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Programmheft - Heimat.de

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Sinfoniekonzert<br />

VII.<br />

Abonnement-<br />

Konzert<br />

Daniel barenboim Dirigent<br />

rolanDo villazón tenor<br />

gregor witt oboe<br />

matthiaS glanDer klarinette<br />

hanS-Jürgen krumStroh horn<br />

mathiaS baier fagott<br />

hartmut SchulDt bassklarinette<br />

StaatSkapelle berlin<br />

8. unD 9. april 2013<br />

staatskapelle<br />

berlin


daniel barenboim Dirigent<br />

rolando Villazón Tenor<br />

GreGor Witt Oboe<br />

matthias Glan<strong>de</strong>r Klarinette<br />

hans-JürGen Krumstroh Horn<br />

mathias baier Fagott<br />

hartmut schuldt Bassklarinette<br />

staatsKapelle berlin<br />

WolfGanG ama<strong>de</strong>us mozart 1756–1791<br />

Sinfonia concertante Es-Dur KV 297b<br />

I. Allegro – II. Adagio – III. Andantino con variazioni<br />

elliott carter 1908–2012<br />

Concertino für Bassklarinette<br />

WolfGanG ama<strong>de</strong>us mozart<br />

Per pietà, non ricercate KV 420<br />

Konzertarie für Tenor und Orchester<br />

Or che il dover – Tali e cotanti sono KV 36<br />

Rezitativ und Arie für Tenor und Orchester<br />

PAUSE<br />

elliott carter<br />

A Sunbeam’s Architecture (Europäische Erstaufführung)<br />

I. your little voice – II. no man – III. my sweet old etcetera<br />

IV. love is like a spring – V. it’s jolly odd – VI. somewhere<br />

WolfGanG ama<strong>de</strong>us mozart<br />

Sinfonie Nr. 35 D-Dur KV 385 Haffner-Sinfonie<br />

I. Allegro con spirito – II. Andante – III. Menuetto – IV. Finale. Presto<br />

8./ 9. april 2013 | 20 Uhr | konzErthAUS/PhilhArmoniE<br />

Konzerteinführung jeweils 19.15 Uhr


gESANgSTExTE gESANgSTExTE<br />

Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart<br />

PER PIETà, NON RICERCATE<br />

Per pietà, non ricercate<br />

La cagion <strong>de</strong>l mio tormento,<br />

Sì cru<strong>de</strong>le in me lo sento,<br />

Che neppur lo so spiegar.<br />

Vo’ pensando; ma poi come?<br />

Per uscir; ma che mi giova<br />

Di far questa, o quella prova,<br />

Se non trovo in che sperar!<br />

Ah, tra l’ire e tra gli s<strong>de</strong>gni<br />

Della mia funesta sorte,<br />

Chiamo solo, oh Dio, la morte,<br />

Che mi venga a consolar!<br />

Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart<br />

PER PIETà, NON RICERCATE<br />

Um Himmels willen, forscht nicht<br />

nach <strong>de</strong>r Ursache meiner Qual.<br />

Ich fühle sie so grausam in mir wüten,<br />

dass auch ich sie nicht erklären kann.<br />

Ich gehe mit gedanken um; doch wie <strong>de</strong>nn?<br />

Um einen Ausweg zu fin<strong>de</strong>n; Doch was hilft’s mir,<br />

diesen o<strong>de</strong>r jenen Versuch zu machen,<br />

wenn ich nichts fin<strong>de</strong>, worauf ich hoffen könnte.<br />

Ach, zwischen Zorn und Unmut<br />

über mein finsteres Schicksal<br />

rufe ich, mein gott, nur <strong>de</strong>n Tod herbei,<br />

<strong>de</strong>r kommen möge, mich zu trösten!


gESANgSTExTE gESANgSTExTE<br />

Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart<br />

OR CHE IL DOVER – TALI E COTANTI SONO<br />

Or che il dover m’astringe,<br />

In scelte e corte rime<br />

grato mostrarmi a qual onor sublime,<br />

Di cui ci ricolmaste, o prence eccelso,<br />

Ne’ miei pensieri immerso<br />

Ricerco un buon concetto.<br />

Rumino colla mente,<br />

Penso, ripenso, e poi non trovo niente.<br />

Febo e le Muse in mio soccorso imploro;<br />

Compariscono tutte a me dinanzi,<br />

Confuse in volto e colle cetre infrante.<br />

D’un simile scompiglio<br />

Le chiedo la ragion, tacer le miro,<br />

E dopo mille al più sospir’ cocenti<br />

Una così ripose:<br />

Riverendo pastor, t’accheta, e in simil<br />

giorno non obbligarci a dire il nostro<br />

Scorno; sulle rive <strong>de</strong>lla Salza ogni<br />

Nostro potere, ogni saper fu crine<br />

Da quella luce on<strong>de</strong> il suo prence è cinto.<br />

Tali e contanti sono<br />

Di Sigismondo i merti,<br />

Che i nostri ingegni incerti,<br />

Non sanno qual riverendo cor.<br />

Se la pietà si canta;<br />

La giustizia non ce<strong>de</strong>,<br />

Ch’ogni virtù, riverendo,<br />

Sie<strong>de</strong> in trono suo cor.<br />

Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart<br />

OR CHE IL DOVER – TALI E COTANTI SONO<br />

Jetzt, da mich die Pflicht zwingt,<br />

in gewählten und kurzen Versen<br />

mich <strong>de</strong>r hohen Ehre dankbar zu erzeigen,<br />

mit <strong>de</strong>r Ihr uns überhäuft habt, erhabener Fürst,<br />

suche ich in gedanken vertieft<br />

nach einem guten Einfall.<br />

Ich grüble, überlege,<br />

über<strong>de</strong>nke von Neuem, und schließlich fin<strong>de</strong> ich nichts.<br />

Phöbus und die Musen erflehe ich mit zur Hilfe;<br />

Sie erscheinen alle vor mir<br />

mit beschämten Minen und mit zerbrochenen Leiern.<br />

Ich frage nach <strong>de</strong>m grund<br />

solcher Verwirrung und sehe, dass sie schweigen.<br />

Und nach tausend o<strong>de</strong>r mehr heißen Seufzern<br />

entgegnet eine von ihnen:<br />

Hochgeehrter Hirte, beruhige dich und zwinge uns nicht,<br />

an solchem Tag unsere Schan<strong>de</strong> zu gestehen;<br />

an <strong>de</strong>n Ufern <strong>de</strong>r Salzach<br />

wur<strong>de</strong> unsere ganze Macht, unser ganzes Wissen zu Asche<br />

vor jenem Licht, von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>in Fürst umgeben ist.<br />

So beschaffen und so zahlreich sind<br />

die Verdienste von Sigismund,<br />

dass unsere schwachen geister<br />

nichts von <strong>de</strong>m hochverehrten Herz wissen.<br />

Wenn man die Mildtätigkeit besingt,<br />

dann gibt die gerechtigkeit nicht nach,<br />

<strong>de</strong>nn je<strong>de</strong> Tugend, Hochgeehrter,<br />

sitzt auf <strong>de</strong>m Thron in <strong>de</strong>inem Herzen.


gESANgSTExTE gESANgSTExTE<br />

Elliott Carter<br />

A SUNBEAM’S ARCHITECTURE<br />

Poems by E. E. Cummings (1894–1962)<br />

i. your little Voice<br />

your little voice<br />

Over the wires came leaping<br />

and i felt sud<strong>de</strong>nly<br />

dizzy<br />

With the jostling and shouting of merry flowers<br />

wee skipping high-heeled flames<br />

courtesied before my eyes<br />

Or twinkling over my si<strong>de</strong><br />

Looked up<br />

with impertinently exquisite faces<br />

Floating hands were laid upon me<br />

I was whirled and tossed into <strong>de</strong>licious dancing<br />

up<br />

Up<br />

with the pale important<br />

stars and the Humorous<br />

moon<br />

<strong>de</strong>ar girl<br />

How i was crazy how i cried when i heard<br />

over time<br />

and ti<strong>de</strong> and <strong>de</strong>ath<br />

leaping<br />

Sweetly<br />

your voice<br />

Elliott Carter<br />

A SUNBEAM’S ARCHITECTURE<br />

gedichte von E. E. Cummings (1894–1962)<br />

i. your little Voice<br />

<strong>de</strong>in stimmchen<br />

Kam über die drähte gesprungen<br />

auf einmal war mir<br />

schwindlig<br />

Vom drängeln und trillen heiterer blumen<br />

winzige flämmchen hochhackig hüpfend<br />

knicksten vor meinen augen<br />

o<strong>de</strong>r blinzelten zu mir herüber<br />

Schauten auf<br />

Mit berückend kecken gesichtern<br />

gleiten<strong>de</strong> hän<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n mir aufgelegt<br />

hochgewirbelt wurd ich, geschuckert in glücklichem tanz<br />

hoch<br />

Hoch<br />

zu <strong>de</strong>n hellen großmächtigen<br />

sternen und <strong>de</strong>m Launigen<br />

mond<br />

liebes mädchen<br />

Wie ich aus <strong>de</strong>r haut fuhr wie ich weinte wie ich hörte<br />

über zeit<br />

und gezeiten und tod hin<br />

auf einen sprung<br />

Süß<br />

<strong>de</strong>ine stimme


gESANgSTExTE<br />

ii. no man<br />

no man, if men are gods; but if gods must<br />

be men, the sometimes only man is this<br />

(most common, for each anguish is his grief;<br />

and, for his joy is more than joy, most rare)<br />

a fiend, if fiends speak truth; if angels burn<br />

by their own generous completely light,<br />

an angel; or (as various worlds he’ll spurn<br />

rather than fail immeasurable fate)<br />

coward, clown, traitor, idiot, dreamer, beast-<br />

such was a poet and shall be and is<br />

-who’ll solve the <strong>de</strong>pths of horror to <strong>de</strong>fend<br />

a sunbeam’s architecture with his life:<br />

and carve immortal jungles of <strong>de</strong>spair<br />

to hold a mountain’s heartbeat in his hand<br />

iii. my sWeet old etcetera<br />

my sweet old etcetera<br />

aunt lucy during the recent<br />

war could and what<br />

is more did tell you just<br />

what everybody was fighting<br />

for,<br />

my sister<br />

Isabel created hundreds<br />

(and<br />

hundreds) of socks not to<br />

mention fleaproof earwarmers<br />

gESANgSTExTE<br />

ii. no man<br />

kein mensch, falls menschen götter sind; doch müssen götter<br />

menschen sein, dann ist <strong>de</strong>r manchmal nur mensch dies<br />

(gewöhnlich, da je<strong>de</strong> qual ein gram ihm ist;<br />

Und, da seine freu<strong>de</strong> mehr als freu<strong>de</strong> ist, ganz rar)<br />

ein teufel, sprechen teufel wahr; falls engel leuchten<br />

durch ihr verschwen<strong>de</strong>risches völlig licht,<br />

ein engel; o<strong>de</strong>r (da er welten lieber mie<strong>de</strong><br />

als an <strong>de</strong>s schicksals unermesslichkeit zu scheitern)<br />

feigling, narr, verräter, dummkopf, träumer, tier –<br />

dies war ein dichter und wird sein und ist<br />

– <strong>de</strong>r klärt die schreckenstiefen um zu schützen<br />

<strong>de</strong>n bau <strong>de</strong>s sonnenstrahls mit seinem leben:<br />

zerschnei<strong>de</strong>t ewige dschungel <strong>de</strong>r verzweiflung<br />

zu halten eines berges herzschlag in <strong>de</strong>r hand<br />

iii. my sWeet old etcetera<br />

im jüngsten vergangnen krieg<br />

konnt meine liebe olle etcetera tante<br />

lucy allen haar-<br />

genau sagen um was<br />

es ging, was sie ausgiebig<br />

tat<br />

meine schwester<br />

isabell schuf hun<strong>de</strong>rte<br />

( und<br />

aberhun<strong>de</strong>rte ) von socken abgesehn<br />

von hem<strong>de</strong>n flohsichren ohrenklappen


gESANgSTExTE gESANgSTExTE<br />

etcetera wristers etcetera, my<br />

mother hoped that<br />

i would die etcetera<br />

bravely of course my father used<br />

to become hoarse talking about how it was<br />

a privilege and if only he<br />

could meanwhile my<br />

self etcetera lay quietly<br />

in the <strong>de</strong>ep mud et<br />

cetera<br />

(dreaming,<br />

et<br />

cetera, of<br />

Your smile<br />

eyes knees and of your Etcetera)<br />

iV. loVe is liKe a sprinG<br />

love is a spring at which<br />

crazy they drink […]<br />

etcetera pulswärmern etcetera, meine<br />

mutti hoffte daß<br />

ich fallen würd etcetera<br />

natürlich tapfer mein vater re<strong>de</strong>te<br />

sich fuslig was für eine<br />

auszeichnung es sei und wenn er nur<br />

inzwischen lag ich<br />

meinerseits etcetera friedlich<br />

im tiefen schlamm et<br />

cetera und<br />

(träumte<br />

et<br />

cetera von<br />

<strong>de</strong>inem lächeln<br />

<strong>de</strong>inen augen knieen und <strong>de</strong>inem etcetera)<br />

iV. loVe is liKe a sprinG<br />

liebe ist eine quelle<br />

an <strong>de</strong>r verrückt sie trinken […]


gESANgSTExTE<br />

V. it’s Jolly odd<br />

it’s jolly<br />

odd what pops into<br />

tour jolie tête when the<br />

jolly shells begin dropping jolly fast you<br />

hear the rrmp and<br />

then nearerandnearerandNEARER<br />

and before<br />

you can<br />

!<br />

& we’re<br />

NOT<br />

(oh-<br />

-I say<br />

that’s jolly odd<br />

old thing, jolly<br />

odd, jolly<br />

jolly odd isn’t<br />

it jolly odd.<br />

gESANgSTExTE<br />

V. it’s Jolly odd<br />

es ist echt<br />

seltsam was einfällt in<br />

<strong>de</strong>in nettes köpfchen wenn<br />

muntere granaten stürzen echt schnell du<br />

hörst das rrmp und<br />

dann näherundnäherundNÄHER<br />

und bevor<br />

du noch<br />

!<br />

& wir sind’s<br />

NICHT<br />

(oh –<br />

– sag ich<br />

das ist halt seltsam<br />

altes Haus, echt<br />

seltsam, echt<br />

echt seltsam ist’s nicht<br />

echt seltsam.


gESANgSTExTE gESANgSTExTE<br />

Vi. someWhere<br />

somewhere i have never travelled, gladly beyond<br />

any experience, your eyes have their silence:<br />

in your most frail gesture are things which enclose me,<br />

or which i cannot touch because they are too near<br />

your slightest look easily will unclose me<br />

though i have closed myself as fingers,<br />

you open always petal by petal myself as Spring opens<br />

(touching skilfully, mysteriously)her first rose<br />

or if your wish be to close me, i and<br />

my life will shut very beautifully, sud<strong>de</strong>nly,<br />

as when the heart of this flower imagines<br />

the snow carefully everywhere <strong>de</strong>scending;<br />

nothing which we are to perceive in this world equals<br />

the power of your intense fragility: whose texture<br />

compels me with the color of its countries,<br />

ren<strong>de</strong>ring <strong>de</strong>ath and forever with each breathing<br />

