der bodentrockenen und wechselfeuchten Glatthaferwiesen geeignet. Die meist schweren, tonhaltigen Böden der Lias-Mergel, Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs die zur Vernässung neigen, bilden die Ausgangssubstrate der wechselfeuchten bis mäßig feuchten Glatthaferwiesen. Auf den steinig-lehmigen Schiefer-Böden kommen ebenfalls Glatthaferwiesen vor. Sehr selten sind Glatthaferwiesen auf Böden des Oberen Muschelkalk (z. B. Dolomitgesteine, kalkhaltige Mergel) und auf Sandstein (Luxemburger Sandstein, Buntsandstein). Gut und artenreich ausgeprägt sind sie z. B. im Osten und im zentralen Teil des Landes auf Keuper- und Muschelkalkstandorten, im Süden bzw. Südwesten auf den Böden der Liastone und -mergel und mancherorts auf den Alluvialböden der Alzette. Die gut gedüngten, nährstoffreichen Glatthaferwiesen sind wesentlich häufiger als die wenig oder kaum gedüngten, mageren, artenreichen Glatthaferwiesen. Letztere sind zunehmend seltener zu finden. Klimatische, edaphische und nutzungsbedingte Kriterien wie der atlantische Klimaeinfluss, die weite Verbreitung toniger, wasserstauender Böden sowie der zunehmende Beweidungstrend lassen vermuten, dass die Glatthaferwiesen zu Gunsten der Feuchtwiesen etwas zurücktreten. Zu den Kontaktgesellschaften der Glatthaferwiesen gehören auf trockenen Böden Halbtrockenrasen des Bromion und Magerweiden. Auf feuchteren Böden schließen sich Feuchtwiesen (Calthion- Verbandsgesellschaft, Angelico-Cirsietum oleracei, Bromo-Senecionetum aquatici) an. Sehr häufig grenzen sie an intensiver genutzte Grünlandgesellschaften wie die Alopecurus pratensis-Gesellschaft, die Arrhenatheretalia- oder Molinio-Arrhenatheretea-Gesellschaft. Zudem sind die Glatthaferwiesen in den unterschiedlichen Ausbildungen untereinander stark verzahnt. Aspekte des Naturschutzes Glatthaferwiesen sind in Luxemburg zwar noch relativ weit verbreitet, gehören aber dennoch zu den vom Rückgang betroffenen Graslandgesellschaften. Da diese Wiesen die landwirtschaftlich wichtigsten Futterwiesen sind, werden sie meistens intensiv genutzt. Gefährdet sind Glatthaferwiesen vorwiegend durch die bereits erörterte Intensivierung der Nutzung, vor allem durch stärkere Düngung, frühere und häufigere Mahdtermine, Vereinheitlichung der Bewirtschaftung auf großen Schlägen sowie Nachsaat mit produktiven Gras-Arten. Je größer die Bewirtschaftungsintensität, desto stärker nimmt die Artenvielfalt ab (Ruthsatz et al. Ferrantia66 / 2011 2004). Die landwirtschaftliche Intensivierung hat zum Verschwinden gut ausgeprägter Wiesen und vor allem der Magerwiesen geführt (Dierschke 1997a, Ruthsatz et al. 2004). Viele Zeigerarten, in besonderem Maße die Magerkeitszeiger, reagieren sehr empfindlich auf die intensivere Bewirtschaftung (Dierschke & Briemle 2002). Sie sind gegenüber den wuchskräftigen, durch Düngung geförderten Arten, nicht konkurrenzkräftig und werden verdrängt. Vor allem die Umwandlung in Äcker durch Umbruch und Einsaat führte zum Rückgang extensiv genutzter Glatthafer- wiesen. Sicherlich sind einige Glatthaferwiesen auch aufgrund der Ausweitung des Maisanbaus verschwunden. Nutzungsaufgabe stellt eine weitere, aber weniger bedeutende Gefährdung dar. Bei Brachfallen entwickeln sich artenarme Arrhenatherion-Bestände mit Dominanz des Glatthafer oder des Wiesen-Fuchsschwanz. Gelegentlich wandern Nitrophyten ein (Dierschke 1997a), und auf Böden mit hohem Nährstoffgehalt entwickeln sich nitrophile Staudengesellschaften. Die Mähwiesen in Luxemburg haben in den letzten Jahren zu Gunsten der Viehweiden abgenommen (s. Tab. A1, Anhang A). Sicherlich sind von diesem Nutzungswandel größtenteils Glatthaferwiesen betroffen. Die Glatthaferwiesen werden zunehmend häufig beweidet und schließlich vollständig in Viehweiden (meist Fettweiden) umgewandelt. Auch die Nutzung als Mähweide führt zu Änderungen in der Artenzusammensetzung und Struktur der Wiesen. Glatthaferwiesen lassen sich leicht in Fettweiden überführen (Dierschke 1997a). Neben dem Flächenverlust weisen einige Autoren (Bergmeier & Nowak 1988, Lisbach & Peppler-Lisbach 1996) besonders auf die floristische Verarmung von Glatthaferwiesen hin. Diese Ursachen haben in Luxemburg wie auch in vielen Regionen Deutschlands zum Rückgang der Glatthaferwiesen geführt (Oberdorfer 1993c, Dierschke 1997a, Nawrath 2005, Riecken et al. 2006, Ruthsatz 2009a). Glatthaferwiesen sind heute unbedingt schutzwürdig. Sie sind ausgesprochen arten- und blütenreich. Insbesondere weisen die mageren Glatthaferwiesen eine Vielzahl an immer seltener werdenden sowie heute bereits seltenen und bedrohten Pflanzenarten auf. Sie tragen maßgeblich zur Biodiversität in unserer Landschaft bei. Der Erhalt der mageren Mähwiesen sollte eine hohe Priorität im Naturschutz genießen. Der Schutz und die Pflege 147

