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Frauen- und Gleichstellungspolitik Geschichte der Frauen in der IG Metall 1871 bis 2005

<strong>Frauen</strong>- und Gleichstellungspolitik<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

1871 bis 2005


Versammlung eines Dienstmädchenvereins um 1848<br />

WIR STREITEN FÜR<br />

BESSERE ZEITEN<br />

Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

Titelbild: 13. <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-<strong>Frauen</strong>konferenz 1988<br />

<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

1871-2005


„Ziel ist das Menschenrecht als <strong>Frauen</strong>recht weltweit“<br />

( Clara Zetkin, 1911)<br />

Vorwort<br />

„Aus <strong>der</strong> Vergangenheit lernen,<br />

die Zukunft zu gestalten“, so<br />

lautete einst das Motto einer<br />

<strong>Frauen</strong>konferenz.<br />

<strong>Frauen</strong> können heutzutage<br />

ihr Leben erheblich eigenständiger<br />

gestalten, als dies ihre<br />

Urgroßmütter, Großmütter und<br />

Mütter konnten. Die Voraussetzungen<br />

dafür haben engagierte<br />

<strong>Frauen</strong> in den letzten zweihun<strong>der</strong>t<br />

Jahren hart erkämpft.<br />

Seit den Anfängen <strong>der</strong> Arbeiter-<br />

und Gewerkschaftsbewegung<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t hat<br />

es Schwierigkeiten beim Aufbau<br />

gemeinsamer Organisationen<br />

von Männern und <strong>Frauen</strong> gegeben.<br />

Die Gründe sind vielfältig.<br />

Einen großen Einfl uss hatte und<br />

hat wohl auch heute noch die<br />

herkömmliche Rollenverteilung<br />

zwischen den Geschlechtern.<br />

Männer galten als rational und<br />

waren für die materielle Versorgung<br />

<strong>der</strong> Familie verantwortlich,<br />

während <strong>Frauen</strong> vor allem die<br />

emotionale Familienarbeit zugeordnet<br />

wurde. Die Abhängigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> von den Männern<br />

wurde durch eine entsprechende<br />

Gesetzgebung, durch<br />

unterschiedliche Zugänge zu<br />

Ausbildung und Weiterbildung,<br />

durch geringe eigene Einkommensmöglichkeiten<br />

und vieles<br />

mehr gefestigt. Für die kapitalistische<br />

Produktionsweise war<br />

und ist diese Rollenteilung sehr<br />

profi tabel.<br />

In diesem Buch haben wir<br />

versucht wichtige Stationen <strong>der</strong><br />

Entwicklung von <strong>Frauen</strong>positionen<br />

innerhalb und außerhalb<br />

unserer Gewerkschaften nachzuzeichnen.Arbeitsbedingungen<br />

des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts im<br />

<strong>Metall</strong>, Textil- und Holzbereich,<br />

die ersten Streiks, Kämpfe für<br />

gerechten Lohn und bessere<br />

Lebensbedingungen, <strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>ung<br />

und Quotierung. Wer<br />

sich für das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Ereignis o<strong>der</strong> Thema stärker<br />

interessiert, fi ndet in <strong>der</strong> Literaturliste<br />

weiteren Lesestoff.<br />

Wir wünschen viel Spass<br />

beim Lesen und neue Erkenntnisse<br />

für die »alte« Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

um die Geschlechtergerechtigkeit.<br />

Kirsten Rölke<br />

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied


Impressum<br />

Herausgeber: <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Vorstand, Funktionsbereich <strong>Frauen</strong>- und Gleichstellungspolitik<br />

Redaktionsteam: Christiane Wilke, Gabriele Ulbrich, Astrid Knüttel<br />

Bildredaktion, Recherche und Gestaltung: Five-for-You-Multimedia, www.54u.de<br />

Druck: Raiffeisen Druckerei, Neuwied<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ............................................................................................................................................... 5<br />

Die Arbeiterinnen im Kaiserreich: 1871 – 1918 ................................................................................... 9<br />

Von <strong>der</strong> Landarbeiterin o<strong>der</strong> Dienstmagd zur Hilfsarbeiterin ............................................................. 11<br />

Die allgemeinen Merkmale <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit ............................................................... 17<br />

„Uns geht es ums Ganze“ - die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung ........................................................ 23<br />

Die »bürgerliche« <strong>Frauen</strong>bewegung .................................................................................................. 29<br />

„Die Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen erziehen“ ............................................................33<br />

Hauptsache, die Männer sind organisiert ...........................................................................................37<br />

Der Arbeitskampf als Festakt ..............................................................................................................41<br />

„ … bis zur Erschöpfung in den Dienst des Vaterlandes“ .................................................................. 43<br />

Berufsausbildung .............................................................................................................................. 46<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit und Gewerkschaften in <strong>der</strong> Weimarer Republik 1918 – 1933 ...................................... 49<br />

Die Errungenschaften <strong>der</strong> Novemberrevolution 1918 ......................................................................... 50<br />

Aufschwung <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung (1918 – 1923) ................................................................... 51<br />

Die Zurückdrängung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit während <strong>der</strong> wirtschaftlichen Demobilmachung (1918 – 1923)..52<br />

Der Umfang <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit ....................................................................................... 54<br />

Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verbandes (DMV).................................................... 56<br />

Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes (DTAV)..................................................... 58<br />

„Mein Arbeitstag, mein Wochenende“............................................................................................... 60<br />

Ohne Arbeit und Unterstützung ......................................................................................................... 63<br />

Die <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Defensive ............................................................................................................... 64<br />

Die <strong>Frauen</strong> in den Arbeitskämpfen ..................................................................................................... 65<br />

Die Faschistische Diktatur 1933 – 1945 ..............................................................................................67<br />

Die <strong>Frauen</strong> und die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1945 – 2005 ..........................................................................................73<br />

Der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg ......................................................................................74<br />

Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> DDR ......................................................................................75<br />

Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> Bundesrepublik ................................................................... 82<br />

Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung...............................................................................................................109<br />

Auch in Zukunft: starke <strong>Frauen</strong> für eine starke <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> .................................................................. 112<br />

Weiterführende Literatur .................................................................................................................. 114<br />

Bildnachweise .................................................................................................................................. 116<br />

7


Reisigsammlerinnen bei Berlin um 1900 (Foto Heinrich Zille)<br />

8<br />

DIE ARBEITERINNEN<br />

IM KAISERREICH<br />

1871-1918


Brettschneidemühle um 1870 ( Foto Carl Friedrich August Kotzsch )<br />

10 11<br />

Von <strong>der</strong> Landarbeiterin o<strong>der</strong> Dienstmagd zur Hilfsarbeiterin<br />

Der Arbeitstag <strong>der</strong> weiblichen<br />

Landbevölkerung war lang und<br />

enorm mühsam. 18 Stunden<br />

Arbeit galten als normal. So war<br />

es auch nicht verwun<strong>der</strong>lich,<br />

dass im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t mit<br />

Beginn <strong>der</strong> Fabrikarbeit viele<br />

Bauernmädchen in die Stadt<br />

strömten und beinahe jede Erwerbstätigkeit<br />

annahmen, um<br />

<strong>der</strong> Mühsal <strong>der</strong> Landarbeit zu<br />

entgehen.<br />

Um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />

galten Ehe und Familie als verbindliche<br />

Lebensformen. Allerdings<br />

waren etwa 40 Prozent<br />

<strong>der</strong> erwachsenen <strong>Frauen</strong> nicht<br />

verheiratet bzw. verwitwet o<strong>der</strong><br />

geschieden. Ganzen Berufsgruppen<br />

wurde das Heiraten verboten<br />

o<strong>der</strong> erschwert. So mussten<br />

beispielsweise Lehrerinnen, Beamtinnen,<br />

Dienstbotinnen ihre<br />

berufl iche Tätigkeit beenden,<br />

sobald sie heirateten. In <strong>der</strong><br />

Unterschicht wurden meist freie<br />

Liebesverhältnisse gelebt, weil<br />

<strong>der</strong> Lohn zur Gründung eines<br />

Hausstandes nicht ausreichte.<br />

Die Aufgaben zwischen<br />

Mann und Frau waren strikt<br />

ge trennt. Sie war zuständig für<br />

die häuslichen Belange und die<br />

Kin<strong>der</strong>erziehung, er sicherte die<br />

materielle Existenz »draußen«.<br />

In den Arbeiterfamilien<br />

reichte <strong>der</strong> Lohn des Mannes<br />

selten für die ganze Familie.<br />

Die <strong>Frauen</strong> mussten, gerade<br />

wenn sie mehrere Kin<strong>der</strong> hatten,<br />

zusätzlich Geld verdienen,<br />

entwe<strong>der</strong> in Heimarbeit o<strong>der</strong> als<br />

Fabrikarbeiterin. Oft wurden in<br />

den ohnehin schon überfüllten<br />

kleinen Wohnungen noch Betten<br />

an »Schlafburschen« o<strong>der</strong><br />

»Schlafmädchen« vermietet.<br />

Unverheiratete <strong>Frauen</strong> aus<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschicht hatten ein<br />

Leben als Dienstmädchen o<strong>der</strong><br />

als ungelernte Arbeiterin in <strong>der</strong><br />

Fabrik vor sich.<br />

<strong>Frauen</strong> fanden vor allem<br />

in den Industrien Arbeit, die<br />

die Männer wegen <strong>der</strong> miserablen<br />

Arbeitsbedingungen<br />

und <strong>der</strong> geringen Einkommen<br />

verlassen hatten. Es handelte<br />

sich um Fabriken, in denen die<br />

Massenanfertigung eine starke<br />

Arbeitsteilung und damit die<br />

Zerstückelung eines Arbeitsprozesses<br />

erlaubte. Für diese Arbeit<br />

waren keine qualifi zierten<br />

Ausbildungen nötig, son<strong>der</strong>n<br />

sie konnte von Un- und Angelernten<br />

verrichtet werden. So<br />

waren in <strong>der</strong> Textil- und <strong>der</strong> Bekleidungsindustrie,<br />

aber auch<br />

in <strong>der</strong> Tabakfabrikation Arbeiterinnen<br />

in <strong>der</strong> Mehrzahl. Mit <strong>der</strong><br />

Entwicklung weiterer Technik<br />

und damit auch <strong>der</strong> Vereinfachung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsweise, wurden<br />

auch in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie, vor<br />

18 Stunden Arbeit<br />

galten auf dem<br />

Land als normal.


Nähen von Arbeiter-Hosen in Heimarbeit um 1890 (Foto Jacob A. Riis)<br />

allem in <strong>der</strong> Elektrotechnik, in<br />

<strong>der</strong> Feinmechanik und -optik,<br />

sowie in <strong>der</strong> Herstellung von<br />

Eisen-, Stahl- und <strong>Metall</strong>waren<br />

immer mehr <strong>Frauen</strong> eingestellt.<br />

Auch in <strong>der</strong> Bleistiftbranche<br />

waren in den 80er Jahren des<br />

vorletzten Jahrhun<strong>der</strong>ts bereits<br />

ein Drittel aller Beschäftigten<br />

<strong>Frauen</strong>. Zum gleichen Zeitpunkt<br />

lag beispielsweise <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil<br />

<strong>der</strong> Nürnberger und<br />

Fürther Spielwarenindustrie um<br />

40 Prozent.<br />

Noch erheblich schlechtere<br />

Arbeitsbedingungen fanden die<br />

<strong>Frauen</strong> vor, die ihre Arbeit zu<br />

Hause, in sogenannter Heimarbeit<br />

verrichteten. Zunächst bot<br />

12 13<br />

die Heimarbeit o<strong>der</strong> die Hausindustrie<br />

den arbeitssuchenden<br />

<strong>Frauen</strong> durchaus Vorteile. Es<br />

gab keine Schranken, wie im<br />

zünftlerischen Handwerk, in<br />

dem <strong>Frauen</strong>, wenn sie nicht<br />

gerade mit dem Meister verheiratet<br />

waren, nicht arbeiten<br />

durften. Die Arbeit kam sozusagen<br />

zu ihnen aufs Land, in<br />

ihre Stube, und sie brauchten<br />

nur einen Webstuhl o<strong>der</strong> später<br />

eine Nähmaschine. So konnten<br />

sie ihre kargen Einkünfte<br />

aus <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />

Arbeit aufbessern. Doch mit<br />

zunehmen<strong>der</strong> Industrialisierung<br />

gerieten bald alle Heimarbeiterinnen<br />

in Wettlauf mit <strong>der</strong> Zeit<br />

und unter Konkurrenzdruck <strong>der</strong><br />

maschinellen Massenproduktion.<br />

Sie versuchten die Einbußen<br />

durch noch billigere Löhne,<br />

durch Mehrarbeit, endlose Arbeitstage<br />

und die Einbeziehung<br />

aller Familienmitglie<strong>der</strong> von<br />

den Kin<strong>der</strong>n bis zu den Greisen<br />

auszugleichen; aber ihr Elend<br />

war dennoch nicht aufzuhalten.<br />

Bereits in den vierziger Jahren<br />

des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts hat Louise<br />

Otto auf das Los <strong>der</strong> Klöpplerinnen,<br />

Strickerinnen und Näherinnen<br />

aufmerksam gemacht<br />

und sich zur Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Nöte<br />

in ihrer »<strong>Frauen</strong>zeitung« für die<br />

Assoziation <strong>der</strong> Arbeiterinnen<br />

eingesetzt.<br />

Das Elend <strong>der</strong><br />

Arbeiterinnen in<br />

Land-, Fabrik- und<br />

Heimarbeit


Anstieg <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>beschäf-<br />

tigung<br />

Mit <strong>der</strong> Ausbreitung <strong>der</strong><br />

Industrialisierung wurden also<br />

immer zahlreicher auch weibliche<br />

Arbeitskräfte als lohnabhängige<br />

Arbeiterinnen in die<br />

kapitalistische Produktion eingeglie<strong>der</strong>t.<br />

Beson<strong>der</strong>e Dynamik<br />

entfaltete dieser Prozess seit<br />

dem Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts:<br />

1882 waren in Deutschland<br />

5,5 Millionen <strong>Frauen</strong> erwerbstätig,<br />

1885 schon 6,5 Millionen,<br />

1907 sogar 9,5 Millionen. Der<br />

Erwerbstätigenanteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />

in Deutschland stabilisierte<br />

sich längerfristig auf <strong>der</strong> Skala<br />

zwischen 30 und 40 Prozent, um<br />

dann in unseren Tagen kräftig<br />

über die 40 Prozent-Marge zu<br />

steigen.<br />

Der enorme Anstieg von<br />

<strong>Frauen</strong>beschäftigung in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie<br />

wurde auch durch<br />

die Integration einer enorm<br />

steigenden Zahl weiblicher Angestellter<br />

erreicht.<br />

Während sich <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil<br />

bei den Angestellten<br />

von 1,4 Prozent im Jahre 1895<br />

über 9,8 Prozent im Jahre 1907<br />

auf 28,5 Prozent im Jahre 1925<br />

erhöhte, verän<strong>der</strong>te er sich<br />

bei den Arbeitern und Arbeiterinnen<br />

nur unwesentlich von<br />

1 Prozent über 1,1 Prozent bis<br />

4,1 Prozent.<br />

14 15<br />

<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie 1882-2003<br />

Jahr Zahl <strong>der</strong> beschäftigten <strong>Frauen</strong> Anteil an <strong>der</strong> Gesamtzahl <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

1882 18.430 3,3 %<br />

1907 78.060 4,6 %<br />

1925 291.925 11,1 %<br />

1950 356.607 15,1 %<br />

1960 924.356 20,5 %<br />

1980 1 124.828 22,4 %<br />

2003 848.577 20,9 %


<strong>Frauen</strong>arbeit bei Kraus Maffei<br />

16 17<br />

Die allgemeinen Merkmale <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

Die Proletarierinnen, die von <strong>der</strong><br />

verbreiteten Not getrieben die<br />

Lohnarbeit ergriffen, gelangten<br />

ohne Vorbildung und Schulung<br />

aus ihrem häuslichen Arbeitsbereich<br />

in die Fabriken. Die<br />

Arbeiten, die sie auszuführen<br />

hatten, waren vorwiegend ungelernteTätigkeiten.<br />

Die Zahl <strong>der</strong><br />

ungelernten Arbeiterinnen war<br />

noch 1907 doppelt so hoch wie<br />

die ihrer männlichen Arbeitskollegen.<br />

Die Berufsausbildung <strong>der</strong><br />

männlichen Jugendlichen war<br />

gesetzlich geregelt. Weibliche<br />

Jugendliche hatten kaum die<br />

Möglichkeit, eine qualifi zierte<br />

Ausbildung zu machen. 1907<br />

gab es unter den Arbeiterinnen<br />

5,8 Prozent Gelernte. Oft bestand<br />

die »Ausbildung« aber nur<br />

in einer Anlernzeit von 6 bis 8<br />

Monaten.<br />

An einer Qualifi zierung <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> war niemand interessiert.<br />

Für die Industrie stand<br />

mit den un- und angelernten<br />

<strong>Frauen</strong> – mangels an<strong>der</strong>er Alternativen<br />

– ein billiges Arbeitsheer<br />

zur Verfügung.<br />

Mit ihrer unzureichenden<br />

Qualifi kation konnte das<br />

niedrige Lohnniveau scheinbar<br />

schlüssig und objektiv<br />

begründet werden. Ergänzt<br />

wurde diese Begründung mit<br />

Argumenten von einer naturbedingten<br />

»Min<strong>der</strong>wertigkeit des<br />

Weibes«.<br />

„Die Schwäche und Rückständigkeit<br />

<strong>der</strong> Frau ward im<br />

Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te zu einem<br />

gesellschaftlichen Dogma, zu<br />

einer unumstößlichen Grundanschauung<br />

erhoben, auf <strong>der</strong> sich<br />

ein ganzes System <strong>der</strong> körperlichen,<br />

geistigen und moralischen<br />

Unterdrückung aufbaute“ bemerkte<br />

1889 dazu Clara Zetkin.<br />

<strong>Frauen</strong> sollten sich auf die<br />

Ehegattinnen- und Mutterrolle<br />

beschränken o<strong>der</strong> zumindest<br />

konzentrieren. Diese Argumentation<br />

hatte auch den Vorteil, dass<br />

die Arbeiterinnen als fl exible Manövriermasse,<br />

als »Reservearmee«,<br />

je nach Konjunkturlage<br />

und nach Belieben angeworben<br />

o<strong>der</strong> gefeuert werden konnte.<br />

Die Not trieb<br />

<strong>Frauen</strong> in die<br />

Lohnarbeit<br />

<strong>Frauen</strong> als<br />

industrielle<br />

»Reservearmee«


Unqualifi zierte<br />

Arbeit für <strong>Frauen</strong><br />

<strong>Frauen</strong>arbeit – Männerarbeit *<br />

Wenn von <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />

Industrie gesprochen wird, sind<br />

die sogenannten un- und angelernten<br />

Arbeiterinnen gemeint.<br />

Zumindest in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>-, Holz-<br />

und Kunststoffbranche. In <strong>der</strong><br />

Textil- und Bekleidungsindustrie<br />

gab es zwar vermehrt Facharbeiterinnen,<br />

aber auch dort waren<br />

die meisten Arbeiterinnen eher<br />

in un- und angelernten Bereichen.<br />

Doch sowohl in <strong>der</strong> Heimarbeit<br />

als auch in <strong>der</strong> Fabrikarbeit<br />

gab es eine klare geschlechtsbezogene<br />

Zuordnung einzelner<br />

Tätigkeiten. Das <strong>Metall</strong>drücken,<br />

Löten und die Mechanikerarbeiten<br />

galten als Männerarbeit;<br />

die Bedienung von kleineren<br />

Stanzen und Pressen, das Lackieren,<br />

das Säubern <strong>der</strong> Waren,<br />

das Galvanisieren u. ä. galt<br />

als <strong>Frauen</strong>arbeit. Kraftaufwand<br />

war ein wichtiges Merkmal,<br />

das einer Tätigkeit eine höhere<br />

Wertigkeit verlieh; Geschick-<br />

lichkeit dagegen zählte wenig.<br />

War eine Arbeit offensichtlich<br />

körperlich nicht zu schwer für<br />

<strong>Frauen</strong>, so wurden oft an<strong>der</strong>e<br />

Argumente ins Feld geführt, um<br />

sie dennoch für <strong>Frauen</strong> ungeeignet<br />

erscheinen zu lassen. Das<br />

Schneiden von Schrauben rief<br />

aufgrund des „fortdauernden<br />

Stehens“, das „für den weiblichen<br />

Organismus“ nicht zuträg-<br />

lich sei, Kritik hervor, während<br />

an<strong>der</strong>erseits Schleif- und Polierarbeit<br />

„wegen <strong>der</strong> notwendig<br />

gebückten und sitzenden<br />

Haltung und des entstehenden<br />

Staubes“ für <strong>Frauen</strong> nicht gern<br />

gesehen war.<br />

Die Einwände, die sich auf<br />

„Anfor<strong>der</strong>ungen bedenklicher<br />

Art für die Gesundheit“, was vor<br />

allem hieß: für die Gebärfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Frau, bezogen, wurden<br />

ergänzt durch die Sorge <strong>der</strong><br />

Gewerbeaufsichtsbeamten um<br />

Moral und Sittlichkeit <strong>der</strong> Arbeiterinnen.<br />

Allein die Schutzkleidung,<br />

die an bestimmten Arbeitsplätzen<br />

angezogen werden musste,<br />

führte zu einer eindeutigen<br />

Geschlechtertrennung. Als<br />

beispielsweise während des<br />

Ersten Weltkrieges aus Gründen<br />

des Unfallschutzes auch<br />

für <strong>Frauen</strong> die Hosenkleidung<br />

vorgeschrieben wurde, stieß<br />

diese Vorschrift auf eine breite<br />

öffentliche Missbilligung.<br />

So stellte beispielsweise ein<br />

Kölner Gewerberat fest, dass<br />

die Hosenkleidung, die bei den<br />

meisten Arbeiten angelegt werden<br />

müsse, oft anstößig wirke,<br />

beson<strong>der</strong>s da eine Trennung <strong>der</strong><br />

Geschlechter nicht durchführbar<br />

sei. Dieser Umstand deutet<br />

schon darauf hin, dass Arbeiten,<br />

die eine <strong>der</strong> physischen Natur<br />

<strong>der</strong> Frau nicht angemessene<br />

Bekleidung verlangen, für diese<br />

ungeeignet sind.<br />

Die Aufmerksamkeit <strong>der</strong><br />

Gewerbeaufsichtsbeamten galt<br />

* Zitate aus: Kassel, Brigitte: <strong>Frauen</strong> in einer Männerwelt. <strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie und ihre Interessen-<br />

vertretung durch den Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verband (1891–1933), Köln 1997<br />

aber nicht nur dem äußeren<br />

Erscheinungsbild <strong>der</strong> weiblichen<br />

Arbeitskräfte, auch das<br />

Erscheinungsbild des herzustellenden<br />

Produkts und <strong>der</strong> dazu<br />

erfor<strong>der</strong>lichen Maschinen wurde<br />

zum Kriterium für die Angemessenheit<br />

einer Tätigkeit. Für<br />

das sogenannte »schwache Geschlecht«<br />

erscheinen vor allem<br />

kleine Produkte angemessen.<br />

Zum Beispiel das Drehen kleiner<br />

<strong>Metall</strong>schrauben o<strong>der</strong> das Bohren<br />

und Nieten von Blechstückchen.<br />

Der Einsatz von <strong>Frauen</strong> bei<br />

<strong>der</strong> Herstellung von Blechdosen<br />

und Fahrradlaternen erschien einem<br />

Beamten 1901 dagegen weniger<br />

angemessen, „weil sie die<br />

Bedienung größerer, maschinell<br />

betriebener Stanzen und Pressen<br />

erfor<strong>der</strong>t, die nicht nur körperliche<br />

Anstrengung, son<strong>der</strong>n auch<br />

angespannte Aufmerksamkeit<br />

zur Vermeidung ernster Unfallgefahren<br />

nötig macht“.<br />

Eine weitere Trennung von<br />

18 19<br />

»<strong>Frauen</strong>arbeit« und »Männerarbeit«<br />

schien sich aufgrund<br />

sog. geschlechtstypischen Fähigkeiten<br />

nahezu naturgegeben<br />

anzubieten.<br />

Arbeiterinnen hatten vorzugsweise<br />

Aufgaben zu erfüllen,<br />

bei denen ihre vorgebliche naturhaft<br />

weibliche Fähigkeit, wie<br />

die vielzitierte Fingerfertigkeit<br />

und Handgeschicklichkeit, produktiv<br />

genutzt werden konnten.<br />

<strong>Metall</strong>arbeiterinnen wurden<br />

eher in <strong>der</strong> Fabrikation von Massenware,<br />

z. B. Schrauben und<br />

Muttern, eingesetzt, als mit qualifi<br />

zierter Arbeit bei <strong>der</strong> Herstellung<br />

von Unikaten beschäftigt.<br />

In <strong>der</strong> Bleistiftindustrie polierten<br />

und banden sie Bleistifte,<br />

während die Herstellung <strong>der</strong><br />

Rohbleistifte von Männern erledigt<br />

wurde. In <strong>der</strong> Textilindustrie<br />

sah es ähnlich aus.<br />

Darüber hinaus waren<br />

die Arbeitsplätze in vertikaler<br />

Richtung geschlechtsspezifi sch<br />

verteilt. Männer hatten als<br />

sogenannte Einrichter und vor<br />

allem als Meister auch in reinen<br />

Arbeiterinnenabteilungen die<br />

Aufsicht über <strong>Frauen</strong>. Im Ergebnis<br />

waren die berufl ichen Tätigkeiten<br />

streng nach Geschlecht<br />

hierarchisch geteilt.<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit verschob sich<br />

die Relation zwischen <strong>der</strong> ungelernten<br />

und <strong>der</strong> angelernten<br />

Arbeit in <strong>der</strong> weiblichen Industriearbeit<br />

etwas mehr zugunsten<br />

<strong>der</strong> angelernten Tätigkeiten.<br />

Dies galt vor allem in <strong>der</strong> Textil-<br />

und <strong>der</strong> Bekleidungsproduktion.<br />

Eine ähnliche Tendenz zeigte<br />

sich bei dem hohen <strong>Frauen</strong>einsatz<br />

im ersten Weltkrieg in <strong>der</strong><br />

<strong>Metall</strong>industrie und ebenfalls<br />

als Folge des Rationalisierungsdrucks<br />

im <strong>Metall</strong>bereich während<br />

<strong>der</strong> zwanziger Jahre des<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Der Anteil <strong>der</strong><br />

