Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

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S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs 122 (Colling et al. 2002). Scorzonera kommt nur auf ungedüngten Feuchtwiesen vor, da sie sehr düngeempfindlich ist (Colling et al. 1994, Oberdorfer 2001). Die Niedrige Schwarzwurzel ist Auswertungen früherer Aufnahmen von Reichling aus den 1950er Jahren zufolge in Luxemburg damals nur in Molinion-Wiesen aufgetreten (Colling et al. 2002). Im Allgemeinen herrscht auch Molinia caerulea nur dort vor, wo über längere Zeiträume keine Düngung erfolgte (Bergmeier et al. 1984, Ellenberg 1996). 4.5 Glatthaferwiesen (Arrhenatherion elatioris) 4.5.1 Allgemeines und syntaxonomische Einordnung Die Arrhenatheretalia Tüxen 1931 (Fett- oder Frischwiesen und -weiden sowie Vielschur-Rasen) umfassen alle Mähwiesen, Viehweiden und Mähweiden frischer Standorte. Sie stellen – mit Ausnahme der mageren Ausprägungen – die produktivsten Futterwiesen und Viehweiden dar. Die Art der Bewirtschaftung sowie die Höhenlage wirken sich auf die floristische Struktur der Gesellschaften aus. So beruht die floristische Differenzierung der Arrhenatheretalia in mehrere Verbände auf der Art und Intensität der Bewirtschaftung. Die Arrhenatheretalia umfassen jeweils zwei Verbände der Wiesen und der Weiden. Intensive Nutzung (dauerhafte Beweidung, häufiger Schnitt, starke Düngung) führt zur Artenverarmung (Oberdorfer 1993c, Dierschke 1997a, Dierschke & Briemle 2002). Gesellschaften der Arrhenatheretalia finden sich vor allem auf tiefgründigen, lehmigen, basen- und nährstoffreichen Böden. Die Arten der Arrhenatheretalia bedürfen einer ausgeglichenen Wasser- und guten Nährstoffversorgung (Oberdorfer 1993c, Dierschke 1997a, Dierschke & Briemle 2002). Im Untersuchungsgebiet kommen Pflanzengesellschaften des Arrhenatherion elatioris W. Koch 1926 (Tieflagen-Frischwiesen), Cynosurion cristati Tx. 1947 (Fettweiden) und des Polygono-Trisetion Br.-Bl. et Tx. ex Marschall 1947 nom. invers. propos. (Gebirgs-Frischwiesen) vor. Auch die Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft wird der Arrhenatheretalia-Ordnung angeschlossen. Den Gesellschaften der Arrhenatheretalia werden die feuchten und nassen Futterwiesen der Ordnung Molinietalia caeruleae und die Flutrasengesellschaften der Ordnung Potentillo-Polygonetalia gegenübergestellt. Der Verband Arrhenatherion umfasst gedüngte, artenreiche Mähwiesen trockener bis mäßig feuchter Standorte planarer bis submontaner Lagen. Die Wiesen werden meist mäßig bis stark gedüngt (mit Gülle, Mineraldünger, Stallmist), ein- bis dreimal im Jahr gemäht und gelegentlich im Spätsommer mit Kühen und Rindern nachbeweidet. Die frühere ein- bis zweimalige Mahd zur Heugewinnung wird heute zunehmend von einer mehrmaligen Mahd zur Silageherstellung abgelöst. Somit werden die Heuwiesen durch artenarmes Intensivgrünland verdrängt (Lisbach & Peppler-Lisbach 1996). Die im Laufe der letzten Jahrzehnte selten gewordenen und heute stark gefährdeten mageren, extensiv genutzten Glatthaferwiesen werden hier in besonderem Maße betrachtet. Sie unterscheiden sich durch eine Vielzahl an Magerkeitszeigern von den hochproduktiven Fettwiesen. Das Arrhenatherion ist relativ arm an eigenen Kennarten, da es innerhalb der Ordnung eine zentrale Stellung einnimmt (Dierschke 1997a). Zu den Kennarten des Verbandes gehören nach Dierschke (1997a): Arrhenatherum elatius, Crepis biennis und Galium mollugo subsp. erectum. Daucus carota und Ranunculus bulbosus werden von Dierschke (2004) als Differentialarten des Arrhenatherion eingestuft. Sie können im Untersuchungsgebiet nur als Differentialarten der mageren, trockenen und z. T. basenreichen Glatthaferwiesen gelten. Bromus hordeaceus ist ein steter Begleiter der Glatthaferwiesen. Die Kenn- und Trennarten der Arrhenatheretalia werden in der vorliegenden Arbeit nach Dierschke (1997a) und Dierschke (2004) verwendet. Es gibt zahlreiche, meist kleinräumige Übergänge zu Halbtrockenrasen (Bromion erecti), Weiden (Cynosurion), Feuchtwiesen (Calthion, Molinion), Flutrasen (Potentillion anserinae) sowie Saumgesellschaften (Glechometalia hederaceae). Der Übergangsbereich zwischen Glatthaferwiesen und Gold- haferwiesen ist in Luxemburg wenig ausgeprägt. Vom Polygono-Trisetion unterscheidet sich das Arrhenatherion durch das Fehlen montaner Arten. Diese beiden Wiesen-Verbände unterscheiden sich vom Cynosurion durch das Vorkommen weideempfindlicher Arten, wie Avenula pubescens, Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Knautia arvensis, Leucanthemum vulgare, Lotus corniculatus, Heracleum sphondylium, Trisetum flavescens und Pimpinella major (Dierschke 1997a). Ruderalisierte Straßenrand-Wiesen (in Dierschke 1997a als Artemisia vulgaris-Arrhenatherum-Gesellschaft angesprochen) werden in vorliegender Arbeit nicht behandelt. Grünland-Bestände, die durch Ansaat (oder Einsaat) künstlich angelegt sind, werden in der vorliegenden Arbeit ebenfalls nicht berücksichtigt. Dieses artenarme, meist nur aus wenigen Grasarten bestehende intensivst genutzte „Ansaatgrünland“ sollte generell nicht der Molinio-Arrhenatheretea zugeordnet werden (s. auch Nawrath 2005). 