(i do not know what it is about you that closes<br />

and opens; only something in me un<strong>de</strong>rstands<br />

the voice of your eyes is <strong>de</strong>eper than all roses)<br />

nobody, not even the rain, has such small hands<br />

Vi. someWhere<br />

dort wohin ich niemals reiste, freudig jenseits<br />

aller erfahrung lebt <strong>de</strong>iner augen stille:<br />

<strong>de</strong>ine zarteste regung enthält dinge, die mich umfangen<br />

o<strong>de</strong>r welche ich nicht zu berühren vermag weil sie zu nah sind<br />

es entfaltet ein blick mich aus <strong>de</strong>inen augen<br />

obgleich ich mich wie finger festgeschlossen,<br />

löst du mich stets blatt auf blatt, wie frühling<br />

(kunstvoll und heimlich) die erste rosenblüte<br />

wünschest du aber mich abzusperren, so verschließt sich<br />

alsbald mit mir mein leben, anmutig und rasch,<br />

als erträumte <strong>de</strong>r kelch dieser blume<br />

<strong>de</strong>s schneefalls bedächtiges nie<strong>de</strong>rsinken<br />

nirgends auf dieser welt fin<strong>de</strong>n wir je<br />

<strong>de</strong>inesgleichen an zart-eindringlicher macht,<br />

<strong>de</strong>ren gewebe mich fängt in farbigen falten<br />

und ergibt tod und immerdar mit je<strong>de</strong>m atem<br />

(ich weiß nicht was es ist, das sich an dir verschließt<br />

und öffnet; ein etwas aber hat in mir erkannt,<br />

daß <strong>de</strong>iner augen stimme tiefer ist als alle rosen)<br />

niemand, auch nicht <strong>de</strong>r regen, hat solch kleine hand.<br />

Übersetzungen von Eva Hesse, Lars Vollert,<br />

Karl Heinz Berger und Julius Josef Kaminski


WolfGanG ama<strong>de</strong>us mozart<br />

als Ritter vom gol<strong>de</strong>nen Sporn, 1777,<br />

unbekannter Salzburger Maler<br />

EINE »SINFONIA<br />

CONCERTANTE« FüR PARIS<br />

Detlef Giese<br />

»Nun wer<strong>de</strong> ich eine sinfonie concertante machen, für flauto wendling,<br />

oboe Ramm, Punto waldhorn, und Ritter Fagott«. Diesen lapidaren Satz<br />

schrieb Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart am 5. April 1778 aus Paris an seinen<br />

Vater Leopold nach Salzburg. Dahinter stand ein konkreter Auftrag: Joseph<br />

Le gros, ein bekannter französischer Sänger und Komponist, hatte Mozart<br />

damit betraut, für die von ihm geleitete Reihe <strong>de</strong>r »Concert spirituel«, die<br />

seit etwa einem halben Jahrhun<strong>de</strong>rt eine be<strong>de</strong>utsame Rolle im Pariser Musikleben<br />

spielte, ein neues Werk zu schreiben. Von <strong>de</strong>m 22-jährigen, <strong>de</strong>m<br />

Wun<strong>de</strong>rkind-Alter inzwischen entwachsenen Mozart erhoffte sich Le gros<br />

offenbar Einiges: Er sollte ihm möglichst wirkungsvolle Stücke liefern,<br />

mit <strong>de</strong>nen er das Pariser Publikum beeindrucken konnte – <strong>de</strong>r Erfolg <strong>de</strong>s<br />

Komponisten wäre somit auch <strong>de</strong>r Erfolg <strong>de</strong>s Impresario.<br />

Mozart war im Frühjahr 1778 mit großen Hoffnungen in die französische<br />

Metropole gereist. Sein Vater, <strong>de</strong>r ihn erstmals nicht begleitete, hatte<br />

ihn entsprechend animiert: »Fort mit Dir nach Paris! Und das bald, setze<br />

dich grossen Leuten an die Seite. […] Von Paris aus geht <strong>de</strong>r Ruhm und<br />

Name eines Mannes von grossem Talente durch die ganze Welt.« Zuvor<br />

hatte sich Wolfgang Ama<strong>de</strong>us in Mannheim aufgehalten, wo er die glänzen<strong>de</strong><br />

Spielkultur <strong>de</strong>s berühmten Hoforchesters sowie eine Reihe erstklassiger<br />

Musiker kennen- und schätzen gelernt hatte. In <strong>de</strong>r kurfürstlichen<br />

Resi<strong>de</strong>nz war er auch mit <strong>de</strong>n oben genannten Bläservirtuosen (<strong>de</strong>m<br />

Flötisten Johann Baptist Wendling, <strong>de</strong>m Oboisten Friedrich Ramm, <strong>de</strong>m<br />

Fagottisten georg Wenzel Ritter – allesamt Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Hofkapelle –<br />

sowie <strong>de</strong>m aus Böhmen stammen<strong>de</strong>n »Reisemusiker« giovanni Punto)


MOZART | SINFONIA CONCERTANTE MOZART | SINFONIA CONCERTANTE<br />

bekannt gewor<strong>de</strong>n. Alle vier begaben sich mit ihm nach Paris, um dort mit<br />

<strong>de</strong>r erwähnten »Sinfonia concertante« auf sich aufmerksam zu machen.<br />

Im späten 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt erfreute sich diese gattung einer gewissen<br />

Beliebtheit. Ausgehend von <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>s barocken Concerto grosso<br />

hatte sich ein genre entwickelt, das vom Einbezug mehrerer Soloinstru-<br />

mente lebte, die mit ihren speziellen Klangfarben und spieltechnischen<br />

Möglichkeiten für Vielfalt und Abwechslungsreichtum sorgten. Der<br />

Musiktheoretiker und Komponist Daniel gottlob Türk hat in seiner Kla-<br />

vierschule von 1789, einer <strong>de</strong>r maßgeblichen musikalischen Schriften <strong>de</strong>r<br />

Zeit, das Phänomen treffend <strong>de</strong>finiert: »Konzertiren<strong>de</strong> Sinfonien haben<br />

die Form und größtentheils auch <strong>de</strong>n Charakter von Sinfonien, jedoch<br />

sind oft längere Solostellen für verschie<strong>de</strong>ne Instrumente […] darin<br />

angebracht. Diese gattung von Tonstücken hält also gewissermaßen das<br />

Mittel zwischen <strong>de</strong>n Konzerten und Sinfonien.« Die bestens ausgebil<strong>de</strong>ten<br />

und solistisch ambitionierten Musiker <strong>de</strong>r leistungsfähigen Orchester<br />

konnten auf diese Weise ihr beson<strong>de</strong>res Können <strong>de</strong>monstrieren – zwi-<br />

schenzeitlich traten sie aus <strong>de</strong>r gruppe heraus, waren zugleich aber auch<br />

in sie integriert.<br />

Durch die eingangs zitierte Briefquelle sind wir darüber unterrichtet,<br />

dass Mozart die Absicht hatte, eine solche Sinfonia concertante für vier<br />

Solobläser und Orchester zu verfertigen. Offenbar hat er ein solches Werk<br />

auch geschrieben. Ein Autograph ist freilich nicht erhalten; das Werk ist<br />

lediglich durch eine Abschrift überliefert, aus <strong>de</strong>r nicht mit Sicherheit her-<br />

vorgeht, ob die Komposition tatsächlich von Mozart stammt. Zwar liegt es<br />

durchaus nahe, die Sinfonia concertante in Es-Dur, die unter <strong>de</strong>r Köchel-<br />

verzeichnis-Nummer 297b in Mozarts Œuvre eingeordnet wur<strong>de</strong>, als au-<br />

thentisch anzusehen, wirklich verlässlich ist diese Annahme jedoch nicht.<br />

Stilistisch <strong>de</strong>utet Vieles auf Mozarts Autorschaft hin. Das einleiten<strong>de</strong><br />

Allegro, ein großformatiger Satz, wirkt im Blick auf Melodiebildung und<br />

Instrumentenbehandlung je<strong>de</strong>nfalls wie ein Werk aus <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s auf-<br />

streben<strong>de</strong>n Salzburger Komponisten. Sehr inspiriert ist auch das nachfol-<br />

gen<strong>de</strong> kantable Adagio gestaltet – je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r vier Soloinstrumente erhält<br />

hier gelegenheit, seine eigene Individualität ins Spiel zu bringen. Das<br />

Finale schließlich bringt ein folkloristisch anmuten<strong>de</strong>s Thema, das auf<br />

originelle Art und Weise variiert wird. Mozart – wenn er es <strong>de</strong>nn wirklich<br />

war – schien hier sowohl für die »Kenner« als auch für die »Liebhaber« <strong>de</strong>r<br />

Musik komponiert zu haben: Ernsthafte Kunst und unterhalten<strong>de</strong>r gestus<br />

gehen hier eine überzeugen<strong>de</strong> Synthese ein.<br />

Es muss für Mozart ernüchternd gewesen sein, dass ihm die Chance<br />

verwehrt wur<strong>de</strong>, diese (o<strong>de</strong>r eine an<strong>de</strong>re) Sinfonia concertante wie beab-<br />

sichtigt in Paris vorzustellen. Le gros erwarb das Werk zwar für seine<br />

»Concert spirituel«, aufgeführt wur<strong>de</strong> in<strong>de</strong>s Musik <strong>de</strong>s seinerzeit recht pro-<br />

minenten Italieners giuseppe Cambini, <strong>de</strong>r gegenüber Mozart im Vorteil<br />

war, da er in Paris bereits hinreichend Fuß gefasst hatte. Mozart selbst<br />

sollte dies nicht gelingen, auch nicht durch <strong>de</strong>n unbestreitbaren Erfolg<br />

seiner klangprächtigen, mit gera<strong>de</strong>zu spektakulären Effekten aufwarten<strong>de</strong>n<br />

Sinfonie D-Dur KV 297 (<strong>de</strong>r sogenannten Pariser Sinfonie), die Mitte<br />

Juni 1778 bei einer Veranstaltung <strong>de</strong>r »Concert spirituel« ihre Uraufführung<br />

erlebte. Am En<strong>de</strong> musste Mozart enttäuscht nach Salzburg zurückkehren,<br />

ohne eine Anstellung gefun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r einen größeren Auftrag in<br />

Paris akquiriert zu haben. Die seinem Vater gegenüber geäußerte I<strong>de</strong>e, die<br />

für Le gros geschriebene Sinfonia concertante aus <strong>de</strong>m gedächtnis zu<br />

rekonstruieren, setzte er nicht in die Tat um. gleichwohl widmete er sich<br />

erneut diesem genre: Im Sommer 1779 entstand ein Werk für Violine,<br />

Viola und Orchester (Es-Dur KV 364), das zweifellos zu <strong>de</strong>n Höhepunkten<br />

dieser beson<strong>de</strong>ren Form <strong>de</strong>s Musizierens für Soloinstrumente und Ensemble<br />

zu zählen ist.


elliott carter<br />

in New York<br />

Erste Seite <strong>de</strong>s »Heiligenstädter Testaments«<br />

ELLIOTT CARTER<br />

EIN MODERNER TRADITIONALIST<br />

Yuri Isabella Kato<br />

Der New Yorker Elliott Carter (1908–1912) galt als einer <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />

Komponisten nicht nur Amerikas, son<strong>de</strong>rn international als einer <strong>de</strong>r<br />

wichtigsten zeitgenössischen Komponisten. Er wur<strong>de</strong> 103 Jahre alt und<br />

komponierte bis zu seinem Lebensen<strong>de</strong>. Wahrgenommen wur<strong>de</strong> er oftmals<br />

als kompositorischer »Europäer« in Amerika und als amerikanischer<br />

Komponist in Europa. Zu seinen frühesten Kindheitserinnerungen gehören<br />

britische Kriegsschiffe im Hudson River zur Zeit <strong>de</strong>s Ersten Weltkrieges<br />

und <strong>de</strong>r Aufbau <strong>de</strong>r gigantischen Wolkenkratzer in seiner <strong>Heimat</strong>stadt.<br />

Aus seiner Wohnung in greenwich Village erlebte <strong>de</strong>r zweifache<br />

Pulitzer-Preisträger dann schließlich das Attentat auf das World Tra<strong>de</strong><br />

Center und <strong>de</strong>n Zusammenbruch <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Türme. Zu diesem Zeitpunkt<br />

hatte Elliott Carter bereits die meisten seiner Kollegen überlebt. Sein<br />

Schaffen verharrte aber alles an<strong>de</strong>re als in <strong>de</strong>r Vergangenheit, es war ganz<br />

<strong>de</strong>r Zukunft und seinen Ten<strong>de</strong>nzen gewidmet. Auffallend und außergewöhnlich<br />

war dabei seine ungebrochene Schaffenskraft, die sich seit <strong>de</strong>n<br />

80er Jahren gera<strong>de</strong>zu rasant vervielfachte. Zwischen 1960 und 1980 vervollständigte<br />

Carter lediglich 15 Kompositionen, zwischen 1980 und 2000<br />

entstehen etwa fünfzig Kompositionen und seit 2001 schließlich um ein<br />

Vielfaches davon mehr. Seine späten Kompositionen besitzen eine ausgesprochene<br />

intellektuelle Qualität und eine außergewöhnliche Leichtigkeit.<br />

Einige Forscher vermerken einen neuen positiven und optimistischen<br />

Ton, <strong>de</strong>r seine späten Kompositionen durchzieht, auch von einem<br />

neuen Klassizismus ist die Re<strong>de</strong>.