Facharbeiterinnen blieb aber<br />

kontinuierlich bis in den zweiten<br />

Weltkrieg hinein unter 5 Prozent.<br />

Das »schwache<br />

Geschlecht«


Einheitslohn für<br />

<strong>Frauen</strong> – auf un-<br />

terstem Niveau<br />

»<strong>Frauen</strong>akkorde«<br />

deulich niedriger<br />

Einkommen<br />

Das <strong>Frauen</strong>lohnniveau erreichte<br />

vor dem ersten Weltkrieg nur<br />

die Hälfte bis zwei Drittel des<br />

Lohnes männlicher Hilfsarbeiter.<br />

Außerdem bekamen die <strong>Frauen</strong><br />

einen Einheitslohn, während die<br />

Löhne <strong>der</strong> Arbeiter nach Alter<br />

gestaffelt wurden. Mit zunehmendem<br />

Alter erhöhte sich auch<br />

das Einkommen.<br />

<strong>Metall</strong>arbeiterinnen verdienten<br />

im allgemeinen immer weniger<br />

als <strong>Metall</strong>arbeiter auf <strong>der</strong><br />

niedrigsten Qualifi kationsstufe.<br />

Im Schnitt lag <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>lohnanteil<br />

bei ca. 60 Prozent. Im Einzelfall<br />

o<strong>der</strong> je nach Vergleichsgröße<br />

war das Verhältnis von<br />

<strong>Frauen</strong>- zu Männerlöhnen etwas<br />

günstiger. Dies galt aber nur für<br />

die untersten Qualifi kationsgruppen,<br />

z. B. Hilfsarbeiterinnen<br />

und Hilfsarbeiter. In <strong>der</strong> Holzbranche<br />

war das Einkommen<br />

<strong>der</strong> meist ungelernten <strong>Frauen</strong><br />

noch nicht einmal halb so hoch<br />

wie das <strong>der</strong> am schlechtesten<br />

bezahlten Männer.<br />

Durch die technologische<br />

Entwicklung und die damit<br />

verbundene Rationalisierung<br />

drangen <strong>Frauen</strong> gerade in <strong>der</strong><br />

<strong>Metall</strong>industrie zwar in Arbeitsbereiche<br />

vor, die früher den<br />

Aufgabenkreis von Facharbeitern<br />

bildeten, bekamen jedoch<br />

keineswegs den den höheren<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechenden<br />

Lohn. Die Akkordarbeit war<br />

unter den <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />

Ende <strong>der</strong> zwanziger Jahre<br />

stärker verbreitet als bei den<br />

Männern. Die Akkordpreise<br />

dieser »<strong>Frauen</strong>akkorde« fi elen<br />

größtenteils 26 bis 40 Prozent<br />

niedriger aus als die <strong>der</strong> vergleichbaren<br />

Männerakkorde.<br />

Die leistungsfähigste Arbeiterin<br />

verdiente auch im Akkord<br />

erheblich weniger als <strong>der</strong><br />

männliche Hilfsarbeiter. Die<br />

Min<strong>der</strong>bezahlung hatte also<br />

mit Min<strong>der</strong>leistung nichts zu<br />

tun. Immerhin verringerte sich<br />

die Lohnspanne in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Weimarer Republik im Vergleich<br />

zum Kaiserreich auf »nur« 20<br />

bis 40 Prozent.<br />

Die Lohndifferenz blieb<br />

auch während <strong>der</strong> Jahre <strong>der</strong><br />

Nazidiktatur, von 1933 bis 1945,<br />

mit durchschnittlich 30 Prozent<br />

im wesentlichen konstant. Wie<br />

schon vor 1933 wurden die Arbeiterinnen<br />

ohne Rücksicht auf<br />

ihre Qualifi kation entlohnt, gelernte<br />

und ungelernte Arbeiterinnen<br />

verdienten also weniger<br />

als ihre ungelernten männlichen<br />

Kollegen.<br />

Arbeitszeit<br />

Um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />

arbeiteten die Menschen<br />

(<strong>Frauen</strong> und Männer) in <strong>der</strong><br />

Fabrik durchschnittlich 12 bis<br />

14 Stunden an sechs Tagen in<br />

<strong>der</strong> Woche. Mit <strong>der</strong> Novelle<br />

<strong>der</strong> Gewerbeordnung von 1891<br />

wurde 1892 unter an<strong>der</strong>em<br />

das Nachtarbeitsverbot für<br />

Fabrikarbeiterinnen sowie <strong>der</strong><br />

elfstündige Maximalarbeitstag<br />

für Arbeiterinnen und 1895 die<br />

gewerbliche Sonntagsruhe<br />

eingeführt. An Vortagen von<br />

Sonn- und Feiertagen war die<br />

Arbeitszeit auf zehn Stunden<br />

beschränkt. Die Arbeitszeit<br />

musste zwischen 5:30 Uhr und<br />

20:30 Uhr liegen; an Samstagen<br />

und Vorfeiertagen durfte sie bis<br />

17:30 Uhr reichen. Bei großem<br />

Arbeitsanfall war mit Genehmigung<br />

<strong>der</strong> Gewerbeaufsicht eine<br />

Ausdehnung bis 22 Uhr möglich.<br />

Darüber hinaus wurde eine einstündige<br />

Pause angeordnet.<br />

20 21<br />

Eine reichsweite Erhebung<br />

<strong>der</strong> Gewerbeaufsicht über die<br />

Arbeitszeit von Fabrikarbeiterinnen<br />

im Jahre 1902, die über<br />

800.000 Arbeiterinnen – vorrangig<br />

aus <strong>der</strong> Textilindustrie<br />

– erfasste, bestätigt, dass in<br />

etwa zwei Drittel <strong>der</strong> erfassten<br />

Betriebe insgesamt mehr als die<br />

Hälfte <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> bis maximal<br />

zehn Stunden täglich arbeiteten.<br />

Die durchschnittliche tägliche<br />

Arbeitszeit lag unter elf Stunden.<br />

Mit einer weiteren Novelle<br />

<strong>der</strong> Gewerbeordnung von 1908<br />

wird die Höchstarbeitszeit für<br />

Fabrikarbeiterinnen und Jugendliche<br />

ab 1910 auf zehn Stunden<br />

festgelegt. An den Tagen vor<br />

Sonn- und Feiertagen wird die<br />

Arbeitszeit auf 8 Stunden begrenzt.<br />

Dienstmädchen hatten dagegen<br />

nur jeden zweiten Sonntag<br />

frei, ansonsten mussten sie<br />

nahezu unbegrenzt zur Verfügung<br />

stehen. Ein Arbeitstag von<br />

16 Stunden war keine Seltenheit.<br />

Insofern war die Fabrikarbeit<br />

für viele <strong>Frauen</strong> die bessere<br />

Alternative.<br />

Nachdem in <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik Ende 1923 <strong>der</strong> 1918<br />

eingeführte 8-Stunden-Tag<br />

aufgehoben wurde, hatten vor<br />

allem wie<strong>der</strong> Arbeiterinnen <strong>der</strong><br />

sogenannten <strong>Frauen</strong>industrien<br />

täglich bis zu 10 Stunden und<br />

darüber liegende Arbeitszeiten.


22 23<br />

„Uns geht es ums Ganze“ - die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

Nach <strong>der</strong> Reichsgründung 1871<br />

bekamen nur die deutschen<br />

Männer über 25 Jahre das gleiche,<br />

geheime, direkte und allgemeine<br />

Wahlrecht zum Reichstag.<br />

Die <strong>Frauen</strong> blieben in diesem<br />

und in vielen an<strong>der</strong>en wirtschafts-<br />

und privatrechtlichen<br />

Belangen Staatsbürger zweiter<br />

Klasse. Die reaktionären Vereinsgesetze<br />

mehrerer deutscher<br />

Staaten nahmen ihnen bis 1908<br />

die Möglichkeit einer direkten<br />

politischen Betätigung.<br />

Die meisten frühen gewerkschaftlichen<br />

Organisationen<br />

<strong>der</strong> jungen Arbeiterbewegung<br />

betrachteten die Vermehrung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong> Industrie<br />

mit Misstrauen und Konkurrenzangst,<br />

die Mitgliedschaft<br />

von Arbeiterinnen hielten sie<br />

für unerwünscht. Vor allem die<br />

Berufsverbände, die dem Allgemeinen<br />

Deutschen Arbeiterverein<br />

des Ferdinand Lassalle nahe<br />

standen, lehnten industrielle<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit ab.<br />

Höhere Akzeptanz fanden<br />

Arbeiterinnen dagegen bei den<br />

Gewerksgenossenschaften <strong>der</strong><br />

sogenannten Eisenacher Richtung,<br />

die von August Bebel und<br />

Wilhelm Liebknecht maßgeblich<br />

beeinfl usst wurden.<br />

Immer wie<strong>der</strong> for<strong>der</strong>te ein<br />

Teil <strong>der</strong> Arbeiter die Abschaffung<br />

<strong>der</strong> Fabrikarbeit für <strong>Frauen</strong> in<br />

<strong>der</strong> Hoffnung, durch ein geringeres<br />

Arbeitskräfteangebot die<br />

eigenen Löhne aufbessern zu<br />

können. Immerhin wurde beispielsweise<br />

auf dem »allgemeinen<br />

deutschen sozialdemokratischen<br />

Arbeiterkongreß« 1869<br />

in Eisenach ein Antrag zur Abschaffung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit abgelehnt.<br />

In <strong>der</strong> Begründung wurde<br />

argumentiert, dass dadurch<br />

die notleidenden, auf Erwerb<br />

angewiesenen <strong>Frauen</strong> nur zur<br />

Prostitution getrieben würden.<br />

Die weibliche Konkurrenz könnte<br />

nur durch die gemeinsame<br />

Organisation mit den Männern<br />

abgeschafft werden.<br />

Eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielte<br />

die im Februar 1869 in Crimmitschau<br />

gegründete »Gewerksgenossenschaft<br />

<strong>der</strong> Manufaktur-,<br />

Fabrik und Handarbeiter«, die<br />

sich vorrangig als Textilarbeitergewerkschaft<br />

verstand und<br />

von Beginn an gleichermaßen<br />

Männer und <strong>Frauen</strong> organisierte.<br />

Bereits ein Jahr nach <strong>der</strong><br />

Gründung hatte diese Gewerkschaft<br />

bereits weit über 6000<br />

Mitglie<strong>der</strong> und davon waren<br />

ein Sechstel <strong>Frauen</strong>, wie Clara<br />

Zetkin in ihrer <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

proletarischen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

schreibt. Beson<strong>der</strong>s bemerkenswert<br />

ist, dass in das Organisationskomitee,<br />

das für die Gewerksgenossenschaft<br />

ein Statut<br />

ausarbeitete, auch zwei <strong>Frauen</strong><br />

( Wilhelmine Weber und Christiane<br />

Peuschel ) aufgenommen<br />

wurden. In diesem Statut wurde<br />

geregelt, dass <strong>Frauen</strong> nicht nur<br />

Mitglied werden konnten, son<strong>der</strong>n<br />

sogar das aktive und passive<br />

Wahlrecht zugesprochen


Die ersten <strong>Frauen</strong><br />

in den Gewerk-<br />

schaften<br />

bekamen. Für die damalige Zeit<br />

eine absolute Sensation.<br />

Konnte diese frauenpolitisch<br />

fortschrittliche Haltung bei <strong>der</strong><br />

Gewerksgenossenschaft <strong>der</strong><br />

Manufaktur-, Fabrik- und Handarbeiter<br />

noch mit einem beson<strong>der</strong>s<br />

hohen Anteil weiblicher<br />

Arbeitskräfte begründet werden,<br />

war es jedoch überraschend,<br />

Artikel 15. Die Dienstherrschaft ist insbeson<strong>der</strong>e<br />

berechtigt, die Dienstboten ohne Aufkündigung<br />

sofort zu entlassen:<br />

...<br />

7) wenn<br />

sie länger als vierzehn Tage durch Krankheit,<br />

Freiheitsstrafe o<strong>der</strong> Abwesenheit an ihren<br />

Dienstleistungen verhin<strong>der</strong>t sind;<br />

8) wenn sie schwanger sind;<br />

(Auszug aus <strong>der</strong> Gesindeordnung vom 28 April<br />

1877, Darmstadt)<br />

dass die Gewerksgenossenschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiter bereits<br />

wenige Monate später ähnliche<br />

Regelungen verabschiedete. Es<br />

spricht vieles dafür, dass die<br />

Kollegen sich bei <strong>der</strong> Verfassung<br />

ihrer Satzung nach den von<br />

Bebel vorgelegten »Musterstatuten<br />

für Deutsche Gewerksgenossenschaften«<br />

richteten.<br />

Arbeiterinnen waren in ihrer<br />

Branche eher selten. Sogenannte<br />

frauenpolitische For<strong>der</strong>ungen,<br />

z. B. die Einführung einer Wöchnerinnen-Unterstützung,<br />

fanden<br />

auch kaum Unterstüzung.<br />

In den 70er Jahren kämpften<br />

engagierte <strong>Frauen</strong> wie Clara<br />

Zetkin und Emma Ihrer für eine<br />

Än<strong>der</strong>ung im Bewusstsein <strong>der</strong><br />

Arbeiter und ihrer Funktionäre.<br />

1878 erschien das Buch »Die<br />

Frau und <strong>der</strong> Sozialismus«<br />

von August Bebel. Die Inhalte<br />

dieses Buches beeinfl ussten<br />

das Bewusstsein vieler Männer<br />

und <strong>Frauen</strong>. Zum ersten Mal<br />

for<strong>der</strong>ten nun auch Arbeiterorganisationen<br />

die Durchsetzung<br />

von Rechten, die ausschließlich<br />

<strong>Frauen</strong> betrafen, z. B. die<br />

For<strong>der</strong>ung nach gleichem Lohn<br />

für gleiche Arbeit, einem Arbeiterinnen-<br />

und Mutterschutz,<br />

einem Wahlrecht für <strong>Frauen</strong>,<br />

gleichen Bildungschancen,<br />

privatrechtlicher Gleichstellung<br />

und Beseitigung <strong>der</strong> Gesindeordnung<br />

zur Befreiung <strong>der</strong><br />

Dienstboten.<br />

Die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

war fester Bestandteil<br />

<strong>der</strong> sozialistischen Arbeiterbewegung<br />

und verfolgte revolutionäre<br />

Ziele. Es ging um den<br />

Kampf gegen die Klassengesellschaft.<br />

Diesen Kampf bestritten<br />

GewerkschafterInnen und SozialistInnen<br />

gemeinsam.<br />

Gerade im Jahrzehnt des<br />

»Sozialistengesetzes«, in den<br />

24 25<br />

80er Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

als das deutsche Reich<br />

zur Vernichtung <strong>der</strong> jungen<br />

Arbeiterbewegung angesetzt<br />

hatte, entstanden überall <strong>Frauen</strong>vereine,<br />

teils als Bildungsvereine,<br />

teils mit gewerkschaftlichem<br />

Einschlag. 1883 wurde in<br />

Berlin die erste <strong>Frauen</strong>gewerkschaft<br />

ins Leben gerufen, <strong>der</strong><br />

»Verein <strong>der</strong> Mantelnäherinnen«.<br />

Obwohl diesen <strong>Frauen</strong>vereinen<br />

wegen polizeilicher Aufl ösung<br />

meist keine lange Lebensdauer<br />

beschieden war, bestand die<br />

proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

mit diesen Organisationen ihre<br />

erste Feuertaufe.<br />

Seit 1890 erschien eine<br />

eigene <strong>Frauen</strong>zeitschrift, zuerst<br />

»Die Arbeiterin«, geleitet<br />

von Emma Ihrer, seit 1891 »Die<br />

Gleichheit«, herausgegeben von<br />

Clara Zetkin. Der Parteitag <strong>der</strong><br />

SPD 1892 in Berlin griff erneut<br />

die Frage <strong>der</strong> Organisationsmöglichkeiten<br />

von <strong>Frauen</strong> und<br />

ihre Einbeziehung in die Partei<br />

auf. Das System <strong>der</strong> Vertrauensmänner<br />

wurde auf die <strong>Frauen</strong><br />

übertragen.<br />

1889 bekräftigte <strong>der</strong> Sozialistenkongress<br />

in Paris,<br />

<strong>der</strong> Gründungskongress <strong>der</strong><br />

II. Internationale, das Recht<br />

<strong>der</strong> Arbeiterinnen auf gleichberechtigte<br />

Mitgliedschaft in<br />

den Arbeiterorganisationen und<br />

for<strong>der</strong>te gleiche Löhne für gleiche<br />

Arbeit für die Arbeit bei<strong>der</strong><br />

Geschlechter. Die deutschen<br />

Revolutionäre<br />

Ziele


Titelblatt und Textauszüge aus dem kommunistischen ManiManifest von Karl Marx und Friedrich Engels ( 1848 ).<br />

... Die Bourgeoisie hat dem<br />

Familienverhältnis seinen rührend-sentimentalen<br />

Schleier<br />

abgerissen und es auf ein reines<br />

Geldverhältnis zurückgeführt.<br />

...<br />

Die Bourgeoisie kann nicht<br />

existieren, ohne die Produktionsinstrumente,<br />

also die Produktionsverhältnisse,<br />

also sämtliche<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse<br />

fortwährend zu revolutionieren.<br />

Unverän<strong>der</strong>te Beibehaltung <strong>der</strong><br />

alten Produktionsweise war<br />

dagegen die erste Existenzbedingung<br />

aller früheren industriellen<br />

Klassen. Die fortwährende<br />

Umwälzung <strong>der</strong> Produktion, die<br />

ununterbrochene Erschütterung<br />

aller gesellschaftlichen Zustände,<br />

die ewige Unsicherheit und<br />

Bewegung zeichnet die Bourgeoisepoche<br />

vor allen an<strong>der</strong>en<br />

aus. Alle festen eingerosteten<br />

Verhältnisse mit ihrem Gefolge<br />

von altehrwürdigen Vorstellungen<br />

und Anschauungen werden<br />

aufgelöst, alle neugebildeten<br />

veralten, ehe sie verknöchern<br />

können. Alles Ständische und<br />

Stehende verdampft, alles<br />

Heilige wird entweiht, und die<br />

Menschen sind endlich gezwungen,<br />

ihre Lebensstellung, ihre<br />

gegenseitigen Beziehungen mit<br />

nüchternen Augen anzusehen.<br />

...<br />

Die Bourgeoisie hat durch<br />

ihre Exploitation des Weltmarkts<br />

die Produktion und Konsumption<br />

aller Län<strong>der</strong> kosmopolitisch<br />

gestaltet. Sie hat zum großen<br />

Bedauern <strong>der</strong> Reaktionäre den<br />

nationalen Boden <strong>der</strong> Industrie<br />

unter den Füßen weggezogen.<br />

Die uralten nationalen Industrien<br />

sind vernichtet worden und<br />

werden noch täglich vernichtet.<br />

Sie werden verdrängt durch<br />

neue Industrien, <strong>der</strong>en Einführung<br />

eine Lebensfrage für alle<br />

zivilisierten Nationen wird,<br />

durch Industrien, die nicht mehr<br />

einheimische Rohstoffe, son<strong>der</strong>n<br />

den entlegensten Zonen angehörige<br />

Rohstoffe verarbeiten und<br />

<strong>der</strong>en Fabrikate nicht nur im<br />

Lande selbst, son<strong>der</strong>n in allen<br />

Weltteilen zugleich verbraucht<br />

werden. ...<br />

Arbeiterinnen waren auf dem<br />

Kongress durch die Delegierten<br />

Emma Ihrer und Clara Zetkin<br />

vertreten.<br />

Nach dem Fall des Sozialistengesetzes<br />

gab sich die Partei<br />

<strong>der</strong> deutschen Sozialdemokratie<br />

– inzwischen SPD genannt<br />

– 1891 in Erfurt ein neues<br />

revolutionäres Programm, in<br />

dem sie sich das erste Mal zur<br />

Befreiung und Emanzipation<br />

<strong>der</strong> Frau bekannte. Führende<br />

Sozialdemokratinnen und Gewerkschafterinnen<br />

wie Clara<br />

Zetkin, Emma Ihrer, Ottilie<br />

Ba<strong>der</strong>, Luise Zietz nahmen in<br />

den 90er Jahren die politische<br />

Organisation <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in die<br />

26 27<br />

Hand und Clara Zetkin erarbeitete<br />

die theoretische Position<br />

<strong>der</strong> Sozialdemokratie zur <strong>Frauen</strong>frage,<br />

die »<strong>Frauen</strong>emanzipationstheorie«.<br />

Diese Theorie<br />

begriff die <strong>Frauen</strong>frage als Teil<br />

<strong>der</strong> allgemeinen Arbeiterfrage,<br />

<strong>der</strong> allgemeinen sozialen Frage.<br />

Nach ihrer Theorie führt <strong>der</strong><br />

Weg <strong>der</strong> Frau gerade durch die<br />

Einbindung in den Produktionsprozess,<br />

durch die außerhäusliche<br />

Arbeit zur Befreiung.<br />

Die formale Gleichstellung <strong>der</strong><br />

Geschlechter bildet auf diesem<br />

Weg nur eine Etappe, das Ziel<br />

ist das Aufheben <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Ausbeutung bei<strong>der</strong><br />

Geschlechter, die gesellschaft-<br />

liche Umwälzung. Dieses Ziel<br />

kann nur durch den gemeinsamen<br />

Kampf <strong>der</strong> Arbeiter und<br />

<strong>der</strong> Arbeiterinnen, durch den<br />

proletarischen Klassenkampf<br />

ausgefochten werden.<br />

Mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong><br />

»Gleichheit«, »Zeitschrift für die<br />

Interessen <strong>der</strong> Arbeiterinnen«<br />

im Jahre 1892 stand unter <strong>der</strong><br />

Leitung von Clara Zetkin <strong>der</strong><br />

proletarischen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

viele Jahre hindurch ein eigenes<br />

Presseorgan hilfreich zur Seite.<br />

Mit dem internationalen <strong>Frauen</strong>tag,<br />

1911 das erste Mal begangen,<br />

wurde auch ein Kampftag<br />

für die sozialistischen <strong>Frauen</strong>for<strong>der</strong>ungen<br />

ins Leben gerufen.<br />

<strong>Frauen</strong>frage und<br />

soziale Frage<br />

Erster internationaler<br />

<strong>Frauen</strong>tag<br />

am 8. März 1911


Arbeitszimmer im Atelier <strong>der</strong> Fotografi n ( Foto Emilie Bieber )<br />

28 29<br />

Die »bürgerliche« <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

Zugleich kämpfte die bürgerliche<br />

<strong>Frauen</strong>bewegung vor allem<br />

für die Selbständigkeit und<br />

Mündigkeit von <strong>Frauen</strong>, die<br />

sie vor allem durch ein Recht<br />

auf Bildung und ein Recht<br />

auf Arbeit erreichen wollten.<br />

So gründete beispielsweise<br />

Louise Otto-Peters bereits 1849<br />

eine eigene politische <strong>Frauen</strong>-<br />

Zeitung. Die Vorreiterinnen <strong>der</strong><br />

bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

entstammten meist <strong>der</strong> bürgerlichen<br />

Mittel- und Oberschicht.<br />

Für sie galt die Heirat<br />

als unhinterfragte Pfl icht. Sie<br />

mussten sich zwar nicht um<br />

das tägliche Überleben sorgen,<br />

weil ihre Herkunftsfamilie o<strong>der</strong><br />

ihr Ehemann für ihre materielle<br />

Sicherheit sorgte, aber ihre<br />

sonstigen Entwicklungsmöglichkeiten<br />

waren sehr begrenzt.<br />

Berufl ich standen ihnen z. B.<br />

nur die Berufe als Gouvernante,<br />

Lehrerin o<strong>der</strong> Gesellschafterin<br />

offen. Ansonsten konnten sie<br />

nur heimlich über »standesgemäße«<br />

Näh-, Stick-, Häkel- und<br />

an<strong>der</strong>e Handarbeiten eigenes<br />

Geld verdienen.<br />

So schlossen sich 1865 erstmals<br />

in <strong>der</strong> deutschen <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>Frauen</strong> zusammen und gründeten<br />

während ihrer <strong>Frauen</strong>konferenz<br />

den »Allgemeinen Deutschen<br />

<strong>Frauen</strong>verein« dessen<br />

Ziel es war „die erhöhte Bildung<br />

des weiblichen Geschlechts und<br />

die Befreiung <strong>der</strong> weiblichen<br />

Arbeit von allen Hin<strong>der</strong>nissen<br />

zu erkämpfen“. Es wurden Industrie-<br />

und Handelsschulen für<br />

Mädchen, Arbeiterinnenschutz,<br />

Mutterschutz, Chancengleichheit<br />

im Beruf, gleicher Lohn für<br />

gleiche Arbeit, gleiche Gewerbefreiheit<br />

für <strong>Frauen</strong> und das<br />

<strong>Frauen</strong>wahlrecht gefor<strong>der</strong>t.<br />

Doch <strong>der</strong> Kampf um Gleichberechtigung<br />

war in dieser Zeit<br />

enorm schwer, weil <strong>Frauen</strong> politisch<br />

völlig rechtlos waren. Da<br />

sie vom öffentlichen Bildungssystem<br />

ausgeschlossen waren,<br />

mussten sie notwendiges Wissen<br />

autodidaktisch erwerben.<br />

Über eventuelles Vermögen o<strong>der</strong><br />

gar den Verdienst einer Ehefrau<br />

bestimmte nach dem damaligen<br />

deutschen Rechtssystem <strong>der</strong><br />

Mann. Um Än<strong>der</strong>ungen durchzusetzen,<br />

waren sie auf das Wohlwollen<br />

<strong>der</strong> Männer angewiesen.<br />

Erst 1872 wurden den – vorwiegend<br />

bürgerlichen – <strong>Frauen</strong><br />

weitere Berufsmöglichkeiten<br />

eröffnet. Es gab die ersten Kin<strong>der</strong>gärtnerinnenseminare<br />

und


Samariterinnen, 1870 – 1871 ( Foto Carl Friedrich Mylius )<br />

es erfolgte die Zulassung zum<br />

Bahn-, Post- und Telegraphendienst.<br />

In dieser Zeit entstanden<br />

auch private Handelslehrinstitute<br />

zur Vorbereitung auf eine gehobene<br />

kaufmännische Tätigkeit für<br />

<strong>Frauen</strong> und Gewerbe-, Telegraphen-<br />

und Sekretärinnen- sowie<br />

Koch- und Haushaltungsschulen.<br />

Insgesamt fanden in <strong>der</strong><br />

sog. bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

unterschiedliche Strömungen<br />

ihre Heimat. Es gab <strong>Frauen</strong>,<br />

die eine Politik <strong>der</strong> Gleichheit<br />

<strong>der</strong> Menschen bei<strong>der</strong>lei Geschlechts<br />

betonten und es gab<br />

<strong>Frauen</strong>, die eher die Differenz<br />

<strong>der</strong> Geschlechter und ihre Unterschiede<br />

deutlich machen<br />

wollten. Es gab innerhalb <strong>der</strong><br />

bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

sozusagen einen gemäßigten<br />

und einen radikalen Flügel.<br />

30 31<br />

Im Vergleich bleibt festzustellen,<br />

dass die bürgerliche<br />

und die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

bei ihrem Kampf<br />

von gegensätzlichen Grundauffassungen<br />

ausgingen und<br />

durchaus auch unterschiedliche<br />

Ziele verfolgten. Während es<br />

den proletarischen <strong>Frauen</strong> eher<br />

um Schutz vor zu viel Arbeit<br />

ging, ging es <strong>der</strong> bürgerlichen<br />

Frau um die »standesgemäße«<br />

Zulassung zu Berufen. Für die<br />

proletarische Frau war eine<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Produktionsverhältnisse<br />