S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />

die zur Vernässung neigen, bilden die Ausgangssubstrate<br />

der wechselfeuchten bis mäßig feuchten<br />

Glatthaferwiesen. Auf den steinig-lehmigen<br />

Schiefer-Böden kommen ebenfalls Glatthaferwiesen<br />

vor. Sehr selten sind Glatthaferwiesen auf<br />

Böden des Oberen Muschelkalk (z. B. Dolomitgesteine,<br />

kalkhaltige Mergel) und auf Sandstein<br />

(Luxemburger Sandstein, Buntsandstein). Gut<br />

und artenreich ausgeprägt sind sie z. B. im Osten<br />

und im zentralen Teil des Landes auf Keuper- und<br />

Muschelkalkstandorten, im Süden bzw. Südwesten<br />

auf den Böden der Liastone und -mergel und<br />

mancherorts auf den Alluvialböden der Alzette. <strong>Die</strong><br />

gut gedüngten, nährstoffreichen Glatthaferwiesen<br />

sind wesentlich häufiger als die wenig oder kaum<br />

gedüngten, mageren, artenreichen Glatthaferwiesen.<br />

Letztere sind zunehmend seltener zu<br />

finden. Klimatische, edaphische und nutzungsbedingte<br />

Kriterien wie der atlantische Klimaeinfluss,<br />

die weite Verbreitung toniger, wasserstauender<br />

Böden sowie der zunehmende Beweidungstrend<br />

lassen vermuten, dass die Glatthaferwiesen zu<br />

Gunsten der Feuchtwiesen etwas zurücktreten.<br />

Zu den Kontaktgesellschaften der Glatthaferwiesen<br />

gehören auf trockenen Böden Halbtrockenrasen<br />

des Bromion und Magerweiden. Auf feuchteren<br />

Böden schließen sich Feuchtwiesen (Calthion-<br />

Verbandsgesellschaft, Angelico-Cirsietum oleracei,<br />

Bromo-Senecionetum aquatici) an. Sehr häufig<br />

grenzen sie an intensiver genutzte Grünlandgesellschaften<br />

wie die Alopecurus pratensis-Gesellschaft,<br />

die Arrhenatheretalia- oder Molinio-Arrhenatheretea-Gesellschaft.<br />

Zudem sind die Glatthaferwiesen<br />

in den unterschiedlichen Ausbildungen<br />

untereinander stark verzahnt.<br />

Aspekte des Naturschutzes<br />

Glatthaferwiesen sind in Luxemburg zwar noch<br />

relativ weit verbreitet, gehören aber dennoch zu<br />

den vom Rückgang betroffenen <strong>Graslandgesellschaften</strong>.<br />

Da diese Wiesen die landwirtschaftlich<br />

wichtigsten Futterwiesen sind, werden sie<br />

meistens intensiv genutzt.<br />

Gefährdet sind Glatthaferwiesen vorwiegend<br />

durch die bereits erörterte Intensivierung der<br />

Nutzung, vor allem durch stärkere Düngung,<br />

frühere und häufigere Mahdtermine, Vereinheitlichung<br />

der Bewirtschaftung auf großen Schlägen<br />

sowie Nachsaat mit produktiven Gras-Arten.<br />

Je größer die Bewirtschaftungsintensität, desto<br />

stärker nimmt die Artenvielfalt ab (Ruthsatz et al.<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011<br />

2004). <strong>Die</strong> landwirtschaftliche Intensivierung hat<br />

