Thieme: Ergotherapie in Orthopädie, Traumatologie und ...
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234 . . .. 4 Erkrankungen <strong>und</strong> Verletzungen der oberen Extremität<br />
– Überlastung vermeiden: ke<strong>in</strong>e Fenster putzen,<br />
nur kurz Staub saugen <strong>und</strong> wischen, häufiger<br />
Pausen e<strong>in</strong>räumen, bilaterales Arbeiten bevorzugen,<br />
Sitz-, Arbeitshöhe durch höhenverstellbaren<br />
Hocker angleichen, um Fehlhaltungen<br />
zu vermeiden, Hilfe annehmen/Arbeitsteilung<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Familie überprüfen, dem Arm<br />
Unterstützungsflächen beim Arbeiten anbieten<br />
(z.B. Tisch, Oberschenkel).<br />
– SportlicheAktivitätenaufihremöglicheWeiterführung<br />
h<strong>in</strong> überprüfen, (vorerst) ke<strong>in</strong> Leistungssport.<br />
| Bezüglich der beruflichen Situation ist zu prüfen,<br />
<strong>in</strong>wieweit e<strong>in</strong>zelne Tätigkeiten noch ausgeführt<br />
werden können <strong>und</strong> welcher Hilfen es bedarf.<br />
| E<strong>in</strong>ige allgeme<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise für den Patienten<br />
können helfen:<br />
– Lasten verteilen, bimanuelles Arbeiten bevorzugen.<br />
– Langes Überkopfarbeiten vermeiden.<br />
– Häufiger Pausen e<strong>in</strong>legen, Arbeitshaltungen<br />
<strong>und</strong> -rhythmus regelmäßig wechseln.<br />
– Unterstützungsflächen anbieten (durch Tisch,<br />
HANDYREST oder ERGOREST für die Arbeit am<br />
Schreibtisch).<br />
– Teilweise Abnahme belastender Tätigkeiten<br />
durch den anderen Arm, d.h. Wechsel zwischen<br />
l<strong>in</strong>ks <strong>und</strong> rechts m<strong>in</strong>dert e<strong>in</strong>e zu e<strong>in</strong>seitige<br />
Belastung.<br />
– Lasten m<strong>in</strong>imieren, soweit es möglich ist.<br />
Literatur<br />
Imhoff AB. Baumgartner R, L<strong>in</strong>ke RD. Checkliste <strong>Orthopädie</strong>.<br />
Stuttgart: <strong>Thieme</strong>, 2006<br />
Boll<strong>in</strong>ger T. Aspekte des Schultergelenkes aus neurofunktioneller<br />
Sicht. praxis ergotherapie; 2001; 1.<br />
Habermeyer P, Lehmann L, Lichtenberg S. Rotatorenmanschetten-<br />
Ruptur: Diagnostik <strong>und</strong> Therapie. Der<br />
Orthopäde 2000; 3: 196-208<br />
Schulze B. „Das Imp<strong>in</strong>gement-Syndrom“, physiopraxis.<br />
2005; 1: 30–34.<br />
Hauser-Bischof C. Schulterehabilitation <strong>in</strong> der <strong>Orthopädie</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Traumatologie</strong>. Stuttgart: <strong>Thieme</strong>; 2003<br />
4.2.3 Omarthrose <strong>und</strong> Schulter-TEP<br />
Christiane Jahn,<br />
Doreen Krümml<strong>in</strong>g<br />
Ätiologie<br />
Die Omarthrose ist e<strong>in</strong>e degenerative Erkrankung<br />
des Schultergelenkes mit Verschleiß des Glenohumeralgelenks.<br />
Betroffen s<strong>in</strong>d sowohl der Humeruskopf<br />
mit Knorpelverlust <strong>und</strong> Abflachung, Osteophyten<br />
oder subchondralen Zysten, das Glenoid mit<br />
Knorpelverlust, Osteophyten, subchondralen Zysten<br />
oder Pfannendestruktion als auch die Weichteile<br />
mit Kapselveränderungen, Rotatorenmanschettendefekten,<br />