( Revolution ) Voraussetzung<br />

für Emanzipation,<br />

während für die bürgerliche<br />

Frau die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geschlechterrollen<br />

innerhalb <strong>der</strong><br />

bestehenden gesellschaftlichen<br />

Bedingungen im Vor<strong>der</strong>grund<br />

stand.<br />

Gemäßigte und<br />

Radikale


32 33<br />

„Die Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen erziehen“<br />

Der steinige Weg <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />

<strong>Frauen</strong>organisation vor dem 1. Weltkrieg<br />

Das deutsche Reich stand an<br />

<strong>der</strong> Schwelle seiner Entwicklung<br />

zu einer imperialistischen Wirtschaftsmacht,<br />

als Anfang <strong>der</strong><br />

90er Jahre des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

die großen gewerkschaftlichen<br />

Zentralverbände entstanden,<br />

darunter 1891 <strong>der</strong> Deutsche<br />

<strong>Metall</strong>arbeiter Verband ( DMV )<br />

und <strong>der</strong> Zentralverband deutscher<br />

Textilarbeiter ( DTAV ). 1893<br />

wurde <strong>der</strong> Holzarbeiter-Verband<br />

gegründet. In <strong>der</strong> Wirtschaftskrise<br />

jener Jahre waren sie<br />

genötigt, ihre Mitglie<strong>der</strong>zahl zu<br />

erweitern und so öffneten sie,<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger überzeugt,<br />

auch für <strong>Frauen</strong> ihre Tore. Den<br />

größten Zuwachs an weiblichen<br />

Mitglie<strong>der</strong>n verzeichnete <strong>der</strong><br />

Textilarbeiterverband, schon<br />

1912 mit einem fast 39-prozentigen<br />

<strong>Frauen</strong>anteil. Im Jahr 1913<br />

standen 54.846 organisierte<br />

Textilarbeiterinnen 27.971 <strong>Frauen</strong><br />

in dem Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verband<br />

( DMV ) gegenüber;<br />

im Verhältnis zu <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>mitgliedschaft<br />

<strong>der</strong> übrigen<br />

Gewerkschaftsverbände immer<br />

noch eine ansehnliche Zahl. Sie<br />

machte jedoch nur 5 Prozent <strong>der</strong><br />

Mitgliedschaft des auch schon<br />

in <strong>der</strong> damaligen Zeit größten<br />

Einzelverbandes aus.<br />

Der Eintritt <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in<br />

Gewerkschaften war zum damaligen<br />

Zeitpunkt nur möglich,<br />

wenn letztere als politisch, d. h.<br />

parteipolitisch als »neutral« galten.<br />

Schon eine Gewerkschaftsversammlung,<br />

auf <strong>der</strong> nach Meinung<br />

des überwachenden Polizisten<br />

politische Themen erörtert<br />

wurden, konnte wegen <strong>Frauen</strong>beteiligung<br />

aufgelöst werden.<br />

Die Gewerkschaftsverbände, um<br />

die es hier geht, standen zwar<br />

<strong>der</strong> SPD nahe, nannten sich<br />

aber, um ihre Selbstständigkeit<br />

zu demonstrieren und um sich<br />

auch gegenüber <strong>der</strong> 1899 gegründeten<br />

christlichen Gewerkschaftsbewegung<br />

abzugrenzen<br />

»frei«.<br />

Die führenden Gewerkschafterinnen<br />

wie Emma Ihrer,<br />

Paula Thiede, Wilhelmine Kähler,<br />

Ida Altmann, Martha Tietz, die<br />

offensiv die Auffassung <strong>der</strong> proletarischen<br />

<strong>Frauen</strong>emanzipation<br />

vertraten und die Solidarität <strong>der</strong><br />

männlichen Arbeiter einfor<strong>der</strong>ten,<br />

mussten gegen große Wi<strong>der</strong>stände<br />

ankämpfen. Verbündete<br />

hatten sie nur in wenigen<br />

Kollegen, so in <strong>der</strong> Person des<br />

Vorsitzenden des Dachverbandes<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften, <strong>der</strong><br />

Generalkommission, Karl Legien.<br />

Mit seiner Unterstützung wurden<br />

1904 eine <strong>Frauen</strong>agitationskommission<br />

und 1905 das<br />

Arbeiterinnensekretariat bei <strong>der</strong><br />

Generalkommission gerade zur<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Werbung weiblicher<br />

Mitglie<strong>der</strong> eingerichtet.<br />

Erklärungen für den immer<br />

wie<strong>der</strong> beklagten unzureichenden<br />

Agitationserfolg wurden in<br />

<strong>der</strong> weiblichen Natur gesucht.<br />

Gängig war die Ansicht, <strong>Frauen</strong><br />

seien zu emotional, würden die<br />

gewerkschaftliche Organisation<br />

zu gefühlsmäßig betrachten, ließen<br />

sich leicht vom politischen<br />

Gegner beeinfl ussen.<br />

Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

bedeutete damals nicht nur<br />

die Vermittlung von Organisationskenntnissen,<br />

son<strong>der</strong>n auch<br />

die Vermittlung von ökonomischen<br />

Zusammenhängen sowie<br />

Erste Organisationsformen<br />

<strong>Frauen</strong> gehen in<br />

die Offensive


„Die Arbeite-<br />

rinnen zu höheren<br />

Lebensansprüchen<br />

erziehen“<br />

das Infragestellen anerzogener<br />

Denkweisen über die Rollenverteilung<br />

<strong>der</strong> Geschlechter und<br />

die Stärkung weiblicher Selbstwertschätzung.GewerkschaftsfunktionärInnen<br />

führten den<br />

geringen gewerkschaftlichen<br />

Organisationsgrad bei den Arbeiterinnen<br />

u. a. auf ihre geringe<br />

Berufsidentifi kation zurück. Die<br />

Arbeiten, die ihnen zugemutet<br />

wurden, waren so stumpfsinnig<br />

und belastend, dass die große<br />

Mehrheit <strong>der</strong> Arbeiterinnen einen<br />

Ausweg in <strong>der</strong> Ehe sahen.<br />

Mit <strong>der</strong> Heirat erhofften sie ihren<br />

miserablen Arbeitsbedingungen<br />

Demonstration zum ersten Internationalen <strong>Frauen</strong>tag in Berlin 1911<br />

zu entfl iehen. Diese Hoffnung<br />

auf eheliche Versorgung hin<strong>der</strong>te<br />

viele von ihnen daran, sich<br />

für bessere Arbeitsbedingungen<br />

einzusetzen.<br />

Berufsidentifi kation, Interessen<br />

an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Arbeiterverhältnisse<br />

und Interesse<br />

an <strong>der</strong> gewerkschaftlichen Organisation<br />

sind – wie Ida Altmann<br />

und Karl Legien verschiedentlich<br />

ausführten – miteinan<strong>der</strong> eng<br />

verknüpft.<br />

„Wir müssen die Organisierung<br />

<strong>der</strong> Arbeiterinnen unter<br />

dem Gesichtswinkel betrachten,<br />

dass wir verpfl ichtet sind, die<br />

Arbeiterinnen zu höheren Le-<br />

bensansprüchen zu erziehen“<br />

charakterisierte Martha Hoppe<br />

vom Textilarbeiterverband<br />

1911 die Aufgabe. Die Doppelbelastung<br />

durch Lohnerwerb<br />

und Haushalt, ebenfalls ein<br />

entscheidendes Hin<strong>der</strong>nis von<br />

gewerkschaftlichen <strong>Frauen</strong>aktivitäten,<br />

kam hier gar nicht zur<br />

Sprache.<br />

1907 und 1908 wurden im<br />

Textilarbeiterverband mit Unterstützung<br />

<strong>der</strong> »Gleichheit« im<br />

ganzen Verbandsgebiet Hausagitationskampagnendurchgeführt.<br />

In dieser Gewerkschaft<br />

sind vor dem 1. Weltkrieg auf <strong>der</strong><br />

Ebene <strong>der</strong> Landesverbände auch<br />

schon Arbeiterinnenkonferenzen<br />

abgehalten worden.<br />

Mit <strong>der</strong> Erfahrung, dass<br />

die <strong>Frauen</strong>agitation beson<strong>der</strong>s<br />

durch den Einsatz von Kolleginnen<br />

Erfolg verspricht, tat<br />

man sich im DMV beson<strong>der</strong>s<br />

schwer. 1905 wurde ein Antrag<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsstelle Solingen<br />

zur Ernennung von weiblichen<br />

Vertrauenspersonen als Beschwerdestellen<br />

für die Fabrik-<br />

und Heimarbeiterinnen nur als<br />

Material an den Vorstand überwiesen.<br />

1909 gab es schließlich<br />

beim DMV in <strong>der</strong> Berliner Ortsverwaltung<br />

den ersten Versuch<br />

einer institutionalisierten gewerkschaftlichen<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit.<br />

Durch die Initiative von Berliner<br />

Vertrauensfrauen wurde mit<br />

Zustimmung <strong>der</strong> Ortsverwaltung<br />

eine Arbeiterinnenkommission<br />

gegründet, die aus drei Männern<br />

und vier <strong>Frauen</strong> bestand.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> weiblichen Mitglie<strong>der</strong><br />

ist von 3.564 Ende 1908 auf<br />

4.222 Ende 1909 und sogar auf<br />

34 35<br />

8000 im Jahre 1911 gestiegen.<br />

Das war etwa ein Viertel <strong>der</strong><br />

damals in Berlin beschäftigten<br />

<strong>Metall</strong>arbeiterinnen. Unterstützt<br />

wurde die Arbeit <strong>der</strong> Kommission<br />

von 250 weiblichen »Werkstattvertrauenspersonen«.<br />

Aufgrund ihrer erfolgreichen<br />

Arbeit wurde die Arbeiterinnenkommission<br />

gegen Ende des<br />

Krieges innerhalb <strong>der</strong> Verwaltungsstelle<br />

aufgewertet. Es<br />

wurde eine »Beratungsstelle für<br />

Arbeiterinnenfragen« eingerichtet<br />

und im Oktober beschloss<br />

die Arbeiterinnenkommission<br />

allgemeine Leitsätze, in denen<br />

die Tätigkeit und Aufgabenbereiche<br />

<strong>der</strong> Kommission näher<br />

beschrieben wurden. Zu den<br />

selbständig zu bearbeitenden<br />

Aufgabengebieten gehörten <strong>der</strong><br />

Arbeiterinnenschutz, <strong>der</strong> Ausbau<br />

hygienischer Einrichtungen<br />

in den Betrieben, die mündliche<br />

und schriftliche Agitationsarbeit<br />

unter Arbeiterinnen, die Veranstaltung<br />

von Vorträgen und<br />

Informationsveranstaltungen<br />

für Arbeiterinnen. In Fragen<br />

<strong>der</strong> Lohn- und Arbeitsbedin-<br />

gungen war die Zusammenarbeit<br />

mit den Branchen- und<br />

Bezirksleitungen vorgesehen.<br />

Bei Lohnbewegungen sollte<br />

die Arbeiterinnenkommission<br />

konsultiert werden. Darüber<br />

hinaus wurde eine Wahlordnung<br />

für die Kommission beschlossen,<br />

die die jährliche Wahl <strong>der</strong><br />

Kommissionsmitglie<strong>der</strong> durch<br />

die weiblichen Mitglie<strong>der</strong> auf<br />

Vorschlag <strong>der</strong> weiblichen Vertrauenspersonen<br />

festschrieb.<br />

Die Interessenvertretung <strong>der</strong><br />

Arbeiterinnen wurde weiter<br />

dadurch aufgewertet, dass im<br />

Herbst 1918 erstmals die Stelle<br />

einer Gewerkschaftssekretärin<br />

für <strong>Frauen</strong>fragen in <strong>der</strong> Berliner<br />

Ortsverwaltung ausgeschrieben<br />

wurde. Damit erhielten die<br />

Arbeiterinnen endlich Sitz und<br />

Stimme in <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />

<strong>der</strong> Ortsverwaltung. Die<br />

Stelle <strong>der</strong> Arbeiterinnensekretärin<br />

wurde allerdings erst am<br />

15.6.1919 mit Frieda Gladosch<br />

besetzt.<br />

Erst Ende <strong>der</strong> 20er Jahr folgten<br />

an<strong>der</strong>e Verwaltungsstellen<br />

dem Berliner Beispiel. Eine<br />

Beratungssstelle<br />

für Arbeiterinnenfragen<br />

Sitz und Stimme<br />

für Arbeiterinnen


wichtige Rolle spielte in diesem<br />

Zusammenhang ein von aktiven<br />

<strong>Frauen</strong> initiierter parteiübergreifen<strong>der</strong><br />

Antrag zum Gewerkschaftstag<br />

1921, in welchem<br />

ausdrücklich die Gründung von<br />

<strong>Frauen</strong>agitationskommissionen<br />

in Verwaltungsstellen mit<br />

<strong>Metall</strong>arbeiterinnen verlangt<br />

wurde.<br />

Die For<strong>der</strong>ungen „gleicher<br />

Lohn für gleiche Leistung“, und<br />

„gleiches Recht <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> auf<br />

Arbeit“ gehörten zwar prinzipiell<br />

zum Grundfor<strong>der</strong>ungskatalog<br />

<strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> freien<br />

Gewerkschaften, wurden aber in<br />

den gewerkschaftlichen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

in <strong>der</strong> Praxis<br />

kaum thematisiert.<br />

Die gewerkschaftlichen<br />

Bemühungen um den <strong>Frauen</strong>arbeitsschutz<br />

schienen nicht nur<br />

einem wirklich notwendigem<br />

Schutz <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> zu dienen,<br />

son<strong>der</strong>n verfolgten u.a. wohl<br />

auch das Ziel, <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

möglichst einzuschränken. Gewerkschaftliche<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit<br />

wurde – nicht nur im DMV – als<br />

Randproblem angesehen.<br />

Als Delegierte an den<br />

Verbandstagen und an den<br />

zentralen Gewerkschaftskongressen<br />

waren nur wenige <strong>Frauen</strong><br />

vertreten. In dieser Hinsicht<br />

war die Situation auch im Textilarbeiterverband<br />

nicht besser.<br />

Hier waren weibliche Delegierte<br />

an den Verbandskongressen,<br />

außer dem Gründungskongress<br />

1891, überhaupt nicht anwesend.<br />

Nach 1899 war bis zum 1.<br />

Weltkrieg auch in <strong>der</strong> Generalkommission<br />

keine Frau mehr<br />

vertreten. Auch im Holzarbeiterverband<br />

hatten Funktionärinnen<br />

eher Seltenheitswert. Trotzdem<br />

war es bis 1913 gelungen, jede<br />

fünfte Holzarbeiterin zu organisieren,<br />

wobei es erschwerend<br />

hinzukam, dass ein Viertel von<br />

ihnen, nämlich 40.000, Heimarbeit<br />

leisteten.<br />

36 37<br />

Hauptsache, die Männer sind organisiert<br />

Die Problematik <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

zwang die Organisationen<br />

über das berufl iche Feld hinaus<br />

gesellschaftliche Zusammenhänge<br />

in Augenschein zu nehmen,<br />

und Verhaltensweisen, die<br />

genau diese Zusammenhänge<br />

verschleierten, in Frage zu stellen.<br />

Die Mehrheit <strong>der</strong> männlichen<br />

Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

war allerdings – aus Überzeugung<br />

o<strong>der</strong> aus Bequemlichkeit<br />

– <strong>der</strong> Ansicht, dass »die Frau ins<br />

Haus« gehöre. Es gelang <strong>der</strong><br />

sozialistischen Theorie <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>befreiung<br />

nicht, den Arbeitern<br />

bewusst zu machen, dass sie<br />

die Geschäfte <strong>der</strong> Unternehmer<br />

besorgten, wenn sie den vom<br />

Kapitalisten ausgespielten Gegensatz<br />

von Männer- und <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

auch in die Arbeiterbewegung<br />

hineintrugen.<br />

Bezeichnendes Licht auf<br />

das Verhalten vieler Gewerkschafter<br />

wirft eine Resolution,<br />

die zwischen 1905 und 1926<br />

auf verschiedenen Gewerkschaftskongressen<br />

immer wie<strong>der</strong><br />

auftauchte. Darin sollten<br />

Männer verpfl ichtet werden,<br />

ihre erwerbstätigen <strong>Frauen</strong> und<br />

weiblichen Angehörigen gewerkschaftlich<br />

zu organisieren.<br />

Engagement und Kreativität<br />

bei <strong>der</strong> Werbung weiblicher Mitglie<strong>der</strong><br />

setzte indes zunächst<br />

einmal voraus, dass die männliche<br />

Mehrheit die Arbeiterinnen<br />

wirklich integrieren wollte.<br />

Zweifellos wurde die gewerkschaftliche<br />

Verhandlungsmacht<br />

gegenüber den Unternehmern<br />

gestärkt, wenn möglichst viele<br />

Arbeitskräfte, also auch Arbeiterinnen<br />

organisiert waren.<br />

Die Beseitigung <strong>der</strong> von den<br />

Männern immer wie<strong>der</strong> beklagten<br />

»Schmutzkonkurrenz« <strong>der</strong><br />

billigeren weiblichen Arbeitskräfte<br />

war einfacher, wenn die<br />

Arbeiterinnen sich aktiv für die<br />

Verbesserung ihrer Lohnbedingungen<br />

einsetzten und mit <strong>der</strong><br />

Gewerkschaft an einem Strang<br />

zogen. Problematisch war aber,<br />

dass viele Männer nicht nur<br />

die Konkurrenz <strong>der</strong> billigeren<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit, son<strong>der</strong>n generell<br />

die Konkurrenz weiblicher<br />

Arbeit in ihrem Erwerbssektor<br />

fürchteten, und diese daher am<br />

liebsten abgeschafft gesehen<br />

hätten.<br />

Durch die Statutenberatungen<br />

( neudeutsch: Beratung <strong>der</strong><br />

Satzung ) auf den Verbandstagen<br />

( neudeutsch: Gewerkschaftstagen<br />

) des DMV zog sich jahrelang<br />

immer wie<strong>der</strong> die gleiche Diskussion<br />

über das Pro und Contra<br />

einer Staffelung <strong>der</strong> Beiträge.<br />

Grundsätzlich wären Staffelungen<br />

nach vielen Kriterien, z. B.<br />

Verdienst, Qualifi kation, Alter<br />

o<strong>der</strong> Ausbildungsstand, denkbar<br />

gewesen. Doch bei <strong>der</strong> letztlich<br />

verabschiedeten Staffelung<br />

setzte sich vor allem das Kriterium<br />

Geschlecht durch. Den<br />

<strong>Frauen</strong> waren nur bestimmte<br />

Beitragsklassen zugänglich.<br />

Die Klasse 1 blieb ihnen grundsätzlich<br />

versperrt. Die Kollegen<br />

befürchteten zu hohe Unterstützungszahlungen<br />

an <strong>Frauen</strong>. Doch<br />

die Regelung hatte nicht nur<br />

Konsequenzen im Hinblick auf<br />

die Unterstützungsleistungen, da<br />

diese an die Höhe des Beitrages<br />

gekoppelt waren, es sorgte auch<br />

eindeutig für Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

erster und zweiter Klasse.<br />

<strong>Frauen</strong> als<br />

»Schmutzkonkurrenz«


Beitragsregelun-<br />

gen in den Statu-<br />

ten des Deutschen<br />

<strong>Metall</strong>arbeiter<br />

Verbandes<br />

Im Vorfeld des Verbandstages<br />

1907 kritisierte die<br />

Berlinerin Auguste Kadeit in<br />

einem langen Artikel in <strong>der</strong><br />

<strong>Metall</strong>arbeiter-Zeitung die diskriminierende<br />

Beitragspraxis<br />

ihrer Organisation: „Wenn die<br />

Staffelung entlang <strong>der</strong> Geschlechterlinie<br />

auch sehr einfach<br />

und bequem ist, so ist sie<br />

keineswegs gerecht und entspricht<br />

auch nicht <strong>der</strong> Stellung,<br />

die die Frau im wirtschaftlichen<br />

Leben einnimmt. Die Annahme,<br />

daß eine Arbeiterin immer nur<br />

halb soviel gilt als ein Arbeiter,<br />

ist rein willkürlich und fi ndet in<br />

dem heutigen kapitalistischen<br />

38 39<br />

Wirtschaftssystem keine Begründung<br />

... Das Heer <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiter<br />

und -arbeiterinnen<br />

besteht aus wirtschaftlich Stärkeren<br />

und Schwächeren, doch<br />

auch hier sind es keineswegs<br />

die <strong>Frauen</strong> allein, die <strong>der</strong> letzten<br />

Klasse zugeteilt werden können,<br />

im Gegenteil: In einzelnen<br />

Branchen und in verschiedenen<br />

Gegenden Deutschlands werden<br />

an Kollegen, auch an gelernte,<br />

so niedrige Löhne bezahlt,<br />

daß sie mit den ihren Berliner<br />

Kolleginnen gewährten Löhnen<br />

tauschen könnten, ohne ein<br />

schlechtes Geschäft dabei zu<br />

machen.“ ...<br />

„Der Organisation<br />

als solcher soll das Geschlecht<br />

<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> genau so gleichgültig<br />

sein, wie dem Kapitalismus<br />

das Geschlecht <strong>der</strong> Arbeitenden<br />

gleichgültig ist. Wie<br />

dieser nur mit <strong>der</strong> Billigkeit <strong>der</strong><br />

Ware Arbeitskraft rechnet, so<br />

hat die Organisation nur mit <strong>der</strong><br />

wirtschaftlichen Lage <strong>der</strong>er zu<br />

rechnen, die sie in ihren Bannkreis<br />

einbeziehen will. Bedingt<br />

die wirtschaftliche Lage <strong>der</strong> zu<br />

organisierenden Arbeitermasse<br />

eine Staffelung <strong>der</strong> Verbandsbeiträge<br />

und Gegenleistungen,<br />

so darf diese nicht nach dem<br />

Geschlecht vorgenommen werden.“<br />

„Eine Arbeiterin<br />

gilt immer nur<br />

halb so viel wie<br />

ein Arbeiter“


Streik für den 10-Stundentag in Crimmitschau 1903 – 1904<br />

40 41<br />

Der Arbeitskampf als Festakt<br />

Obwohl viele Gewerkschafter in<br />

den Arbeiterinnen Streikbrecher<br />

witterten, zeigte sich, dass die<br />

weiblichen Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit den Arbeitgebern ebenso<br />

wenig scheuten wie ihre männlichen<br />

Kollegen, und beispielsweise<br />

zwischen 1904 und 1910<br />

an Streiks in fast gleichem Maße<br />

wie die Männer teilgenommen<br />

haben. Beson<strong>der</strong>s groß war <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>anteil bei Arbeitseinstellungen<br />

