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p = a0 · X 0 + a1 · X 1 + a2 · X 2 + · · ·+ an · X n , in dem auch die Größe X abstrakt ist. Diese p bilden<br />
einen kommutativen Ring R[X] mit 1. Ist an = 0, heißt n der „Grad” von p. Ist spezieller an = 1,<br />
heißt p „normiert”.<br />
Hintergrund dieser Abstraktion ist zum Einen, dass es im Allgemeinen keine Bijektion zwischen<br />
Polynomfunktionen und Polynomen gibt (in R schon), und zum Anderen, dass man dann in Polynome<br />
mit Koeffizienten in R nicht nur Elemente aus R, sondern z.B. auch Matrizen und bestimmte<br />
Abbildungen über R einsetzen kann. Es gibt bestimmte Bedingungen, die dafür erfüllt sein müssen;<br />
diese gelten aber z.B. für Matrizen über dem selben Ring automatisch.<br />
Das klingt vielleicht ein bisschen kompliziert, aber man muss sich eigentlich nur merken, dass man<br />
z.B. auch Matrizen in Polynome über dem Grundring einsetzen kann. Dabei muss man allerdings<br />
aufpassen: Die Größe X 0 wird oft wegge<strong>la</strong>ssen, d.h. mit 1 identifiziert. Für jede quadratische Matrix<br />
A ist A 0 die Einheitsmatrix, d.h. man muss den absoluten Term a0 noch mit der Einheitsmatrix<br />
multiplizieren (wie erwartet).<br />
Eine wichtige Eigenschaft des Polynomrings über einem Körper ist es, dass man eine Division mit<br />
Rest durchführen kann. Auf diese Weise kann man für jede Nullstelle einen Faktor aus dem Polynom<br />
abspalten. Die Polynomdivision wird häufig in der Schule behandelt und funktioniert im Prinzip<br />
genauso wie die Division ganzer Zahlen, deshalb bringe ich hier nur ein kleines Beispiel:<br />
Sei p := 2 · X 3 + X 2 + X + 1 ∈ R[X]. Dieses Polynom soll durch q := X 2 − X + 1 geteilt werden:<br />
(2 · X 3 + X 2 + X + 1) / (X 2 − X + 1) = 2 · X + 3 + r/q<br />
− (2 · X 3 − 2 · X 2 + 2 · X)<br />
3 · X 2 − X + 1 mit r := 2 · X − 2<br />
− (3 · X 2 − 3 · X + 3)<br />
2 · X − 2<br />
Es bleibt also ein Rest r. Wäre dieser gleich 0, dann könnte man den Faktor q komplett vom Polynom<br />
abspalten. Übrigens gilt die Beziehung p = (X 2 − X + 1) · (2 · X + 3) + 2 · X − 2 allgemein für das<br />
Polynom; d.h. auch dann, wenn für X eine Matrix mit Koeffizienten in R eingesetzt wird. Solche<br />
Ergebnisse sind gerade der Inhalt der Theorie über formale Polynome.<br />
Nach diesem Prinzip kann man auf Polynome über Körpern auch den euklidischen Algorithmus<br />
anwenden und den ggT bestimmen. Der ggT ist (analog zu N) das größte Polynom, welches gleichzeitig<br />
Teiler von zwei bestimmten Polynomen ist. Die Größe wird hierbei am Grad gemessen. Außerdem<br />
ist es wichtig zu wissen, dass der ggT von zwei Polynomen nicht eindeutig bestimmt ist.<br />
Man kann einen ggT immer mit einer Einheit, d.h. einem invertierbaren Element, multiplizieren.<br />
Einheiten im Polynomring sind gerade die konstanten Polynome außer dem Nullpolynom, denn die<br />
Multiplikation mit einem solchen Polynom lässt sich gerade rückgängig machen.<br />
Beispiel: Es soll der (bzw. ein) ggT von p := X 4 + X 3 + X 2 + 2 · X + 3 und q := X 3 − X 2 + 2 aus<br />
R[X] bestimmt werden. Offensichtlich ist p das größere Polynom, d.h. man muss zuerst p durch q<br />
teilen (mit Polynomdivision). Man erhält p/q = (X +2)+(X 2 −1)/q, d.h. p = (X +2)·q+(X 2 −1).<br />
Jetzt geht es weiter wie beim euklidischen Algorithmus für natürliche Zahlen:<br />
X 4 + X 3 + X 2 + 2 · X + 3 = (X + 2) · (X 3 − X 2 + 2) + (X 2 − 1)<br />
X 3 − X 2 + 2 = (X − 1) · (X 2 − 1) + (X + 1)<br />
X 2 − 1 = (X − 1) · (X + 1)<br />
Da im letztes Schritt die Division von X 2 − 1 durch X + 1 ohne Rest aufging, ist offenbar X + 1<br />
ein Teiler sowohl von p als auch von q, und zwar ein ggT.<br />
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