freien Gelenkkörpern <strong>und</strong> Sub-/Luxationsstellungen.<br />
E<strong>in</strong>e Omarthrose kann sich <strong>in</strong>folge rheumatischer<br />
Arthritis, posttraumatischer oder atraumatischer<br />
Humeruskopfnekrose, Luxationen oder Infektionen<br />
ausbilden, aber auch ohne erkennbare Ursache<br />
(idiopathisch).<br />
E<strong>in</strong>e Omarthrose mit den o.g. Knorpel- <strong>und</strong> Knochenveränderungen<br />
lässt sich röntgenologisch diagnostizieren.<br />
Kl<strong>in</strong>isches Bild <strong>und</strong> Diagnostik<br />
Symptome der Omarthrose s<strong>in</strong>d:<br />
| unspezifischer Schmerz bei Bewegung <strong>und</strong> Belastung,<br />
| Humeruskopfhochstand,<br />
| Schonhaltung <strong>und</strong> Massebewegungen,<br />
| Bewegungse<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuell unterschiedlichen<br />
Richtungen <strong>und</strong><br />
| Krepitation <strong>und</strong> E<strong>in</strong>klemmungsersche<strong>in</strong>ungen.<br />
Mediz<strong>in</strong>ische Behandlung<br />
Konservative Therapie<br />
Symptomatische Behandlung erfolgt durch:<br />
| Infiltrationen,<br />
| physikalischer Therapie,<br />
| Physiotherapie,<br />
| <strong>Ergotherapie</strong>.<br />
Operative Therapie<br />
Die operative Therapie be<strong>in</strong>haltet:<br />
| Implantation e<strong>in</strong>er Schulterendoprothese bei<br />
ausgeprägter Schmerzhaftigkeit,<br />
aus: Koesl<strong>in</strong>g u.a., <strong>Ergotherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>Orthopädie</strong>, <strong>Traumatologie</strong> <strong>und</strong> Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 Georg <strong>Thieme</strong> Verlag KG
| frühfunktionelle Behandlung mittels Physiotherapie<br />
<strong>und</strong><br />
| <strong>Ergotherapie</strong>.<br />
Schulterendoprothesen<br />
Die Implantation e<strong>in</strong>er Schulterendoprothese erfolgt<br />
bei starker Omarthrose, Kopfnekrose <strong>und</strong> hoher<br />
Schmerz<strong>in</strong>tensität. Der Ersatz des Schultergelenks<br />
kann als Hemiprothese (nur Kopf-/Schaftimplantat)<br />
oder als Totalendoprothese (Schaft-/Kopf<strong>und</strong><br />
Glenoidimplantat) erfolgen.<br />
Hemiprothesen gleichen kl<strong>in</strong>isch dem Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />
der operativ versorgten proximalen Humerusfraktur<br />
<strong>und</strong> werden auch entsprechend nachbehandelt<br />
(s. proximale Humerusfraktur).<br />
Totalendoprothesen können unterschiedlich aufgebaut<br />
se<strong>in</strong>. Die Prothese hat verschiedene Ausführungsvarianten:<br />
| Monoblock: e<strong>in</strong>teilige Prothese mit Schaft <strong>und</strong><br />
Kopf,<br />
| verschiedene Modulsysteme: unterschiedliche<br />
komb<strong>in</strong>ierbare Kopf-, Schaftgrößen <strong>und</strong> Neigungsw<strong>in</strong>kel,<br />
| bipolare Prothese: zweigelenkiges System,<br />
| Cupprothese: halbkugelförmige Kappe ohne<br />
Schaft <strong>und</strong><br />
| <strong>in</strong>verse Prothese/Deltaprothese: Umkehrung der<br />
Konkavität – Halbkugel an der Skapula, konkaver<br />
Schaft (Abb. 4.27).<br />
a<br />
1<br />
2<br />
Der Schaft der Prothese wird zementiert oder pressfit<br />