in <strong>der</strong> Bekleidungs- und<br />

Textilbranche. 1896 in dem großen<br />

Konfektionsarbeiterstreik<br />

erkämpften Heimnäherinnen<br />

das erste Mal Lohnerhöhung<br />

und gewisse Verbesserung <strong>der</strong><br />

Arbeitsbedingungen. Manche<br />

Streiks führten die Arbeiterinnen<br />

mit Erfolg alleine, wie die<br />

Isenburger Wäscherinnen 1897,<br />

die nach 7 Wochen Ausstand<br />

eine Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung<br />

erreichten und<br />

mit ihrem Beispiel sogar viele<br />

<strong>Frauen</strong> zum Organisationseintritt<br />

bewegten. Im Nürnberger<br />

Feingoldschlägergewerbe führte<br />

1899 ein 13 Wochen dauern<strong>der</strong><br />

Streik ebenfalls dazu, dass ca.<br />

400 Arbeiterinnen Mitglied wurden.<br />

1903 im großen Streik <strong>der</strong><br />

Crimmitschauer Textilarbeiter<br />

für den 10-Stunden-Tag, in dem<br />

die Streikenden trotz Aussperrung,<br />

Polizeischikanen und<br />

Belagerungszustand 23 Wochen<br />

lang durchgehalten haben,<br />

waren mehr als die Hälfte <strong>der</strong><br />

Beteiligten <strong>Frauen</strong>. Am 17. Januar<br />

1904 wurde <strong>der</strong> Arbeitskampf<br />

wegen fehlen<strong>der</strong> Mittel <strong>der</strong><br />

Verbandsführung ohne Erfolg<br />

abgebrochen. Am folgenden<br />

Tag ließ eine Gruppe <strong>der</strong> Streikteilnehmerinnen<br />

als feierliche<br />

Bekräftigung ihres solidarischen<br />

Zusammenhalts in vollem Sonntagsstaat<br />

ein Erinnerungsfoto<br />

anfertigen.<br />

Im Mai 1907 wurden 60<br />

Prozent <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiter im<br />

Rhein-Main-Gebiet ausgesperrt.<br />

Die nicht Ausgesperrten erklärten<br />

sich massenhaft solidarisch.<br />

In den Frankfurter Lahmeyer-<br />

Werken verlangte die Direktion,<br />

zwecks Einschüchterung, von<br />

den Beschäftigten die persönliche<br />

Kündigung, die sie mit Einmütigkeit<br />

auch vollzogen haben.<br />

Am 29. Mai um 16 Uhr begann <strong>der</strong><br />

Ausmarsch <strong>der</strong> Arbeiter durch<br />

das Fabriktor. „Den schönsten<br />

Eindruck machten“ – nach einem<br />

Bericht <strong>der</strong> »Volksstimme« – „die<br />

etwa 80 Arbeiterinnen, die sich<br />

ebenfalls mit ihren Kollegen solidarisch<br />

erklärten. Sie hatten sich,<br />

wie es schien, zu Ehren des Tages<br />

beson<strong>der</strong>s geputzt. Die meisten<br />

trugen weiße Blusen und rote<br />

Krawatten. Um 6 Uhr hatten die<br />

etwa 2.400 Arbeiter und Arbeiterinnen<br />

die gewaltigen Fabrikräume<br />

vollständig geräumt.“


<strong>Frauen</strong>arbeit im I. Weltkrieg: Herstellung von Granaten<br />

42 43<br />

„ … bis zur Erschöpfung in den Dienst des Vaterlandes“<br />

– <strong>Frauen</strong>arbeit im Ersten Weltkrieg<br />

Nach dem Ausbruch des Ersten<br />

Weltkrieges am 2. August 1914<br />

brachen die Führer <strong>der</strong> deutschen<br />

Arbeiterbewegung mit <strong>der</strong><br />

internationalistischen Tradition<br />

des Antimilitarismus. Die reformistischen,<br />

den kapitalistischen<br />

Staat bejahenden Kräfte gewannen<br />

Oberhand. Die Gewerkschaftsführung<br />

hatte alle Streiks<br />

abgesagt, die SPD-Fraktion<br />

des Reichstages stimmte den<br />

Kriegskrediten für das Deutschland<br />

des Kaiser Wilhelms zu. Der<br />

»Burgfrieden« war an die Stelle<br />

des Klassenkampfes getreten.<br />

Zur gleichen Zeit, am 4. August<br />

1914, wurde durch das »Notgesetz«<br />

<strong>der</strong> bis dahin geltende<br />

Arbeiterinnenschutz praktisch<br />

aufgehoben. Nachtarbeit und<br />

Sonntagsarbeit wurden wie<strong>der</strong><br />

möglich. Mit <strong>der</strong> Einberufung<br />

Hun<strong>der</strong>ttausenden von Männern<br />

an die Front wurde die Berufsarbeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> plötzlich zu einer<br />

»segensreichen« Tätigkeit.<br />

Die <strong>Frauen</strong> wurden mit indirekten<br />

Zwangsmitteln in die<br />

Kriegsproduktion verpfl ichtet;<br />

unter ihnen viele wegen des<br />

Krieges arbeitslos gewordene<br />

Arbeiterinnen <strong>der</strong> Textil- und<br />

Bekleidungsindustrie. Während<br />

<strong>der</strong> Kriegsjahre erreichte <strong>der</strong><br />

Beschäftigungsanteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />

in <strong>der</strong> Industrie fast 50 Prozent.<br />

In beson<strong>der</strong>s hohem Maße stieg<br />

<strong>der</strong> weibliche Arbeitseinsatz in<br />

<strong>der</strong> Maschinen-, <strong>Metall</strong>- und<br />

Elektroindustrie. Es gab kaum<br />

noch Berufe, in denen <strong>Frauen</strong>,<br />

durch verschiedene Anlernprogramme<br />

befähigt, nicht an die<br />

Stelle <strong>der</strong> Männer getreten wären.<br />

Im Januar 1918 arbeiteten<br />

über 4 Millionen <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />

Kriegswirtschaft.<br />

Die lange Arbeitszeit ( 11<br />

bis 12 Stunden ), <strong>der</strong> fehlende<br />

Arbeitsschutz und die mangelhafte<br />

Ernährung bewirkten am<br />

physischen und psychischen<br />

Zustand <strong>der</strong> Arbeiterinnen einen<br />

beispiellosen Raubbau. Schwere<br />

und schwerste Betriebsunfälle<br />

waren an <strong>der</strong> Tagesordnung.<br />

Die Gewerkschaften, darunter<br />

<strong>der</strong> DMV, haben zwar zahlreiche<br />

Petitionen und Eingaben, die<br />

Arbeitsbedienungen <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

betreffend, verfasst,<br />

insgesamt behandelten sie<br />

diese Probleme aber defensiv.<br />

Eine 1917 vom DMV über die<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie<br />

veröffentlichte Erhebung<br />

beschuldigte hauptsächlich die<br />

<strong>Metall</strong>arbeiterinnen, dass sie<br />

infolge ihrer Organisationsferne<br />

die katastrophalen Zustände<br />

selbst heraufbeschworen.<br />

In <strong>der</strong> Wirklichkeit war die<br />

Zahl <strong>der</strong> dem DMV angeschlossenen<br />

Arbeiterinnen seit 1916 im<br />

Wachsen begriffen, während die<br />

Zahl <strong>der</strong> organisierten <strong>Metall</strong>arbeiter<br />

infolge des Kriegsdienstes<br />

in den Kriegsjahren auf den<br />

Stand von Anfang des Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

gesunken war.<br />

Beson<strong>der</strong>e Fürsorge wandte<br />

<strong>der</strong> DMV-Verbandstag 1915 auf<br />

die Schaffung einer gewerkschaftlichen<br />

<strong>Frauen</strong>zeitung, die<br />

das erste Mal am 1. Januar 1916<br />

erschienen ist. Die Spitze dieses<br />

Manövers richtete sich jedoch<br />

gegen die von Klara Zetkin redigierte<br />

„Gleichheit“, welche die<br />

kriegsstützenden Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> Gewerkschaftsvorstände<br />

unablässig kritisierte.


I. Weltkrieg: <strong>Frauen</strong> in Arbeitskleidung in einer Kokerei in Essen<br />

Die wachsende Antikriegsbewegung<br />

hat auch die Gewerkschaften<br />

nicht ausgespart.<br />

Neben dem Schuh- und dem<br />

Textilarbeiterverband regte sich<br />

gerade im DMV eine starke Opposition.<br />

Auf dem politischen<br />

Gebiet wurde die 1917 aus <strong>der</strong><br />

SPD ausgeschiedene linke<br />

sozialistische Partei, die Unabhängige<br />

Sozialdemokratische<br />

Partei Deutschlands ( USPD )<br />

44 45<br />

Träger <strong>der</strong> Protestbewegung.<br />

Die Unzufriedenheit <strong>der</strong> ausgepressten<br />

Arbeiterschaft entlud<br />

sich im April 1917 und im Januar<br />

1918 schließlich in den viele<br />

Hun<strong>der</strong>ttausende umfassenden<br />

politischen Massenstreiks<br />

<strong>der</strong> Rüstungsarbeiter für Brot<br />

und Frieden. Ein großer Teil<br />

<strong>der</strong> Streikenden rekrutierte<br />

sich aus <strong>Frauen</strong>, die durch<br />

die kriegsbedingte Berufser-<br />

fahrung selbstbewusster und<br />

politischer geworden sind.<br />

Ein ausgesprochener »<strong>Frauen</strong>streik«<br />

war die Erhebung von<br />

rund 1700 Arbeiterinnen <strong>der</strong><br />

Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik<br />

in Berlin-Wittenau,<br />

die vom 17. bis zum 22. August<br />

1918 dauerte. Vom DMV wurden<br />

diese Streiks als politische Ausstände<br />

we<strong>der</strong> anerkannt noch<br />

unterstützt.<br />

<strong>Frauen</strong> gegen den<br />

Krieg


Keine Lehre für<br />

junge <strong>Frauen</strong><br />

Berufsausbildung<br />

Bis um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />

bezogen die wachsenden industriellen<br />

Großbetriebe zu einem<br />

großen Teil ihre qualifi zierten<br />

Arbeitskräfte aus dem Handwerk.<br />

Facharbeiter war <strong>der</strong>jenige,<br />

<strong>der</strong> in einem kleingewerblichen<br />

Handwerksbetrieb in einer<br />

mehrjährigen Lehrzeit zum Gesellen<br />

ausgebildet worden war.<br />

Hierzu gehörten beispielsweise<br />

Schlosser, Schmiede, Former,<br />

Dreher o<strong>der</strong> Mechaniker. Die<br />

Lehre folgte keinem systematischen<br />

Plan, son<strong>der</strong>n war<br />

eher gleichzusetzen mit einem<br />

allmählichen Hineinwachsen in<br />

den Beruf durch die praktische<br />

Tätigkeit unter Anleitung des<br />

Meisters.<br />

Bis in das 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

hinein war eine fest strukturierte<br />

Lehrlingsausbildung nur<br />

in relativ wenigen Betrieben<br />

entwickelt. Dort, wo sich In-<br />

dustriebetriebe selbst um die<br />

Ausbildung eigener Lehrlinge<br />

kümmerten, folgte diese Ausbildung<br />

dem bekanntem handwerklichen<br />

Muster. Da diese<br />

handwerkliche Ausbildung <strong>der</strong><br />

industriellen Fertigung nicht<br />

gerecht wurde, mussten die so<br />

ausgebildeten Facharbeiter im<br />

Betrieb zunächst einmal erneut<br />

»angelernt« werden. Diese Art<br />

<strong>der</strong> Ausbildung war für die Betriebe<br />

nicht wirklich rentabel,<br />

so dass bereits 1892 die ersten<br />

industriellen Lehrwerkstätten<br />

gegründet wurden. 1926 gab es<br />

bereits 67 industrielle Lehrwerkstätten,<br />

davon gehörten 60 zur<br />

<strong>Metall</strong>industrie.<br />

<strong>Frauen</strong> wurde im allgemeinen<br />

<strong>der</strong> Zugang zu einer Lehre<br />

im <strong>Metall</strong>sektor – sei es im<br />

Handwerk o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Industrie<br />

– verwehrt. Ihre Qualifi kationsmöglichkeiten<br />

lagen vor allem<br />

im Bereich <strong>der</strong> sogenannten angelernten<br />

Arbeit in <strong>der</strong> Industrie.<br />

Erst <strong>der</strong> erste Weltkrieg und<br />

<strong>der</strong> damit verbundene Facharbeitermangel<br />

zwang die Unternehmen,<br />

stärker auch auf <strong>Frauen</strong><br />

zurückzugreifen. Die Ausbildung<br />

weiblicher Arbeitskräfte in<br />

<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie nahm höchst<br />

unterschiedliche Formen an.<br />

Auf jeden Fall war sie, wenn die<br />

Ausbildungsdauer zum Maßstab<br />

gemacht wird, nicht mit einer regelrechten<br />

Lehrlingsausbildung<br />

gleichzusetzen. Schon eine<br />

zweijährige Lehrzeit, wie sie in<br />

<strong>der</strong> Maschinenfabrik Augsburg-<br />

Nürnberg im Sommer 1917 für<br />

Werkzeugschlosserinnen eingeführt<br />

wurde, war eher selten.<br />

Häufi g umfassten die Ausbildungszeiten<br />

nur einige Wochen<br />

bis Monate. Die Arbeiterinnen<br />

sollten möglichst schnell produktiv<br />

arbeiten können. Das<br />

bedeutete, dass sie nicht für ein<br />

vollständiges Berufsgebiet ausgebildet<br />

wurden, son<strong>der</strong>n nur<br />

für ein Teilgebiet. Zum Beispiel<br />

erlernten die <strong>Frauen</strong> bei MAN<br />

lediglich die „Herstellung fei-<br />

nerer Werkzeuge“ als Teilgebiet<br />

des Werkzeugbaus, während die<br />

männlichen Lehrlinge in vierjähriger<br />

Lehrzeit für den gesamten<br />

Werkzeugbau ausgebildet wurden.<br />

Die Erfahrungsberichte mit<br />

den ausgebildeten <strong>Frauen</strong> waren<br />

durchweg positiv. So stellte<br />

beispielsweise die Firma Bosch<br />

1917 fest: „ Ist ... die gelernte<br />

Arbeiterin einmal angeleitet,<br />

so arbeitet sie sehr zufriedenstellend,<br />

und <strong>der</strong> Ausschuss ist<br />

nicht größer als früher.“ ( VDI-<br />

Zeitschrift 1917 )<br />

Mit <strong>der</strong> massenhaften Entlassung<br />

von <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />

nach dem ersten Weltkrieg wurde<br />

auch die Aus- und Weiterbil-<br />

46 47<br />

dung von <strong>Frauen</strong> im <strong>Metall</strong>sektor<br />

eingestellt. Die personelle<br />

Demobilmachung führte so<br />

schließlich zu einer Verdrängung<br />

<strong>der</strong> Arbeiterinnen und zu einer<br />

weitgehenden Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> Vorkriegsarbeitsmarktverhältnisse<br />

im <strong>Metall</strong>sektor.<br />

Mitglie<strong>der</strong>entwicklung und <strong>Frauen</strong>anteil in den Jahren 1891 bis 1929<br />

„... <strong>der</strong> Ausschuss<br />

ist nicht größer als<br />

früher“


Originalbildunterschrift: „Viele <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>, die in den Werken ihren Unterhalt fi nden, sind Mütter und Ernährer zugleich.“<br />

48 49<br />

FRAUENARBEIT<br />

UND<br />

GEWERKSCHAFTEN<br />

IN DER WEIMARER<br />

REPUBLIK<br />

1918-1933


Die Errungenschaften <strong>der</strong> Novemberrevolution 1918<br />

Die Novemberrevolution 1918<br />

bewirkte den Sturz <strong>der</strong> kaiserlichen<br />

Monarchie und erfüllte<br />

einige grundlegende For<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Arbeiterbewegung: <strong>der</strong><br />

8-Stunden-Tag wurde eingeführt,<br />

das allgemeine, direkte,<br />

gleiche, geheime Wahlrecht<br />

auch auf die <strong>Frauen</strong> ausgedehnt<br />

und für alle Parlamente geltend<br />

gemacht. Das Zentralarbeitsgemeinschaftsabkommen<br />

( ZAG )<br />

zwischen Gewerkschaften und<br />

Unternehmern garantierte die<br />

Einführung von paritätischen<br />

Arbeitsnachweisen, kollektiven<br />

Arbeitsverträgen und paritätischenSchlichtungsausschüssen.<br />

Der DMV schloss sich <strong>der</strong><br />

Arbeitsgemeinschaft allerdings<br />

nicht an, vielmehr kritisierte<br />

er das Abkommen als eine<br />

grundsätzliche Anerkennung<br />

<strong>der</strong> bestehenden Machtverhält-<br />

nisse. Das 1920 verabschiedete<br />

Betriebsrätegesetz sicherte den<br />

Arbeitnehmern ein, wenn auch<br />

begrenztes, Mitspracherecht.<br />

Die Verfassung <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik verkündete für Männer<br />

und <strong>Frauen</strong> grundsätzlich dieselben<br />

staatsbürgerlichen Rechte<br />

und Pfl ichten, im bürgerlich-<br />

rechtlichen Bereich blieb jedoch<br />

die Vormachtstellung des Mannes<br />

fest verankert.<br />

50 51<br />

Aufschwung <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung ( 1918 – 1923 )<br />

Nach <strong>der</strong> Novemberrevolution<br />

ist die Mitgliedschaft <strong>der</strong><br />

Gewerkschaften sprunghaft<br />

angestiegen. Die arbeitenden<br />

Menschen setzten in ihre Organisationen<br />

große Hoffnungen.<br />

Die Steigerungsrate <strong>der</strong> weiblichen<br />

Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

betrug zwischen 1918 und 1919<br />

182 Prozent. Im DMV erreichte<br />

1919 mit 222.309 Mitglie<strong>der</strong>n<br />

die Zahl <strong>der</strong> organisierten Ar-<br />

beiterinnen die Spitze, was aber<br />

anteilsmäßig über 13,8 Prozent<br />

immer noch nicht hinaus ging.<br />

Im deutschen Bekleidungsarbeiterverband<br />

bedeutete <strong>der</strong> Höhepunkt<br />

1922 106.000 organisierte<br />

Arbeiterinnen, im Textilarbeiterverband<br />

in eben diesem Jahr<br />

rund 738.000 <strong>Frauen</strong>. In diesen<br />

zwei Verbänden drückten diese<br />

Zahlen einen 66- bzw. 67-prozentigen<br />

weiblichen Mitglie<strong>der</strong>-<br />

anteil aus, sie sind im wesentlichen<br />

zu <strong>Frauen</strong>gewerkschaften<br />

geworden.


Die Zurückdrängung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit während <strong>der</strong><br />

wirtschaftlichen Demobilmachung ( 1918-1923 )<br />

Der hohen <strong>Frauen</strong>beschäftigung<br />

im Ersten Weltkrieg setzte die<br />

schon im Herbst 1918 einsetzende<br />

wirtschaftliche Demobilmachung<br />

ein rasches Ende. Das<br />

Ziel war die Wie<strong>der</strong>einsetzung<br />

<strong>der</strong> zurückkehrenden männlichen<br />

Kriegsteilnehmer in ihre<br />

alten Arbeitsplätze, politisch<br />

gesehen die Verhin<strong>der</strong>ung<br />

männlicher Arbeitslosigkeit und<br />

daraus resultieren<strong>der</strong> Arbeiterunruhen.<br />

Die Frau gehörte<br />

nun wie<strong>der</strong> »ins Haus«. Der<br />

DMV, wie auch an<strong>der</strong>e Gewerkschaften,<br />

unterstützten dieses<br />

Vorgehen, das bald eine Eigendynamik<br />

entwickelte. Das führte<br />

zur Entlassung zahlloser, bereits<br />

vor Kriegsausbruch erwerbstätig<br />

gewesener <strong>Frauen</strong>, meist ohne<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> sozialen<br />

und familiären Situation. Auf <strong>der</strong><br />

Stuttgarter Generalversammlung<br />

des DMV im Oktober 1919,<br />

wo die Opposition die große<br />

Abrechnung mit <strong>der</strong> Kriegspolitik<br />

<strong>der</strong> Verbandsleitung führte,<br />

wurden mehrere Anträge zu<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger durchgreifen<strong>der</strong><br />

Beseitigung <strong>der</strong> industriellen<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit gestellt. Da<br />

<strong>der</strong> Vorstand befürchtete, dass<br />

<strong>der</strong>en Annahme den Eindruck<br />

erwecken könnte, <strong>der</strong> Verband<br />

erkenne das Recht <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />

auf Arbeit nicht an, wurden sie<br />

an den Vorstand als Material<br />

überwiesen. Die gewerkschaftlich<br />

organisierten Betriebsratsmitglie<strong>der</strong><br />

gehörten zu den<br />

eifrigsten Verfechtern des Ab-<br />

baus <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit.<br />

Noch 1923, dem letzten Jahr<br />

<strong>der</strong> Geltung <strong>der</strong> Demobilmachungsverordnungen,<br />

setzten<br />

sie die Ausschaltung weiblicher<br />

Kolleginnen durch. In einem<br />

Textilbetrieb in Oberschlesien,<br />

in dem 14.000 Arbeiterinnen<br />

beschäftigt waren, for<strong>der</strong>te<br />

<strong>der</strong> Betriebsrat die Entlassung<br />

sämtlicher verheirateter <strong>Frauen</strong>,<br />

<strong>der</strong>en Männer nicht arbeitslos<br />

waren. Die Folge davon war,<br />

dass dieser Betrieb überhaupt<br />

keine verheirateten <strong>Frauen</strong> mehr<br />

einstellte.<br />

Eine Ende 1918 getroffene<br />

Vereinbarung zwischen dem<br />

Bund <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>-Arbeitgeber in<br />

Lübeck und <strong>der</strong> DMV Verwaltungsstelle<br />

Lübeck bestimmte<br />

beispielsweise: „Arbeiten, die<br />

vor dem Kriege in einem Betrieb<br />

von Männern ausgeführt<br />

worden sind und in <strong>der</strong> Zwischenzeit<br />

von <strong>Frauen</strong> geleistet<br />

wurden, sollen in Zukunft in <strong>der</strong><br />

Regel wie<strong>der</strong> von Männern aus-<br />

geführt werden.“ Eine Konferenz<br />

<strong>der</strong> Betriebsräte <strong>der</strong> Werften<br />

im 6. DMV-Bezirk ( Hamburg )<br />

for<strong>der</strong>te im April 1919: „<strong>Frauen</strong><br />

dürfen auf den Werften nicht<br />

beschäftigt werden. Ausgenommen<br />

sind hiervon Reinmachund<br />

Scheuerfrauen sowie Speisehallenpersonal,<br />

jedoch dürften<br />

hier nur Witwen und ledige<br />

<strong>Frauen</strong> beschäftigt werden.“<br />

Die breite gewerkschaftliche<br />

Ablehnung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit<br />

beschränkte sich nicht<br />

52 53<br />

auf die Phase <strong>der</strong> Demobilmachung.<br />

So sagte beispielsweise<br />

Vorstandsmitglied Heinrich<br />

Schlie stedt während einer Sitzung<br />

des Reichbeirats <strong>der</strong> Betriebsräte<br />

und Konzernvertreter<br />

aus <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie 1931:<br />

„Solange die Frau auch dem<br />

Haushalt vorsteht, also doppelt<br />

belastet ist, halte ich uns nicht<br />

für verpfl ichtet, diesen <strong>Frauen</strong><br />

den Weg in die Industrie noch<br />

beson<strong>der</strong>s zu ebnen. Die Frage<br />

<strong>der</strong> Doppelerwerbstätigkeit wird<br />

von uns gleichfalls von diesem<br />

Standpunkt aus betrachtet. Niemand<br />

von uns will die Frau verdrängen,<br />

aber für die Erwerbsarbeit<br />

<strong>der</strong> verheirateten Frau<br />

können wir uns nicht begeistert<br />

einsetzen. Wenn <strong>der</strong> Frau auch<br />

noch die Hausarbeit als Frau<br />

und Mutter zugemutet wird, so<br />

ist es eine Übersteigerung ihrer<br />

Arbeitslast; vielmehr sind die<br />

Arbeitslöhne <strong>der</strong> Männer so zu<br />

steigern, dass die Erwerbsarbeit<br />

<strong>der</strong> verheirateten Frau nicht<br />

nötig ist.“<br />

Die Ablehnung <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />

beson<strong>der</strong>s bei verheirateten<br />

<strong>Frauen</strong> trat unter einem<br />

fürsorgerischen Deckmantel<br />

auf. Die Mehrfachbelastung<br />

durch Erwerbsarbeit und Familienarbeit<br />

überfor<strong>der</strong>e die <strong>Frauen</strong>.<br />

Eine Erhöhung <strong>der</strong> Männerlöhne<br />

schien <strong>der</strong> einzig denkbare Weg,<br />

diesem Problem zu begegnen.<br />

Eine verän<strong>der</strong>te Arbeitsteilung<br />

innerhalb <strong>der</strong> Familie lag außerhalb<br />

<strong>der</strong> Vorstellungswelt.<br />

„... für die Erwerbsarbeit<br />

<strong>der</strong><br />

verheirateten Frau<br />

können wir uns<br />

nicht begeistert<br />

einsetzen.“


Der Umfang <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

Nach <strong>der</strong> Betriebszählung von<br />

1925 ging <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil an<br />

<strong>der</strong> Industriearbeiterschaft<br />

von fast 50 Prozent während<br />

des Krieges auf 21 Prozent<br />

zurück, aber im Vergleich zur<br />

Vorkriegszeit war insgesamt<br />

eine Zunahme <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

zu verzeichnen. Vor allem hatte<br />

sich <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an<br />

<strong>der</strong> Angestelltenschaft merklich<br />

erhöht. In <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie<br />

erreichte 1925 <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil<br />

mit rund 292.000 Beschäftigten<br />

11 Prozent. In <strong>der</strong> Textilindustrie<br />

waren im gleichen Jahr rund<br />

576.000 Arbeiterinnen und rund<br />

21.000 Angestellte beschäftigt;<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil an <strong>der</strong> Textilarbeiterschaft<br />

betrug 59 Prozent.<br />

Damit nahm die Textilindustrie<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Arbeiterinnenbeschäftigung<br />

den ersten Rang<br />

unter den Industriezweigen ein.<br />

Grundsätzlich gab es aber auch<br />

in an<strong>der</strong>en Branchen beson<strong>der</strong>e<br />

Bereiche, in denen vorrangig<br />

<strong>Frauen</strong> arbeiteten. So waren<br />

beispielsweise 1928 in den Polier-<br />

und Beizabteilungen <strong>der</strong><br />

Bleistiftfabriken – sie wurden<br />

als beson<strong>der</strong>s gesundheitsgefährdend<br />

eingestuft – 83,9 Prozent<br />

<strong>Frauen</strong> beschäftigt.<br />

<strong>Frauen</strong>fabrikarbeitszeit<br />

In den ersten Jahren <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik galt in <strong>der</strong> Textilindustrie<br />

ebenso wie in <strong>der</strong> süddeutschen<br />

<strong>Metall</strong>industrie die<br />

46-Stunden-Woche. Nach 1923,<br />

nach <strong>der</strong> Aufhebung <strong>der</strong> 8-Stundentag-Regelung<br />

arbeitete die<br />

Mehrheit <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />

den sogenannten »<strong>Frauen</strong>industrien«<br />

bald länger als 8 Stunden<br />

täglich: es war sogar möglich,<br />

die Arbeitszeit bis zu 10 Stunden<br />

täglich auszudehnen. Im Jahre<br />

1930 stellte <strong>der</strong> DMV in einer<br />

Broschüre »<strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />

54 55<br />

<strong>Metall</strong>industrie« fest: „Somit<br />

waren wir keinen Schritt weiter<br />

in <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong> wöchentlichen<br />

Höchstarbeitszeit für Arbeiterinnen<br />

als vor dem Kriege, wo<br />

bereits die 58-stündige Woche<br />

als Höchstarbeitszeit in Deutschland…<br />

gesetzlich festgesetzt<br />

war.“<br />

Auszug aus den Gewerkschaften<br />

( 1924 – 1932 )<br />

Nach 1923, am Ende <strong>der</strong> Hyperinfl<br />

ation, die zu einem<br />

fi nanziellen Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften geführt<br />

hatte, liefen den Verbänden die<br />

Mitglie<strong>der</strong> davon, die <strong>Frauen</strong> in<br />

größerem Maße noch als die<br />

Männer. 1928 stellten die <strong>Frauen</strong><br />

in den freien Gewerkschaften<br />

anteilsmäßig 15 Prozent <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong>, gerade so viel wie<br />

1915. In <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise<br />

verstärkte sich <strong>der</strong> Trend noch<br />

nach unten, sowohl in <strong>der</strong> Zahl<br />

<strong>der</strong> weiblichen Organisierten<br />

wie auch bezogen auf den Organisationsgrad.<br />

Beson<strong>der</strong>s<br />

stark manifestierte sich diese<br />

Entwicklung im DMV, wo 1924<br />

nur noch knapp 60.000 <strong>Frauen</strong><br />

eingeschrieben waren, etwa 50<br />

Prozent weniger als 1923. Der<br />

<strong>Frauen</strong>anteil in <strong>der</strong> Mitgliedschaft<br />

pendelte sich wie<strong>der</strong>, wie<br />

noch vor dem Krieg, zwischen 7<br />

und 8,4 Prozent ein. Der Organisationsgrad<br />

<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />

lag also wie schon immer<br />

seit Bestehen des DMV unter<br />

dem Anteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>beschäftigung<br />

in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie.


Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verbandes (DMV)<br />

Diese Tatsachen haben sich<br />

auf die <strong>Frauen</strong>arbeit innerhalb<br />

des DMV ausgewirkt. Im Herbst<br />

1926 wurde zwar eine Werbeaktion<br />

unter den <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />

durchgeführt mit dem<br />

Motto »gleicher Lohn für gleiche<br />

Leistung« und am 17. Verbandstag<br />

sogar ein diesbezüglicher<br />

Antrag angenommen. Praktisch<br />

geschah auf dem Gebiet wenig,<br />

da kaum wirkungsvolle Maßnahmen<br />

eingeleitet wurden.<br />

Anträge von Kolleginnen, so<br />

1921 <strong>der</strong> Antrag <strong>der</strong> weiblichen<br />

Delegierten des Jenaer Verbandstages<br />

zur Bildung von<br />

<strong>Frauen</strong>agitationskommissionen<br />

und zur Einrichtung einer zentralen<br />

<strong>Frauen</strong>abteilung, wurden<br />

als Material an den Vorstand<br />

verwiesen. Eine Diskussion konkret,<br />

die Rationalisierung <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>arbeit betreffend, kam<br />

nur schwer in Gang, ein Antrag<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>gruppe <strong>der</strong> Verwal-<br />

tungsstelle Stuttgart mit <strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ung von Arbeitsschutzmaßnahmen<br />

bei Rationalisierung<br />

auf dem 19. Verbandstag<br />

1930 landete als Material beim<br />

Vorstand. Über Rationalisierung<br />

wurde ernsthaft nur dann diskutiert,<br />

wenn Männerarbeitsplätze<br />

in Gefahr gerieten.<br />

Es fehlte auch an einer systematischenFunktionärinnenausbildung.<br />

Kurse für <strong>Frauen</strong> in<br />

<strong>der</strong> DMV-Schule in Bad Dürrenberg<br />

wurden nur gelegentlich<br />

angeboten. Unter den Angestellten<br />

des DMV arbeiteten nur<br />

wenige <strong>Frauen</strong> als »politische<br />

Sekretärinnen«, unter den<br />

Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n befand<br />

sich nie eine Frau. An den 7 Generalversammlungen<br />

während<br />

<strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

waren unter den 2.559 Delegierten<br />

nur 32, also 1,25 Prozent<br />

<strong>Frauen</strong>. Der Anteil <strong>der</strong> weiblichen<br />

Betriebsräte betrug 1930<br />

nur knapp 8 Prozent; und <strong>Frauen</strong><br />

waren erst in 33,7 Prozent <strong>der</strong><br />

Betriebe, in denen überhaupt<br />

Betriebsvertretungen <strong>der</strong> Arbeiterschaft<br />

bestanden, im<br />

Betriebsrat vertreten. Im Gegensatz<br />

zur Vorkriegszeit wurde in<br />

die Tarifverträge des DMV in den<br />

20er Jahren schon <strong>der</strong> größere<br />

Teil <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />

einbezogen, 1925 immerhin<br />

70 Prozent.<br />

Generell war es für <strong>Frauen</strong><br />

sehr viel schwieriger als für<br />

Männer, einen mehrwöchigen<br />

Kurs zu besuchen, da diese<br />

nicht nur von <strong>der</strong> Arbeit freigestellt<br />

werden mussten, son<strong>der</strong>n<br />

auch ihre Familie und damit<br />

ihre häuslichen Pfl ichten vernachlässigen<br />

mussten. Eine<br />

Beschwerde an den ständigen<br />

Ausschuss des DMV zeigt,<br />

dass für <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> Lohnausfall<br />

bzw. die unzureichende<br />

Ersatzleistung ein weiteres gra-<br />

vierendes Hemmnis darstellte.<br />

Zwei weibliche Mitglie<strong>der</strong> aus<br />

Aachen hatten an einem Kurs<br />

für Funktionärinnen an <strong>der</strong><br />

Wirtschaftsschule Dürrenberg<br />

teilgenommen. Dabei waren sie<br />

in dem Glauben gewesen, <strong>der</strong><br />

Vorstand werde ihnen gemäß<br />

einem Rundschreiben den entgangenen<br />

Verdienst zu 85 Prozent<br />

ersetzen. Sie erhielten<br />

folgendes Anschreiben:<br />

„Wenn auch in <strong>der</strong> erwähnten<br />

gedruckten Mitteilung von<br />

uns für verheiratete Kursteilnehmer<br />

eine Entschädigung von<br />

85 vH vorgesehen ist, so muß<br />

dabei berücksichtigt werden,<br />

daß solche Mitglie<strong>der</strong> des Verbandes<br />

gemeint sind, die als<br />

Hausvorstand in Betracht kommen,<br />

also für die Ernährung ihrer<br />

Familie allein zu sorgen haben.<br />

Da Sie jedoch verheiratet sind,<br />

so ist mit Sicherheit anzunehmen,<br />

daß auch Ihr Mann zu den<br />

56 57<br />

Haushaltungskosten beiträgt<br />

und Sie demnach nicht allein für<br />

den Familienunterhalt zu sorgen<br />

haben.“<br />

Der Vorstand war lediglich<br />

zu einer Zahlung von 40 Prozent<br />

des entgangenen Lohnes bereit.<br />

Allein die Tatsache, dass die<br />

<strong>Frauen</strong> verheiratet waren, reichte<br />

aus, um sie als teilversorgt anzusehen<br />

und die Lohnersatzleis-<br />

tung entsprechend zu kürzen.<br />

Wi<strong>der</strong>stände gegen<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit<br />

im DMV


Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes (DTAV)<br />

Der Textilarbeiterverband verlor<br />

im Vergleich zu 1922 Mitte <strong>der</strong><br />

20er Jahre ebenfalls etwa die<br />

Hälfte seiner Mitglie<strong>der</strong>. Sehr<br />

hoch blieb jedoch, mit einigen<br />

Schwankungen nahe unter <strong>der</strong><br />

60 Prozent-Grenze, <strong>der</strong> Anteil<br />

<strong>der</strong> weiblichen Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong>.<br />

Der entsprach wie<strong>der</strong>um<br />

etwa dem weiblichen<br />

Anteil in <strong>der</strong> Textilarbeiterschaft.<br />

Im Vergleich zum DMV gab<br />

es hier bessere Voraussetzungen<br />

für eine intensive <strong>Frauen</strong>arbeit.<br />

Auch im Textilarbeiterverband<br />

gab es jedoch nur wenige<br />

<strong>Frauen</strong> in gewerkschaftlichen<br />

Wahlfunktionen und nur einer<br />

einzigen Frau, nämlich Elsa Niviera,<br />

gelang es Ende <strong>der</strong> 20er<br />

Jahre, in den Hauptvorstand zu<br />

kommen.<br />

Unter <strong>der</strong> Leitung von<br />

Martha Hoppe, die an <strong>der</strong> Spitze<br />

des 1921 beim Vorstand eingerichtetenArbeiterinnensekretariats<br />

stand, wurde in den Filialen<br />

ein Netz von Arbeiterinnenkom-<br />

missionen ausgebaut. Ende<br />

1924 existierten bereits 143<br />

Arbeiterinnenkommissionen.<br />

1922 startete <strong>der</strong> Verband<br />

eine Kampagne zur Untersuchung<br />

<strong>der</strong> sozialen Lage <strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Textilindustrie beschäftigten<br />

verheirateten <strong>Frauen</strong>. Dabei<br />

wurde nicht nur die Zeitbelastung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> untersucht,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Probleme und<br />

Gefahren, denen die schwangeren<br />

<strong>Frauen</strong> ausgesetzt waren.<br />

Die Untersuchung erbrachte,<br />

dass bei 1537 Arbeiterinnen nur<br />

321 Geburten normal verliefen.<br />

Die Ergebnisse wurden 1925 in<br />

<strong>der</strong> Broschüre »Erwerbsarbeit,<br />

Schwangerschaft, <strong>Frauen</strong>leid«<br />

veröffentlicht.<br />

Im Oktober 1926 veranstaltete<br />

<strong>der</strong> Verband in Gera den<br />

ersten Textilarbeiterinnenkongress.<br />

280 Delegierte waren zur<br />

Beratung über den Arbeits- und<br />

Mutterschutz angereist. Der<br />

Kongress wurde am 11. Oktober<br />

1926 mit <strong>der</strong> Kundgebung von<br />

58 59<br />

10.000 Textilarbeiterinnen eröffnet.<br />

Sie for<strong>der</strong>ten einen besseren<br />

Arbeits- und Mutterschutz,<br />

gleichen Lohn bei gleicher<br />

Arbeit und die Abschaffung des<br />

Abtreibungsparagraphen 218.<br />

Die Aktivitäten des Textilarbeiterverbandes<br />

fanden in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit große Resonanz<br />

und gaben den Anstoß zum 1927<br />

verabschiedeten Mutterschutzgesetz.<br />

1928 rief das Arbeiterinnensekretariat<br />

die Textilarbeiterinnen<br />

im Rahmen eines Preisausschreibens<br />

zur Schil<strong>der</strong>ung ihres<br />

Arbeitstages und eines Wochenendes<br />

aus ihrem Leben auf. 150<br />

eingesendete Berichte wurden<br />

1930 unter dem Titel »Mein Arbeitstag,<br />

mein Wochen ende« in<br />

einer Broschüre veröffentlicht<br />

( Ein Beispiel auf <strong>der</strong> nächsten<br />

Doppelseite ). Der Hauptvorstand<br />

errechnete, dass nach den<br />

Angaben <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> eine Arbeiterin<br />

durchschnittlich in <strong>der</strong><br />

Woche im Betrieb und Haushalt<br />

ungefähr 90 Stunden zu arbeiten<br />

hatte. Aufgrund <strong>der</strong> Berichte<br />

wurde ein For<strong>der</strong>ungskatalog<br />

aufgestellt, <strong>der</strong> sich nicht nur<br />

gegen die Min<strong>der</strong>bezahlung <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>arbeit richtete, son<strong>der</strong>n<br />

von <strong>der</strong> staatlichen Sozialpolitik<br />

die Verbesserung <strong>der</strong> Lebensbedingungen<br />

<strong>der</strong> erwerbstätigen<br />

<strong>Frauen</strong> einfor<strong>der</strong>te.<br />

1932 bescheinigte die »Gewerkschaftliche<br />

<strong>Frauen</strong>zeitung«<br />

dem Textilarbeiterverband unter<br />

den Verbänden die intensivste<br />

„Werbungs- und Schulungsarbeit<br />

von weiblichen Mitglie<strong>der</strong>n<br />

für die weibliche Kollegenschaft“.<br />

»Erwerbsarbeit,<br />

Schwangerschaft,<br />

<strong>Frauen</strong>leid«


Wer tauscht mit mir ?<br />

Es ist 1⁄25 Uhr. Müde und noch<br />

garnicht ausgeruht, erhebe ich<br />

mich von meinem Bett, welches<br />

ich mit den beiden Kin<strong>der</strong>n tei-<br />

le. Die Familie besteht aus vier<br />

Kin<strong>der</strong>n und zwei Erwachsenen.<br />

Still, damit ich die Kin<strong>der</strong> nicht<br />

störe, kleide ich mich an und<br />

mache Feuer, stelle die Suppe<br />

auf und wecke meinen Mann. Es<br />

ist 5 Uhr geworden. Mein Mann<br />

macht das Brot zurecht zum Mitnehmen.<br />

Wenn ich jene Arbeit<br />

auch noch besorgen müßte, wäre<br />

um 4 Uhr die Nacht für mich<br />

vorbei. Ich koche nun die Suppe,<br />

stelle die Teller hin und lege den<br />

Kin<strong>der</strong>n die Sachen zurecht. Wecke<br />

die Aelteste, was nicht immer<br />

leicht ist, denn mit 11 Jahren ist<br />

ein Kind um 6 Uhr noch müde,<br />

ziehe sie an und raus müssen die<br />

an<strong>der</strong>en nun <strong>der</strong> Reihe nach. Das<br />

ist nun ein Geweine, denn alle<br />

sind sie schlaftrunken. Erst wenn<br />

alle ihre Suppe löffeln, wirds<br />

wie<strong>der</strong> still. Ich muß die Betten<br />

machen, die Stube aufräumen,<br />

die Kin<strong>der</strong> fertig anziehen, das<br />

Essen einpacken und endlich<br />

kann ich auch einen Schluck<br />

Suppe essen. Um 1⁄27 Uhr muß<br />

ich fortgehen, die Kin<strong>der</strong> müssen<br />

zum Hort gebracht werden und<br />

so schnell können sie nicht laufen.<br />

Fünf Minuten vor 7 Uhr bin<br />

ich dann in <strong>der</strong> Fabrik, müde, als<br />

ob ich schon acht Arbeitsstunden<br />

hinter mir hätte. Mittags setze ich<br />

mich hin esse schnell und mache<br />

fünf Minuten die Augen zu. Was<br />

koche ich morgen und wie komme<br />

ich am billigsten dazu, läßt<br />

mich nicht ruhen und schnell ist<br />

die Pause um. Abends hole ich<br />

die Kin<strong>der</strong>; freudig begrüßen sie<br />

mich und freuen sich, daß Mutter<br />

wie<strong>der</strong> da ist. Auf dem Nachhauseweg<br />

kaufe ich, was ich brauche<br />

und trotzdem es so wenig wie<br />

möglich ist, ist mein Geld bald<br />

alle. Zu Hause hat mein Mann<br />

Feuer angemacht und nun werden<br />

die Kin<strong>der</strong> gesättigt. es wird gekocht,<br />

abgewaschen, die Kin<strong>der</strong><br />

ins Bett gebracht, damit ich in<br />

Ruhe meine Arbeit machen kann.<br />

Else hat ein Loch im Aer mel,<br />

Fritz hat eins in <strong>der</strong> Hose, Frieda<br />

keine saubere Schürze und die<br />

Strümpfe sind auch zerrissen.<br />

Was nun zuerst anfangen ? Wenn<br />

ich nun mit allem fertig bin, ist es<br />

9 Uhr. Die Strümpfe muß ich aber<br />

noch stopfen. Ich setzte mich also<br />

hin; ein Paar ist noch nicht fertig<br />

und ich bin so müde. Na, denke<br />

ich, du wirst schnell ein Weilchen<br />

nicken. Erschreckt springe<br />

ich auf, aus dem Weilchen sind<br />

30 Minuten geworden und unnötig<br />

habe ich Licht verbrannt.<br />

Morgen früh mußt du eine halbe<br />

Stunde früher aufstehen, so sage<br />

ich mir, und gehe schlafen, froh,<br />

daß ein Arbeitstag beendet ist.<br />

60 61<br />

Wochenende. Sonnabend um<br />

4 Uhr aufstehen und das Geschrei<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist noch schlimmer,<br />

denn sie müssen noch eher raus.<br />

Wie<strong>der</strong> die Hetzjagd, aber heut<br />

habe ich doch den Nachmittag<br />

frei. Wenn die Arbeit beendet<br />

ist, schnell die Kin<strong>der</strong> holen.<br />

Mittags gibt es Kartoffelsuppe,<br />

das dauert nicht so lange. Immer<br />

muß ich schnell laufen, damit ich<br />

beizeiten fertig werde. Dann ist<br />

es 6 Uhr geworden. die Kin<strong>der</strong><br />

bekommen zu Essen. Ich weiche<br />

Wäsche ein, denn Sonntag muß<br />

ich waschen. Dann lege ich die<br />

Kin<strong>der</strong> schlafen, räume noch auf<br />

und fl icke bis um 9 Uhr. Dann<br />

gehe ich schlafen. Sonntag um<br />

5 Uhr stehe ich auf und wasche.<br />

Die Kin<strong>der</strong> können heute ausschlafen.<br />

Dann trinken wir alle<br />

zusammen Kaffee und mein<br />

Mann muß die Kin<strong>der</strong> besorgen,<br />

das Zimmer aufräumen und nach<br />

dem Essen sehen. Nachmittags<br />

geht mein Mann aufs Dorf Musik<br />

machen, inzwischen muß ich mit<br />

<strong>der</strong> Wäsche fertig sein. Nun ist<br />

es 1 Uhr, da wird gegessen, den<br />

Abwasch lasse ich stehen bis ich<br />

in <strong>der</strong> Waschküche fertig bin,<br />

was um 3 Uhr ist. Dann setze<br />

ich mich aber erst eine Weile<br />

hin. Die Unordnung aber, die<br />

jetzt in <strong>der</strong> Stube herrscht, läßt<br />

mich nicht sitzen. Weiter also,<br />

wozu braucht eine Arbeiterfrau<br />

zu sitzen ? Arbeite weiter, stopfe<br />

Strümpfe, mache das Essen für<br />

Montag zurecht, lege die Kin<strong>der</strong><br />

schlafen und beim Versuch, die<br />

Zeitung zu lesen, schlafe ich auch<br />

ein. Das ist halt so, solange ich<br />

beim Herumlaufen bin, merke<br />

ich nicht, wie müde ich bin, aber<br />

beim Sitzen schlafe ich sofort ein<br />

und so endet dann mein Arbeits-<br />

und Wochenende.<br />

Wer tauscht mit mir ?<br />

H. B., S. 37 Jahre.


62 63<br />

Ohne Arbeit und Unterstützung<br />

– Die Weltwirtschaftskrise ( 1929 – 1933 )<br />

Eine fast ständige und immer<br />

belasten<strong>der</strong>e Sorge für die<br />

Arbeitnehmer in <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik bedeutete die drohende<br />

Arbeitslosigkeit. Die Zahl <strong>der</strong><br />

Arbeitslosen, die schon vor Ausbruch<br />

<strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise<br />

ein relativ hohes Niveau erreicht<br />

hatte, stieg von 1,9 Millionen im<br />

Jahre 1929 auf über 6 Millionen<br />

bis 1932.<br />

Für Arbeiterinnen war die<br />

Arbeitslosigkeit noch weitaus<br />

stärker mit Nachteilen verbunden<br />

als für die Arbeiter. Der<br />

Unterstützungssatz für <strong>Frauen</strong><br />

war niedriger als für Männer,<br />

<strong>Frauen</strong> unter 18 Jahren bekamen<br />

keine Unterstützung. Durch die<br />

Notverordnungen, am Anfang<br />

<strong>der</strong> 30er Jahre, wurde <strong>Frauen</strong>,<br />

beson<strong>der</strong>s wenn sie verheiratet<br />

waren, <strong>der</strong> Unterstützungsanspruch<br />

trotz Beitragszahlung<br />

vielfach gänzlich verweigert.<br />

Ebenso den geringfügig Be-<br />

schäftigten, überwiegend<br />

<strong>Frauen</strong>, <strong>der</strong>en Kreis durch die<br />

Bestimmungen in diesen Jahren<br />

stark erweitert wurde.<br />

So wurde <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

»geringfügigen Beschäftigung«<br />

neu defi niert und von <strong>der</strong> Versicherungspfl<br />

icht befreit. Dies betraf<br />

alle Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer, die bis zu 30 Stunden<br />

wöchentlich beschäftigt<br />

waren bzw. einen Verdienst von<br />

weniger als 10 Mark wöchentlich<br />

hatten. 1931 wurde <strong>der</strong> Versicherungscharakter<br />

für Ehefrauen<br />

durchbrochen, sie erhielten nur<br />

noch bei Bedürftigkeit Unterstützungsleistungen.<br />

Der Anteil<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an den Unterstützungsberechtigten<br />

reduzierte<br />

sich durch die Notverordnungen<br />

erheblich von 46,2 Prozent im<br />

Oktober 1930 auf 13,9 Prozent im<br />

Oktober 1931.<br />

Viele <strong>Frauen</strong> meldeten sich<br />

unter diesen Umständen, wenn<br />

sie ihre Arbeit verloren, gar nicht<br />

mehr arbeitslos. Infolge dieser<br />

»stillen Reserve« fi elen die<br />

Arbeitslosenzahlen für <strong>Frauen</strong><br />

wesentlich niedriger aus als bei<br />

den Männern.<br />

Erwerbstätige verheiratete<br />

<strong>Frauen</strong>, <strong>der</strong>en Erwerbsarbeit<br />

meistens für die Erhaltung<br />

<strong>der</strong> Familie unentbehrlich war,<br />

sollten ihre Arbeitsplätze für<br />

männliche Arbeitslose freimachen.<br />

Der Allgemeine Deutsche<br />

Gewerkschaftsbund ( ADGB ),<br />

die damalige gewerkschaftliche<br />

Dachorganisation, und auch <strong>der</strong><br />

DMV versäumten es, <strong>der</strong> Unsinnigkeit<br />

<strong>der</strong> Doppelverdienerdemagogie<br />

hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Lösung des Arbeitslosensproblems<br />

mit einer klaren Argumentation<br />

entgegen zu treten,<br />

und leisteten dadurch zu <strong>der</strong>en<br />

Vordringen in <strong>der</strong> Arbeiterschaft<br />

Vorschub.<br />

»geringfügig<br />

Beschäftigte«<br />

auch damals<br />

meist <strong>Frauen</strong>


Die <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Defensive<br />

Während <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

zeigte sowohl die Teilnahme<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an den Wahlen wie<br />

auch <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil in den<br />

parlamentarischen Vertretungen<br />

eine sinkende Tendenz.<br />

Diese Vorgänge signalisierten,<br />

ebenso wie <strong>der</strong> Rückzug <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> aus den gewerkschaftlichen<br />

Organisationen, dass sich<br />

in ihren Reihen Enttäuschung<br />

und Resignation ausbreitete. In<br />

<strong>der</strong> ersten deutschen Republik<br />

fehlten <strong>der</strong> Leitgedanke und<br />

die Strategie einer offensiven<br />

<strong>Frauen</strong>emanzipation. Die sozialdemokratischen<br />

<strong>Frauen</strong>, die im<br />

Reichstag unter allen Fraktionen<br />

stets über die meisten Vertreterinnen<br />

verfügten, konzentrierten<br />

sich auf sozialpolitische Themen<br />

und blieben so im wesentlichen<br />

in <strong>der</strong> »<strong>Frauen</strong>ecke«. Die KPD,<br />

<strong>der</strong> 1919 Klara Zetkin beigetreten<br />

war, hielt zwar die Ideale<br />

<strong>der</strong> proletarischen Emanzipationstheorie<br />

weiterhin hoch, ihr<br />

Einfl uss in den Betrieben und<br />

in <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung<br />

blieb jedoch begrenzt. Die Benachteiligung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> und<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> erwerbstätigen<br />

<strong>Frauen</strong> geschah vor dem Hintergrund,<br />

dass »Mann« von ihrer<br />

Seite kaum Wi<strong>der</strong>stand erwartet<br />

hatte. Das Fehlen eines starken,<br />

kämpferischen <strong>Frauen</strong>fl ügels<br />

schwächte die Arbeiterbewegung<br />

im Angesicht <strong>der</strong> wachsenden<br />

faschistischen Gefahr nicht<br />

weniger als die politische Spaltung<br />

in zwei Arbeiterparteien.<br />

64 65<br />

Die <strong>Frauen</strong> in den Arbeitskämpfen<br />

Wollsortiererinnen bei Nordwolle in Delmenhorst, 1920er Jahre<br />

Das kämpferische Potential, das<br />

in den Arbeiterinnen schlummerte,<br />

zeigte sich auch an ihrer<br />

regen Teilnahme an den Arbeitseinstellungen.<br />

In etlichen Jahren<br />

<strong>der</strong> Weimarer Republik stellten<br />

sie in den vom DMV geführten<br />

Streiks ein Fünftel bis knapp ein<br />

Drittel <strong>der</strong> Streikenden. Noch<br />

größer war <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Textilarbeiterinnen<br />

an den großen<br />

Lohnkämpfen ihrer Branche<br />

1928 /29. In dem achtwöchigen<br />

Streik in den Betrieben des<br />

Norddeutschen Wollkonzerns<br />

im Frühjahr 1928 befanden sich<br />

unter den 24.000 Streikenden<br />

nicht weniger als 13.000 <strong>Frauen</strong>.