CARTER<br />

Carters musikalische Sprache gilt als atonal fortschrittlich, ohne für<br />

<strong>de</strong>n Hörer unangenehm zu sein. In seinem »Spätwerk« erreicht er eine<br />

Arbeitsmetho<strong>de</strong>, die die Summe ihrer Erfahrungen ist. Alles, was sich Car-<br />

ter im Laufe <strong>de</strong>r Jahre erarbeitet hatte, wur<strong>de</strong> schließlich ein Teil von ihm<br />

selbst. Er konnte in <strong>de</strong>n letzten Jahren seines Lebens <strong>de</strong>shalb soviel schrei-<br />

ben, weil er sich in seinem Leben mit entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n kompositorischen<br />

Problemen bereits auseinan<strong>de</strong>rgesetzt hatte. Carter musste <strong>de</strong>shalb auch<br />

nicht mehr für je<strong>de</strong>s Stück eine neue Sprache fin<strong>de</strong>n: »In <strong>de</strong>n 60er und<br />

70er Jahren war ich gewohnt, gigantische Stücke zu schreiben, die sehr<br />

komplex waren und die eine lange Zeit brauchten um komponiert zu wer-<br />

<strong>de</strong>n, wenn nicht zu spielen ... Diese Stücke ließen mich bestimmte I<strong>de</strong>en<br />

über Musik herausarbeiten. Diese I<strong>de</strong>en sind nun Teil meines Lebens, und<br />

so muss ich nicht je<strong>de</strong>s Mal in ähnlicher Weise über sie nach<strong>de</strong>nken.«<br />

Sein postmo<strong>de</strong>rner Klassizismus seit dieser Zeit verkörpert einen ul-<br />

tramo<strong>de</strong>rnen Stil, auch wenn <strong>de</strong>r Komponist selbst behauptete, dass sich<br />

seine musikalische Substanz seit <strong>de</strong>m Zweiten Weltkrieg nicht mehr ver-<br />

än<strong>de</strong>rt hätte. Seine geistigen Wurzeln fin<strong>de</strong>n sich bei <strong>de</strong>n amerikanischen<br />

Komponisten Aaron Copland, Charles Ives o<strong>de</strong>r auch Roger Sessions.<br />

In <strong>de</strong>n Jahren zwischen 1940 und 1950 über<strong>de</strong>nkt Elliott Carter grund-<br />

sätzlich die grundlagen seiner Komposition und unterzieht sich einer<br />

selbstkritischen Befragung als sich auch seine europäischen Kollegen in<br />

Darmstadt mit diesem grundlegen<strong>de</strong>n Problem <strong>de</strong>r Komposition nach<br />

1945 beschäftigen. Richtungweisend empfin<strong>de</strong>t Carter nicht <strong>de</strong>n Neoklassizismus,<br />

son<strong>de</strong>rn zählt sich zur Avantgar<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nachkriegszeit in <strong>de</strong>n<br />

Vereinigten Staaten. In seiner Vorlesung »Sound and Silence in Time« von<br />

1957 distanziert er sich ebenso von <strong>de</strong>n Zufallsprinzipien <strong>de</strong>r Aleatorik<br />

und <strong>de</strong>r elektronischen Musik. Für Carter, <strong>de</strong>r schon von Beginn an mit<br />

<strong>de</strong>r frühen Mo<strong>de</strong>rne aufwuchs, konnte die Beschäftigung mit elektronischer<br />

Musik kein gangbarer Weg sein, da auch sie mit Zufallsereignissen<br />

arbeitet. Dagegen entsteht eine Erforschung und Ausweitung <strong>de</strong>s zwölftönigen<br />

chromatischen Tonmaterials und die <strong>de</strong>r musikalischen Zeit, die<br />

CARTER<br />

beispielsweise auch in seine beson<strong>de</strong>re Technik <strong>de</strong>r metrischen Modulation<br />

mün<strong>de</strong>t. In seiner Musik schafft Elliott Carter starke Kontraste und<br />

kreiert mit <strong>de</strong>r von tonalen und harmonischen Zwängen befreiten Musik<br />

selbst gebil<strong>de</strong> von größter Komplexität. I<strong>de</strong>en und Bil<strong>de</strong>r bestimmen in<br />

einem frühen Stadium <strong>de</strong>n kreativen Prozess und kein abstraktes musikalisches<br />

Material, wobei sich letztendlich Klarheit und Komplexität nicht<br />

ausschließen müssen.<br />

An<strong>de</strong>rs als für einen europäischen Komponisten gilt für Carter nicht<br />

unbedingt die Fortsetzung einer historisch tradierten Linie. Als amerikanischer<br />

Komponist befin<strong>de</strong>t er sich in einem musikalischen Umfeld,<br />

das sozial, geographisch und ästhetisch sehr unterschiedlich geprägt ist.<br />

So ist die Zweite Wiener Schule für ihn nicht Ausgangspunkt für seinen<br />

kompositorischen Weg wie für seine europäischen Kollegen, vielmehr<br />

interessiert ihn <strong>de</strong>ren expressiver Inhalt, ohne sich an ihre technischen<br />

Aspekte klammern zu müssen. Der ehemalige Schüler Nadia Boulangers<br />

in Paris ist in dieser Hinsicht ein »Wan<strong>de</strong>rer« zwischen Amerika und<br />

Europa und kann historisch unbeschwert seinen eigenen Standpunkt einnehmen.<br />

Vielleicht ist er gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb einer <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnsten, für die <strong>de</strong>r<br />

Begriff <strong>de</strong>r Tradition eine völlig neue Be<strong>de</strong>utung erhält; eine gewisse traditionelle<br />

Exzentrik.<br />

Für seine Stücke ab <strong>de</strong>n 80er Jahren lässt sich feststellen, dass sie <strong>de</strong>utlich<br />

kürzer als ihre Vorgänger sind. In ihrer neuen Leichtigkeit sind sie für<br />

ihre Interpreten auch etwas leichter zu handhaben. Es scheint fast ein<br />

neues Verhältnis zwischen Interpret und kompositorischem Material zu<br />

bestehen. Beispiele für seine Musik <strong>de</strong>r letzten zehn Jahre und seiner unmittelbaren<br />

letzten Werke sind die heutige Aufführung <strong>de</strong>s Concertino für<br />

Bassklarinette von 2009 und A Sunbeam’s Architecture für Tenor und Kammerorchester<br />

von 2010.


concertino für bassKlarinette<br />

Betrachtet man die produktive Phase Elliott Carters dieser letzten Jahre,<br />

ist allein die Anzahl <strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>nen Solokonzerte herausragend. 2000<br />

entstand sein berühmtes Konzert für Violoncello, das letztens von <strong>de</strong>r<br />

Staatskapelle Berlin mit Alisa Weilerstein aufgeführt wur<strong>de</strong>, 2006 sein<br />

Hornkonzert und 2008 sein Flötenkonzert, das ebenso wie das Cellokon-<br />

zert unter <strong>de</strong>r Leitung von Daniel Barenboim uraufgeführt wur<strong>de</strong>. Das<br />

etwa neunminütige Concertino für Bassklarinette von 2009 ist vielleicht<br />

nicht so groß dimensioniert wie eines seiner Konzerte, trägt aber trotz-<br />

<strong>de</strong>m die kompositorische Absicht im Titel. Seine Uraufführung fand in<br />

eienem Konzert zu Carters 102. geburtstag am 10. Dezember 2010 im Isa-<br />

bel Ba<strong>de</strong>r Theatre in Toronto/Kanada statt. Solist war Virgil Blackwell, <strong>de</strong>m<br />

das Werk gewidmet ist, mit <strong>de</strong>m New Music Concerts Ensemble unter Ro-<br />

bert Aitken. Der Komponist selbst war zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>s<br />

Concertino 100 Jahre alt. Ein Umstand, <strong>de</strong>n nur wenige Komponisten von<br />

sich behaupten können.<br />

CARTER | CONCERTINO<br />

In <strong>de</strong>r Partitur zu seinen Werken gibt Elliott Carter <strong>de</strong>m Leser und Ausfüh-<br />

ren<strong>de</strong>n oftmals einen kleinen persönlichen Hinweis. Für das Concertino für<br />

Pierre Boulez, Elliott Carter, Daniel Barenboim und Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Staatskapelle Berlin nach einem Konzert in New York, 2009<br />

CARTER | CONCERTINO<br />

Bassklarinette vermerkt er: »Wagners außergewöhnlicher gebrauch <strong>de</strong>r<br />

Bassklarinette richtete meine Aufmerksamkeit auf dieses bemerkenswerte<br />

Instrument und meinen Wunsch es in <strong>de</strong>n Mittelpunkt zu rücken,<br />

beson<strong>de</strong>rs da ich in Virgil Blackwell einen wun<strong>de</strong>rbaren Freund habe, <strong>de</strong>r<br />

sein Instrument so wun<strong>de</strong>rschön spielt.«<br />

Für Virgil Blackwell entstand 2001 auch ein weiteres Werk für Bassklarinette<br />

mit <strong>de</strong>m Titel Steep Steps. Blackwell lernte Carter 1974 während <strong>de</strong>r<br />

Vorbereitungen zum Double Concerto kennen und arbeitete ebenso eng mit<br />

<strong>de</strong>m Komponisten zu A Mirror on Which to Dwell zusammen. 1988 wur<strong>de</strong> er<br />

schließlich sein persönlicher Assistent.<br />

Carters musikalisches Denken und seine Stücke leiten sich, laut eigener<br />

Aussage <strong>de</strong>s Komponisten, direkt vom Instrument ab. Und er schreibt<br />

ganz spezifisch für Instrumente. Dieses Charakteristikum gilt sicherlich<br />

auch für das Concertino. Kein konzertantes getöse, son<strong>de</strong>rn fast als ein<br />

kammermusikalisches Ereignis formen sich drei klar strukturierte Abschnitte<br />

mit <strong>de</strong>n Satzüberschriften Allegro, Adagio, Risoluto. Fast stellt<br />

sich dabei die Frage nach einer neuen Rollen<strong>de</strong>finition, da allein vom Hören<br />

die Bassklarinette nicht dominiert. Ihre erdigen tiefen Töne stehen<br />

häufig in schärfstem Kontrast und maximaler Spannung zu <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs<br />

hohen Tönen <strong>de</strong>r Flöte und Piccoloflöte. Der Part <strong>de</strong>s Klaviers wirkt nahezu<br />

als Co-Solist, während die Solostimme als jazziger Part erscheint. Beson<strong>de</strong>rs<br />

farbenreich setzt Carter das Schlagwerk ein. Die Ereignisdichte in<br />

diesen tatsächlich nur neun Minuten ist enorm, so als ob das kurze Stück<br />

<strong>de</strong>r Wiener Schule um Schönberg, Webern und Berg wie<strong>de</strong>rbelebt wor<strong>de</strong>n<br />

wäre. Und auch direkte klangliche Assoziationen an diese Komponisten<br />

und ihre Klangsprache sind oftmals wahrzunehmen, ohne sie jedoch zu<br />

zitieren. Die vielleicht eindrücklichste klingen<strong>de</strong> Erinnerung ist ein Akkord<br />

kurz vor En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Concertino <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong>zu als direktes Zitat von Pierre<br />

Boulez aufzutreten scheint. Ihm folgt, auch ganz in <strong>de</strong>r Klangsprache Boulez’<br />

gehalten, nur noch ein kurzer trockener einzelner Schlusston.


a sunbeam’s architecture<br />

CARTER | A SUNBEAM’S ARCHITECTURE CARTER | A SUNBEAM’S ARCHITECTURE<br />

Am 8. Dezember 2011 fin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>r 92nd Street Y in New York ein Konzert<br />

für Elliott Carter statt. Und wie<strong>de</strong>r ist es ein geburtstagskonzert für <strong>de</strong>n<br />

Komponisten, an <strong>de</strong>m A Sunbeam’s Architecture, sechs Sätze für Tenor und<br />

Kammerorchester auf gedichte von E.E. Cummings von 2010, uraufgeführt<br />

wird. 103 Jahre ist Elliott Carter mittlerweile alt und damit auch<br />

älter als viele bahnbrechen<strong>de</strong> Werke <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts selbst. Lei<strong>de</strong>r<br />

sollte es sein letztes geburtstagskonzert wer<strong>de</strong>n. Er stirbt am 5. November<br />

<strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Jahres in seiner <strong>Heimat</strong>stadt New York. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Konzerts geben die Musiker noch ein Ständchen mit Carterscher instrumentaler<br />

Komplexität. Der Komponist ist zwar seinem Alter entsprechend<br />

fragil, aber seine Augen sprühen vor Lebendigkeit. Seine ungebrochene<br />

Energie fin<strong>de</strong>t sich ebenso in seinen Stücken wie<strong>de</strong>r. An diesem<br />

Tag wer<strong>de</strong>n neben A Sunbeam’s Architecture Carters Rigmarole o<strong>de</strong>r Mnemosyné,<br />

die gera<strong>de</strong> im November 2011 entstan<strong>de</strong>n, uraufgeführt. Solist ist Nicholas<br />

Phan unter <strong>de</strong>r Leitung von Ryan McAdams. Charles Rosen berichtet<br />

über A Sunbeam’s Architecture auf <strong>de</strong>m NYRblog, dass schon lange kein<br />

Komponist mehr so eine kraftvolle Musik auf eine Dichtung geschaffen<br />

hätte. Das letzte Stück sei gar eine Opernarie und en<strong>de</strong> in einer wun<strong>de</strong>rvollen<br />

Klimax. Opernhafte Züge weist das Werk tatsächlich auf. Den Eindruck<br />

einer Liedvertonung mit Orchesterbegleitung vermittelt es kaum,<br />

statt<strong>de</strong>ssen wechseln sich auf dichtestem Raum klanglich höchst intensive<br />

Szenen ab. Entschei<strong>de</strong>nd dürften für diese Komposition unterschiedlichste<br />

I<strong>de</strong>en und Bil<strong>de</strong>r für Carters kreativen Prozess gewesen sein.<br />

Der erste Satz Your little voice (was für ein textlicher Beginn für einen<br />

Sänger) von nur zwei Minuten Dauer, führt in die durchaus heitere irreale<br />

Situation ein und gibt seine I<strong>de</strong>en und Stimmungen wie<strong>de</strong>r. Einen abrupten<br />

Stimmungswechsel und eine bedrohliche Klangsituation bringt <strong>de</strong>r<br />

zweite Satz no man mit orchestral anmuten<strong>de</strong>m Ausmaß. Hier erklingt<br />

auch <strong>de</strong>r Titel <strong>de</strong>s Werkes A Sunbeam’s Architecture (Bau <strong>de</strong>s Sonnenstrahls),<br />

ohne jedoch in <strong>de</strong>n Mittelpunkt gerückt zu wer<strong>de</strong>n. My sweet old etcetera<br />

führt in seiner rhythmischen klangmalerischen Ausführung in eine anstacheln<strong>de</strong><br />

Atmosphäre, die sich bis zur Aggression steigert. Dazu trägt auch<br />

die Schlussgestaltung mit immer höheren Spitzentönen bei. Das gesungene<br />

Etcetera erreicht dabei das hohe As und forciert es nun in langen<br />

Notenwerten. Ein exzessiver Schrei, <strong>de</strong>r sofort in <strong>de</strong>n nächsten Satz übergeht<br />

und nur einen Halbton höher in seinen eigentlichen Höhepunkt auf<br />

das nahezu geschrieene Wort »Love« mün<strong>de</strong>t. Nur elf Takte verwen<strong>de</strong>t<br />

Carter für diesen extrem kurzen aber intensiven Satz. Rezitativisch mutet<br />

<strong>de</strong>r nächste Satz it’s jolly odd an. Nur begleitet von <strong>de</strong>r Perkussion entwirft<br />

es ein emotionales Stimmengemäl<strong>de</strong>. Fahl und unheimlich beginnt <strong>de</strong>r<br />

letzte Satz somewhere und entführt in seine erzählerisch suggestive Welt.<br />

In diesen nur wenigen elf Minuten treffen enorme Dichte und intensivste<br />

Stimmungen aufeinan<strong>de</strong>r. Umso radikaler wirkt Carters Schlussgestaltung:<br />

Fast ohne jegliche Begleitung en<strong>de</strong>n die Worte »nobody, not even<br />

the rain, has such small hands«.<br />

Zu eigenen Assoziationen animiert Carter in seinem knappen einführen<strong>de</strong>n<br />

Hinweis in <strong>de</strong>r Partitur. Die Wahl und Anordnung <strong>de</strong>r gedichte<br />

von E.E. Cummings sollen <strong>de</strong>n Dichter in einer Zeit zeigen, als das Telefon<br />

noch immer eine Neuerung war und <strong>de</strong>r erste Weltkrieg ausbrach. Es beginnt<br />

mit einem persönlichen Ausdruck und gehe dann in seinem eigentlichen<br />

Höhepunkt A Sunbeam’s Architecture über. Unterbrochen durch <strong>de</strong>n<br />

Krieg, kehrt es zu seinem persönlichen Leben zurück. Das Werk komponierte<br />

Carter im Frühling 2010 und widmete es seinem Sohn David und<br />

Carol Parks. Eine weitere Widmung ist für Daniel Barenboim.