e<strong>in</strong>gebracht. E<strong>in</strong> wesentlicher Faktor für den<br />
funktionellen Erfolg dieser Behandlung ist e<strong>in</strong>e annähernd<br />
gut funktionierende, kräftige Muskulatur<br />
vor der Operation.<br />
Komplikationen<br />
Es kann postoperativ zu<br />
4.2 Degenerative Erkrankungen . . .. 235<br />
| Implantatlockerung <strong>und</strong> -unverträglichkeit <strong>und</strong><br />
| Infektionen kommen.<br />
Ergotherapeutische Behandlung<br />
Bef<strong>und</strong>erhebung<br />
Zur ergotherapeutischen Bef<strong>und</strong>erhebung gehören:<br />
| Anamnese: beruflich, sozial, familiär.<br />
| Sichtbef<strong>und</strong> bzgl. vorhandener Ödeme <strong>und</strong> Hämatome<br />
postoperativ, Haltungsmuster <strong>und</strong><br />
Schonhaltung, humeroscapularer Rhythmus,<br />
Muskelrelief.<br />
| Prüfung/Palpation des Muskeltonus, vor allem<br />
der Schultergürtelmuskulatur.<br />
| Messung/Prüfung des Bewegungsumfangs <strong>in</strong><br />
Schultergelenk, Ellbogengelenk (nach der Neutral-Null-Methode)<br />
<strong>und</strong> Schultergürtel, der<br />
Handkraft, der Sensibilität <strong>und</strong> der Schmerzsituation.<br />
Abb. 4.27 Schulterendoprothese.<br />
aus: Koesl<strong>in</strong>g u.a., <strong>Ergotherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>Orthopädie</strong>, <strong>Traumatologie</strong> <strong>und</strong> Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 Georg <strong>Thieme</strong> Verlag KG
236 . . .. 4 Erkrankungen <strong>und</strong> Verletzungen der oberen Extremität<br />
| AdL-Status: E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> folgenden Bereichen<br />
aufnehmen: Waschen, Anziehen, Körperpflege,Nahrungszubereitung,-aufnahme,Haushalt,<br />
Freizeit.<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
Ziele<br />
Behandlungsziele <strong>in</strong> der <strong>Ergotherapie</strong> s<strong>in</strong>d:<br />
Abbau von Schonhaltung/pathologischen Bewegungsmustern<br />
<strong>und</strong> Verbesserung der physiologischen<br />
Beweglichkeit,<br />
Verbesserung, m<strong>in</strong>destens aber Erhalt der aktiven<br />
<strong>und</strong> passiven Beweglichkeit,<br />
Aufbau e<strong>in</strong>er normalen Muskelkraft im betroffenenArm<strong>und</strong>derbetroffenenHand,<br />
Tonusregulation,<br />
Abbau von Kompensationen (sofern nicht für die<br />
alltägliche Versorgung notwendig),<br />
Handlungsfähigkeit des Patienten verbessern/<br />
Partizipation ermöglichen <strong>und</strong><br />
größtmögliche Selbstständigkeit <strong>in</strong> Alltag <strong>und</strong><br />
Beruf.<br />
Ergotherapeutische Maßnahmen<br />
bei konservativer Behandlung der<br />
Omarthrose<br />
Maßnahmen zur Tonusregulation<br />
| Wärmeapplikation zur Schmerzreduzierung, Detonisierung<br />
hypertoner Schultergürtelmuskulatur<br />
(u.a. M. trapecius descendens).<br />
| PNF mit Skapulapattern.<br />
Maßnahmen zur Wahrnehmungsschulung<br />
| Übungen unter visueller Kontrolle am Spiegel,<br />
verbale <strong>und</strong> taktile Berichtigung pathologischer<br />
Bewegungen durch den Therapeuten.<br />
| Perfetti-Übungen mit <strong>und</strong> ohne Visuskontrolle:<br />
Spüren achsengerechter Bewegungen im Schultergelenk.<br />