4.5.2 Arrhenatheretum elatioris Br.-Bl. 1915 (Glatthafer-Wiese) Tab. C14, Abb. A37, A38, A39, A40, A41, A42, A43, A44, A45, A46, A47 Das Arrhenatheretum elatioris umfasst artenreiche Frischwiesen der planaren bis submontanen Stufe. Durch intensive Nutzung (starke Düngung) der Glatthaferwiesen kommt es zur Verarmung an Arten. Die Wiesen werden dann mangels Kennarten der Ordnung oder nur der Klasse angeschlossen. Das Fehlen von Verbands- und Assoziationskennarten führt somit automatisch zur Einordnung der Bestände zur Arrhenatheretalia-Ordnungsgesellschaft oder Molinio-Arrhenatheretea-Klassengesellschaft (s. Kap. 4.6). Die Glatthaferwiese ist neben der Feuchtwiesen- Verbandsgesellschaft die häufigste Wiesengesellschaft des gemähten Grünlandes in Luxemburg. Die Glatthaferwiese ist mit 246 Vegetationsaufnahmen die am umfangreichsten dokumentierte Pflanzengesellschaft des Untersuchungsgebietes. Dazu zählen 133 eigene Aufnahmen, die vorwiegend die mageren Glatthaferwiesen belegen. Mit den eigenen Untersuchungen wurden gezielt magere Ausbildungen der Glatthaferwiesen aufgesucht, um deren Vielfalt zu dokumentieren und ihren Schutzwert aufzuzeigen. Sie waren im bisher vorhandenen Datenmaterial unterrepräsentiert. Dieser Vegetationstyp ist in Abhängigkeit von der Nährstoff-, Basen- und Wasserversorgung sowie der Nutzungsintensität sehr vielgestaltig. Dies Ferrantia66 / 2011 spiegelt sich in der Artenzusammensetzung, den Artenzahlen, der Vertikalstruktur und den phänologischen Aspekten der Wiesen wider. Diese Merkmale werden in der jeweiligen Untereinheit im Detail behandelt. Aspekt und Struktur Die untersuchten Glatthaferwiesen zeigen sehr vielfältige Blühaspekte, sind mittel- bis hochwüchsig und haben eine deutliche Schichtung. Eine Vielzahl an auffällig blühenden Kräutern tragen zur Buntheit der Wiesen bei (Abb. 61). Häufig und aspektbestimmend sind dabei die typischen Arten der Frischwiesen (Arrhenatherion, Arrhenatheretalia) oder weiter verbreitete Wiesenpflanzen, die vor allem die Mittelschicht prägen: Crepis biennis, Leucanthemum vulgare, Achillea millefolium, Rumex acetosa, Centaurea jacea s. l., Ranunculus acris, Lotus corniculatus, Trifolium pratense, Lathyrus pratensis, einige Vicia- Arten, Heracleum sphondylium, Tragopogon pratensis agg., Pimpinella major, Knautia arvensis und Galium mollugo subsp. erectum (Abb. 62, Abb. 63, Abb. 64), wobei die eine oder andere Art ihren Schwerpunkt in den mageren Glatthaferwiesen hat. Besonders blütenreich sind die bodentrockenen, basenreichen Glatthaferwiesen. In ihnen zeigen z. B. Salvia pratensis, Centaurea scabiosa und Scabiosa columbaria mit ihren blauen und violetten Blüten farbenprächtige Aspekte. Seltener sind Aspekte mit der Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata) und dem Heilziest (Stachys officinalis). Im Spätsommer blüht dann die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) in extensiv genutzten Wiesen (Abb. 65). Neben den auffallenden Kräutern sind zahlreiche Ober-, Mittel- und Untergräser maßgeblich am Aufbau der Glatthaferwiesen beteiligt. Dabei bilden einige sehr produktive Obergräser wie Arrhenatherum elatius, Alopecurus pratensis, Dactylis glomerata und Festuca pratensis die Oberschicht. Diese ist besonders in den nährstoffreichen (fetten) Frischwiesen sehr üppig und kann bis etwa 130 cm hoch wachsen, während sie in den mageren Ausbildungen i. d. R. nur 80 bis 100 cm Höhe erreicht. Die Mittelschicht (40 bis 50 cm hoch) wird von den oben genannten farbenprächtigen Kräutern sowie zahlreichen Gräsern, z. B. von Holcus lanatus, Poa pratensis subsp. pratensis, P. trivialis, Anthoxanthum odoratum, Festuca rubra agg., Bromus hordeaceus, Trisetum flavescens, Cynosurus cristatus, Agrostis capillaris und in den nährstoffarmen (mageren) Wiesen auch Avenula pubescens, Bromus erectus und Briza media aufgebaut. Am Aufbau der Unter- 123