Weibliche Häftlinge im KZ Ravensbrück müssen für die SS Uniformen nähen<br />

66 67<br />

DIE FASCHISTISCHE<br />

DIKTATUR<br />

1933 -1945


Schon die ersten Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> Nazimachthaber nach <strong>der</strong><br />

Machtergreifung am 30. Januar<br />

1933 zielten – neben <strong>der</strong> drastischen<br />

Einschränkung demokratischer<br />

Freiheiten – auf die<br />

Zerschlagung <strong>der</strong> organisierten<br />

Arbeiterbewegung. Tausende<br />

FunktionärInnen und Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> KPD, <strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

wurden verhaftet,<br />

misshandelt und kamen später<br />

in KZ-Lager. Nach einer längeren<br />

Hinhaltetaktik wurden am 2. Mai<br />

1933 die Gewerkschaftshäuser<br />

68<br />

69<br />

besetzt und die Gewerkschaften<br />

aufgelöst.<br />

Viele Aktive <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />

kämpften unter Einsatz<br />

ihres Lebens gegen das Naziregime.<br />

Unter ihnen auch viele<br />

Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen,<br />

wie Elsa Niviera,<br />

Vorstandsmitglied des Deutschen<br />

Textilarbeiterverbandes,<br />

o<strong>der</strong> Margeraethe Trae<strong>der</strong>, Lisy<br />

Alphart, Dina Berner. Die letzten<br />

drei waren nach dem Krieg maßgeblich<br />

am Aufbau <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

in <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> beteiligt.


Teilnehmerinnen auf <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> <strong>Frauen</strong>konferenz 1988<br />

DIE FRAUEN UND<br />

DIE <strong>IG</strong> METALL<br />

73<br />

1945 - 2005


Der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Die bedingungslose Kapitulation<br />

von Nazi-Deutschland am<br />

8. Mai 1945 beendete den Zweiten<br />

Weltkrieg. 5,25 Millionen<br />

Tote waren allein auf deutscher<br />

Seite zu beklagen. In breiten<br />

Schichten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

herrschte die Überzeugung,<br />

dass die Gesellschaft auf <strong>der</strong><br />

Grundlage wirtschaftlicher und<br />

politischer Demokratisierung<br />

errichtet werden sollte.<br />

74 75<br />

Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> DDR<br />

Die DDR wurde am 7. Oktober<br />

1949 gegründet. Zugleich setzte<br />

die Provisorische Volkskammer<br />

eine Verfassung in Kraft, die<br />

nach öffentlicher Diskussion im<br />

Mai 1949 vom Dritten Deutschen<br />

Volkskongress bestätigt worden<br />

war. Darin waren u. a. folgende<br />

Grundsätze verankert:<br />

■ die Gleichberechtigung von<br />

Mann und Frau<br />

■ das Recht auf Arbeit<br />

■ gleicher Lohn für gleiche<br />

Arbeit<br />

■ <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Schutz <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> im Arbeitsprozess<br />

■ das gleiche Recht auf Bildung<br />

■ die gemeinsame Verantwortung<br />

von Mann und Frau für<br />

die Erziehung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und<br />

■ <strong>der</strong> staatliche Schutz <strong>der</strong><br />

Mutterschaft.<br />

Die »Lösung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>frage«<br />

gehörte seit langem zum politischen<br />

Programm zur Befreiung<br />

<strong>der</strong> Arbeiterklasse von kapitalistischer<br />

Ausbeutung und<br />

Unterdrückung. Friedrich Engels’<br />

Schrift »Der Ursprung <strong>der</strong> Familie,<br />

des Privateigentums und des<br />

Staates«, vor allem aber August<br />

Bebels Schrift »Die Frau und <strong>der</strong><br />

Sozialismus« lieferten das Fundament<br />

für die Theorie, wonach<br />

die Befreiung <strong>der</strong> Arbeiterklasse<br />

durch die Beseitigung des Privateigentums,<br />

die Herstellung<br />

sozialer Gleichheit und die »Lösung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>frage« untrennbar<br />

miteinan<strong>der</strong> verbunden ist.<br />

Man ging davon aus,<br />

■ dass Benachteiligung, Unterdrückung<br />

und Rechtlosigkeit<br />

<strong>der</strong> Frau im Privateigentum<br />

begründet sind und mit dessen<br />

Abschaffung auch die<br />

Frau befreit werden würde,<br />

■ dass <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Emanzipation<br />

<strong>der</strong> Frau darin liege, sie<br />

in die Produktion einzubeziehen<br />

und<br />

■ dass sie zu diesem Zwecke<br />

von ihren Pfl ichten für Hausarbeit<br />

und Kin<strong>der</strong>erziehung<br />

entlastet und diese Bereiche<br />

vergesellschaftet werden<br />

müssten.<br />

An<strong>der</strong>s als in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

gab es bei <strong>der</strong> Gleichberechtigung<br />

<strong>der</strong> Geschlechter<br />

in <strong>der</strong> DDR keine verfassungs-<br />

Original Bildunterschrift ( Tribüne, wöchentliches Organ des<br />

Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschafts-<br />

bunds, 1963 ): „Zum Weltkongreß <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in Moskau wird<br />

die Zwirnerin Rosa Peter aus <strong>der</strong> Tuchfabrik Cottbus als einzi-<br />

ge Delegierte aus dem Bezirk Cottbus fahren. Mit ihrer Dele-<br />

gierung wird ihre gleichermaßen vorbildliche Arbeit als Zwei-<br />

Stuhl-Zwirnerin in <strong>der</strong> Produktion und als aktivstes Mitglied<br />

des Betriebs-<strong>Frauen</strong>ausschusses gewürdigt.“


echtlichen Auslegungs- und<br />

Umsetzungsstreitigkeiten. Vielmehr<br />

folgten bald sozial- und<br />

familienpolitische Schritte wie<br />

das »Gesetz über den Mutter-<br />

und Kin<strong>der</strong>schutz und die Rechte<br />

<strong>der</strong> Frau« und Regelungen zur<br />

<strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>ung, die 1968 sogar<br />

verfassungsrechtlich festgeschrieben<br />

wurden. Die Chancengleichheit<br />

<strong>der</strong> Frau sollte in <strong>der</strong><br />

DDR durch beson<strong>der</strong>e För<strong>der</strong>ung<br />

bei <strong>der</strong> berufl ichen Qualifi zierung<br />

gewährleistet werden.<br />

1945 bis 1960<br />

Leben hieß in <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungszone wie auch in<br />

den westlichen Zonen zunächst<br />

Überleben. Hier wie dort waren<br />

die <strong>Frauen</strong> die ersten, die beim<br />

Neuaufbau des verwüsteten<br />

Deutschlands als Trümmerfrauen<br />

anpacken mußten.<br />

An<strong>der</strong>s als im Westen räumten<br />

<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> sowjetisch<br />

besetzen Zone jedoch nicht ihre<br />

Arbeitsplätze für heimkehrende<br />

Soldaten. Sie wurden für den<br />

Aufbau <strong>der</strong> Wirtschaft dringend<br />

gebraucht. Mit Kampagnen wurde<br />

für ihre Einglie<strong>der</strong>ung in die<br />

Betriebe geworben. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

nicht erwerbstätige <strong>Frauen</strong><br />

wurden zeitweise zu Arbeitseinsätzen<br />

in verschiedenen Bereichen<br />

verpfl ichtet. Die »Hausfrauenbrigaden«<br />

entstanden.<br />

Der Demokratische <strong>Frauen</strong>bund<br />

Deutschlands ( DFD ) sah<br />

in seiner Gründungszeit seine<br />

Hauptaufgabe darin, „<strong>Frauen</strong> aus<br />

allen Schichten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

für die Arbeit in <strong>der</strong> Produktion<br />

zu gewinnen“. Engagierte <strong>Frauen</strong><br />

leisteten intensive Aufklärungsarbeit.<br />

Sie warben für Ausbildungslehrgänge<br />

für unterschiedliche<br />

Berufe und Branchen.<br />

Die <strong>Frauen</strong>bewegung wurde zu<br />

diesem Zeitpunkt hauptsächlich<br />

von humanistischen Zielen<br />

getragen: „Nie wie<strong>der</strong> Krieg“,<br />

eine glückliche Zukunft für die<br />

Kin<strong>der</strong>, gerechte Verteilung <strong>der</strong><br />

Güter, keine Ausbeutung, Gleichberechtigung<br />

von Mann und<br />

Frau in allen gesellschaftlichen<br />

Bereichen. „Wie wir heute arbeiten,<br />

werden wir morgen leben“,<br />

lautete das Motto.<br />

76 77<br />

Diese Ziele <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

stimmten mit den<br />

klassischen Werten des Kommunismus<br />

und dem Parteiprogramm<br />

<strong>der</strong> SED überein. Doch<br />

<strong>der</strong> Einfl uss <strong>der</strong> Partei auf die<br />

<strong>Frauen</strong>bewegung war zunächst<br />

gering. Mit Gründung <strong>der</strong> DDR,<br />

dem Anspruch <strong>der</strong> SED auf die<br />

führende Rolle im Staat und<br />

ihrer Vorrangstellung in <strong>der</strong> »Ka<strong>der</strong>politik«<br />

verän<strong>der</strong>te sich dieses<br />

Verhältnis langsam. Der DFD<br />

wurde mehr und mehr zum Anhängsel<br />

<strong>der</strong> Partei. An<strong>der</strong>erseits<br />

för<strong>der</strong>te die SED mit konkreten<br />

Aktivitäten die Erwerbstätigkeit<br />

<strong>der</strong> Frau. Laut Parteiprogramm<br />

waren Betriebe verpfl ichtet, zur<br />

Entlastung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> von häuslichen<br />

Pfl ichten zum Beispiel<br />

Angebote für Fertiggerichte<br />

aufzulegen, Bestellsysteme<br />

einzuführen, wie auch die Volksbildung<br />

und die ganztägige Betreuung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schule<br />

zu sichern.<br />

Trotz dieser gesetzlichen<br />

Grundlagen für die Gleichberechtigung<br />

ließ die Praxis einiges<br />

zu wünschen übrig. <strong>Frauen</strong><br />

waren sowohl in <strong>der</strong> Industrie<br />

als auch in <strong>der</strong> Politik kaum in<br />

leitenden Funktionen zu fi nden.<br />

Die Mehrzahl fand sich in beruflichen<br />

Tätigkeiten wie<strong>der</strong>, die<br />

relativ gering bezahlt wurden.<br />

An den altbekannten Rollenzuschreibungen<br />

wurde nicht<br />

gerüttelt. Trotz aller partnerschaftlichen<br />

Parolen waren auch<br />

in <strong>der</strong> DDR die <strong>Frauen</strong> die Hauptverantwortlichen<br />

für Hausarbeit<br />

und Kin<strong>der</strong>erziehung. Allerdings<br />

wurden bessere Voraussetzungen<br />

zur Bewältigung <strong>der</strong> Doppelbelastung<br />

geschaffen als in<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />

Die Gewerkschaften bemühten<br />

sich in den Betrieben, die<br />

Gleichberechtigung von Männern<br />

und <strong>Frauen</strong> zu verankern.<br />

Beispielsweise entwickelte die<br />

Hauptabteilung <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> <strong>IG</strong><br />

Holz ein System von Schulungsmaßnahmen<br />

und Kontrollen in<br />

den Betrieben, um Verstöße<br />

gegen den Gleichheitsgrundsatz<br />

aufzudecken und gleiches Recht<br />

für alle durchzusetzen. Sehr oft<br />

sahen sich <strong>Frauen</strong> dabei nicht<br />

nur mit den Vorurteilen <strong>der</strong><br />

»Hausfrauen-<br />

brigaden« und<br />

Gleichberechtigung


Ehrungen im Wandel: Von <strong>der</strong> »Besten Näherbrigade« zum »Besten Qualitätsarbeiter«<br />

Betriebsleiter o<strong>der</strong> Eigentümer,<br />

son<strong>der</strong>n auch mit denen ihrer<br />

männlichen Kollegen konfrontiert.<br />

1960 bis 1972<br />

1960 beschloss das Zentralkomitee<br />

<strong>der</strong> SED, in allen Betrieben<br />

und gesellschaftlichen<br />

Institutionen <strong>Frauen</strong>kommissionen<br />

zu bilden und <strong>Frauen</strong><br />

verstärkt in leitende Funktionen<br />

zu bringen. Einerseits drängten<br />

diese Kommissionen den DFD<br />

völlig an den Rand, an<strong>der</strong>erseits<br />

stärkten sie die Stellung <strong>der</strong><br />

Frau. Die <strong>Frauen</strong>kommissionen<br />

nahmen sich engagiert <strong>der</strong><br />

Probleme <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> und ihrer<br />

Belastungen an. Sie führten die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Betriebsleitern,<br />

<strong>der</strong> betrieblichen<br />

gewerkschaftlichen Leitung<br />

( BGL ) und Parteisekretären und<br />

sorgten für einige Verbesserungen<br />

bei <strong>der</strong> Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie, zum Beispiel<br />

durch Kin<strong>der</strong>stuben, Nähstuben<br />

und Waschmöglichkeiten in den<br />

Betrieben.<br />

Gesetze fl ankierten die Aktivitäten<br />

in folgenden Bereichen:<br />

■ Die Ausbildungsmöglichkeiten<br />

für <strong>Frauen</strong> wurden<br />

verbessert. <strong>Frauen</strong>son<strong>der</strong>klassen<br />

zur Ausbildung von<br />

Facharbeiterinnen, Meisterinnen,<br />

Fachschulka<strong>der</strong>n,<br />

Hochschulka<strong>der</strong>n usw. wurden<br />

gebildet.<br />

■ Mütter konnten bei Geburt<br />

eines Kindes ein Jahr zu<br />

Hause bleiben, ohne ihren<br />

Arbeitsplatz zu verlieren.<br />

■ Ein Hausarbeitstag wurde<br />

eingeführt. Jede Frau hatte<br />

pro Monat einen Tag frei, um<br />

ihre Hausarbeit zu erledigen.<br />

■ Jedes Kind hatte ein Recht<br />

auf einen Krippen- und einen<br />

Kin<strong>der</strong>gartenplatz.<br />

■ <strong>Frauen</strong>entwicklungsverträge<br />

erleichterten <strong>Frauen</strong> den Zugang<br />

zu Leitungsfunktionen.<br />

In <strong>der</strong> Folge drangen <strong>Frauen</strong><br />

vor allem in Funktionen auf <strong>der</strong><br />

mittleren Ebene vor. Nur sehr<br />

wenige – wenn auch mehr als in<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik – erreichten<br />

berufl iche Spitzenpositionen.<br />

Der Anteil von <strong>Frauen</strong> in typi-<br />

78 79<br />

schen Männerberufen stieg.<br />

<strong>Frauen</strong> wurden nahezu vollständig<br />

ins Erwerbsleben integriert.<br />

Dennoch blieben Hausarbeit<br />

und Kin<strong>der</strong>erziehung weiterhin<br />

an ihnen hängen. Ihre Rolle als<br />

berufstätige Hausfrau und Mutter<br />

wurde am 8. März sogar noch<br />

auf »sozialistische Art« geehrt.<br />

Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre stellte die<br />

SED fest, dass die Gleichberechtigung<br />

<strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />

im Arbeitsleben und in<br />

<strong>der</strong> Familie erreicht sei.<br />

1972 bis 1989<br />

Ab diesem Zeitpunkt folgten<br />

nur noch alltagspraktische Aktivitäten,<br />

um vor allem jungen<br />

Müttern die Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie zu erleichtern.<br />

Schichtarbeit für <strong>Frauen</strong> mit<br />

Kleinkin<strong>der</strong>n wurde verboten.<br />

Das »Mütterjahr« wurde durch<br />

eine Lohnersatzleistung fi nanziert.<br />

Die bezahlte Freistellung<br />

bei Erkrankung des Kindes wurde<br />

verlängert und die Arbeitszeit<br />

für Mütter mit mindestens zwei<br />

Kin<strong>der</strong>n verkürzt.<br />

1972 wurde das »Gesetz<br />

über die Unterbrechung <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft« verabschiedet.<br />

<strong>Frauen</strong> konnten innerhalb<br />

einer Frist von zwölf Wochen<br />

selbst über einen Abbruch entscheiden.<br />

In den 80er Jahren nahmen<br />

jedoch die Kritikerinnen, vor<br />

allem unter den jüngeren <strong>Frauen</strong>,<br />

stetig zu und es wuchs die<br />

Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> Verkürzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>politik auf eine<br />

»Muttipolitik«. Die Rahmenbedingungen<br />

waren zwar besser<br />

als im Westen, aber tatsächliche<br />

Gleichberechtigung gab es auch<br />

in <strong>der</strong> DDR nicht. Anfang <strong>der</strong><br />

80er Jahre entstanden informelle<br />

<strong>Frauen</strong>gruppen, vor allem<br />

im kirchlichen Raum und in <strong>der</strong><br />

neuen Friedens- und Alternativbewegung.<br />

1982 schlossen<br />

sich »<strong>Frauen</strong> für den Frieden«<br />

zusammen und protestierten gegen<br />

das neue Wehrdienstgesetz,<br />

das vorsah, im Verteidigungsfall<br />

auch <strong>Frauen</strong> zum Dienst an <strong>der</strong><br />

Waffe zu verpfl ichten. Im Sommer<br />

1989 spitzte sich die politische<br />

Krise in <strong>der</strong> DDR durch die<br />

Integration <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> ins Erwerbsleben


Ausreisebewegung zu. Die Opposition<br />

begann sich zu formieren.<br />

Bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

existierten an verschiedenen<br />

Orten politische <strong>Frauen</strong>-, Selbsthilfe-,<br />

Selbsterfahrungs- und<br />

Diskussionsgruppen. In Berlin<br />

zählten die »lila Offensive«<br />

( LILO ) und die »Erster Weiblicher<br />

Aufbruch« ( EWA ) zu den<br />

Gruppen <strong>der</strong> »ersten Stunde«. In<br />

Thüringen schlossen sich <strong>Frauen</strong><br />

unter dem Namen »<strong>Frauen</strong> für<br />

Verän<strong>der</strong>ung« zusammen.<br />

Doch an<strong>der</strong>s als erhofft, verbesserte<br />

die Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

die Lage <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> nicht. Im<br />

Gegenteil: Vorschuleinrichtungen<br />

wurden geschlossen, Kin<strong>der</strong>betreuungsangeboteeingeschränkt<br />

bzw. verteuert. Unzählige<br />

<strong>Frauen</strong> wurden erwerbslos<br />

und verloren ihre ökonomische<br />

Unabhängigkeit.<br />

Zunächst unterstützte die<br />

westdeutsche <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

Praktikantinnen im VEB<br />

Kaltwalzwerk Oranienburg<br />

1990. Der Betrieb wurde 1991<br />

von Krupp übernommen und<br />

alsbald geschlossen<br />

ihre ostdeutschen Schwestern<br />

engagiert. Doch nach einer<br />

Phase <strong>der</strong> »euphorischen<br />

Schwesterlichkeit« traten die<br />

Unterschiede immer klarer hervor.<br />

Die westdeutschen <strong>Frauen</strong><br />

erkannten zwar die bessere<br />

Stellung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> im Osten<br />

im Beruf an, sahen diese jedoch<br />

auf <strong>der</strong> »Bewusstseinsebene«<br />

um dreißig Jahre »hinterher<br />

hinken«. Ihrer Ansicht nach<br />

fehlte den ostdeutschen <strong>Frauen</strong><br />

die Sensibilität für subtile<br />

Unterdrückungsmechanismen<br />

– eine <strong>der</strong> Hauptleistungen <strong>der</strong><br />

Neuen <strong>Frauen</strong>bewegung im<br />

Lauf ihrer 25jährigen <strong>Geschichte</strong>.<br />

Einige <strong>Frauen</strong> glaubten sogar<br />

eine absolute Polarisierung<br />

zwischen <strong>der</strong> west- und <strong>der</strong><br />

ostdeutschen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

zu sehen, die durch den Spruch<br />

„West-Emanzen gegen Ost-<br />

Muttis“ zugespitzt ausgedrückt<br />

wurde.<br />

80 81<br />

Tag <strong>der</strong> Arbeitslosen-<br />

initiative Ost<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

vor ihrem Stand »Neue<br />

Arbeit Sachsen e. V.«


Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Die 50er Jahre<br />

In <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung<br />

tauchen <strong>Frauen</strong> im zerstörten<br />

Deutschland <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

zumeist als Trümmerfrauen<br />

auf. Diese Sicht blendet<br />

wichtige Bereiche aus. <strong>Frauen</strong><br />

arbeiteten unmittelbar nach<br />

Kriegsende auch in Betrieben<br />

und in Verwaltungen. Im Dezember<br />

1945 betrug <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> an den Erwerbstätigen<br />

im Bundesgebiet 30,5 Prozent.<br />

In <strong>der</strong> Bevölkerung waren die<br />

<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Mehrheit. Nach<br />

Kriegsende lebten in den westlichen<br />

Zonen 7,3 Millionen mehr<br />

<strong>Frauen</strong> als Männer. Dennoch<br />

bekamen Männer eher einen<br />

Arbeitsplatz als <strong>Frauen</strong>. Verheiratete<br />

<strong>Frauen</strong> wurden gezielt<br />

aus dem Erwerbsleben verdrängt.<br />

Einige Arbeitsverträge<br />

sahen sogar eine so genannte<br />

Zölibatsklausel vor.<br />

Auch moralisch wurden erwerbstätige<br />

<strong>Frauen</strong> unter Druck<br />

gesetzt, ihren Arbeitsplatz für<br />

die heimkehrenden Männer<br />

freizumachen. Bundeskanzler<br />

Konrad Adenauer ( CDU ) und die<br />

katholische Kirche propagierten<br />

82 83<br />

Eine aus heutiger sicht kaum nachvollziehbare Regelung gegen<br />

berufstätige <strong>Frauen</strong> war die sogenannte „Zölibatsklausel im<br />

Deutschen Beamtengesetz § 63“. Darin heisst es laut Bundesgesetzblatt<br />

Nr. 30 vom 11. Juli 195o:<br />

1. Ein weiblicher Beamter kann, wenn er sich verehelicht,<br />

entlassen werden. Er ist zu entlassen, wenn er es beantragt.<br />

Er darf ohne Antrag nur entlassen werden, wenn seine<br />

wirtschaftliche Versorgung nach <strong>der</strong> Höhe des Familieneinkommens<br />

dauerhaft gesichert erscheint; die wirtschaftliche<br />

Versorgung gilt als dauernd gesichert, wenn <strong>der</strong> Ehemann in<br />

einem Bemtenverhältnis steht, mit dem Anspruch auf Ruhegeld<br />

verbunden ist.<br />

2. Die oberste Dienstbehörde entscheidet darüber, ob die wirtschaftliche<br />

Versorgung dauernd gesichert (ist o<strong>der</strong>) erscheint.<br />

3. Im Einzelfalle kann die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen<br />

mit dem Bundesminister des Inneren Ausnahmen von<br />

Abs. 1, Satz 3, Halbsatz 2 zulassen.<br />

4. Die Entlassung tritt mit Ende des Monats ein, <strong>der</strong> auf den<br />

Monat folgt, in welchem dem Beamten die Entalssungsverfügung<br />

mitgeteilt worden ist.<br />

§ 64 DBG:<br />

Die Zölibatsklausel<br />

1. Die aufgrund des § 63 ausscheidenden weiblichen Beamten<br />

erhalten eine Abfi ndung nach Abs. 2, auch wenn sie Beamte<br />

auf Wi<strong>der</strong>ruf sind. Durch die Abfi ndung werden alle Versorgungsbezüge<br />

abgegolten. (...)