Maßnahmen zum Erhalt <strong>und</strong> zur Verbesserung der<br />
Beweglichkeit<br />
| Aktiv-assistive Mobilisation unter Abnahme/Verr<strong>in</strong>gerung<br />
des Armeigengewichts, z.B. schiebende<br />
Bewegungen auf dem Tisch, Armhebung<br />
bei vorgeneigtem Oberkörper, E<strong>in</strong>satz des OB-<br />
Helparmes.<br />
| Arbeiten/Bewegung <strong>in</strong> der geschlossenen Kette.<br />
| Arbeiten mit Umkehrung von Punctum fixum<br />
<strong>und</strong> Punctum mobile.<br />
| Arbeiten <strong>in</strong> offener Kette.<br />
AlsMedienkommenBälle,Gymnastikstäbe,Tücher,<br />
funktionelle Spiele mit verschiedenen Bewegungsamplituden,<br />
handwerkliche Techniken, isolierte Alltagshandlungen<br />
usw. <strong>in</strong>frage.<br />
Maßnahmen zum Erhalt <strong>und</strong> zur Verbesserung der<br />
Muskelkraft<br />
| Bewegungsübungen zunehmend gegen die<br />
Schwerkraft, später auch externe Widerstände.<br />
| Kräftigung der Handmuskulatur mit Therapieknete,<br />
Softbällen usw.<br />
Maßnahmen im AdL-Bereich<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
|<br />
E<strong>in</strong>satz von Hilfsmitteln wie lange Badebürste/<br />
Badeschwamm, Griffverlängerungen an Kamm<br />
<strong>und</strong> Haarbürste, Greifzange, Besteckadaptationen<br />
usw.<br />
Kompensationsbewegungen erarbeiten, z.B. über<br />
Kopfneigung oder Rumpfbeugung nach vorne Gesicht<br />
waschen, Haare kämmen usw.<br />
Veränderungsmöglichkeiten an <strong>und</strong> im Umgang<br />
mit der Kleidung besprechen <strong>und</strong> erproben, z.B.<br />
Blusen statt Pullis tragen, eher weitere als engere<br />
Kleidungsstücke bevorzugen, immer zuerst den<br />
betroffenen Arm bekleiden <strong>und</strong> zuletzt ausziehen<br />
usw.<br />
Veränderungen im Haushalt besprechen, erproben:<br />
– erschütternde, stoßende Belastungen vermeiden<br />
(Bett aufschütteln; Staublappen ausschütteln),<br />
– Hausarbeit e<strong>in</strong>teilen; Belastungspausen beachten,<br />
– Schränke so e<strong>in</strong>räumen, dass oft benötigte Gegenstände<br />
<strong>in</strong> gut erreichbarer Höhe s<strong>in</strong>d,<br />
– auf das Gewicht bei Töpfen <strong>und</strong> Pfannen achten,<br />
– elektrische Hausgeräte bevorzugen (Wäschetrockner<br />
anstelle Wäschele<strong>in</strong>e, elektrischer<br />
Dosenöffner),<br />
– Hebelverlängerungen an Türkl<strong>in</strong>ken erleichtern<br />
das Öffnen,<br />
– zum Fensterputzen Hilfe holen,<br />
– E<strong>in</strong>käufe verteilen, um Lasten ger<strong>in</strong>g zu halten;<br />
für schwere D<strong>in</strong>ge Hilfe <strong>in</strong> Anspruch nehmen.<br />
Freizeitgestaltung:<br />
– Schwimmen ist e<strong>in</strong>e ideale Sportart, aber<br />
– Ballspiele s<strong>in</strong>d ungeeignet.<br />
Bei Handarbeiten regelmäßig Pausen e<strong>in</strong>legen,<br />
um nicht e<strong>in</strong>e zusätzliche Hypertonie der Schultergürtelmuskulatur<br />
zu provozieren.<br />
aus: Koesl<strong>in</strong>g u.a., <strong>Ergotherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>Orthopädie</strong>, <strong>Traumatologie</strong> <strong>und</strong> Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 Georg <strong>Thieme</strong> Verlag KG