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(Colling et al. 2002). Scorzonera kommt nur auf<br />

ungedüngten Feuchtwiesen vor, da sie sehr düngeempfindlich<br />

ist (Colling et al. 1994, Oberdorfer<br />

2001). <strong>Die</strong> Niedrige Schwarzwurzel ist Auswertungen<br />

früherer Aufnahmen von Reichling aus den<br />

1950er Jahren zufolge in Luxemburg damals nur in<br />

Molinion-Wiesen aufgetreten (Colling et al. 2002). Im<br />

Allgemeinen herrscht auch Molinia caerulea nur dort<br />

vor, wo über längere Zeiträume keine Düngung<br />

erfolgte (Bergmeier et al. 1984, Ellenberg 1996).<br />

4.5 Glatthaferwiesen<br />

(Arrhenatherion elatioris)<br />

4.5.1 Allgemeines und syntaxonomische<br />

Einordnung<br />

<strong>Die</strong> Arrhenatheretalia Tüxen 1931 (Fett- oder<br />

Frischwiesen und -weiden sowie Vielschur-Rasen)<br />

umfassen alle Mähwiesen, Viehweiden und<br />

Mähweiden frischer Standorte. Sie stellen – mit<br />

Ausnahme der mageren Ausprägungen – die<br />

produktivsten Futterwiesen und Viehweiden dar.<br />

<strong>Die</strong> Art der Bewirtschaftung sowie die Höhenlage<br />

wirken sich auf die floristische Struktur der Gesellschaften<br />

aus. So beruht die floristische Differenzierung<br />

der Arrhenatheretalia in mehrere Verbände<br />

auf der Art und Intensität der Bewirtschaftung. <strong>Die</strong><br />

Arrhenatheretalia umfassen jeweils zwei Verbände<br />

der Wiesen und der Weiden. Intensive Nutzung<br />

(dauerhafte Beweidung, häufiger Schnitt, starke<br />

Düngung) führt zur Artenverarmung (Oberdorfer<br />

1993c, <strong>Die</strong>rschke 1997a, <strong>Die</strong>rschke & Briemle<br />

