Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs
Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs
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S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />
Verbreitungsschwerpunkt hatten und aus klimatischen<br />
Gründen kein Getreide angebaut werden<br />
konnte. Kennzeichen der Streuwiesen sind eine<br />
späte Mahd (Spätsommer bis Herbst) und keine<br />
Düngung. In ihnen können sich spät entwickelnde<br />
und gegenüber Mahd empfindliche Arten wie<br />
Molinia caerulea sehr gut entfalten (Nowak 1992,<br />
Ellenberg 1996, <strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002).<br />
<strong>Die</strong> Streuwiesennutzung ist nicht für die<br />
Entstehung von Pfeifengraswiesen erforderlich.<br />
<strong>Die</strong> Magerwiesen konnten sich auch auf<br />
ungedüngten, ein- bis zweischürigen Mähwiesen,<br />
die zur Heunutzung gemäht wurden, entwickeln<br />
(Bergmeier 1990, Nowak 1992, Goebel<br />
1995, Nawrath 2005). Im Untersuchungsgebiet<br />
sowie in vielen anderen Regionen auch, z. B. im<br />
Rhein-Main-Gebiet, Taunus oder Gladenbacher<br />
Bergland (Nowak 1992, Goebel 1995, Nawrath<br />
2005) spielte die Streuwiesennutzung kaum eine<br />
Rolle. Zur Stalleinstreu wurde das Getreidestroh<br />
oder Laubstreu aus dem Wald genutzt. In<br />
Luxemburg nahm der Ackerbau große Teile der<br />
landwirtschaftlichen Nutzfläche ein (Tab. A1,<br />
Anhang A), so dass genügend Stalleinstreu zur<br />
Verfügung stand.<br />
Hinweise auf Pfeifengraswiesen-Vorkommen in<br />
Luxemburg, früher und heute<br />
Es kann davon ausgegangen werden, dass Pfeifengraswiesen<br />
früher in Luxemburg etwas häufiger<br />
verbreitet waren. In der lokalen Literatur gibt es<br />
allerdings nur wenige Hinweise dazu. Reichling<br />
(unveröffentlichte Daten) hat handschriftlich zu<br />
einigen seiner Vegetationsaufnahmen „Molinietum“<br />
vermerkt. Seine Aufnahme-Sammlung enthält nur<br />
wenige Aufnahmen, die diesem Typ entsprechen.<br />
<strong>Die</strong>sen Aufnahmen fehlen ebenso die Kennarten<br />
des Molinion-Verbandes.<br />
Dethioux (1967) gibt Pfeifengraswiesen von Auen<br />
und Keuper-Standorten aus dem Attert-Tal an.<br />
<strong>Die</strong>se sind auf eine kleine Anzahl von Flächen<br />
beschränkt. Seine Arbeit enthält zwei Vegetationsaufnahmen,<br />
wovon er eine dem Junco-Molinietum<br />
und eine dem Silaeto-Molinietum zuordnet. Das<br />
Silaeto-Molinietum beschreibt er als sehr selten.<br />
Faber (1975) hat einige Vegetationsaufnahmen<br />
in Molinia-reichen Beständen auf Brachflächen<br />
erstellt, deren Bestände artenärmer sind und hier<br />
nicht dem Molinion zugerechnet werden.<br />
Neben historischen Aufnahmen liefern Verbreitungsdaten<br />
und -karten der kennzeichnenden<br />
<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011<br />
Arten (Reichling unveröffentlichte Karten und<br />
Van Rompaey et al. 1979) weitere Hinweise auf das<br />
ehemalige Vorkommen von Pfeifengraswiesen.<br />
Autoren neuerer Arbeiten (Colling et al. 1994,<br />
Colling & Faber 1996, 1998, Colling & Reckinger<br />
1997) weisen auf die problematische Einstufung<br />
dieser mageren Wiesen mit Arten der Pfeifengraswiesen<br />
hin und nehmen an, dass es sich um<br />
reliktische Vorkommen von Pfeifengraswiesen<br />
(Selino carvifoliae-Molinietum caeruleae) handelt.<br />
Sie ordnen ihre Vegetationsaufnahmen, die allerdings<br />
meist nur eine Molinion-Art aufweisen, dem<br />
Calthion zu (s. Kap. 4.3.4, Calthion-VG, magere<br />
Ausbildung). Auch im Rahmen des vorliegenden<br />
landesweiten Überblicks wurden die Vegetationsaufnahmen<br />
solcher Bestände zum Calthion gestellt.<br />
<strong>Die</strong> hier einbezogenen Aufnahmen stammen zwar<br />
aus den gleichen Gebieten, erfassen aber erstmals<br />
gut ausgebildete Bestände, die dem Molinion<br />
zugeordnet werden können.<br />
Das Vorkommen alter Populationen langlebiger<br />
Kennarten nährstoffarmer Standorte wie Scorzonera<br />
humilis kann als Indikator für die frühere<br />
Verbreitung dieses Habitattyps verwendet werden<br />
Abb. 60: Scorzonera humilis bei Capellen.<br />
Foto: S. Schneider, 21.05.2008.<br />
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