Aus einer Betriebsordnung ...<br />

ARBEITSZEIT: 45-STUNDENWOCHE<br />

MONTAG BIS FREITAG: (5 Tage á 8 Stunden)<br />

Vormittags 07.50 - 09.50 Uhr<br />

10.00 - 12.00 Uhr<br />

10 Min. Pause<br />

Vormittags 07.50 - 09.50 Uhr<br />

10.00 - 13.00 Uhr<br />

10 Min. Pause<br />

SAMSTAG: (5 Stunden)<br />

Nachmittags 12.50 - 16.00 Uhr<br />

16.10 - 18.00 Uhr<br />

10 Min. Pause<br />

Während <strong>der</strong> 10 Minuten Pause wird das mitgebrachte Vesper<br />

vom Gang geholt und am Platz eingenommen. Lautes Sprechen<br />

ist zu vermeiden. Das Handtuch auf dem Schoß zu behalten, damit<br />

die Hände sauber bleiben.<br />

Das Verlassen <strong>der</strong> Werkstatt während <strong>der</strong> Pause ist auch den<br />

Lehrmädchen nicht erlaubt. Die Fenster können geöffnet werden<br />

und nachher wie<strong>der</strong> geschlossen. Unsere Hausordnung verlangt<br />

von uns ruhiges Benehmen.<br />

Auf dem Treppenhaus darf nicht gesprochen werden. Um den<br />

Lehrmädchen die Bodenpfl ege <strong>der</strong> Werkstätte zu erleichtern, ziehen<br />

alle die schweren Straßenschuhe aus.<br />

Für die Zeiteintragung auf <strong>der</strong> Karte ist gewissenhaft und<br />

pünktlich jede Mitarbeitende verantwortlich.<br />

Der Werkstattmeisterin ist (in Abwesenheit <strong>der</strong> Inhaberin) <strong>der</strong><br />

zur För<strong>der</strong>ung des Geschäfts nötigen Anordnungen zu folgen.<br />

Je<strong>der</strong> arbeite an seinem Werk mit freudigem Eifer zum schönen<br />

Gelingen !<br />

Lore und Anne kommen um 8 Uhr, dafür räumen sie gründlich<br />

in <strong>der</strong> Mittagszeit auf. Legen ihre Handtücher auf den abgeräumten<br />

Zuschneidetisch, um dort zu essen.<br />

das Bild <strong>der</strong> Hausfrau und Mutter,<br />

die sich um die drei K – Küche,<br />

Kin<strong>der</strong>, Kirche zu kümmern<br />

hatte. Öffentlich wurde darüber<br />

diskutiert, dass eine Vernachlässigung<br />

dieser Aufgaben die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gravierend<br />

beeinträchtige. »Schlüsselkin<strong>der</strong>«<br />

wurden Kin<strong>der</strong> genannt,<br />

<strong>der</strong>en Mütter erwerbstätig<br />

waren. Diese Ideologie fi el bei<br />

vielen <strong>Frauen</strong> auf fruchtbaren<br />

Boden. Mit Familienarbeit und<br />

Erwerbstätigkeit enorm belastet,<br />

gaben viele freiwillig ihren<br />

Arbeitsplatz auf. Die Folge: 1950<br />

waren fast 70 Prozent <strong>der</strong> allein<br />

stehenden <strong>Frauen</strong> erwerbstätig,<br />

aber nur 26,4 Prozent <strong>der</strong> verheirateten.<br />

Am 10. Mai 1957 erklärte<br />

das Bundesarbeitsgericht Zölibatsklauseln<br />

im Arbeitsvertrag<br />

endlich für unwirksam. Bis zu<br />

diesem Zeitpunkt hatten im<br />

Familienrecht immer noch die<br />

Bestimmungen des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

gegolten: Die Ehefrau<br />

durfte eigenständig keine Verträge<br />

schließen, ohne Einwilligung<br />

des Ehemannes konnte<br />

sie keiner Erwerbstätigkeit<br />

nachgehen. Er hingegen konnte<br />

mit <strong>der</strong> Einwilligung des Vormundschaftsgerichts<br />

das Arbeitsverhältnis<br />

seiner Frau ohne<br />

<strong>der</strong>en Einverständnis kündigen.<br />

Er konnte über ihr Einkommen<br />

verfügen und Entscheidungen,<br />

die die gemeinsamen Kin<strong>der</strong><br />

betrafen, alleine treffen. Das<br />

»Gesetz über die Gleichberechtigung<br />

von Mann und Frau auf<br />

dem Gebiet des bürgerlichen<br />

Rechts« von 1957 beendete zwar<br />

diese Hierarchie im bürgerlichen<br />

Recht. Die grundsätzliche Vorstellung<br />

einer geschlechtsspezifi<br />

schen Rollenverteilung in <strong>der</strong><br />

Ehe blieb jedoch unangetastet.<br />

So durften <strong>Frauen</strong> weiterhin nur<br />

dann berufstätig sein, wenn dies<br />

mit ihren Familienpfl ichten vereinbar<br />

war.<br />

Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

konzentrierte sich in den<br />

Anfangsjahren <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

auf den Aufbau organisatorischer<br />

Strukturen und die Werbung<br />

weiblicher Mitglie<strong>der</strong>. Die<br />

Hoffnung vieler Gewerkschafterinnen,<br />

dass frauenspezifi sche<br />

84 85<br />

Fragen gleichwertig in die gewerkschaftliche<br />

Arbeit integriert<br />

würden, erfüllte sich nicht.<br />

Zumeist blieb es engagierten<br />

<strong>Frauen</strong> vorbehalten, Probleme<br />

anzusprechen und Verän<strong>der</strong>ungen<br />

einzufor<strong>der</strong>n. Dabei ging es<br />

vor allem um die Betreuung <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> berufstätiger <strong>Frauen</strong>, die<br />

Doppelbelastung, um den Mutterschutz,<br />

berufl iche För<strong>der</strong>ung<br />

sowie Lohn- und Gehaltsdiskriminierung.<br />

Bei Gründung <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

sahen fast alle Tarifverträge<br />

Abschlagsklauseln für <strong>Frauen</strong>löhne<br />

vor. Je nach Tarifvertrag<br />

mussten <strong>Frauen</strong> bei gleicher Arbeit<br />

einen Abschlag von zehn bis<br />

25 Prozent auf den Männerlohn<br />

hinnehmen. Mit dieser Praxis<br />

räumte ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts<br />

aus dem Jahr 1955<br />

auf. Der Gleichberechtigungsgrundsatz<br />

des Grundgesetzes<br />

umfasse auch den Grundsatz<br />

<strong>der</strong> Lohngleichheit von Mann<br />

und Frau und gelte mithin auch<br />

für Tarifverträge, beschieden die<br />

Richter. Damit waren Lohnabschlagsklauseln<br />

gesetzwidrig.<br />

Zugleich regte das Gericht an,<br />

genauere Lohnkategorien zu<br />

bilden und Tätigkeiten nach<br />

ihren körperlichen Belastungen<br />

zu unterscheiden. Geklagt<br />

hatte eine Hilfsarbeiterin einer<br />

Stuhlfabrik in Bakede, einem<br />

kleinen Ort in Nie<strong>der</strong>sachsen in<br />

<strong>der</strong> Nähe von Hameln. Nach dem<br />

Tarifvertrag für die holzverarbeitende<br />

Industrie Nie<strong>der</strong>sachsens<br />

erhielten die Männer damals den<br />

Hilfsarbeiterlohn von 1,17 DM je<br />

Stunde. <strong>Frauen</strong> zahlte die Firma<br />

jedoch nur 94 Pfennig. Dies<br />

schien durch den Tarifvertrag,<br />

Absatz »<strong>Frauen</strong>arbeit«, gedeckt.<br />

Dort hieß es:<br />

„Weibliche Arbeitskräfte<br />

erhalten für die Spulenindustrie<br />

75 Prozent, für die übrige unter<br />

diese Tarifvereinbarung fallende<br />

holzverarbeitende Industrie 80<br />

Prozent <strong>der</strong> betreffenden Männerlöhne.“<br />

Nach dem historischen<br />

Urteil machten sich die Arbeitgeber<br />

Gedanken darüber, wie<br />

sie sich möglichst billig aus<br />

<strong>der</strong> Affäre ziehen könnten. Die<br />

Bezahlung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> nach den<br />

Gleichberechti-<br />

gungsgrundsatz<br />

des Grundgesetzes<br />

und<br />

Tarifverträge


Tarifen für männliche Hilfsarbeiter<br />

hätte eine Lohnerhöhung<br />

von 25 bis 35 Prozent bedeutet.<br />

Um das zu vermeiden, wurden<br />

die bisherigen Lohngruppen um<br />

weitere ergänzt. 1956 einigte<br />

sich zum Beispiel <strong>der</strong> Vorstand<br />

<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> mit dem Gesamtverband<br />

<strong>der</strong> metallindustriellen<br />

Arbeitgeberverbände auf<br />

Lohngruppentexte mit dem<br />

Merkmal „Ohne beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die körperliche<br />

Leistungsfähigkeit“. Unter <strong>der</strong><br />

bisher niedrigsten Lohngruppe<br />

( zumeist 80 Prozent unterhalb<br />

des Facharbeiterlohns, <strong>der</strong> so<br />

genannten Ecklohngruppe )<br />

wurden weitere Gruppen geschaffen.<br />

Deren Niveau lag in<br />

<strong>der</strong> Regel bei 72 bis 75 Prozent<br />

des Ecklohns. Damit schien<br />

zwar formalrechtlich die Diskriminierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> bei <strong>der</strong><br />

Entlohnung beseitigt, es gab<br />

keine Lohnabschlagsklauseln<br />

mehr, stattdessen waren die<br />

Leichtlohngruppen geboren, in<br />

die vor allem <strong>Frauen</strong> eingruppiert<br />

wurden.<br />

Zweites wichtiges Arbeitsfeld<br />

für die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-<strong>Frauen</strong> war<br />

schon früh das Engagement gegen<br />

Militarismus und Krieg und<br />

für den Frieden. In den 50er Jahren<br />

protestierten sie gegen die<br />

Wie<strong>der</strong>bewaffnung <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland und warnten<br />

vor den Gefahren atomarer<br />

Waffen für die gesamte Welt.<br />

Die 60er Jahre<br />

Die 60er Jahre gelten als die Jahre<br />

des »Wirtschaftswun<strong>der</strong>s«.<br />

Mehr ArbeitnehmerInnen als<br />

je zuvor konnten sich – häufi g<br />

auf Raten – bei einer 40- bis<br />

45-Stunden-Woche größere<br />

Anschaffungen leisten ( einen<br />

Fernseher, eine Waschmaschine,<br />

ein Auto ) und in Urlaub fahren.<br />

In dieser Zeit des Aufschwungs<br />

warben die Betriebe<br />

um <strong>Frauen</strong> als Arbeitskräfte<br />

und boten unterschiedlichste<br />

Arbeitszeitmodelle an, um den<br />

Einstieg ins Berufsleben zu<br />

erleichtern. <strong>Frauen</strong>erwerbstätigkeit<br />

wurde mit Hilfe des »Drei-<br />

Phasen-Modells« legitimiert.<br />

Dieses Modell wies familiäre<br />

Aufgaben und Erwerbstätigkeit<br />

verschiedenen Lebensphasen zu<br />

und versuchte auf diese Weise,<br />

individuelle, natürliche Lebensprozesse<br />

mit wirtschaftlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen zu synchronisieren.<br />

Die Frau unterbreche ihre<br />

Erwerbstätigkeit nach <strong>der</strong> Heirat<br />

o<strong>der</strong> Geburt des ersten Kindes<br />

und nehme sie nach Beendigung<br />

86 87<br />

<strong>der</strong> Schulzeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wie<strong>der</strong><br />

auf. Vera Klein, die diese Theorie<br />

gemeinsam mit Alva Myrdal entwickelt<br />

hatte, referierte darüber<br />

bei <strong>der</strong> 6. <strong>Frauen</strong>konferenz <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1967.<br />

Zunehmend wurden auch<br />

verheiratete <strong>Frauen</strong> wie<strong>der</strong> erwerbstätig.<br />

Müttern wurde Teilzeitarbeit<br />

angeboten. Arbeitszeitmodelle<br />

mit Abendschichten<br />

und Saisonarbeit kamen auf.<br />

Vorreiter war <strong>der</strong> Dienstleistungsbereich,<br />

aber es gab auch<br />

so genannte Hausfrauenschichten<br />

in <strong>der</strong> Produktion, in denen<br />

in <strong>der</strong> Regel an- und ungelernte<br />

Arbeiterinnen arbeiteten. Sie<br />

verrichteten oft Tätigkeiten, die<br />

große Fingerfertigkeit erfor<strong>der</strong>ten,<br />

eng getaktet und sehr<br />

monoton waren. Diese Arbeiten<br />

stellten angeblich keine großen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen und wurden gering<br />

bezahlt.<br />

In <strong>der</strong> Bekleidungsindustrie<br />

wuchs <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil unter<br />

den Beschäftigten auf 83,8 Prozent<br />

an, in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie


Verringerung <strong>der</strong><br />

Doppelbelastung<br />

»Notstands-<br />

gesetze«<br />

verharrte er bei unter 20 Prozent.<br />

Vorrangiges Ziel <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>politik<br />

war auch in dieser Zeit,<br />

die Doppelbelastung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />

zu verringern. Männer beteiligten<br />

sich kaum an <strong>der</strong> Familienarbeit.<br />

Hausarbeit musste<br />

in dieser Zeit noch vielfach<br />

ohne technische Unterstützung<br />

bewältigt werden. Da die wenigsten<br />

über eine ( halb- ) automatische<br />

Waschmaschine<br />

verfügten, mussten sie einen<br />

Waschtag einplanen. In vier<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n ( Bremen, Hamburg,<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen und Nordrhein-Westfalen<br />

) gab es daher<br />

den gesetzlichen Anspruch auf<br />

einen bezahlten Hausarbeitstag.<br />

Dieser wurde jedoch aufgrund<br />

<strong>der</strong> Beschwerde eines allein<br />

stehenden Mannes vor dem<br />

Bundesverfassungsgericht als<br />

exklusives <strong>Frauen</strong>recht 1979 für<br />

verfassungswidrig erklärt.<br />

Sozialpolitische For<strong>der</strong>ungen<br />

prägten die gewerkschaftliche<br />

<strong>Frauen</strong>politik: Die Freistellung<br />

eines Elternteils bei Krankheit<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, ausreichende<br />

Angebote zur Kin<strong>der</strong>betreuung,<br />

angemessenes Kin<strong>der</strong>geld und<br />

angemessene Altersrenten. Die<br />

meisten dieser For<strong>der</strong>ungen<br />

mündeten erst in den 70er Jahren<br />

in staatliche Reformen.<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

verschärfte sich in den Betrieben<br />

die Auseinan<strong>der</strong>setzung um<br />

bessere Arbeitsbedingungen.<br />

Thema war auch eine vorsorgende<br />

Gesundheitspolitik. Bis<br />

Ende <strong>der</strong> 60er Jahre bezog zum<br />

Beispiel die Arbeitswissenschaft<br />

ihre Erkenntnisse aus <strong>der</strong><br />

Beobachtung junger Männer<br />

zwischen 20 bis 25 Jahren. Eine<br />

geschlechter- o<strong>der</strong> altersgerechte<br />

Betrachtungsweise war nicht<br />

üblich.<br />

Aufgrund heftiger Proteste<br />

gegen den Vietnam-Krieg und<br />

angesichts <strong>der</strong> zunehmenden<br />

Politisierung <strong>der</strong> Jugend verabschiedete<br />

<strong>der</strong> Bundestag 1968<br />

auf Initiative <strong>der</strong> Großen Koalition<br />

in Bonn die »Notstandsgesetze«,<br />

die es ermöglichten,<br />

einen Teil <strong>der</strong> verfassungsmäßigen<br />

Rechte im Fall eines »Notstands«<br />

außer Kraft zu setzen.<br />

Dieser Beschluss löste eine<br />

Welle des Wi<strong>der</strong>stands im gesamten<br />

Land aus. Studierende,<br />

Gewerkschaften, SPD-Mitglie<strong>der</strong><br />

und linke Gruppen beteiligten<br />

sich an vorher undenkbaren gemeinsamen<br />

Aktionen. Vor allem<br />

die Studierenden verknüpften<br />

diesen Protest mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />

nach Aufarbeitung <strong>der</strong><br />

Nazi-Vergangenheit und nach<br />

einer Demokratisierung <strong>der</strong><br />

Hochschulen. Sie wollten den<br />

„Muff von tausend Jahren“ aus<br />

den Universitäten vertreiben.<br />

Diese Bewegungen legten<br />

den Grundstein dafür, dass nach<br />

an<strong>der</strong>thalb Jahrzehnten CDU-<br />

Herrschaft und nach dem Ende<br />

einer drei Jahre lang regierenden<br />

großen Koalition von CDU/<br />

CSU und SPD 1969 die erste<br />

sozial-liberale Koalition von SPD<br />

und FDP gebildet wurde. Willy<br />

Brandt wurde zum Bundeskanzler<br />

gewählt. Das Motto seiner<br />

Regierungserklärung: „Mehr<br />

Demokratie wagen !“<br />

Die 70er Jahre<br />

Die sozialen Bewegungen vom<br />

Ende <strong>der</strong> 60er Jahre wirkten<br />

in den 70er Jahren fort. Viele<br />

Menschen politisierten und engagierten<br />

sich. Vor allem auch<br />

junge Leute und <strong>Frauen</strong> traten<br />

an, das verknöcherte Gesellschaftssystem<br />

zu verän<strong>der</strong>n. Es<br />

entstand eine neue <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

( siehe unten ).<br />

Die sozial-liberale Koalition<br />

setzte eine Reihe sozialer<br />

Reformen ins Werk, in denen<br />

sich auch die sozialpolitischen<br />

For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gewerkschafterinnen<br />

wie<strong>der</strong>fanden: die<br />

Neugestaltung des Ehe- und<br />

Familien- und des Nichtehelichenrechts,<br />

die Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Krankenversicherung<br />

mit <strong>der</strong> Freistellung zur Pfl ege<br />

erkrankter Familienangehöriger<br />

und dem Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen,<br />

die Einführung<br />

des Mutterschaftsurlaubs<br />

und des Mutterschaftsgeldes.<br />

All diese Themen fanden sich<br />

durchgängig in den Anträgen<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>konferenzen <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> in den 60er und 70er<br />

Jahren wie<strong>der</strong>.<br />

88 89<br />

Mit dem Mutterschutzgesetz<br />

von 1965 wurde die<br />

Schutzfrist nach <strong>der</strong> Entbindung<br />

auf acht Wochen verlängert<br />

und ein Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen<br />

während <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft begründet.<br />

1971 wurde <strong>der</strong> Mutterschaftsurlaub<br />

mit Mutterschaftsgeld<br />

und Kündigungsschutz bis zwei<br />

Monate nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs<br />

eingeführt.<br />

Das bedeutete Verbesserungen,<br />

die die Gewerkschaften schon<br />

seit vielen Jahren gefor<strong>der</strong>t<br />

hatten.<br />

Mit <strong>der</strong> Reform des Namensrechts<br />

1976 und <strong>der</strong> Reform des<br />

Ehe- und Familienrechts 1977<br />

wurde das tradierte Leitbild <strong>der</strong><br />

Hausfrauenehe im Bürgerlichen<br />

Recht endlich weitgehend aufgegeben.<br />

Nun hatten beide EhepartnerInnen<br />

das gleiche Recht<br />

erwerbstätig zu sein. Sie teilten<br />

sich die Verantwortung für die<br />

Haushaltsführung. Zerrüttungsprinzip<br />

und Versorgungsausgleich<br />

lösten das antiquierte<br />

Schuldprinzip im Scheidungsrecht<br />

ab.<br />

Auch in die Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

und parlamentarischen<br />

Initiativen zur Neuregelung des<br />

Abtreibungs-Paragrafen 218<br />

StGB mischten sich die Gewerkschaften<br />

ein. Bereits 1971 for<strong>der</strong>te<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaftstag <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die Straffreiheit des<br />

Schwangerschaftsabbruchs. Die<br />

Mitglie<strong>der</strong> wurden zu einer Unterschriftenaktion<br />

zur Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Fristenregelung aufgerufen,<br />

die mehr als 125.000 Unterschriften<br />

einbrachte. Die vom<br />

Bundestag im April 1974 verabschiedete<br />

»Fristenregelung« billigte<br />

<strong>der</strong> Frau in den ersten drei<br />

Monaten <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />

zu, über einen Abbruch selbst zu<br />

entscheiden. Jedoch verwarf das<br />

Bundesverfassungsgericht diese<br />

Reform ein Jahr später als nicht<br />

verfassungsgemäß. Mit einem<br />

neuen Gesetz wurde schließlich<br />

die Indikationenregelung eingeführt,<br />

die einen Schwangerschaftsabbruch<br />

in bestimmten<br />

eng umrissenen Fällen zuließ.<br />

Zur Gleichstellung <strong>der</strong> Frau<br />

gehören gleiche Bildungs- und<br />

Ausbildungschancen für Mäd-<br />

Reformen im Familienrecht<br />

und Neue<br />

<strong>Frauen</strong>bewegung


GTB-Broschüre, 1972<br />

chen wie für Jungen. Als Folge<br />

<strong>der</strong> Bildungsreformen nahm ab<br />

Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre die Zahl<br />

<strong>der</strong> Mädchen, die einen Beruf<br />

erlernten, kontinuierlich zu.<br />

Allerdings konzentrierte sich<br />

die Mehrzahl auf relativ wenige,<br />

meist schlecht bezahlte, frauentypische<br />

Berufe im Dienstleistungssektor,<br />

wie Arzthelferin,<br />

Friseurin, Näherin, Kauffrau<br />

o<strong>der</strong> Verkäuferin. Seit den 60er<br />

Jahren gehörte es zu den Kernanliegen<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, die Ausbildung <strong>der</strong><br />

Mädchen in gewerblich technischen<br />

Berufen zu för<strong>der</strong>n. Die<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> plädierte für einheitliche<br />

Lehrpläne für Jungen und<br />

Mädchen. Jungen sollten am<br />

Hauswirtschaftsunterricht teilnehmen,<br />

Mädchen am Werkunterricht.<br />

Anlernberufe, in denen<br />

Mädchen eine Kurzausbildung<br />

absolvierten, sollten zu regu-<br />

lären dreijährige Ausbildungen<br />

aufgewertet werden. Anke<br />

Fuchs, bis April 1977 Mitglied im<br />

geschäftsführenden Vorstand<br />

<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, pries Schweden<br />

als Vorbild. Dort erhielten Betriebe<br />

Zuschüsse, wenn sie <strong>Frauen</strong><br />

in typischen Männerberufen<br />

und Männer in typischen <strong>Frauen</strong>berufen<br />

ausbildeten.<br />

Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre beendete<br />

eine schwere Wirtschaftskrise<br />

die Jahre <strong>der</strong> Vollbeschäftigung<br />

o<strong>der</strong> doch Beinahe-Vollbeschäftigung<br />

in <strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />

1975 waren über eine Million<br />

Menschen arbeitslos, darunter<br />

über 400.000 <strong>Frauen</strong>. Seit diesem<br />

Zeitpunkt ist es nie mehr<br />

gelungen, den sich weiter vergrößernden<br />

Sockel an Arbeitslosigkeit<br />

zu beseitigen.<br />

In <strong>der</strong> Wirtschaftskrise <strong>der</strong><br />

70er Jahre verschlechterten sich<br />

auch die gesellschaftlichen Rah-<br />

90 91<br />

menbedingungen für gewerkschaftliche<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit. In dieser<br />

Situation veröffentlichte <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>ausschuss <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

1978 »Zwölf Thesen«, eine Art<br />

politisches Grundsatzprogramm.<br />

Mit diesem Programm knüpften<br />

die Gewerkschafterinnen an<br />

die politischen Grundlagen <strong>der</strong><br />

proletarischen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

<strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende an. Diese<br />

hatte ihren Kampf um die Emanzipation<br />

<strong>der</strong> Frau mit einer präzisen<br />

Analyse <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

und wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse verbunden.<br />

In <strong>der</strong> Wirtschaftskrise<br />

zeigte sich recht schnell, dass<br />

weibliche Erwerbsarbeit noch<br />

immer nicht selbstverständlich<br />

war, <strong>Frauen</strong> wurden weiterhin<br />

als arbeitsmarktpolitische Verschiebemasse<br />

missbraucht,<br />

Wirtschaft und Politik unternehmen<br />

einmal mehr den Versuch,<br />

<strong>Frauen</strong> in »Männerberufen«


Die 80er Jahre<br />

das Problem <strong>der</strong> Massenarbeits- Einige Aspekte waren für<br />

Das Jahr 1982 brachte einen<br />

losigkeit zu ihren Lasten zu lö- die <strong>Frauen</strong> an den Bän<strong>der</strong>n und<br />

Regierungswechsel und damit<br />

sen. Die Frau als »Doppelverdie- Maschinen beson<strong>der</strong>s wichtig.<br />

die 16 Jahre währende Ära Kohl.<br />

nerin« saß plötzlich wie<strong>der</strong> auf Die »einfache« und »leichte«<br />

Die Arbeitslosenzahlen stiegen<br />

<strong>der</strong> Anklagebank.<br />

Arbeit, die man ihnen zuwies,<br />

und die Beschäftigten in <strong>der</strong><br />

Gleichzeitig geschah Mitte war vielfach das letzte Stadium<br />

<strong>Metall</strong>industrie streikten für die<br />

<strong>der</strong> 70er Jahre einiges auf euro- vor <strong>der</strong> Automation. Die Arbeits-<br />

35-Stundenwoche. Die 80er Jahpäischer<br />

Ebene. Der Ministerrat abläufe waren so zerhackt und<br />

re standen aber auch im Zeichen<br />

<strong>der</strong> damaligen Europäischen zerglie<strong>der</strong>t, dass die Gefahr<br />

des <strong>Frauen</strong>aufbruchs.<br />

Wirtschaftsgemeinschaft bestand, diese Arbeitsplätze in<br />

Die Kampagne <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

beschloss einstimmig zwei einer weiteren Welle <strong>der</strong> Mecha-<br />

für die 35-Stunden-Woche<br />

wichtige Richtlinien, eine zur nisierung wegzurationalisieren.<br />

verfolgte schwerpunktmäßig<br />

Lohngleichheit und eine zur Bedeutsam war daher die Forde-<br />

das Ziel, durch Arbeitszeitver-<br />

Gleichheit beim Zugang zu rung nach Mindestarbeitsinhalkürzung<br />

die Arbeitslosigkeit zu<br />

Beschäftigung, Weiterbildung, ten. Die Gewerkschaften sahen<br />

verringern. Neben den beschäf-<br />

berufl ichem Aufstieg sowie sich durch ein 1975 im Auftrag<br />

tigungs- und humanisierungs-<br />

Arbeitsbedingungen. Diese <strong>der</strong> Bundesregierung erstellpolitischen<br />

Zielen, ging es den<br />

Richtlinien sind seither wichtige tes arbeitswissenschaftliches<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> auch dar-<br />