NICHT FüR DIE OPER,<br />

SONDERN FüR’S KONZERT<br />

ZWEI TENORARIEN MOZARTS<br />

Julius Josef Kaminski<br />

Seine geburtsstadt Salzburg hat Mozart schon lange nicht mehr gesehen,<br />

als er im Dezember 1766 dort das Rezitativ Or che il dover und die zugehörige<br />

Tenorarie Tali e cotanti sono (KV 36) zu Papier bringt: Die Mozarts waren mehr<br />

als drei Jahre zuvor im Sommer zu einer großen Europareise aufgebrochen,<br />

in <strong>de</strong>ren Verlauf Wolfgang und seine Schwester Nannerl sich als »musikalische<br />

Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Natur« – so die Marktschreier-Ausrufe – einen Namen<br />

machen wer<strong>de</strong>n. Wun<strong>de</strong>rkin<strong>de</strong>r gibt es zu dieser Zeit viele und man muss<br />

Einiges tun, um sich zu behaupten. Also beginnt für die Familie Mozart eine<br />

Hast von Stadt zu Stadt und von Hof zu Hof. Im <strong>de</strong>utschen Raum konzertieren<br />

sie unter an<strong>de</strong>rem in Hei<strong>de</strong>lberg, Mannheim und Frankfurt. Die nächste<br />

große Station wird Paris. Hier soll Wolfgang als musikalisches Neujahrspräsent<br />

1764 in Versailles neue A<strong>de</strong>lsgunst gewinnen. Einen Einblick, wie<br />

diese Konzerte vonstatten gehen, gewährt die erste Erwähnung Wolfgangs<br />

in Johann Adam Hillers Wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen die Musik<br />

betreffend, vom 25ten November 1766 aus Leipzig: »Herr Mozart, <strong>de</strong>r Vater<br />

spielt die Violin, sein Sohn accompagnirt <strong>de</strong>n Flügel, und die Tochter singt<br />

mit <strong>de</strong>r Parthie in <strong>de</strong>r Hand. Wir fin<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r That dieses Beyspiel von<br />

jungen Musikern sehr ausseror<strong>de</strong>ntlich; zumal <strong>de</strong>r Sohn, ein Kind von sieben<br />

Jahren, sich schon auf die Composition so verstan<strong>de</strong>n, dass man in Paris<br />

ein halbes Dutzend Claviersonaten von ihm in Kupfer gestochen hat.«<br />

Nicht nur Hiller fin<strong>de</strong>t die jungen Musiker außeror<strong>de</strong>ntlich; auch außerhalb<br />

von Kontinentaleuropa erregen sie große Aufmerksamkeit. So<br />

kommt es, dass die Familie erst nach über einem Jahr <strong>de</strong>s von Hof und A<strong>de</strong>l<br />

MOZART | KONZERTARIEN<br />

bewun<strong>de</strong>rten Konzertierens in London großbritannien verlässt und sich<br />

auf einen strapaziösen, von Krankheiten gezeichneten Rückweg begibt, <strong>de</strong>r<br />

nach Den Haag, Amsterdam, Utrecht, Brüssel, abermals Paris und schließlich<br />

Lyon führt. Dort beschließt Leopold Mozart, nicht wie geplant weiter<br />

nach Italien zu reisen, son<strong>de</strong>rn nach Tourneeaufenthalten in genf und<br />

Zürich die langen Wan<strong>de</strong>rjahre <strong>de</strong>r geschwister zu been<strong>de</strong>n – obwohl es an<br />

Triumphen nicht mangelt.<br />

Wie<strong>de</strong>r zurück in Salzburg, rasten die Mozarts nicht, son<strong>de</strong>rn belegen<br />

die Berichte <strong>de</strong>r großartigen Erfolge, vor allem die Wolfgangs, durch Taten.<br />

Auch wird seine kompositorische Begabung gezielt geför<strong>de</strong>rt, ohne <strong>de</strong>n Ruf<br />

als pianistisches Ausnahmetalent zu gefähr<strong>de</strong>n.<br />

Zu jenen ersten kompositorischen Schritten Wolfgangs zählt die Kombination<br />

von Rezitativ und Konzertarie Or che il dover – Tali e cotanti sono. Sie<br />

ist die erste <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n von Mozart geschaffenen »Licenze«, einer mehr o<strong>de</strong>r<br />

weniger allegorischen Huldigungskomposition für <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sfürsten Sigismund<br />

graf von Schrattenbach, Fürsterzbischof von Salzburg. Ihm gilt die<br />

von hohem Pathos und Affektgestus gezeichnete Aria seria, die Mozart anlässlich<br />

<strong>de</strong>s 13. Jahrestags <strong>de</strong>r bischöflichen Konsekration am 21. Dezember<br />

1766 komponiert. Mochte die Komposition <strong>de</strong>s jungen Mozart Begeisterung<br />

gefun<strong>de</strong>n haben; die Begeisterung für <strong>de</strong>n Fürsterzbischof hielt sich in<br />

weiten Teilen <strong>de</strong>r Salzburger Bevölkerung in engen grenzen. Außer <strong>de</strong>m<br />

Sigmundstor, das die Stadt gen Westen öffnet, hinterließ Sigismund nämlich<br />

vor allem einen beträchtlichen Schul<strong>de</strong>nberg. Dessen Last hatten die<br />

Salzburger durch Steuererhöhungen und florieren<strong>de</strong>n Salz-Bergbau noch<br />

lange nicht abgetragen, als <strong>de</strong>r Fürsterzbischof 1771 starb. Die Mozarts jedoch<br />

profitierten von ihrem kunstlieben<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherrn: Leopold war bei<br />

<strong>de</strong>r erzbischöflichen Kapelle angestellt, wie später auch Wolfgang.<br />

Zu <strong>de</strong>r späteren Anstellung trug gewiss <strong>de</strong>r außeror<strong>de</strong>ntliche Erfolg <strong>de</strong>r<br />

frühen Komposition ganz erheblich bei; von ihm wissen die Salzburger<br />

Hofdiaren zu berichten: »[…] letztlichn ware die Licenza in einem Rezitatif<br />

und eine Aria, welche Musique darüber <strong>de</strong>r junge Mozard Wolfgang, Sohn


MOZART | KONZERTARIEN<br />

<strong>de</strong>s hiesigen vice capelmeisters und bewun<strong>de</strong>rungswürdiger Knab von 10<br />

Jahr in <strong>de</strong>m Instrument ein vollkommener Meister, auch erst von England<br />

hier ankommen, zu je<strong>de</strong>rmans Bewun<strong>de</strong>rung componirt hat […].«<br />

Wie für Rezitative üblich, beschränkt sich bei Or che il dover die obligate<br />

Begleitung ausschließlich auf Streicher. Wechseln<strong>de</strong> Tempi sowie die<br />

variierte Dichte und Lebendigkeit dieser begleiten<strong>de</strong>n Stimmen führen in<br />

<strong>de</strong>r Partie zu schwanken<strong>de</strong>n Affektgehalten – passend zur vorgeblichen<br />

Ratlosigkeit <strong>de</strong>s lyrischen Ich und seinem Besuch bemitlei<strong>de</strong>nswerter, klagen<strong>de</strong>r<br />

Musen. Wesentlich stabiler ist die Stimmung <strong>de</strong>r sich heiter anschließen<strong>de</strong>n<br />

Arie, in die uns zunächst unter Paukenschlägen ein instrumentales<br />

Vorspiel in voller Instrumentation und größter Opulenz einführt.<br />

Sodann erklingt Tali e cotanti sono in zwei Textdurchgängen. Anschließend<br />

folgt ein fünftaktiges Ritornell, in <strong>de</strong>m die Fülle <strong>de</strong>s Instrumentariums<br />

abermals aufblitzt. Diesem schließen sich wie<strong>de</strong>r zwei Textdurchgänge an.<br />

Nach dieser viel Raum beanspruchen<strong>de</strong>n ersten Strophe, räumt Mozart<br />

<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n schlichten zweiten Strophe ein ungleich kleineres gewicht<br />

ein. Sie erklingt nur einmal und ist als Kontrast angelegt: Nach<strong>de</strong>m die<br />

erste Strophe im ganzschluss en<strong>de</strong>t, wechselt die Taktart vom 4/4-Takt in<br />

einen tänzerischen und rasch fließen<strong>de</strong>n 3/8-Takt, zu<strong>de</strong>m wechselt die Tonart<br />

in die Mollparallele. Diese Eintrübung lässt die Lobpreisung Sigismunds<br />

im abschließen<strong>de</strong>n Da Capo nun umso strahlen<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Haupttonart D-<br />

Dur hervortreten.<br />

Die Konzertarie Per pietà non ricercate (KV 420) entstand 1783. Mozart<br />

ist mittlerweile endgültig nach Wien übergesie<strong>de</strong>lt, als er diese Einlage<br />

zu <strong>de</strong>r Buffa-Oper Il curioso indiscreto von Pasquale Anfossi schreibt. Das<br />

Jahr beginnt für ihn vielversprechend: Im Frühling beteiligt er sich rege an<br />

<strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie seiner Schwägerin Aloisia Lange im Burgtheater (die auch<br />

unter Anwesenheit <strong>de</strong>s Kaisers wie<strong>de</strong>rholt wird), die Messe in c-Moll ist im<br />

Entstehen und schließlich wird auch <strong>de</strong>r erste Sohn, Raimund Leopold, am<br />

17. Juni geboren. Nur wenige Tage später, am 30. Juni, steht die Aufführung<br />

<strong>de</strong>r Oper Il curioso indiscreto an, <strong>de</strong>ren Sujet Miguel <strong>de</strong> Cervantes’ Don Quijote<br />

MOZART | KONZERTARIEN<br />

liefert. Zum ersten Mal treten in ihr <strong>de</strong>utsche Interpreten auf: seine Schwägerin,<br />

die Sopranistin Aloisia Lange und <strong>de</strong>r Tenor Valentin Adamberger,<br />

<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>n ersten Belmonte in Mozarts Die Entführung aus <strong>de</strong>m Serail verkörperte.<br />

Für bei<strong>de</strong> komponiert Mozart Einlagen in Opern – eine damals<br />

geläufige Praxis: Sie waren Maßanfertigungen für <strong>de</strong>n jeweiligen Interpreten,<br />

sodass dieser gesanglich brillieren konnten. Um <strong>de</strong>r vorteilshaften<br />

Wirkung willen, war es auch gestattet, dass die jeweilige Einlage aus einer<br />

an<strong>de</strong>ren Oper stammte und damit aus <strong>de</strong>m eigentlichen Kontext fiel. Je<br />

publikumswirksamer die Arie, <strong>de</strong>sto lieber wur<strong>de</strong> sie von <strong>de</strong>n Sängern auch<br />

in an<strong>de</strong>ren Opern eingesetzt.<br />

Im Fall <strong>de</strong>r Einlage Per pietà non ricercate für die Oper Anfossis erhob sich<br />

jedoch reger Wi<strong>de</strong>rstand gegen Mozart. Man empfand seine Komposition<br />

als einen zu großen Eingriff, witterte Intrigen und die übermäßige Begünstigung<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n berühmten Sänger. Mozart schreibt <strong>de</strong>shalb am 2. Juli<br />

leicht verbittert an seinen Vater: »Die Opera Il curioso indiscreto vom Anfoßi<br />

worinn die Lange und Adamberger zum erstenmale gegeben wor<strong>de</strong>n. – es<br />

gefiel gar nichts als die 2 arien von mir. – und die 2te, welche eine Bravour<br />

arie ist, musste wie<strong>de</strong>rhollet wer<strong>de</strong>n. – Nun müssen sie wissen dass Meine<br />

fein<strong>de</strong> so boshaft waren schon vorhinein auszusprengen; Mozart will die<br />

Opera <strong>de</strong>s anfoßi Corrigiren. – ich hörte es.« Dass die Kritiker die Einlage als<br />

Korrektur verstan<strong>de</strong>n, ist verständlich. Mozart än<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n Libretto-Textes<br />

im zweiten Teil <strong>de</strong>r Arie für seine Zwecke erheblich ab.<br />

Die Rondo-Arie Per pietà non ricercate war für die Figur <strong>de</strong>s grafen in <strong>de</strong>r<br />

vierten Szene <strong>de</strong>s zweiten Aktes vorgesehen und konfrontiert <strong>de</strong>n Hörer<br />

mit heftigen Affekten. Der dramatische Zusammenhang ist folgen<strong>de</strong>r: Clo-<br />

»Denn wenn er mich heute ersuchte ihm<br />

das Ron<strong>de</strong>au zu gebn, so wür<strong>de</strong> ich es nicht<br />

mehr hergeben«<br />

Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart


MOZART | KONZERTARIEN<br />

rinda (damals die Partie <strong>de</strong>r Aloisia Lange) ist die geliebte <strong>de</strong>s grafen<br />

(damals die Partie von Valentin Adamberger). gera<strong>de</strong> hat sie sich mit einem<br />

gewissen Aurelio unterhalten; und es ist dieses gespräch, das <strong>de</strong>n neidvollen<br />

grafen in Zorn und Unmut verfallen lässt. Daneben gibt es noch<br />

einige lästige Frager, die er loswer<strong>de</strong>n muss, weil sie nicht aufhören wollen,<br />

<strong>de</strong>n grund seiner schlechten Laune von ihm in Erfahrung zu bringen. Im<br />

Verlauf <strong>de</strong>r Arie hören wir ganz <strong>de</strong>utlich, wie <strong>de</strong>r graf zunächst bemüht ist,<br />

seine gefühle zu klären; wie hören dabei verhaltene, bisweilen lyrische<br />

Partien. Schnelle Sechzehntel-Figuren in <strong>de</strong>n Streichern weisen während<strong>de</strong>ssen<br />

bereits auf die unterschwellige Wut hin. Sie bahnt sich schließlich<br />

mit <strong>de</strong>m Erreichen <strong>de</strong>r Tempoanweisung Allegro assai ihren Weg an die<br />

Oberfläche. Deutlich ist dieser Abschnitt durch ein hornrufartiges Signal<br />

von <strong>de</strong>r vorangehen<strong>de</strong>n Partie abgesetzt. Von da an schlägt Verzweiflung<br />

um in Raserei. Ausgedrückt wird dies durch das Tremolo in <strong>de</strong>n Streichern,<br />

das sich im weiteren Verlauf noch steigert. Der Höhepunkt <strong>de</strong>r Affekte<br />

scheint dann zu Beginn <strong>de</strong>r dritten Arienstrophe erreicht. Hier wird die<br />

zweite Violine konsequent in Oktavtremoli geführt, während Tenor, Viola<br />

und Bassgruppe sich <strong>de</strong>n schäumen<strong>de</strong>n Wogen <strong>de</strong>r Wut hingeben. So ist<br />

auch <strong>de</strong>s grafen Flehen um <strong>de</strong>n Tod noch gänzlich von feuriger Wut begleitet<br />

und es ist schwer vorstellbar, dass er <strong>de</strong>m zürnen<strong>de</strong>n grafen <strong>de</strong>n Trost<br />

bieten kann, <strong>de</strong>n er an jener Stelle singend gera<strong>de</strong>zu beschwört.<br />

Die heftigen Affekte und gefühlsausbrüche <strong>de</strong>r Arie färbten damals<br />

offenbar direkt auf Adamberger ab. Er war vom Dirigenten gebeten wor<strong>de</strong>n,<br />

auf seine Einlage zu verzichten. Doch dickköpfig wi<strong>de</strong>rsetzte er sich.<br />

Lesen wir <strong>de</strong>n schon zuvor zitierten Brief Mozarts weiter: » – was war <strong>de</strong>r<br />

erfolg davon? – das, daß er gar nicht gefiel, wie es auch nicht an<strong>de</strong>rs möglich<br />

war! – Nun reuet es ihn, aber zu spätt. – Denn wenn er mich heute<br />

ersuchte ihm das Ron<strong>de</strong>au zu gebn, so wür<strong>de</strong> ich es nicht mehr hergeben. –<br />

ich kann es sehr gut in eine Meinige opera brauchen.« Zu einem solchen<br />

Einsatz in eigener Sache kommt es jedoch nie: Per pietà non ricercate besteht<br />

seither als eine <strong>de</strong>r wenigen Konzertarien Mozarts für Tenor.<br />