2002).<br />

Gesellschaften der Arrhenatheretalia finden sich<br />

vor allem auf tiefgründigen, lehmigen, basen- und<br />

nährstoffreichen Böden. <strong>Die</strong> Arten der Arrhenatheretalia<br />

bedürfen einer ausgeglichenen Wasser- und<br />

guten Nährstoffversorgung (Oberdorfer 1993c,<br />

<strong>Die</strong>rschke 1997a, <strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002).<br />

Im Untersuchungsgebiet kommen Pflanzengesellschaften<br />

des Arrhenatherion elatioris W. Koch<br />

1926 (Tieflagen-Frischwiesen), Cynosurion cristati<br />

Tx. 1947 (Fettweiden) und des Polygono-Trisetion<br />

Br.-Bl. et Tx. ex Marschall 1947 nom. invers.<br />

propos. (Gebirgs-Frischwiesen) vor. Auch die<br />

Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft wird<br />

der Arrhenatheretalia-Ordnung angeschlossen. Den<br />

Gesellschaften der Arrhenatheretalia werden die<br />

feuchten und nassen Futterwiesen der Ordnung<br />

Molinietalia caeruleae und die Flutrasengesellschaften<br />

der Ordnung Potentillo-Polygonetalia<br />

gegenübergestellt.<br />

Der Verband Arrhenatherion umfasst gedüngte,<br />

artenreiche Mähwiesen trockener bis mäßig<br />

feuchter Standorte planarer bis submontaner<br />

Lagen. <strong>Die</strong> Wiesen werden meist mäßig bis stark<br />

gedüngt (mit Gülle, Mineraldünger, Stallmist),<br />

ein- bis dreimal im Jahr gemäht und gelegentlich<br />

im Spätsommer mit Kühen und Rindern nachbeweidet.<br />

<strong>Die</strong> frühere ein- bis zweimalige Mahd<br />

zur Heugewinnung wird heute zunehmend von<br />

einer mehrmaligen Mahd zur Silageherstellung<br />

abgelöst. Somit werden die Heuwiesen durch<br />

artenarmes Intensivgrünland verdrängt (Lisbach<br />

& Peppler-Lisbach 1996). <strong>Die</strong> im Laufe der<br />

letzten Jahrzehnte selten gewordenen und heute<br />

stark gefährdeten mageren, extensiv genutzten<br />

Glatthaferwiesen werden hier in besonderem<br />

Maße betrachtet. Sie unterscheiden sich durch eine<br />

Vielzahl an Magerkeitszeigern von den hochproduktiven<br />

Fettwiesen.<br />

Das Arrhenatherion ist relativ arm an eigenen<br />

Kennarten, da es innerhalb der Ordnung eine<br />

zentrale Stellung einnimmt (<strong>Die</strong>rschke 1997a).<br />

Zu den Kennarten des Verbandes gehören nach<br />

<strong>Die</strong>rschke (1997a): Arrhenatherum elatius, Crepis<br />

biennis und Galium mollugo subsp. erectum. Daucus<br />

carota und Ranunculus bulbosus werden von<br />

<strong>Die</strong>rschke (2004) als Differentialarten des Arrhenatherion<br />

eingestuft. Sie können im Untersuchungsgebiet<br />

nur als Differentialarten der mageren,<br />

trockenen und z. T. basenreichen Glatthaferwiesen<br />

gelten. Bromus hordeaceus ist ein steter Begleiter<br />

der Glatthaferwiesen. <strong>Die</strong> Kenn- und Trennarten<br />

der Arrhenatheretalia werden in der vorliegenden<br />

Arbeit nach <strong>Die</strong>rschke (1997a) und <strong>Die</strong>rschke<br />

(2004) verwendet.<br />

Es gibt zahlreiche, meist kleinräumige Übergänge<br />

zu Halbtrockenrasen (Bromion erecti), Weiden<br />

(Cynosurion), Feuchtwiesen (Calthion, Molinion),<br />

Flutrasen (Potentillion anserinae) sowie Saumgesellschaften<br />

(Glechometalia hederaceae). Der Übergangsbereich<br />

zwischen Glatthaferwiesen und Gold-<br />

haferwiesen ist in Luxemburg wenig ausgeprägt.<br />

Vom Polygono-Trisetion unterscheidet sich das<br />

Arrhenatherion durch das Fehlen montaner Arten.<br />

<strong>Die</strong>se beiden Wiesen-Verbände unterscheiden<br />

sich vom Cynosurion durch das Vorkommen<br />

weideempfindlicher Arten, wie Avenula pubescens,<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011

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