Proseminar: Gödel, Escher, Bach Formale System: MU-Rätsel
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<strong>Proseminar</strong>: <strong>Gödel</strong>, <strong>Escher</strong>, <strong>Bach</strong><br />
<strong>Formale</strong> <strong>System</strong>: <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong><br />
Betreuer : Marcus Tönnis<br />
Verfasser : Chang Li<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. <strong>Formale</strong> <strong>System</strong>e<br />
1.1. Was sind <strong>Formale</strong> <strong>System</strong>e<br />
1.2. Sätze und Axiome<br />
2. Eine Einführung: MIU <strong>System</strong><br />
2.1. Das MIU <strong>System</strong><br />
2.2. Die Sätze und Axiome des MIU <strong>System</strong>s<br />
2.3. Das <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong><br />
3. Betrachtungsweisen formaler <strong>System</strong>e<br />
3.1. Nachdenken über das <strong>System</strong><br />
3.2. Die Lösung des <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong>s<br />
4. Zusammenfassung<br />
Literatur<br />
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1. <strong>Formale</strong> <strong>System</strong>e<br />
Ein <strong>Formale</strong>s <strong>System</strong> ist ein Satz von Regeln, nach dem ein Interpreter arbeiten muss. Er darf<br />
sich nur an die Regeln halten und nicht darüber hinaus nachdenken.<br />
1.1. Was sind <strong>Formale</strong> <strong>System</strong>e<br />
Ein formales <strong>System</strong> beschreibt eine formale Sprache, also ein <strong>System</strong> von Symbolketten und<br />
Regeln. Regeln sind Vorschriften für die Umwandlung einer Symbolkette in eine andere, also<br />
Produktionen einer formalen Grammatik. Die Anwendung der Regeln kann dabei ohne<br />
Kenntnis der Bedeutung der Symbole, also rein syntaktisch erfolgen. <strong>Formale</strong> <strong>System</strong>e<br />
werden in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Logik, Mathematik,<br />
Informatik und Linguistik verwendet, insbesondere um neue Aussagen aus bereits bekanntem<br />
Wissen herzuleiten. Zum Beispiel, Logiksystem wie die Aussagenlogik können durch ein<br />
formales <strong>System</strong> definiert werden. Dazu kann man normale Wörter wie und, oder, nicht<br />
verwenden, was die Verständlichkeit erhöht. Die Mathematik bedient sich seit jeher formaler<br />
<strong>System</strong>e. Die elementare Algebra, wie man sie in der Schule lernt, ist ein solches <strong>System</strong>. Sie<br />
bedient sich der Zahlen, Rechenzeichen für Addition, Subtraktion usw. und der Buchstaben<br />
für Unbekannte. In Informatik ist eine Programmiersprache auch ein <strong>Formale</strong>s <strong>System</strong>. In<br />
Linguistik ist es wie zum Beispiel die deutsche Sprache. Die Grammatik beinhaltet die Regeln,<br />
das Vokabular, wie z.B. im Duden dargestellt, bestimmt die Axiome. Sprache entsteht durch<br />
das Ableiten von Sätzen anhand der Grammatikregeln.<br />
1.2. Sätze und Axiome<br />
Jedes formale <strong>System</strong> hat eigene Regeln, nach dem ein Interpreter arbeiten kann. Er darf sich<br />
nur an die Regeln halten und nicht darüber hinaus nachdenken. Die durch Regeln<br />
herstellbaren Symbolketten nennt man SÄTZE. In einem formalen <strong>System</strong> aber braucht man<br />
SÄTZE nicht als Aussagen zu betrachten<br />
sie sind lediglich Symbolketten. Und sie werden<br />
nicht bewiesen, sondern einfach wie von einer Maschine nach gewissen typographischen<br />
Regeln erzeugt.<br />
AXIOME sind Sätze, die von vornherein als wahr vorausgesetzt werden. Ein formales<br />