»SO gESCHWIND<br />

ALS ES MögLICH«<br />

VON DER EILIgEN ENTSTEHUNg<br />

EINER KLASSISCHEN SINFONIE<br />

Marlene Grunert<br />

Im Juli 1782 erhielt Mozart <strong>de</strong>n Auftrag, zur Verleihung <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>lstitels an<br />

Siegmund Haffner d. J. eine Festmusik zu komponieren. Der besagte Siegmund<br />

Haffner war ein Jugendfreund Mozarts, <strong>de</strong>r aus einer angesehenen<br />

Salzburger Kaufmannsfamilie stammte. Ihr hatte Mozart bereits 1776 die<br />

sogenannte Haffner-Serena<strong>de</strong> KV 250 gewidmet.<br />

Wenige Tage bevor Leopold Mozart seinem Sohn <strong>de</strong>n Auftrag übermittelte,<br />

war das Singspiel Die Entführung aus <strong>de</strong>m Serail KV 384 am 16. Juli 1782<br />

unter großem Beifall uraufgeführt wor<strong>de</strong>n. Mozart stand unter einem gewissen<br />

Druck, diesen Erfolg zu halten – immerhin hatte er <strong>de</strong>n Dienst<br />

beim Salzburger Erzbischof erst ein Jahr zuvor aufgegeben und lebte seit<strong>de</strong>m<br />

freischaffend in Wien.<br />

In einem Brief an seinen Vater schreibt er am 20. Juli 1782: »Nun habe<br />

ich keine geringe Arbeit. – bis Sonntag acht tag muß meine Opera auf die<br />

harmonie gesezt seyn – sonst kommt mir einer bevor – und hat anstatt<br />

meiner <strong>de</strong>n Profit davon; und soll nun eine Neue Sinphonie auch machen!<br />

– wie wird das möglich seyn!«<br />

Am 27. Juli schickte Mozart seinem Vater das erste Allegro <strong>de</strong>r zunächst<br />

entstehen<strong>de</strong>n Serena<strong>de</strong>. Erneut klagt er über mangeln<strong>de</strong> Zeit, um<br />

<strong>de</strong>m Vorhaben gerecht zu wer<strong>de</strong>n: »Sie sehen daß <strong>de</strong>r Willen gut ist; allein<br />

wenn mann nicht kann, so kann man nicht! – ich mag nichts hinschmie-


Michaelerplatz mit Burgtheater in Wien, 1783<br />

Uraufführungsort <strong>de</strong>r Haffner-Sinfonie, Stich von Karl Schütz<br />

ren. – ich kann ihnen also erst künftigen Postag die ganze Sinphonie schicken.«<br />

Am 7. August, drei Tage nach seiner Hochzeit mit Constanze Weber,<br />

verschickte Mozart schließlich die letzte Sendung an seinen Vater. Zu diesem<br />

Zeitpunkt besaß die Komposition noch eine sechssätzige Form mit<br />

einem einleiten<strong>de</strong>n Marsch (KV 408/2 [385a]) und einem zweiten Menuett,<br />

das vermutlich verloren gegangen ist. Trotz dieser gestalt spricht Mozart<br />

in Briefen von einer »Sinfonie«, nicht von einer »Serena<strong>de</strong>« – ein Hinweis<br />

darauf, dass die gattungsbegriffe zu dieser Zeit noch nicht vollends festgelegt<br />

waren. Für Mozart waren diese Differenzierungen ohnehin relativ.<br />

Im Februar 1783 erhielt Mozart die Partitur nach wie<strong>de</strong>rholten Auffor<strong>de</strong>rungen<br />

von seinem Vater zurück, um sie bei einer seiner Wiener Aka<strong>de</strong>mien<br />

am 23. März aufzuführen. Bei Erhalt <strong>de</strong>r Sendung schien sich Mozart<br />

nicht einmal mehr an die von ihm komponierte Serena<strong>de</strong> zu erinnern. Er<br />

schreibt: »[...] die Neue Hafner Sinfonie hat mich ganz surprenirt – <strong>de</strong>nn<br />

ich wusste kein Wort mehr davon; – die muß gewis guten Effect machen.«<br />

Erst für die Aufführung in <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie brachte Mozart die sechssätzige<br />

MOZART | HAFFNER-SINFONIE<br />

Serena<strong>de</strong> in die Form einer viersätzigen Sinfonie, löschte die Wie<strong>de</strong>r-<br />

holungen im ersten Satz und fügte Flöten und Klarinetten hinzu.<br />

In dieser Weise wur<strong>de</strong> das Werk auch am 23. März 1783 im ausver-<br />

kauften Wiener Burgtheater in Anwesenheit <strong>de</strong>s Kaisers erstmals aufge-<br />

führt. Zunächst wur<strong>de</strong>n die drei ersten Sätze gespielt, das Finale hingegen<br />

erst am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Konzerts, nach verschie<strong>de</strong>nen Arien und zwei Klavier-<br />

konzerten. Diese Art <strong>de</strong>r Aufführung war keinesfalls unüblich; sie ist Aus-<br />

druck <strong>de</strong>s damaligen Verständnisses vom musikalischen »Werk«. Das<br />

Werk galt nicht, wie später im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt, als etwas Unantastbares,<br />

das nur als ganzes funktionierte und Sinn besaß.<br />

Im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts orientierte sich die Komposition von Sinfonien<br />

zumeist an Aufträgen zu konkreten Anlässen und konkreten Auffüh-<br />

rungsmöglichkeiten. Zwar lässt die hohe Qualität vieler Werke aus dieser<br />

Zeit, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>rer Mozarts, daran zweifeln, dass sachliche überle-<br />

gungen auf die Kompositionen überhaupt Einfluss genommen hätten. Die<br />

Sinfonie entwickelte sich jedoch erst im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt zu einer »erha-<br />

benen gattung«, die <strong>de</strong>n Anspruch erhob, losgelöst von profanen Dingen<br />

möglichst individuelle Bekenntnisse <strong>de</strong>s Komponisten zu offenbaren. Für<br />

gustav Mahler etwa, einen <strong>de</strong>r Vollen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r großen klassisch-roman-<br />

tischen Tradition, be<strong>de</strong>utete dies: »Eine Symphonie schreiben heißt mit<br />

allen zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n Mitteln eine Welt errichten.«<br />

Als Mozart die Haffner-Sinfonie komponierte, hatte sich Wien neben<br />

Mannheim, München, London, Paris und <strong>de</strong>n italienischen Metropolen zu<br />

einem <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten Musikzentren Europas entwickelt. Hierfür war<br />

unter an<strong>de</strong>rem das rege Musikleben in <strong>de</strong>n Klöstern sowie <strong>de</strong>n Bischofsund<br />

Sommerresi<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>s geistlichen wie weltlichen A<strong>de</strong>ls ausschlaggebend.<br />

Die klassische Sinfonie entwickelte sich insbeson<strong>de</strong>re aus <strong>de</strong>r<br />

italienischen Opern-Sinfonia heraus. Die neue gattung <strong>de</strong>finierte sich als<br />

mehrsätzige Komposition für Orchester, wobei die dreisätzige Form <strong>de</strong>r<br />

italienischen Opern-Sinfonia unter Einbeziehung <strong>de</strong>s Menuetts zu einer<br />

viersätzigen Form erweitert wur<strong>de</strong>.


MOZART | HAFFNER-SINFONIE<br />

Mozarts Einfluss auf die geschichte <strong>de</strong>r Sinfonie entspricht laut Ludwig<br />

Finschers in <strong>de</strong>r Musikenzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart<br />

zu fin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Artikel nicht <strong>de</strong>r ästhetischen Qualität seiner Werke.<br />

Dies gelte insbeson<strong>de</strong>re für die kompositorische Rezeption <strong>de</strong>r älteren wie<br />

zeitgenössischen Vorbil<strong>de</strong>r. Die Sinfonien Haydns waren lange Zeit weitaus<br />

bekannter und verbreiteter. Mit zunehmen<strong>de</strong>r Aufführungspraxis in<br />

Konzertsälen übertraf die Bekanntheit von einigen Mozart-Sinfonien zwar<br />

diejenige <strong>de</strong>r Sinfonien Haydns, wirklich impulsgebend wirkte er zu diesem<br />

Zeitpunkt aber kaum mehr. Zu dieser Zeit war Beethoven bereits zum<br />

Vorbild für das Komponieren von Sinfonien gewor<strong>de</strong>n.<br />

Eine systematische Einordnung <strong>de</strong>r Haffner-Sinfonie in das sinfonische<br />

Werk Mozarts fällt schwer, da es sich nicht konstant entwickelte. Hinzu<br />

kommt, dass Mozart beim Komponieren einer Sinfonie häufig auf Werke<br />

an<strong>de</strong>rer Komponisten Bezug nahm. Die Äußerung gegenüber seinem Vater<br />

vom 7. Februar 1778, »<strong>de</strong>nn ich kann so ziemlich, wie sie wissen, alle<br />

art und styl vom Compositions annehmen«, gilt insbeson<strong>de</strong>re für sein sinfonisches<br />

Schaffen. Mozart arbeitete damit in gänzlich an<strong>de</strong>rer Weise als<br />

Haydn, <strong>de</strong>r durch seine eher isolierte Stellung in Esterháza sich die gattung<br />

<strong>de</strong>r Sinfonie in größter Freiheit kontinuierlich erobern konnte.<br />

In zeitlicher Hinsicht zählt die Haffner-Sinfonie zu seinen späteren, in<br />

Wien entstan<strong>de</strong>nen Sinfonien. Mozart hatte zu diesem Zeitpunkt bereits<br />

gut 30 Sinfonien in London, Den Haag, Wien, Italien und schließlich in<br />

Salzburg komponiert. Unmittelbar gingen <strong>de</strong>r Haffner-Sinfonie die Pariser<br />

Sinfonie KV 297 sowie einige kleinere, durchaus experimentell angelegte<br />

»<strong>de</strong>nn ich kann so ziemlich, wie sie wissen,<br />

alle art und styl vom Compositions annehmen«<br />

Wolfgang Ama<strong>de</strong>us Mozart<br />

MOZART | HAFFNER-SINFONIE<br />

Sinfonien voraus. Mit diesen Werken steht die Haffner-Sinfonie gattungsge-<br />

schichtlich aufgrund ihrer ursprünglichen Serena<strong>de</strong>nform jedoch nur in<br />

einem bedingten Zusammenhang. Mozart verlieh hier einer Serena<strong>de</strong> in<br />

<strong>de</strong>n Satzformen, die Serena<strong>de</strong> und Sinfonie gemeinsam waren, sinfo-<br />

nischen Charakter. Umgekehrt integrierte er serena<strong>de</strong>nhafte Elemente in<br />

die entstehen<strong>de</strong> Sinfonie.<br />

Der Haffner-Sinfonie folgten mit <strong>de</strong>r Linzer Sinfonie KV 425, <strong>de</strong>r Prager<br />

Sinfonie KV 504 sowie <strong>de</strong>n letzten drei Sinfonien (KV 543, 550 und 551)<br />

noch fünf weitere Werke für <strong>de</strong>n Wiener Konzertbetrieb. Trotz dieser Viel-<br />

zahl an Sinfonien und ihrer ästhetischen Qualität stand das sinfonische<br />

Schaffen für Mozart nie im Vor<strong>de</strong>rgrund. Er verstand sich in erster Linie<br />

als Opernkomponist. Dies gilt umso mehr für die Entstehungszeit <strong>de</strong>r<br />

Haffner-Sinfonie. Das Singspiel Die Entführung aus <strong>de</strong>m Serail KV 384 wur<strong>de</strong><br />

während<strong>de</strong>ssen zu Mozarts größtem Bühnenerfolg. Er hatte sich damit<br />

endgültig als Opernkomponist etabliert.<br />

Die Sinfonie beginnt mit einem Allegro con spirito, das nach Anwei-<br />

sungen Mozarts »recht feüerig gehen« soll. Das kraftvolle und charakteristische<br />

Eingangsthema wird sogleich von einem Piano-Kontrast abgelöst<br />

und dadurch konturiert. Das Thema, das es so akzentuiert in früheren<br />

Sinfonien Mozarts noch nicht gegeben hatte, zieht sich wie ein roter Fa<strong>de</strong>n<br />

durch <strong>de</strong>n Eingangssatz und taucht auf unterschiedliche Weise immer<br />

wie<strong>de</strong>r auf. Es ist geprägt von einem permanenten Wechsel zwischen<br />

Spannung und <strong>de</strong>ren Auflösung. Die Musik scheint vom Innehalten zum<br />

Aufbruch, wie Volker Scherliess es im Mozart-Handbuch beschreibt, permanent<br />

»auf <strong>de</strong>m Sprung« zu sein.<br />

Im Andante zeigt sich am <strong>de</strong>utlichsten <strong>de</strong>r serena<strong>de</strong>nhafte Charakter<br />

<strong>de</strong>r Sinfonie. Die Streicher entwickeln, meist in hoher Lage, eine liebliche<br />

Melodie, die durch Vorschläge und Triller akzentuiert wird. Dabei verleihen<br />

die Bläser <strong>de</strong>m zarten und freundlichen Klang Tiefe. Die Violinen und<br />

Bratschen übernehmen abwechselnd verschie<strong>de</strong>ne Motive. Die Art und<br />

Weise wie Mozart die verschie<strong>de</strong>nen Stimmen miteinan<strong>de</strong>r kombiniert


MOZART | HAFFNER-SINFONIE<br />

erinnert Scherliess an das »Spiel mehrerer Personen auf <strong>de</strong>r Opernbühne«.<br />

Auch das Menuett trägt serena<strong>de</strong>nhaften Charakter. Der <strong>de</strong>utliche<br />

Wechsel zwischen Piano- und Forte-Elementen wirkt choreographisch<br />

und wie eine leichte Tanzmusik. Der letzte Satz, ein Presto, soll laut Anweisung<br />

Mozarts in einem Brief vom 7. August 1782 »so geschwind als es<br />

möglich« gespielt wer<strong>de</strong>n. Die ausdrucksstarken Einwürfe im Forte und<br />

die kurzen Impulse im Piano bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n turbulenten Abschluss <strong>de</strong>r Sinfonie.<br />

Auffällig ist die Ähnlichkeit <strong>de</strong>s Hauptthemas mit <strong>de</strong>r Arie <strong>de</strong>s Osmin<br />

»Oh wie will ich triumphieren« aus <strong>de</strong>m dritten Akt <strong>de</strong>r Entführung. Mozart<br />

vollen<strong>de</strong>te die Sinfonie unter <strong>de</strong>m Einfluss <strong>de</strong>s gera<strong>de</strong> komponierten Singspiels<br />

und brachte auf diese Weise Vokal- und Instrumentalmusik in eine<br />

enge Beziehung miteinan<strong>de</strong>r.<br />

Nach Ansicht <strong>de</strong>r Musikwissenschaftlerin Helga Lühning setzt sich die<br />

Haffner-Sinfonie von sämtlichen Werken <strong>de</strong>r Zeit ab. Mozart habe mit diesem<br />

Werk einen Sprung getan, <strong>de</strong>r zu einer »bewußten Sinngebung von<br />

Musik« geführt habe. Diesem »Sprung« verlieh man Ausdruck, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