zum Verschwinden gut ausgeprägter Wiesen und<br />

vor allem der Magerwiesen geführt (<strong>Die</strong>rschke<br />

1997a, Ruthsatz et al. 2004). Viele Zeigerarten, in<br />

besonderem Maße die Magerkeitszeiger, reagieren<br />

sehr empfindlich auf die intensivere Bewirtschaftung<br />

(<strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002). Sie sind<br />

gegenüber den wuchskräftigen, durch Düngung<br />

geförderten Arten, nicht konkurrenzkräftig und<br />

werden verdrängt. Vor allem die Umwandlung<br />

in Äcker durch Umbruch und Einsaat führte<br />

zum Rückgang extensiv genutzter Glatthafer-<br />

wiesen. Sicherlich sind einige Glatthaferwiesen<br />

auch aufgrund der Ausweitung des Maisanbaus<br />

verschwunden. Nutzungsaufgabe stellt eine<br />

weitere, aber weniger bedeutende Gefährdung<br />

dar. Bei Brachfallen entwickeln sich artenarme<br />

Arrhenatherion-Bestände mit Dominanz des<br />

Glatthafer oder des Wiesen-Fuchsschwanz.<br />

Gelegentlich wandern Nitrophyten ein (<strong>Die</strong>rschke<br />

1997a), und auf Böden mit hohem Nährstoffgehalt<br />

entwickeln sich nitrophile Staudengesellschaften.<br />

<strong>Die</strong> Mähwiesen in Luxemburg haben<br />

in den letzten Jahren zu Gunsten der Viehweiden<br />

abgenommen (s. Tab. A1, Anhang A). Sicherlich<br />

sind von diesem Nutzungswandel größtenteils<br />

Glatthaferwiesen betroffen. <strong>Die</strong> Glatthaferwiesen<br />

werden zunehmend häufig beweidet<br />

und schließlich vollständig in Viehweiden (meist<br />

Fettweiden) umgewandelt. Auch die Nutzung als<br />

Mähweide führt zu Änderungen in der Artenzusammensetzung<br />

und Struktur der Wiesen.<br />

Glatthaferwiesen lassen sich leicht in Fettweiden<br />

überführen (<strong>Die</strong>rschke 1997a). Neben dem<br />

Flächenverlust weisen einige Autoren (Bergmeier<br />

& Nowak 1988, Lisbach & Peppler-Lisbach 1996)<br />

besonders auf die floristische Verarmung von<br />

Glatthaferwiesen hin.<br />

<strong>Die</strong>se Ursachen haben in Luxemburg wie auch<br />

in vielen Regionen Deutschlands zum Rückgang<br />

der Glatthaferwiesen geführt (Oberdorfer 1993c,<br />

<strong>Die</strong>rschke 1997a, Nawrath 2005, Riecken et al.<br />

2006, Ruthsatz 2009a). Glatthaferwiesen sind<br />

heute unbedingt schutzwürdig. Sie sind ausgesprochen<br />

arten- und blütenreich. Insbesondere<br />

weisen die mageren Glatthaferwiesen eine<br />

Vielzahl an immer seltener werdenden sowie<br />

heute bereits seltenen und bedrohten Pflanzenarten<br />

auf. Sie tragen maßgeblich zur Biodiversität<br />

in unserer Landschaft bei. Der Erhalt der<br />

mageren Mähwiesen sollte eine hohe Priorität im<br />

Naturschutz genießen. Der Schutz und die Pflege<br />

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