<strong>System</strong> kann kein, ein, mehrere, ja sogar unendlich viele Axiome besitzen. z.B., die<br />
euklidische Geometrie hat nur fünf Axiome.<br />
Jetzt wissen wir, was formale <strong>System</strong>e, Sätze und Axiome sind. Es ist sicher möglich, dass<br />
man Computer so durch formale <strong>System</strong>e zu programmieren kann. Und das ist sicher, dass er,<br />
wenn die Aufgabe keine Lösung hat, endlos arbeitet, weil er sich nur an die Regeln halten und<br />
nicht darüber hinaus nachdenken kann. Gehen wir das Beispiel durch: Das verwendete<br />
Alphabet nutzt die Zahlen, a , m<br />
und n sind Zahlen. Es gibt eine Regel: a+1 m ( m ist<br />
die Zahl, die eins größer als a ist ), gesucht a+1+1+ +1 n. Durch die Regel addiert der<br />
Computer immer noch eine Eins, bis letzte Eins, anschließend bekommt das Ergebnis n .<br />
Falls es Million Einen gibt, oder mehrere, kann der Computer ohne Klage und ohne<br />
Langeweile immer und immer wieder tun. Es braucht nur die Zeit!<br />
2. Eine Einführung: MIU <strong>System</strong><br />
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Ein berühmtes Beispiel für ein formales <strong>System</strong> ist das <strong>MU</strong> <strong>Rätsel</strong>[1]. Douglas R. Hofstadter<br />
erfand dieses <strong>System</strong>, um die Anwendung von formalen <strong>System</strong>en im Bereich der Logik und<br />
Mathematik zu veranschaulichen.<br />
2.1. Das MIU-<strong>System</strong><br />
Das formale MIU-<strong>System</strong> ist ein sehr einfaches <strong>System</strong>, das nur drei Symbole und vier<br />
Regeln enthält. Schon die Grundrechenarten der Arithmetik, ebenfalls ein formales <strong>System</strong>,<br />
sind wesentlich komplexer. Da das <strong>System</strong> keine Entsprechungen für reale Dinge hat, im<br />
Gegensatz z.B. zu Zahlwörtern, wird der formale Charakter besonders deutlich. Im formalen<br />
<strong>System</strong> spielt ja genau die Bedeutung der Symbole keine Rolle mehr.<br />
Drei Symbole und vier Regeln<br />
Das <strong>System</strong> besteht aus den drei Symbolen M, I und U. Symbolketten können durch die<br />
folgenden vier Regeln in andere Ketten verwandelt werden:<br />
Regel1: Wenn das letzte Symbol I ist, kann U angefügt werden (aus MI wird MIU)<br />
Regel2: Aus Mx kann Mxx erzeugt werden (aus MIU wird MIUIU)<br />
Regel3: III kann durch U ersetzt werden (aus <strong>MU</strong>IIII wird <strong>MU</strong>IU)<br />
Regel4: UU kann gestrichen werden (aus <strong>MU</strong>UUI wird <strong>MU</strong>I)<br />
x in Regel2 steht für eine beliebige Symbolkette. xx bedeutet die Verdoppelung der Kette,<br />
diese wird also zweimal hintereinander gesetzt.<br />
Die Regeln dürfen in beliebiger Reihenfolge auf eine Symbolkette angewendet werden, auch<br />
mehrmals hintereinander.<br />
1. MI<br />
2. MII (Regel2)<br />
3. MIIII (Regel2)<br />
4. <strong>MU</strong>I (Regel3)<br />
5. <strong>MU</strong>IU (Regel1)<br />
6. <strong>MU</strong>IUUIU (Regel2)<br />
7. <strong>MU</strong>IIU (Regel4)<br />
2.2. Die Sätze und Axiome des MIU <strong>System</strong>s<br />
Die folgende Tabelle gibt Symbole, Sätze, Axiom und Regeln des MIU <strong>System</strong>s.<br />
Element<br />
Symbole M, I und U<br />
Satz Jede beliebige Folge der Symbole MIU, die durch die Regeln ableitbar<br />
ist.<br />
Axiom MI<br />
Schlussfolgerungs-<br />
Regeln<br />
Regel1 bis Regel4 (siehe oben)<br />
Beweis eines Reihenfolge der Anwendung von Regel1 bis Regel4 auf das Axiom MI,<br />
Satzes<br />
bis der zu beweisende Satz entsteht.<br />