Begriff <strong>de</strong>r »Wiener Klassik« eingeführt wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n man für dieses und die<br />

folgen<strong>de</strong>n Werke in Anspruch nahm. Die Haffner-Sinfonie kann man insofern<br />

als eine erste »Klassische Sinfonie« bezeichnen.<br />

daniel barenboim<br />

DANIEL BARENBOIM<br />

Daniel Barenboim wur<strong>de</strong> 1942 in Buenos Aires geboren. Im Alter von fünf<br />

Jahren bekam er seinen ersten Klavierunterricht, zunächst von seiner Mutter.<br />

Später studierte er bei seinem Vater, <strong>de</strong>r sein einziger Klavierlehrer<br />

blieb. Sein erstes öffentliches Konzert gab er mit sieben Jahren in Buenos<br />

Aires. 1952 zog er mit seinen Eltern nach Israel.<br />

Mit elf Jahren nahm Daniel Barenboim in Salzburg an Dirigierklassen<br />

von Igor Markevich teil. Im Sommer 1954 lernte er Wilhelm Furtwängler<br />

kennen und spielte ihm vor. Furtwängler schrieb daraufhin: »Der elfjährige<br />

Daniel Barenboim ist ein Phänomen.« In <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren<br />

studierte Daniel Barenboim Harmonielehre und Komposition bei Nadia<br />

Boulanger in Paris.<br />

Im Alter von zehn Jahren gab Daniel Barenboim sein internationales<br />

Solisten<strong>de</strong>büt als Pianist in Wien und Rom, anschließend in Paris (1955), in<br />

London (1956) und in New York (1957), wo er mit Leopold Stokowski spielte.<br />

Seit<strong>de</strong>m unternahm er regelmäßig Tourneen in Europa und <strong>de</strong>n USA sowie<br />

in Südamerika, Australien und Fernost.<br />

1954 begann Daniel Barenboim, Schallplattenaufnahmen als Pianist<br />

zu machen. In <strong>de</strong>n 1960er Jahren spielte er mit Otto Klemperer die Klavierkonzerte<br />

von Beethoven ein, mit Sir John Barbirolli die Klavierkonzerte von<br />

Brahms sowie alle Klavierkonzerte von Mozart mit <strong>de</strong>m English Chamber<br />

Orchestra in <strong>de</strong>r Doppelfunktion als Pianist und Dirigent.<br />

Seit seinem Dirigier<strong>de</strong>büt 1967 in London mit <strong>de</strong>m Philharmonia<br />

Orchestra ist Daniel Barenboim bei allen führen<strong>de</strong>n Orchestern <strong>de</strong>r Welt<br />

gefragt, in Europa gleichermaßen wie in <strong>de</strong>n USA. Zwischen 1975 und 1989<br />

war er Chefdirigent <strong>de</strong>s Orchestre <strong>de</strong> Paris. Häufig brachte er zeitgenössische<br />

Werke zur Aufführung, darunter Kompositionen von Lutosławski,<br />

Berio, Boulez, Henze, Dutilleux und Takemitsu.<br />

Sein Debüt als Operndirigent gab Daniel Barenboim beim Edinburgh<br />

Festival 1973, wo er Mozarts Don Giovanni leitete. 1981 dirigierte er zum<br />

ersten Mal in Bayreuth, bis 1999 war er dort je<strong>de</strong>n Sommer tätig. Während


DANIEL BARENBOIM<br />

dieser 18 Jahre dirigierte er Tristan und Isol<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Ring <strong>de</strong>s Nibelungen, Parsifal<br />

und Die Meistersinger von Nürnberg.<br />

Von 1991 bis Juni 2006 wirkte Daniel Barenboim als Chefdirigent <strong>de</strong>s<br />

Chicago Symphony Orchestra. 2006 wählten ihn die Musiker <strong>de</strong>s Orchesters<br />

zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit. Seit 1992 ist Daniel Barenboim Generalmusikdirektor<br />

<strong>de</strong>r Staatsoper Unter <strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>n in Berlin, von 1992 bis<br />

August 2002 war er außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>ren Künstlerischer Leiter. Im Herbst 2000<br />

wählte ihn die Staatskapelle Berlin zum Chefdirigenten auf Lebenszeit.<br />

Sowohl im Opern­ wie auch im Konzertrepertoire haben Daniel Barenboim<br />

und die Staatskapelle große Zyklen gemeinsam erarbeitet. Weltweite<br />

Beachtung fand die zyklische Aufführung aller Opern Richard Wagners an<br />

<strong>de</strong>r Staatsoper sowie die Darbietung aller Sinfonien Ludwig van Beethovens<br />

und Robert Schumanns, die auch auf CD vorliegen. Anlässlich <strong>de</strong>r FEST­<br />

TAGE <strong>de</strong>r Staatsoper Unter <strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>n 2007 wur<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>r Leitung von<br />

Daniel Barenboim und Pierre Boulez in <strong>de</strong>r Berliner Philharmonie ein<br />

zehnteiliger Mahler­Zyklus präsentiert. Neben <strong>de</strong>m großen klassischromantischen<br />

Repertoire widmen sich Daniel Barenboim und die Staatskapelle<br />

Berlin verstärkt <strong>de</strong>r zeitgenössischen Musik. So fand die Uraufführung<br />

von Elliott Carters einziger Oper What next? an <strong>de</strong>r Lin<strong>de</strong>noper statt.<br />

In <strong>de</strong>n Sinfoniekonzerten erklingen regelmäßig Kompositionen von Boulez,<br />

Rihm, Mundry, Carter und Höller. Musiker <strong>de</strong>r Staatskapelle sind aktive<br />

Partner in <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>s Musikkin<strong>de</strong>rgartens, <strong>de</strong>n Daniel Barenboim im<br />

September 2005 in Berlin grün<strong>de</strong>te.<br />

Gemeinsam mit <strong>de</strong>r Staatskapelle und <strong>de</strong>m Staatsopernchor wur<strong>de</strong><br />

Daniel Barenboim 2003 für die Einspielung von Wagners Tannhäuser ein<br />

Grammy verliehen. Im selben Jahr wur<strong>de</strong>n er und die Staatskapelle mit<br />

<strong>de</strong>m Wilhelm­Furtwängler­Preis ausgezeichnet.<br />

1999 rief Daniel Barenboim gemeinsam mit <strong>de</strong>m palästinensischen<br />

Literaturwissenschaftler Edward Said das West­Eastern Divan Orchestra ins<br />

Leben, das junge Musiker aus Israel, Palästina und <strong>de</strong>n arabischen Län<strong>de</strong>rn<br />

je<strong>de</strong>n Sommer zusammenführt. Das Orchester möchte <strong>de</strong>n Dialog zwi­


DANIEL BARENBOIM<br />

schen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Kulturen <strong>de</strong>s Nahen Ostens durch die Erfahrungen<br />

gemeinsamen Musizierens ermöglichen. Musiker <strong>de</strong>r Staatskapelle<br />

Berlin wirken seit seiner Gründung als Lehrer an diesem Projekt mit. Im<br />

Sommer 2005 gab das West­Eastern Divan Orchestra in <strong>de</strong>r palästinensischen<br />

Stadt Ramallah ein Konzert von historischer Be<strong>de</strong>utung, das vom<br />

Fernsehen übertragen und auf DVD aufgenommen wur<strong>de</strong>. Vor einiger Zeit<br />

initiierte Daniel Barenboim ein Projekt für Musikerziehung in <strong>de</strong>n palästinensischen<br />

Gebieten, welches die Gründung eines Musikkin<strong>de</strong>rgartens<br />

sowie <strong>de</strong>n Aufbau eines palästinensischen Jugendorchesters umfasst.<br />

2002 wur<strong>de</strong>n Daniel Barenboim und Edward Said im spanischen Oviedo<br />

für ihre Frie<strong>de</strong>nsbemühungen im Nahen Osten mit <strong>de</strong>m Preis »Príncipe <strong>de</strong><br />

Asturias« in <strong>de</strong>r Sparte Völkerverständigung geehrt. Daniel Barenboim ist<br />

Träger zahlreicher hoher Preise und Auszeichnungen: So erhielt er u. a.<br />

<strong>de</strong>n »Toleranzpreis« <strong>de</strong>r Evangelischen Aka<strong>de</strong>mie Tutzing sowie das »Große<br />

Verdienstkreuz mit Stern« <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland, die Buber­<br />

Rosenzweig­Medaille, <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>r Wolf Foundation für die Künste in <strong>de</strong>r<br />

Knesset in Jerusalem, <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>nspreis <strong>de</strong>r Geschwister Korn und Gerstenmann­Stiftung<br />

in Frankfurt und <strong>de</strong>n Hessischen Frie<strong>de</strong>nspreis. Darüber<br />

hinaus wur<strong>de</strong> Daniel Barenboim mit <strong>de</strong>m »Kulturgroschen«, <strong>de</strong>r höchsten<br />

Auszeichnung <strong>de</strong>s Deutschen Kulturrats, mit <strong>de</strong>m Internationalen Ernst<br />

von Siemens Musikpreis sowie mit <strong>de</strong>r Goethe­Medaille geehrt. Im Frühjahr<br />

2006 hielt Daniel Barenboim die renommierte Vorlesungsreihe <strong>de</strong>r BBC, die<br />

Reith Lectures; im Herbst <strong>de</strong>sselben Jahres gab er als Charles Eliot Norton<br />

Professor Vorlesungen an <strong>de</strong>r Harvard University. 2007 erhielt er die Ehrendoktorwür<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Universität Oxford, 2007 die Insignien eines Komman<strong>de</strong>urs<br />

<strong>de</strong>r französischen Ehrenlegion. Im Oktober <strong>de</strong>sselben Jahres ehrte<br />

ihn das japanische Kaiserhaus mit <strong>de</strong>m Kunst­ und Kulturpreis »Praemium<br />

Imperiale«. Im September 2007 wur<strong>de</strong> er von UN­Generalsekretär Ban<br />

Ki­Moon zum Frie<strong>de</strong>nsbotschafter <strong>de</strong>r Vereinten Nationen ernannt. Im Mai<br />

2008 erhielt er in Buenos Aires die Auszeichnung »Ciudadano Ilustre«. Im<br />

Februar 2009 wur<strong>de</strong> er für seinen Einsatz für Völkerverständigung mit <strong>de</strong>r<br />

DANIEL BARENBOIM<br />

Moses Men<strong>de</strong>lssohn Medaille ausgezeichnet. 2010 erhielt er einen »Honorary<br />

Degree in Music« von <strong>de</strong>r Royal Aca<strong>de</strong>my of Music in London. Im<br />

Februar diesen Jahres wur<strong>de</strong> er für sein musikalisches Lebenswerk mit <strong>de</strong>m<br />

Deutschen Kulturpreis ausgezeichnet. Im Oktober erhielt er in Münster<br />

<strong>de</strong>n Westfälischen Frie<strong>de</strong>nspreis. Zu <strong>de</strong>n Auszeichnungen <strong>de</strong>r jüngsten Zeit<br />

zählen außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Herbert­von­Karajan­Musikpreis und die Otto­Hahn­<br />

Frie<strong>de</strong>nsmedaille. Im Februar 2011 wur<strong>de</strong> er vom französischen Staatspräsi<strong>de</strong>nten<br />

mit <strong>de</strong>m Titel eines »Grand officier dans l’ordre national <strong>de</strong> la<br />

Légion d’honneur« geehrt. Im Juli erhielt er in <strong>de</strong>r Londoner Wigmore Hall<br />

die Auszeichnung »Outstanding Musician Award of the Critics’ Circle«. Im<br />

selben Jahr wur<strong>de</strong> er von Queen Elizabeth II. zum »Knight Comman<strong>de</strong>r of<br />

the Most Excellent Or<strong>de</strong>r of the British Empire« (KBE) ernannt und erhielt<br />

<strong>de</strong>n Willy­Brandt­Preis. Im Oktober 2012 wur<strong>de</strong> Daniel Barenboim mit<br />

einem »Echo Klassik« für sein Lebenswerk geehrt. Das Große Verdienstkreuz<br />

mit Stern und Schulterband (Verdienstor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland) wur<strong>de</strong> ihm im Februar 2013 verliehen.<br />

Mit Beginn <strong>de</strong>r Spielzeit 2007/08 ist Daniel Barenboim als »Maestro Scaligero«<br />

eine enge Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Teatro alla Scala in Mailand<br />

eingegangen. Er dirigiert dort regelmäßig Opern und Konzerte und wirkt in<br />

Kammerkonzerten mit. Im Herbst 2011 wur<strong>de</strong> er zum Musikdirektor dieses<br />

renommierten Hauses berufen.<br />

Daniel Barenboim hat mehrere Bücher veröffentlicht: die Autobiographie<br />

Die Musik – Mein Leben und Parallelen und Paradoxien, das er gemeinsam<br />

mit Edward Said verfasste. Im Herbst 2007 kam sein Buch La musica sveglia il<br />

tempo in Italien heraus, das seit Mitte August 2008 auch auf Deutsch unter<br />

<strong>de</strong>m Titel Klang ist Leben – Die Macht <strong>de</strong>r Musik erhältlich ist. Zusammen mit<br />

Patrice Chéreau veröffentlichte er im Dezember 2008 Dialoghi su musica e<br />

teatro. Tristano e Isotta. Seine neueste veröffentlichung, 2012 in Italien erschienen,<br />

heißt La musica è un tutto: Etica ed estetica.<br />

www.danielbarenboim.com


olando Villazón<br />

Durch seine charismatischen und fesseln<strong>de</strong>n Auftritte in <strong>de</strong>n führen<strong>de</strong>n<br />

Opernhäusern und Konzertsälen <strong>de</strong>r Welt hat sich Rolando Villazón als<br />

einer <strong>de</strong>r beliebtesten und gefeiertsten Interpreten und führen<strong>de</strong>n Tenöre<br />

<strong>de</strong>r gegenwart etabliert. So hieß es über seine Interpretation von Offenbachs<br />

Hoffmann in einer Münchener Neuproduktion 2011/12: »Mit vollem<br />

stimmlichem Risiko, lange gehaltenen Spitzentönen, prachtvollen Kantilenen<br />

und seiner einzigartigen Darstellungskunst, zwischen <strong>de</strong>r Traurigkeit<br />

eines Clowns und <strong>de</strong>r Begeisterungsfähigkeit eines Kin<strong>de</strong>s changierend,<br />

sorgte er zurecht für Begeisterungsstürme.« Sein jüngstes Porträt<br />

von Massenets Werther veranlasste <strong>de</strong>n Londoner Guardian festzustellen:<br />

»Villazón gibt eine seiner beeindruckendsten Darbietungen überhaupt.<br />

Seine Kunst ist so erstaunlich wie eh und je, er verbin<strong>de</strong>t Klang, geste und<br />

Sinn in einer kompromisslosen Suche nach Wahrhaftigkeit.«<br />

Rolando Villazón wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r internationalen Musikszene rasch bekannt,<br />

nach<strong>de</strong>m er 1999 mehrere Preise bei Plácido Domingos Operalia-<br />

Wettbewerb gewann (u. a. <strong>de</strong>n Zarzuela-Preis und <strong>de</strong>n Zuschauerpreis).<br />

ROLANDO VILLAZóN<br />

Noch im gleichen Jahr folgten seinem europäischen Debüt als Des grieux<br />

in Massenets Manon in genua mit <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Alfredo in La traviata an<br />

<strong>de</strong>r Opéra <strong>de</strong> Paris und als Macduff in Verdis Macbeth an <strong>de</strong>r Staatsoper<br />

Unter <strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>n zwei weitere.<br />

Mit einer Serie sensationeller Debüts an <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utendsten europä-<br />

ischen Häusern etablierte sich <strong>de</strong>r Tenor rasch als einer <strong>de</strong>r gefragtes-<br />

ten Künstler seiner generation, so sang er Rodolfo in La Bohème an <strong>de</strong>r<br />

Bayerischen Staatsoper in München und gounods Roméo an <strong>de</strong>r Wiener<br />

Staatsoper. In Wien hat er seither Massenets Werther, Nemorino in L’elisir<br />

d’amore, Des grieux, die Titelrolle in Les contes d’Hoffmann, <strong>de</strong>n Herzog in<br />

Rigoletto und Rodolfo interpretiert. In München war er mit <strong>de</strong>r Titelrolle<br />

in gounods Faust und als Roméo und Alfredo zu hören sowie in <strong>de</strong>r Titel-<br />

partie einer Neuproduktion von Les contes d’Hoffmann, zu<strong>de</strong>m sang er Ro-<br />

dolfo in konzertanten Aufführungen von La Bohème in <strong>de</strong>r Philharmonie<br />

am gasteig, die von Deutsche grammophon aufgezeichnet und 2008 auf<br />

CD veröffentlicht wur<strong>de</strong>n.<br />

2005 gab Rolando Villazón sein triumphales Debüt bei <strong>de</strong>n Salzbur-<br />

ger Festspielen, als er Alfredo in einer Neuproduktion von La traviata<br />

neben Anna Netrebko und Thomas Hampson interpretierte. Die Deutsche<br />

grammophon veröffentlichte sowohl CD als auch DVD dieser <strong>de</strong>nkwürdigen<br />

Produktion im Jahr 2005. 2008 kehrte er für eine Neuproduktion<br />

von Roméo et Juliette nach Salzburg zurück, die ebenfalls live im<br />

Fernsehen übertragen und 2009 auf DVD veröffentlicht wur<strong>de</strong>. Weitere<br />

vielbeachtete Auftritte bei europäischen Festspielen führten ihn nach<br />

Bregenz, glyn<strong>de</strong>bourne und Orange.<br />

Seit seinem Debüt tritt Rolando Villazón häufig an <strong>de</strong>r Staatsoper<br />

Unter <strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>n auf und arbeitet dort regelmäßig mit Daniel Barenboim<br />

zusammen. Höhepunkte <strong>de</strong>r Zusammenarbeit waren u. a. Neuproduktionen<br />

von Carmen, La traviata, Manon und Eugen Onegin. Ebenso gestaltete<br />

er <strong>de</strong>n Nemorino in einer Neuproduktion von L’elisir d’amore. An <strong>de</strong>r<br />

Opéra <strong>de</strong> Paris konnten ihn die Zuschauer bereits in Produktionen wie


ROLANDO VILLAZóN<br />

Faust, La traviata, Les contes d’Hoffmann und Werther erleben. Als Hoffmann<br />

gab er auch sein triumphales Debüt an <strong>de</strong>r Londoner Royal Opera, Covent<br />

gar<strong>de</strong>n, wo er seit<strong>de</strong>m auch als Lenski und Herzog auftrat und die Titelpartie<br />

in einer Neuproduktion von Verdis Don Carlo sowie in einer vielbeachteten<br />

Produktion von Werther, jeweils unter <strong>de</strong>r Leitung von Sir Antonio<br />

Pappano interpretierte, die 2012 von Deutsche grammophon auf CD<br />

veröffentlicht wur<strong>de</strong>. Weitere Auftritte führten Rolando Villazón an das<br />

Théâtre <strong>de</strong> la Monnaie in Brüssel sowie an die Amsterdamer Oper, wo er<br />

unter Riccardo Chailly sein Rollen <strong>de</strong>büt als Don Carlo gab. Er <strong>de</strong>bütierte<br />

als Nemorino am gran Teatre <strong>de</strong>l Liceu in Barcelona und kehrte für eine<br />

Neuproduktion von Manon mit Natalie Dessay zurück. Sowohl Manon als<br />

auch <strong>de</strong>r Amsterdamer Don Carlo wur<strong>de</strong>n auf DVD veröffentlicht. 2010<br />

<strong>de</strong>bütierte er als Alfredo am Opernhaus Zürich und kehrte für eine Neu-<br />

produktion von Mozarts Il re pastore und Vorstellungen von L’elisir d’amore<br />

zurück. Sein Debüt an <strong>de</strong>r Mailän<strong>de</strong>r Scala hatte er ebenfalls 2010, wo er<br />

eine seiner Para<strong>de</strong>rollen, <strong>de</strong>n Nemorino in L’elisir d’amore interpretierte.<br />

2011 gab er sein Rollen<strong>de</strong>büt als Don Ottavio am Festspielhaus Ba<strong>de</strong>n-<br />

Ba<strong>de</strong>n, gefolgt von seinem Rollen<strong>de</strong>büt als Ferrando in Così fan tutte, ebenfalls<br />

in Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n.<br />

Rolando Villazón <strong>de</strong>bütierte an <strong>de</strong>r Metropolitan Opera New York als<br />

Alfredo und war dort seither als Herzog, Rodolfo, Edgardo und in einer<br />

ausverkauften Metropolitan Opera Pension Fund gala im April 2007 zu<br />

hören. Er ist ebenso gern gesehener gast <strong>de</strong>r Los Angeles Opera, wo er als<br />

Alfredo sein Debüt gab und seither in Produktionen von Gianni Schicchi,<br />

Roméo et Juliette und Manon auftrat.<br />

Der Tenor ist ein beim Publikum überaus beliebter und von <strong>de</strong>n Kritikern<br />

geschätzter Lied- und Konzertsänger. Er tritt in allen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

Konzertsälen auf und arbeitet dort mit <strong>de</strong>n wichtigsten Dirigenten und<br />

Orchestern zusammen, so z. B. in Londons Barbican Hall, <strong>de</strong>m Théâtre<br />

<strong>de</strong>s Champs-Elysées in Paris, <strong>de</strong>n Philharmonien in Berlin und Köln, <strong>de</strong>m<br />

Festspielhaus Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>m gewandhaus Leipzig und <strong>de</strong>r Acca<strong>de</strong>-<br />

ROLANDO VILLAZóN<br />

mia Santa Cecilia in Rom. Hinzu kommen ausverkaufte Konzerte u. a.<br />

in New York, Miami, Vancouver, Tokio, Toulouse, Monte Carlo, Moskau,<br />

St. Petersburg, Prag, Zürich, Rom, Athen, Istanbul, Madrid, und Kopenhagen.<br />

2007 gab er sein Deutschland<strong>de</strong>büt als Liedsänger und interpretierte<br />

Schumanns Dichterliebe begleitet von Daniel Barenboim – ein Erfolg<br />

<strong>de</strong>r im Folgejahr, ebenfalls an <strong>de</strong>r Staatsoper Berlin, wie<strong>de</strong>rholt wur<strong>de</strong>.<br />

2010 gab er sein Lie<strong>de</strong>rabend-Debüt bei <strong>de</strong>n Salzburger Festspielen<br />

und 2011 im Wiener Musikverein. Seine Open Air-Konzerte mit Plácido<br />

Domingo und Anna Netrebko auf <strong>de</strong>r Berliner Waldbühne am Vorabend<br />

<strong>de</strong>s Fussball-WM Finales 2006 sowie im Schloss Schönbrunn in Wien vor<br />

<strong>de</strong>m Finale <strong>de</strong>r Fussball-EM 2008 wur<strong>de</strong>n jeweils live im Fernsehen übertragen<br />

und von Millionen Zuschauern weltweit gesehen.<br />

Rolando Villazóns umfangreiche Diskographie umfasst eine CD mit<br />

italienischen Arien, eine Aufnahme mit Arien von gounod und Massenet<br />

sowie ein »Opera Recital«. Alle diese Aufnahmen erschienen bei EMI/Virgin<br />

Classics, genauso wie Aufnahmen von Monteverdis Il combattimento<br />

di Tancredi und I Lamenti, unter <strong>de</strong>r Leitung von Emmanuelle Haïm, eine<br />

Aufnahme von Verdis Messa da Requiem dirigiert von Antonio Pappano,<br />

sowie eine Zarzuela-CD, Gitano, unter <strong>de</strong>r Leitung von Plácido Domingo<br />

und eine Aufnahme von Vivaldis Ercole. Alle Aufnahmen <strong>de</strong>s Künstlers<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Kritik mit uneingeschränktem Lob bedacht. Zu DVD-<br />

Veröffentlichungen bei EMI/Virgin Classics zählt u. a. die Wiener Produktion<br />

von L’elisir d’amore, bei Decca wur<strong>de</strong> La traviata aus Los Angeles<br />

mit Renée Fleming veröffentlicht.<br />

2007 wur<strong>de</strong> Rolando Villazón Exklusivkünstler für Deutsche grammophon.<br />

Er veröffentlichte eine Duett-CD mit <strong>de</strong>r Sopranistin Anna<br />

Netrebko sowie CD und DVD von La traviata. Letztere Aufnahme wur<strong>de</strong><br />

2006 für einen grammy nominiert und sowohl La traviata als auch<br />

Duets erhielten jeweils einen ECHO Klassik. 2008 wur<strong>de</strong> seine hochgelobte<br />

erste Solo-CD von Deutsche grammophon veröffentlicht, eine<br />

Aufnahme seltener italienischer Arien unter <strong>de</strong>m Titel Cielo e mar. 2009


ROLANDO VILLAZóN<br />

folgte eine ebenso erfolgreiche Aufnahme mit Hän<strong>de</strong>l-Arien, die er<br />

gemeinsam mit <strong>de</strong>m Spezialisten Paul McCreesh und seinen gabrieli<br />

Players einspielte. Alle seine Aufnahmen wur<strong>de</strong>n zu Bestsellern und<br />

erhielten gold- und Platin-Auszeichnungen in Deutschland und österreich.<br />

Duets erreichte die Spitzenposition <strong>de</strong>r Billboard Klassikcharts<br />

in <strong>de</strong>n USA und hält <strong>de</strong>n Rekord für das beste Debüt einer klassischen<br />

CD in Europa, mit Spitzenpositionen in <strong>de</strong>n Popcharts mehrerer<br />

europäischer Län<strong>de</strong>r. 2010 veröffentlichte Deutsche grammophon<br />

México!, eine Aufnahme klassischer mexikanischer Lie<strong>de</strong>r in neuen<br />

Arrangements, die mit <strong>de</strong>m ECHO Klassik 2011 ausgezeichnet wur<strong>de</strong>. Im<br />

Frühjahr 2012 erschien eine hochgelobte gesamteinspielung von Massenets<br />

Werther unter <strong>de</strong>r Leitung von Sir Antonio Pappano, im Sommer und<br />

Herbst 2012 erscheinen gleich zwei neue Einspielungen: eine gesamtaufnahme<br />

von Mozarts Don Giovanni in <strong>de</strong>r Rolando Villazón Don Ottavio<br />

in einem All-Star Cast interpretiert, sowie eine Aufnahme mit Arien<br />

giuseppe Verdis, dirigiert von gianandrea Noseda.<br />

2011 <strong>de</strong>bütierte Rolando Villazón mit einer viel beachteten Inszenierung<br />

von Werther an <strong>de</strong>r Opéra <strong>de</strong> Lyon als Regisseur. 2012 inszenierte er<br />

Donizettis L’elisir d’amore am Festspielhaus Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r gleichen,<br />

von <strong>de</strong>r Kritik als »doppelter Triumph« beschriebenen Aufführung, die<br />

im Dezember 2012 im Fernsehen ausgestrahlt und auf DVD erscheinen<br />

wird, sang er ebenfalls die Partie <strong>de</strong>s Nemorino.<br />

Rolando Villazón wur<strong>de</strong> in zahlreichen inter nationalen Zeitungen<br />

und Zeitschriften porträtiert und war zu gast in TV-Shows wie Wetten,<br />

dass …? und Musical Showstar. Dokumentarfilme über ihn wur<strong>de</strong>n in<br />

Frankreich, Deutschland und österreich ausgestrahlt. 2010 und 2011<br />

war er Mentor und Juror in <strong>de</strong>r englischen TV-Sendung Popstar to Opera<br />

Star. Er mo<strong>de</strong>riert regelmäßig Fernsehprogramme, u. a. für die BBC, und<br />

hat seine eigene Sen<strong>de</strong>reihe, Stars von morgen, auf Arte. 2008/2009 war<br />

Rolando Villazón in seinem ersten Kinofilm zu sehen, einer Verfilmung<br />

von Puccinis La Bohème. Regie führte <strong>de</strong>r Oscar-nominierte Regisseur Ro-<br />

ROLANDO VILLAZóN<br />

bert Dornhelm. Die Deutsche grammophon veröffentlichte im Frühjahr<br />

2008 eine gesamtaufnahme <strong>de</strong>r Oper, die auch als Soundtrack zum Film<br />

dient.<br />

Rolando Villazón begann die Spielzeit 2012/13 mit Konzerten mit<br />

<strong>de</strong>m Kammerorchester Basel beim Musikfest Bremen und <strong>de</strong>m Klara-<br />

Festival Brüssel, gefolgt von Konzerten mit Verdis Requiem, das er unter<br />

<strong>de</strong>r Leitung von Yannick Nézet-Séguin in Phila<strong>de</strong>lphia aufführen wird.<br />

Mit <strong>de</strong>m gleichen Werk <strong>de</strong>bütiert er ebenfalls in <strong>de</strong>r New Yorker Carnegie<br />

Hall. Der Tenor ist in gleich drei Konzerten mit <strong>de</strong>r Staatskapelle<br />

Berlin unter <strong>de</strong>r Leitung von Daniel Barenboim zu hören; er interpretiert<br />

u. a. Verdi-Lie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Orchestrierung Luciano Berios, Mozarts<br />

Requiem sowie Lie<strong>de</strong>r Elliott Carters. In <strong>de</strong>n Wiener Musikverein wird<br />

er ebenfalls mit Verdis Lie<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Berio-Fassung unter Leitung von<br />

Fabio Luisi zurückkehren. Rolando Villazón gibt Lie<strong>de</strong>raben<strong>de</strong> u. a. in<br />

München und an <strong>de</strong>r Mailän<strong>de</strong>r Scala, und wird auf einer Tournee in<br />

die europäischen Metropolen Lie<strong>de</strong>r und Arien Verdis zum Anlass <strong>de</strong>s<br />

200-jährigen geburtstages <strong>de</strong>s Komponisten interpretieren. Auf <strong>de</strong>r<br />

Opernbühne wird Rolando Villazón in Partien wie Rodolfo am Londoner<br />

Royal Opera House, Nemorino am Liceu Barcelona und Alfredo an <strong>de</strong>r<br />

Wiener Staatsoper zu hören sein. Bei <strong>de</strong>r Salzburger Mozartwoche <strong>de</strong>bütiert<br />

er in <strong>de</strong>r Titelpartie von Mozarts Lucio Silla in einer Neuproduktion,<br />

dirigiert von Marc Minkowski.<br />

geboren in Mexico City begann er seine musikalischen Studien am<br />

nationalen Konservatorium seines <strong>Heimat</strong>lan<strong>de</strong>s, bevor er Mitglied <strong>de</strong>r<br />

Nachwuchsprogramme an <strong>de</strong>n Opernhäusern in Pittsburgh und San<br />

Francisco Opera wur<strong>de</strong>. Rolando Villazón wur<strong>de</strong> mit vielen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

Preisen ausgezeichnet und erhielt <strong>de</strong>n Titel eines Chévalier <strong>de</strong> l’Ordre<br />