Beweisbarkeit<br />
eines Satzes<br />
Möglichkeit der Existenz eines Beweises<br />
<strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong> Beweisbarkeit des Satzes <strong>MU</strong><br />
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2.3 Das <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong><br />
Das <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong> fragt nach der Beweisbarkeit des "Satzes" <strong>MU</strong>.<br />
1. Vorgegeben ist die Symbolkette MI<br />
2. Gibt es eine Folge der Anwendung der Regeln, so dass die Symbolkette <strong>MU</strong> aus MI<br />
entsteht?<br />
Abb.1 Ein systematisch konstruierter "Baum" aller SÄTZE des MIU-<strong>System</strong>s. Die N-te Stufe<br />
von oben enthält jene SÄTZE, deren Ableitungen genau N Schritte umfassen. Die Ziffern in<br />
den Ringen geben an, welche Regeln angewendet wurden. Ist <strong>MU</strong> irgendwo in diesem Baum?<br />
3. Betrachtungsweisen formaler<br />
<strong>System</strong>e<br />
Es wurde die Begriffe des formalen <strong>System</strong>es und MIU <strong>System</strong>s vorgestellt. Jetzt betrachten<br />
wir das <strong>System</strong>, um die Lösung des <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong>s zu finden.<br />
3.1. Nachdenken über das <strong>System</strong><br />
Am Anfang gibt es ein Beispiel, wird Regel a+1 m verwendet, um a+1+1+ +1 n für<br />
a=1, n=1000 zu erhalten, muss der Computer Schritt für Schritt immer und immer addieren,<br />
solange n noch nicht erreicht ist. Am Ende ist das Ergebnis n . Das bezeichnet man<br />
innerhalb des <strong>System</strong>s arbeiten.<br />
Aber der Mensch ist intelligent, er kann sofort die Aufgabe lösen. Wieso kann er es so schnell<br />
machen? Weil er über das <strong>System</strong> nachdanken kann. Durch die Regel weiß er, dass a um<br />
eins vermehrt werden kann. Dann weiß er, dass n-a -malige Einen addiert werden bzw. na<br />
-malige Anwendungen von der Regel, anschließend wird n bekommen. Dieses Nachdenken<br />
bezeichnet man außerhalb des <strong>System</strong>s arbeiten.<br />
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Der Beweis ist Reihenfolge der Anwendung von Regel auf das Axiom MI , z.B. Sie können<br />
irgendwann einmal MIU ableiten, das hieße innerhalb des <strong>System</strong>s arbeiten. Warum kann<br />
<strong>MU</strong> nicht erzeugt werden? Vielleicht überlegen Sie weiterer aus dem <strong>System</strong> und versuchen,<br />
sich klar zu werden. Vielleicht fanden Sie einen Grund, warum Sie das nicht konnten. Das<br />
hieße Nachdenken über das <strong>System</strong>. Der Mensch ist intelligent, jeder ist fähig, innerhalb eines<br />
<strong>System</strong>s zu arbeiten und gleichzeitig über das nachzudenken, was er tut. Und es ist an der Zeit,<br />
dass wir zu unserer Diskussion der Lösung des <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong>s.<br />
3.2. Lösung des <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong>s<br />
Die Symbolkette <strong>MU</strong> kann durch Anwendung der Regeln aus dem ersten Abschnitt nicht aus<br />
der Kette MI erzeugt werden. Das <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong> kann nur gelöst werden, wenn Sie das formale<br />
<strong>System</strong> verlassen und über das <strong>System</strong> selbst nachdenken.<br />
Über das <strong>System</strong> nachzudenken, können wir finden:<br />
Verkürzung und Verlängerung<br />
Der Beweis kann aber nicht innerhalb des MIU-<strong>System</strong>s geführt werden. Regel1 und Regel2<br />
verlängern eine Kette, Regel3 und Regel4 verkürzen sie dagegen. <strong>MU</strong> könnte also unter<br />
Umständen doch durch eine lange Kette von Regelanwendungen erzeugt werden.<br />
Eigenschaften beweisbarer Sätze<br />
Zur Lösung kann man die Eigenschaften der beweisbaren Sätze untersuchen. Eine solche<br />
Eigenschaft ist die Anzahl der I-Symbole in einer Kette, die ab jetzt I-Wert genannt werden<br />
soll. Der I-Wert des Axioms MI ist eins, da I einmal vorkommt. Der I-Wert des Satzes <strong>MU</strong> ist<br />
dagegen null.<br />
Eigenschaften des I-Werts<br />
Die Umwandlungsregeln verändern den I-Wert wie folgt:<br />
Regel1 und Regel4 lassen den I-Wert unverändert.<br />
Regel2 verdoppelt den I-Wert<br />
Regel3 verringert den I-Wert um drei<br />
Den I-Wert kann man aus der Anzahl der Anwendungen von Regel2 und Regel3 berechnen.<br />
Der I-Wert des Axioms ist wie gesagt eins. Wendet man Regel2 an, so erhält man einen I-<br />
Wert von 2. Wendet man sie nochmals an, so ergibt sich 4,8,16, usw. n-malige Anwendung<br />
ergibt also einen I-Wert von 2 n . Jede Anwendung von Regel3 verringert den I-Wert eines<br />
Satzes um drei, m-malige Anwendung also um . Der I-Wert ist also<br />
Regel2 wird n-mal angewendet<br />
Regel3 wird m-mal angewendet<br />
Beweis der Unlösbarkeit<br />
Da der zu beweisende Satz <strong>MU</strong> die I-Zahl null hat, muss die Gleichung<br />
gelöst werden, wobei n und m ganze Zahlen sein müssen. Der Term auf der linken Seite<br />
ergibt nur die Zahlen 1, 2, 4, 5, 7, 8, 10, 11, usw. aber niemals 0, 3, 6, usw. Ein I-Wert von<br />
Null ist also nicht möglich. Damit ist der Satz <strong>MU</strong> wie jeder Satz mit dem I-Wert Null nicht<br />
erzeugbar. <strong>MU</strong> ist kein Satz von <strong>MU</strong>I <strong>System</strong>. Es gibt keine Lösung des <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong>s!<br />
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4. Zusammenfassung<br />
Es wurde der Begriff des formalen <strong>System</strong>s vorgestellt. Ein <strong>Formale</strong>s <strong>System</strong> ist ein Satz von<br />
Regeln, nach dem der Interpreter (Mensch oder Maschine) arbeiten muss. Er darf sich nur an<br />
die Regeln halten und nicht darüber hinaus nachdenken. <strong>Formale</strong> <strong>System</strong>e werden in<br />
verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen verwendet. Es wurde das MIU <strong>System</strong><br />
vorgestellt. Douglas R. Hofstadter erfand dieses <strong>System</strong>. Das <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong> kann nicht gelöst<br />
werden, wenn man innerhalb des <strong>MU</strong>I <strong>System</strong>s arbeitet. Das <strong>MU</strong>-<strong>Rätsel</strong> kann nur gelöst<br />
werden, wenn man verlässt und über das <strong>System</strong> selbst nachdenkt. Es ist ersichtlich, dass<br />
formale <strong>System</strong>e wichtige Rolle in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen spielen,<br />
aber Außerhalb des <strong>System</strong>s zu arbeiten ist auch wichtig. Darum muss, um eine korrekte und<br />
gewünschte Abarbeitung von formalen <strong>System</strong>en gewährleisten zu können, von außerhalb des<br />
<strong>System</strong>s die richtige Designentscheidung getroffen werden. Wir müssen über das <strong>System</strong><br />
selbst nachdenken und entscheiden.<br />
Literatur<br />
[1] Douglas R. Hofstadter: <strong>Gödel</strong>, <strong>Escher</strong>, <strong>Bach</strong>, ein Endloses Geflochtenes Band. DTV 1991 ISBN 3423300175<br />
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