<strong>de</strong>s Arts et <strong>de</strong>s Lettres, eine <strong>de</strong>r höchsten Auszeichnung im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Kunst und Literatur in Frankreich, seinem permanenten Wohnsitz.


hartmut schuldt<br />

Hartmut Schuldt wur<strong>de</strong> 1960 in Rostock geboren und studierte von 1977<br />

bis 1982 an <strong>de</strong>r Hochschule für Musik »Hanns Eisler« in Berlin. Bereits<br />

während seines Studiums spielte er als Substitut Bassklarinette in <strong>de</strong>r<br />

Staatskapelle Berlin. In dieser Zeit und geprägt von seinem Lehrer, <strong>de</strong>m<br />

damaligen Solo-Bassklarinettisten <strong>de</strong>r Staatskapelle günter Wäsch, entwickelte<br />

Hartmut Schuldt seine Liebe zur Oper. Sein erstes festes Engagement<br />

führte ihn als Solo-Bassklarinettist ans Volkstheater Rostock, von<br />

1985 bis 1989 war er in gleicher Position beim Rundfunksinfonieorchester<br />

Leipzig, <strong>de</strong>m heutigen MDR Sinfonieorchester, tätig. Seit 1989 ist Hartmut<br />

Schuldt Solo-Bassklarinettist in <strong>de</strong>r Staatskapelle Berlin und war darüber<br />

hinaus im Jahr 2009 Mitglied <strong>de</strong>s Bayreuther Festspielorchesters. Neben<br />

seiner Opern- und Konzerttätigkeit mit <strong>de</strong>r Staatskapelle spielt Hartmut<br />

Schuldt Kammermusik im Ensemble »Klarinettissimo«. Seit 2011 ist Hartmut<br />

Schuldt zu<strong>de</strong>m Lehrbeauftragter an <strong>de</strong>r Hochschule für Musik und<br />

Theater Rostock.<br />

staatsKapelle berlin<br />

STAATSKAPELLE BERLIN<br />

Die Staatskapelle Berlin gehört mit ihrer seit <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt beste-<br />

hen<strong>de</strong>n Tradition zu <strong>de</strong>n ältesten Orchestern <strong>de</strong>r Welt. Von Kurfürst<br />

Joa chim II. von Bran<strong>de</strong>nburg als Hofkapelle gegrün<strong>de</strong>t, wird sie in einer<br />

Kapell ordnung von 1570 erstmals urkundlich erwähnt. Zunächst als<br />

kurbran<strong>de</strong>nburgische Hofkapelle ausschließlich <strong>de</strong>m musikalischen<br />

Dienst bei Hof verpflichtet, erhielt das Ensemble mit <strong>de</strong>r gründung <strong>de</strong>r<br />

Königlichen Hofoper 1742 durch Friedrich <strong>de</strong>n großen einen erweiterten<br />

Wirkungskreis. Seit dieser Zeit ist sie <strong>de</strong>m Opernhaus Unter <strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>n<br />

fest verbun<strong>de</strong>n.<br />

Be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Musikerpersönlichkeiten leiteten <strong>de</strong>n Opernbetrieb<br />

sowie die seit 1842 regulär stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Konzertreihen <strong>de</strong>s Orchesters:<br />

Mit gaspare Spontini, Felix Men<strong>de</strong>lssohn Bartholdy, giacomo Meyerbeer,<br />

Felix von Weingartner, Richard Strauss, Erich Kleiber, Wilhelm Furtwängler,<br />

Herbert von Karajan, Franz Konwitschny und Otmar Suitner sind<br />

nur einige Dirigenten genannt, welche die instrumentale und interpretatorische<br />

Kultur <strong>de</strong>r Staatskapelle Berlin entschei<strong>de</strong>nd prägten.<br />

Die Werke Richard Wagners, <strong>de</strong>r die »Königlich Preußische Hofkapelle«<br />

1844 bei <strong>de</strong>r Erstaufführung seines Fliegen<strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rs und 1876 bei<br />

<strong>de</strong>r Vorbereitung <strong>de</strong>r Berliner Premiere von Tristan und Isol<strong>de</strong> selbst leitete,<br />

bil<strong>de</strong>n seit dieser Zeit eine <strong>de</strong>r Säulen <strong>de</strong>s Repertoires <strong>de</strong>r Lin<strong>de</strong>noper und<br />

ihrem Orchester.<br />

Seit 1992 steht Daniel Barenboim als generalmusikdirektor an <strong>de</strong>r<br />

Spitze <strong>de</strong>s Klangkörpers. Im Jahre 2000 wur<strong>de</strong> er vom Orchester zum Dirigenten<br />

auf Lebenszeit gewählt. In jährlich acht Abonnementkonzerten in<br />

<strong>de</strong>r Philharmonie und im Konzerthaus sowie mit einer Reihe von weiteren<br />

Sinfoniekonzerten nimmt die Staatskapelle einen zentralen Platz im<br />

Ber liner Musikleben ein.<br />

Bei zahlreichen gastspielen, welche die Staatskapelle in die großen<br />

europäischen Musikzentren, nach Israel, Japan und China sowie nach<br />

Nord- und Südamerika führten, hat sich die internationale Spitzenstel-


STAATSKAPELLE BERLIN<br />

lung <strong>de</strong>s Ensembles wie<strong>de</strong>rholt bewiesen. Die Darbietung sämtlicher<br />

Sinfonien und Klavierkonzerte von Beethoven u. a. in Wien, Paris, London,<br />

New York und Tokio sowie die Zyklen <strong>de</strong>r Sinfonien von Schumann<br />

und Brahms, <strong>de</strong>r zehnteilige Zyklus mit allen großen Bühnenwerken<br />

Richard Wagners anlässlich <strong>de</strong>r Staatsopern-FESTTAgE 2002 und die<br />

dreimalige Aufführung von Wagners Ring <strong>de</strong>s Nibelungen in Japan<br />

2002 gehörten hierbei zu <strong>de</strong>n herausragen<strong>de</strong>n Ereignissen. Im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r FESTTAgE 2007 erklangen in <strong>de</strong>r Berliner Philharmonie Sinfonien<br />

und Orchesterlie<strong>de</strong>r gustav Mahlers unter <strong>de</strong>r Stabführung von Daniel<br />

Barenboim und Pierre Boulez. Dieser zehnteilige Zyklus gelangte in<br />

<strong>de</strong>r Spielzeit 2008/2009 auch im Musikverein Wien sowie in <strong>de</strong>r New<br />

Yorker Carnegie Hall zur Aufführung. Im Jahr 2010 konzertierten die<br />

Staatskapelle Berlin und Daniel Barenboim vor ausverkauften Häusern<br />

in London, Birmingham, Paris, Essen, Düsseldorf, Madrid und<br />

granada. Zu Beginn <strong>de</strong>s Jahres 2011 gastierte die Staatskapelle in Abu<br />

Dhabi und gab als erstes ausländisches Orchester ein Konzert im neu<br />

eröffneten Opera House in Doha (Dirigent und Solist: Daniel Barenboim),<br />

gefolgt von Konzerten in Wien und Paris. Eine Vielzahl weiterer Konzerte<br />

führten die Staatskapelle und Daniel Barenboim 2011/2012 nach Essen,<br />

Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n, London, Bukarest, Luzern, München, Hamburg, Köln,<br />

Paris, Madrid, Barcelona und genf. Den Abschluss bil<strong>de</strong>te ein neunteiliger<br />

Bruckner-Zyklus im Wiener Musikverein im Juni 2012. In <strong>de</strong>r Saison<br />

2013/14 wird die Staatskapelle Berlin u. a. in Bukarest, St. Petersburg,<br />

Wien, Paris, Madrid und Barcelona gastieren.<br />

Die Staatskapelle Berlin wur<strong>de</strong> 2000, 2004, 2005, 2006 und 2008 von<br />

<strong>de</strong>r Zeitschrift Opernwelt zum »Orchester <strong>de</strong>s Jahres« gewählt, 2003 erhielt<br />

sie <strong>de</strong>n Furtwängler-Preis. Eine ständig wachsen<strong>de</strong> Zahl von Schallplattenund<br />

CD-Aufnahmen, sowohl im Opern- als auch im sinfonischen Repertoire,<br />

dokumentiert die Arbeit <strong>de</strong>s Orchesters. Dabei wur<strong>de</strong> die Einspielung<br />

sämtlicher Beethoven-Sinfonien 2002 mit <strong>de</strong>m grand Prix du Disque<br />

ausgezeichnet, während die Produktion von Wagners Tannhäuser 2003 mit<br />

einem grammy und die Live-Aufnahme von Mahlers 9. Sinfonie 2007 mit<br />

einem Echo-Preis bedacht wur<strong>de</strong>n. Kürzlich erschien eine DVD-Produk-<br />

tion <strong>de</strong>r fünf Klavierkonzerte Ludwig van Beethovens mit Daniel Barenboim<br />

als Solist und Dirigent. Zu <strong>de</strong>n jüngsten Einspielungen zählen Aufnahmen<br />

von Bruckners 7. Sinfonie und <strong>de</strong>r Klavierkonzerte von Chopin<br />

und Liszt sowie <strong>de</strong>r Violoncellokonzerte von Elgar und Carter.<br />

In <strong>de</strong>r 1997 gegrün<strong>de</strong>ten Orchesteraka<strong>de</strong>mie erhalten junge Instrumentalisten<br />

gelegenheit, Berufserfahrungen in Oper und Konzert zu<br />

sammeln; Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Staatskapelle sind hierbei als Mentoren aktiv.<br />

Darüber hinaus engagieren sich viele Musiker ehrenamtlich im 2005 auf<br />

Initiative Daniel Barenboims gegrün<strong>de</strong>ten Musikkin<strong>de</strong>rgarten Berlin.<br />

Neben ihrer Mitwirkung bei Opernaufführungen und in <strong>de</strong>n großen Sinfoniekonzerten<br />

widmen sich zahlreiche Instrumentalisten auch <strong>de</strong>r Arbeit<br />

in Kammer musikformationen sowie im Ensemble »Preußens Hofmusik«,<br />

das sich in seinen Projekten vor allem <strong>de</strong>r Berliner Musiktradition <strong>de</strong>s<br />

18. Jahrhun<strong>de</strong>rts zuwen<strong>de</strong>t. In mehreren Konzertreihen ist diese facettenreiche<br />

musikalische Tätigkeit an verschie<strong>de</strong>nen Spielstätten zu erleben.


MITgLIEDER DER STAATSKAPELLE BERLIN<br />

GeneralmusiKdireKtor Daniel Barenboim<br />

persönliche referentin <strong>de</strong>s Gmd Antje Werkmeister<br />

ehrendiriGenten Otmar Suitner † | Pierre Boulez<br />

principal Guest conductor Michael gielen<br />

assistent <strong>de</strong>s Gmd und Kapellmeister Alexan<strong>de</strong>r Vitlin<br />

orchesterdireKtorin Clara Marrero<br />

orchestermanaGer Thomas Küchler<br />

orchesterbüro Alexandra Uhlig<br />

orchesteraKa<strong>de</strong>mie Alexandra Uhlig<br />

orchesterinspeKtor Uwe Timptner<br />

orchesterWarte Michael Frohloff | Dietmar Höft | Eckehart Axmann<br />

Nicolas van Heems<br />

orchesterVorstand Markus Bruggaier | Thomas Jordans<br />

Frie<strong>de</strong>mann Mittenentzwei | Susanne Schergaut | Volker Sprenger<br />

ehrenmitGlie<strong>de</strong>r Victor Bruns † | gyula Dalló | Bernhard günther †<br />

Prof. Lothar Friedrich | Wilhelm Martens † | Ernst Hermann Meyer †<br />

Egon Morbitzer † | Hans Reinicke † | Otmar Suitner †<br />

Ernst Trompler † | Richard von Weizsäcker<br />

MITgLIEDER DER STAATSKAPELLE BERLIN<br />

i. Violine Wolf-Dieter Batzdorf | Lothar Strauß | Juliane Winkler<br />

Christian Trompler | Susanne Schergaut | Susanne Dabels | Michael Engel<br />

Sandra Tancibu<strong>de</strong>k | Agata Policinska* | Laura Perez Soria*<br />

ii. Violine Knut Zimmermann | Mathis Fischer | Krzysztof Specjal<br />

André Freu<strong>de</strong>nberger | Milan Ritsch | Barbara Weigle | Laura Volkwein<br />

Christin Uhlemann*<br />

bratsche Yulia Deyneka | Volker Sprenger | Boris Bar<strong>de</strong>nhagen<br />

Matthias Wilke | Frie<strong>de</strong>mann Mittenentzwei | Robin Hong**<br />

Violoncello Andreas greger | Sennu Laine | Johanna Helm | Hye Jin Mok*<br />

Kontrabass Otto Tolonen | Klaus Stoll** | Alf Moser<br />

flöte Thomas Beyer | Christiane Hupka | Christiane Weise<br />

oboe Fabian Schäfer | Cristina gómez<br />

Klarinette Matthias glan<strong>de</strong>r | Sylvia Schmückle-Wagner<br />

faGott Mathias Baier | Robert Dräger<br />

horn Ignacio garcía | Thomas Jordans<br />

trompete Jan gustavsson** | Dietrich Schmuhl<br />

posaune Joachim Elser<br />

pauKen Dominic Oelze<br />

schlaGzeuG Matthias Marckardt | Dominic Oelze<br />

KlaVier Alexan<strong>de</strong>r Vitlin<br />

* Mitglied <strong>de</strong>r Orchesteraka<strong>de</strong>mie bei <strong>de</strong>r Staatskapelle Berlin<br />

** gast


IMPRESSUM<br />

herausGeber Staatsoper Unter <strong>de</strong>n Lin<strong>de</strong>n<br />

Bismarckstraße 110 | 10625 Berlin<br />

intendant Jürgen Flimm<br />

GeneralmusiKdireKtor Daniel Barenboim<br />

Geschäftsführen<strong>de</strong>r direKtor Ronny Unganz<br />

redaKtion Dr. Detlef giese | Yuri Isabella Preiter<br />

Mitarbeit: Deborah Maier, Marlene grunert, Julius Josef Kaminski<br />

Die Texte von Marlene grunert, Yuri Isabella Kato, Detlef giese und<br />

Julius Josef Kaminski sind Originalbeiträge für dieses <strong>Programmheft</strong>.<br />

abbildunGen O. E. Deutsch: Mozart und seine Welt in zeitgenössischen Bil<strong>de</strong>rn, Leipzig 1962.<br />

fotos Kathy Chapman (Carter), Rudy Amisano (Barenboim), GABO (Villazón),<br />

Tilo Riolo (Schuldt), Monika Rittershaus (Staatskapelle Berlin)<br />

layout Dieter Thomas<br />

herstellunG Druckerei<br />

Gedruckt auf Luxo Art Samtoffset, FSC-zertifiziertes Papier (FSC = Forest Stewardship Council),<br />

welches die Richtlinien <strong>de</strong>s FSC nach weltweit gültigen Chain­of­Custody­Standard<br />

(CoC/Produktkette) für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Waldbewirtschaftung<br />

nach ökologischen, sozialen und ökonomischen Standards erfüllt.<br />

Die Blumensträuße für die Künstler spen<strong>de</strong>t<br />

<strong>de</strong>r blumenKorb.<br />

An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich dafür.<br />

<strong>de</strong>r blumenKorb<br />

Villeroy und Boch – Blumen und Tischkultur<br />

Wilhelmstraße 163 – 13595 Berlin­Spandau – Telefon: (030) 3 31 94 55

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