Grundlagen zur Durchsetzung Gutachten in ihrer Auffassung<br />

um, Lebenschancen gerechter<br />

gleichstellungspolitischer For- bestätigt. Es besagte Folgen-<br />

zu verteilen. Trotz steigen<strong>der</strong><br />

Ein wichtiges Ziel: Humanisierung <strong>der</strong> Arbeitswelt <strong>der</strong>ungen.des:<br />

Um auf Dauer erträglich zu<br />

Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> Die 35 Stunden-Woche: für <strong>Frauen</strong> auch eine Möglichkeit zur gerechteren Verteilung von Lebenschancen<br />

Die »Humanisierung <strong>der</strong> Ar- sein, müsse Arbeit aus einem<br />

hatte sich an <strong>der</strong> gesellschaftbeitswelt«<br />

war in den 70er Jah- Mindestmaß an Handgriffen<br />

lichen Arbeitsteilung zwischen<br />

ren ein wichtiges gewerkschaft- bestehen, die zusammen mehr<br />

den Geschlechtern kaum etwas<br />

liches Ziel. Auch die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> als eine Minute Zeit erfor<strong>der</strong>ten.<br />

verän<strong>der</strong>t. Die Doppelbelastung<br />

initiierte und begleitete viele Außerdem müsse jede Arbeit ein<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> durch Erwerbstä-<br />

Projekte – betrieblich und über- Mindestmaß an Entscheidungstigkeit<br />

einerseits, »Küche und<br />

betrieblich.freiheit<br />

und Kontrolle enthalten.<br />

Kin<strong>der</strong>« an<strong>der</strong>erseits bestand<br />

92 93


DGB-<br />

<strong>Frauen</strong>kundgebung<br />

Bonn 1983: <strong>Frauen</strong><br />

protestieren gegen<br />

sozialen Abbau<br />

noch immer. Viele Mütter kleiner<br />

Kin<strong>der</strong> waren ( und sind weiterhin<br />

) dazu gezwungen, nur<br />

Teilzeit zu arbeiten, auch wenn<br />

sie eigentlich eine Vollzeitstelle<br />

haben wollen. Viele wurden in<br />

ungesicherte – geringfügige<br />

– Beschäftigungsverhältnisse<br />

gedrängt. Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre<br />

war jede dritte erwerbstätige<br />

Frau teilzeitbeschäftigt.<br />

Darüber hinaus ging es in<br />

<strong>der</strong> gewerkschaftlichen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

um die soziale Sicherung<br />

<strong>der</strong> Frau, um Aus- und Weiterbildungsfragen,<br />

Altersversorgung<br />

und die Bekämpfung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit.<br />

Gefor<strong>der</strong>t wurden<br />

auch Gleichstellungsstellen,<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragte und gezielte<br />

<strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>ung. Seit Mitte <strong>der</strong><br />

80er Jahre initiierten Kolleginnen<br />

<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> <strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>pläne<br />

sowohl in den Betrieben<br />

als auch in den Glie<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaft, um Diskriminierungen<br />

abzubauen und die<br />

gleichberechtigte Teilhabe <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> zu erreichen.<br />

Gegen den Willen <strong>der</strong> DGB-<br />

Spitze belebten Gewerkschafts-<br />

frauen in den 80er Jahren den<br />

Internationale <strong>Frauen</strong>tag neu<br />

und feierten ihn seither jedes<br />

Jahr. Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> verband den<br />

8. März mit aktuellen, frauenpolitisch<br />

wichtigen Themenschwerpunkten:<br />

Lohngleichheit ( 1981 ),<br />

Sozialaufbau ( 1982 ), Mitbestimmung<br />

und Dienst von <strong>Frauen</strong><br />

in <strong>der</strong> Bundeswehr ( 1983 ), Arbeitszeitverkürzung<br />

( 1984 ) und<br />

Arbeitslosigkeit ( 1985 ).<br />

1986 führte die Bundesregierung<br />

den Erziehungsurlaub<br />

und das Erziehungsgeld für<br />

Mütter und Väter ein, die ihr<br />

neugeborenes Kind selbst betreuen.<br />

Erziehungsgeld gab es<br />

zunächst zehn Monate lang, ab<br />

94 95<br />

1990 dann 18 Monate lang. Seit<br />

1992 bestehen <strong>der</strong> Anspruch<br />

auf Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub<br />

(seit 2001: Elternzeit)<br />

unabhängig voneinan<strong>der</strong>.<br />

Erziehungsgeld wurde ab diesem<br />

Zeitpunkt 24 Monate lang<br />

gezahlt. Väter o<strong>der</strong> Mütter im<br />

Erziehungsurlaub konnten bis<br />

zu 19 Stunden pro Woche arbeiten.<br />

Die Reform des Erziehungsgeldgesetzes<br />

2001 eröffnete<br />

beiden Eltern die Möglichkeit,<br />

gleichzeitig Elternzeit ( wie <strong>der</strong><br />

Erziehungsurlaub nun hieß ) zu<br />

nehmen und bis zu 30 Stunden<br />

pro Woche erwerbstätig zu sein.<br />

An frauenspezifi schen Fragen<br />

des Arbeitsschutzes arbei-<br />

teten <strong>Metall</strong>erinnen auch in den<br />

80er Jahren. Zu den traditionellen<br />

Problemen des Arbeitsschutzes<br />

gehörten unter an<strong>der</strong>em<br />

Lärmbelästigung, Luftverschmutzung<br />

und die Raumtemperatur.<br />

Eine wachsende Rolle spielten<br />

auch ergonomische Gesichtspunkte,<br />

wie richtiges Sitzen und<br />

richtiges Licht. Dass viele Betriebe<br />

die Vorschriften missachten,<br />

zeigte 1980 eine Aktion mehrerer<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Verwaltungsstellen in<br />

Baden-Württemberg unter dem<br />

Moto »<strong>Frauen</strong> sind nicht zweite<br />

Klasse«. Häufi g übertreten wurden<br />

zum Beispiel die Vorschriften<br />

für <strong>Frauen</strong> zum Heben und<br />

Tragen.<br />

„Wi<strong>der</strong>stand jetzt“<br />

DGB-Kundgebung<br />

gegen sozialen<br />

Abbau,<br />

Frankfurt/M. 1982


Kroschu-Kolleginnen vor Beginn <strong>der</strong> Verhandlung vor dem Bochumer Arbeitsgericht, 1983<br />

In den 70er und 80er Jahren<br />

initiierten die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

und an<strong>der</strong>e Gewerkschaften<br />

Höhergruppierungsaktionen.<br />

Sie wandten sich gegen die<br />

Klassifi zierung »körperlich<br />

leichte Arbeit« an vielen <strong>Frauen</strong>arbeitsplätzen<br />

und for<strong>der</strong>ten<br />

die Abschaffung <strong>der</strong> Leichtlohngruppen<br />

als ungerechtfertigt<br />

und diskriminierend. Beispielsweise<br />

erstritten 14 Arbeiterinnen<br />

des Elektromotorenwerks<br />

Groschopp in Viersen vor Gericht<br />

ihre Höhergruppierung aus<br />

<strong>der</strong> Leichtlohngruppe 2 in die<br />

Gruppe 4 des nordrhein-westfälischen<br />

Tarifvertrags. Das Arbeitsgericht<br />

Mönchengladbach<br />

befand, dass das Drähtelöten,<br />

mit dem die <strong>Frauen</strong> beschäftigt<br />

waren, mehr als nur geringe<br />

körperliche Belastung sei. 1988<br />

verbot das Bundesarbeitsgericht<br />

die Leichtlohngruppen endlich<br />

als »mittelbar diskriminierend«.<br />

Auch hier hatten <strong>Metall</strong>erinnen<br />

geklagt, die in einer Wittener<br />

Kabelfi rma arbeiteten und eine<br />

gerechtere Eingruppierung<br />

einfor<strong>der</strong>ten. Seit diesem Urteil<br />

96 97<br />

Solidartitätsdemonstration für die Thyssen-Koleginnen vor dem Landesarbeitsgericht in Frankfurt 1981<br />

wird unter körperlich schwerer<br />

Arbeit auch solche Arbeit<br />

verstanden, die stehende Tätigkeiten,<br />

eine taktgebundene,<br />

repetitive Arbeit, nervliche Belastungen<br />

o<strong>der</strong> Lärmbelastung<br />

beinhaltet o<strong>der</strong> zu einer bestimmten<br />

Körperhaltung zwingt<br />

– Anfor<strong>der</strong>ungen an vielen<br />

Arbeitsplätzen von <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />

<strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie.


Internationaler<br />

<strong>Frauen</strong>tag 1994<br />

Die 90er Jahre<br />

Der Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre brachte<br />

die deutsche Wie<strong>der</strong>vereinigung.<br />

In <strong>der</strong> Folge verloren in<br />

den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n Männer<br />

wie <strong>Frauen</strong> ihren Arbeitsplatz.<br />

Doch Männer fanden eher<br />

eine neue Stelle. Die Erwerbslosigkeit<br />

<strong>der</strong> ostdeutschen <strong>Frauen</strong><br />

nahm dramatisches Ausmaß an.<br />

Mit dem Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft und <strong>der</strong> damit<br />

verbundenen anhaltenden<br />

Massenarbeitslosigkeit ging<br />

für die <strong>Frauen</strong> in den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n die Zeit hoher<br />

Erwerbstätigkeit zu Ende. In<br />

<strong>der</strong> ehemaligen DDR war es für<br />

jede Frau selbstverständlich, für<br />

den eigenen Lebensunterhalt zu<br />

sorgen und auf eine öffentliche<br />

Infrastruktur zur Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf zurückzugreifen.<br />

In <strong>der</strong> DDR waren<br />

87 Prozent aller berufstätigen<br />

<strong>Frauen</strong> Facharbeiterinnen o<strong>der</strong><br />

hatten eine höhere berufl iche<br />

Ausbildung. Die Massenarbeitslosigkeit<br />

traf die <strong>Frauen</strong> im Osten<br />

trotz gleicher Qualifi kation<br />

wie ihre männlichen Kollegen<br />

doppelt. Sie wurden als erste<br />

98 99<br />

entlassen und fanden als letzte<br />

einen neuen Job o<strong>der</strong> ergatterten<br />

eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.<br />

Während im Westen<br />

die <strong>Frauen</strong>erwerbsquote von<br />

1989 bis 1992 von 55,5 Prozent<br />

auf 59,5 Prozent gestiegen ist,<br />

sank sie im Osten Deutschlands<br />

von 91 Prozent ( 1989 ) auf 47,8<br />

Prozent.<br />

Parallel zu dieser Entwicklung<br />

erlebte die Bundesrepublik<br />

die schlimmste Wirtschaftskrise<br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit. Mehr als<br />

vier Millionen Menschen waren<br />

auf dem Höhepunkt dieser Krise,<br />

im Februar 1994, arbeitslos<br />

gemeldet. 1983 hatten über<br />

eine Million <strong>Frauen</strong> keine Arbeit,<br />

1999 schon fast zwei Millionen.<br />

Ihre allgemeine Arbeitslosenquote<br />

lag immer über <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Männer. In <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>wirtschaft<br />

war das jedoch etwas an<strong>der</strong>s.<br />

Dort lag <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an<br />

den Arbeitslosen <strong>der</strong> Branche<br />

mit 19 bis 20 Prozent unter <strong>der</strong><br />

allgemeinen Quote. Indes stieg<br />

<strong>der</strong> branchenspezifi sche Anteil<br />

<strong>der</strong> arbeitslosen <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />

Textil- und Bekleidungswirt-<br />

schaft auf nahezu 90 Prozent.<br />

Die Arbeitslosigkeit ließ<br />

auch bei <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die Mitglie<strong>der</strong>zahlen<br />

sinken. Die Gewerkschaft<br />

verlor bis 1994 über<br />

120.000 weibliche Mitglie<strong>der</strong>,<br />

rund 86.000 im Osten und rund<br />

35.000 im Westen.<br />

Im Verlaufe <strong>der</strong> Krise gewannen<br />

in <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />

<strong>Frauen</strong>arbeit Konzepte für eine<br />

geschlechtergerechte Wirtschafts-<br />

und Strukturpolitik an<br />

Bedeutung. Das Arbeits- und<br />

Aktionsprogramm »<strong>Frauen</strong> für<br />

die 35« fl ankierte die Tarifrunde<br />

1990. Das Arbeitszeitforum <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1990 in Frankfurt mit<br />

350 Teilnehmerinnen unter dem<br />

Motto »Wir streiten für bessere<br />

Zeiten« bildete einen Schwerpunkt<br />

<strong>der</strong> Aktionen. In den<br />

meisten Tarifgebieten wurde<br />

Teilzeitarbeit auf Arbeitszeiten<br />

oberhalb <strong>der</strong> Sozialversicherungspfl<br />

ichtgrenze beschränkt.<br />

In den 80er Jahren hatte sich die<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> noch zum Ziel gesetzt,<br />

Teilzeit einzuschränken. In den<br />

90er Jahren traten unter dem<br />

Druck <strong>der</strong> hohen Arbeitslosig-<br />

Einbruch <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>erwerbsquote<br />

in den<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>n


Gudrun Hamacher<br />

spricht auf dem<br />

Arbeitszeitforum<br />

<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1990<br />

in Frankfurt<br />

Ursula Ibler (l.)<br />

und Karin Roth (r.)<br />

auf dem Arbeits-<br />

zeitforum<br />

keit die Durchsetzung bedürfnisorientierter<br />

Teilzeitregelungen<br />

und qualifi zierter Teilzeit in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund. 1999 wie schon<br />

1984 stand die Arbeitszeit für<br />

die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-<strong>Frauen</strong> auch im<br />

Mittelpunkt des internationalen<br />

<strong>Frauen</strong>tages.<br />

Nach einem Beschluss des<br />

18. Gewerkschaftstages 1995<br />

wurde eine »Muss-Quote« im<br />

Ortstatut <strong>der</strong> Verwaltungsstellen<br />

verankert. <strong>Frauen</strong> sollen dort<br />

entsprechend ihrem Anteil an<br />

<strong>der</strong> Mitgliedschaft in den Gremien<br />

mitarbeiten. In <strong>der</strong> Folge<br />

wurden 16,9 Prozent <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />

in die Vertreterversammlungen<br />

und in die Ortsverwaltungen<br />

gewählt ( 1990: 10,4 Prozent ).<br />

1999 wurde die <strong>Frauen</strong>quote<br />

auch in <strong>der</strong> Organisationssatzung<br />

verankert. Bereits im Jahr<br />

2000 wurde sie bei den Organisationswahlen<br />

erfüllt. Bei<br />

den Betriebsratswahlen schlug<br />

sich die mit <strong>der</strong> Reform des<br />

100 101<br />

Betriebsverfassungsgesetzes<br />

neu eingeführte Mindestquote<br />

für das Min<strong>der</strong>heitengeschlecht<br />

ebenfalls positiv nie<strong>der</strong>. Davor<br />

war <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil in den<br />

Beschäftigtenvertretungen von<br />

Wahl zu Wahl nur um wenige<br />

Zehntel Prozentpunkte gestiegen.<br />

Bei <strong>der</strong> ersten Wahl nach<br />

neuem Recht 2002 stieg <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>anteil in den Betriebsräten<br />

sprunghaft um über vier<br />

Prozentpunkte.<br />

1995 riefen Arbeitgeber,<br />

<strong>der</strong> DGB, Wirtschaftsverbände<br />

und das Bundesministerium für<br />

Familie, Senioren, <strong>Frauen</strong> und<br />

Jugend die Initiative »TOTAL<br />

E-QUALITY Deutschland« ins<br />

Leben. Die Initiative zeichnet<br />

Unternehmen aus, die Chancengleichheit<br />

als Grundsatz ihrer<br />

Personalpolitik praktizieren.<br />

Qualität soll mit Chancengleichheit<br />

verbunden werden. Ziel ist<br />

es, Firmen zu motivieren, ihre<br />

Management-Konzepte gezielt<br />

auch auf den weiblichen Teil<br />

<strong>der</strong> Belegschaft auszurichten.<br />

1994 verabschiedete <strong>der</strong><br />

Bundestag das Zweite Gleichberechtigungsgesetz.<br />

Es galt<br />

jedoch nur für den öffentlichen<br />

Dienst, den in <strong>der</strong> privaten<br />

Wirtschaft beschäftigten <strong>Frauen</strong><br />

brachte es gar nichts. Hier sind<br />

die weiblichen Beschäftigten<br />

weiterhin auf eigene Initiativen<br />

angewiesen. Chancengleichheitsausschüsse<br />

<strong>der</strong> Betriebsräte<br />

setzen sich – vor allem in<br />

größeren Betrieben – für Betriebsvereinbarungen<br />

zur Chancengleichheit<br />

ein. Ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor sind dabei<br />

<strong>Netzwerk</strong>e, die den direkten<br />

Austausch <strong>der</strong> Akteurinnen über<br />

Erfahrungen, Methoden, Strategien<br />

und gute Praxis för<strong>der</strong>n. Im<br />

Organisationsbereich <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

wurden zahlreiche <strong>Netzwerk</strong>e<br />

in größeren Betrieen brachte es<br />

gar nichts. Hier sind die weiblichen<br />

Beschäftigten weiterhin auf<br />

Quoten<br />

für <strong>Frauen</strong>


Mitglie<strong>der</strong>struktur <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, <strong>der</strong> GTB und <strong>der</strong> GHK vor ihrer Fusion<br />

17,1%<br />

16,7<br />

%<br />

<strong>IG</strong>M:<br />

2.639.594 Mitglie<strong>der</strong><br />

davon 450.182 weiblich<br />

59,6 %<br />

* Hochrechnung. 1998 wurden keine Daten erhoben. Letzte Datenerhebung für den<br />

Wirtschafts- und Tätigkeitsbericht <strong>der</strong> GHK 1996/ 1997.<br />

GHK *:<br />

150.000 Mitglie<strong>der</strong><br />

davon 25.000 weiblich<br />

GTB:<br />

183.349 Mitglie<strong>der</strong><br />

davon 107.717 weiblich<br />

eigene Initiativen angewiesen.<br />

Chancengleichheitsausschüsse<br />

<strong>der</strong> Betriebsräte setzen sich – vor<br />

allem in größeren Betrieben<br />

– für Betriebsvereinbarungen zur<br />

Chancengleichheit ein. Ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor sind dabei<br />

<strong>Netzwerk</strong>e, die den direkten<br />

Austausch <strong>der</strong> Akteurinnen über<br />

Erfahrungen, Methoden, Strategien<br />

und gute Praxis för<strong>der</strong>n. Im<br />

Organisationsbereich <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

wurden zahlreiche <strong>Netzwerk</strong>e<br />

in größeren Betrieben, aber auch<br />

überbetrieblich gegründet.<br />

Ende <strong>der</strong> 90er Jahre schlossen<br />

sich zwei kleinere Gewerk-<br />

102 103<br />

schaften, die Gewerkschaft Textil<br />

und Bekleidung ( 1998 ) sowie die<br />

Gewerkschaft Holz und Kunststoff<br />

( 1999 ) <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> an.<br />

Beide Gewerkschaften,<br />

Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts gegründet,<br />

haben eine lange kämpferische<br />

Tradition. Die Gewerkschaft<br />

Textil Bekleidung verfügt mit<br />

ihrem um die 60 Prozent liegenden<br />

<strong>Frauen</strong>anteil obendrein<br />

über einen reichen Schatz an<br />

Erfahrungen in <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit.<br />

Der Anteil <strong>der</strong> weiblichen<br />

Mitglie<strong>der</strong> entsprach hier auch<br />

über einen längeren Zeitraum im<br />

Wesentlichen dem <strong>Frauen</strong>anteil<br />

von 60 Prozent in <strong>der</strong> Textil- und<br />

Bekleidungswirtschaft sowie im<br />

textilen Reinigungsgewerbe. Der<br />

Rückgang <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>zahl <strong>der</strong><br />

GTB von rund 431.000 im Jahr<br />

1952 auf dem Höhepunkt ihrer<br />

Nachkriegsentwicklung auf etwa<br />

183.000 im Jahr 1997 spiegelt<br />

das Schrumpfen <strong>der</strong> westdeutschen<br />

Textil- und Bekleidungsindustrie<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

Zusammenschluss<br />

von GTB, GHK und<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>


Kirsten Rölke<br />

spricht auf dem<br />

<strong>Frauen</strong>tag <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 2004<br />

2001 zählte die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> rund<br />

509.000 weibliche Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Fast jedes fünfte Mitglied ist<br />

eine Frau. Der gewerkschaftliche<br />

Organisationsgrad <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>-<br />

<strong>Frauen</strong> liegt damit noch immer<br />

unter ihrem Anteil an den Beschäftigten.<br />

Das im Juli 2001 in Kraft<br />

getretene novellierte Betriebsverfassungsgesetz<br />

hat die<br />

Möglichkeiten für Initiativen <strong>der</strong><br />

Betriebsräte zur Chancengleichheit<br />

erheblich verbessert. Vorgaben<br />

zur Mindestvertretung <strong>der</strong><br />

Geschlechter im Betriebsrat wie<br />

auch <strong>der</strong> Jugend- und Auszubildendenvertretung<br />

( »Mindestquote«<br />

), eine Soll-Vorschrift für<br />

den Gesamt- und den Konzernbetriebsrat,<br />

Freizeitausgleich<br />

für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglie<strong>der</strong><br />

und Teilfreistellungen<br />

erleichtern es <strong>Frauen</strong>,<br />

im Betriebsrat mitzuarbeiten.<br />

Zugleich erhält <strong>der</strong> Betriebsrat<br />

mehr Rechte, um für Chancengleichheit<br />

aktiv zu werden.<br />

Am 26. April 2001 fand erstmals<br />

bundesweit <strong>der</strong> Girls‘ Day,<br />

<strong>der</strong> Mädchen-Zukunftstag,<br />

104 105<br />

Die ersten Jahre des neuen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

statt. An diesem Tag erhielten<br />

Mädchen im Alter von 10 bis 15<br />

Jahren die Gelegenheit, in Betrieben<br />

und Forschungseinrichtungen<br />

technische und techniknahe<br />

Berufe kennen zu lernen.<br />

Initiiert und getragen wurde die<br />

Initiative von mehreren Bundesministerien,<br />

<strong>der</strong> Bundesanstalt<br />

für Arbeit, <strong>der</strong> Bundesvereinigung<br />

<strong>der</strong> Deutschen Arbeitgeberverbände<br />

und vom DGB.<br />

Die Arbeitszeitpolitik ist<br />

neben <strong>der</strong> Entgeltpolitik weiterhin<br />

ein Dreh- und Angelpunkt<br />

gewerkschaftlicher Gleichstellungspolitik.<br />

Im Jahr 2001 diskutierten<br />

<strong>Metall</strong>erinnen in einem<br />

zweitägigen bundesweiten<br />

Workshop die Themen kollektive<br />

Arbeitszeitverkürzung, Teilzeitarbeit<br />

und Arbeitszeitkonten.<br />

Die Ergebnisse wurden in einem<br />

Positionspapier unter dem Titel:<br />

»Zeit zum Arbeiten, Zeit zum<br />

Leben – für <strong>Frauen</strong> und Männer«<br />

veröffentlicht.<br />

Mit den ersten abgeschlossenenEntgeltrahmentarifverträgen<br />

(»ERA« ) beginnt eine neue<br />

Ära <strong>der</strong> Tarifpolitik. Verän<strong>der</strong>te<br />

Arbeitsbedingungen erzwangen<br />

verän<strong>der</strong>te Entgeltstrukturen<br />

und neue Bewertungskriterien.<br />

Die neuen Entgeltrahmenabkommen<br />

bieten Chancen für<br />

eine gerechtere Eingruppierung<br />

bei<strong>der</strong> Geschlechter. Wie diese<br />

Chancen genutzt werden,<br />

entscheidet sich auch bei <strong>der</strong><br />

betrieblichen Umsetzung <strong>der</strong><br />

neuen Rahmenregelungen.<br />

Im Oktober 2003 wurde<br />

beim Gewerkschaftstag <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die Chancengleichheit<br />

von <strong>Frauen</strong> und Männern als ein<br />

„wichtiges Zukunftsthema – in<br />

Gesellschaft, Arbeitswelt und<br />

für die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> ... mit dem Ziel<br />

<strong>der</strong> wirklichen Gleichstellung <strong>der</strong><br />

Geschlechter“ beschlossen. In<br />

Anlehnung an die Strategie <strong>der</strong><br />

EU betrachtet die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die<br />

Doppelstrategie von <strong>Frauen</strong>politik<br />

und Gen<strong>der</strong> Mainstreaming<br />

als notwendiges Mittel, dieses<br />

Ziel zu erreichen. Es geht nicht<br />

darum, mit einem rein formal verordneten<br />

und absolvierten Gen<strong>der</strong><br />

Mainstreaming die bisherige<br />

<strong>Frauen</strong>politik auszubremsen.<br />

Beide Ansätze sollen einan<strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong> noch im-<br />

mer schwächer<br />

organisiert als<br />

Männer<br />

Neue »ERA« in <strong>der</strong><br />

Tarifpolitik


Gen<strong>der</strong> Main-<br />

streaming<br />

ergänzend und verstärkend eingesetzt<br />

werden. Die Doppelstrategie<br />

dient dem Ziel, <strong>Frauen</strong> und<br />

Männern gleiche Chancen auf<br />

eine selbstbestimmte Gestaltung<br />

eigener Lebensentwürfe jenseits<br />

klassischer Geschlechterrollen<br />

zu ermöglichen. Mit diesem Beschluss<br />

bekennen sich die männlichen<br />

<strong>Metall</strong>er stärker als bisher<br />

zu ihrer Verantwortung, Chancengleichheit<br />

auch im eigenen<br />

Wirkungsbereich umzusetzen!<br />

Sogenannte »Reformen«<br />

des neuen Jahrhun<strong>der</strong>ts machen<br />

sozialpolitische Erfolge <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

zunichte. Politische<br />

Entscheidungen wie die Agenda<br />

2010 und die Hartz-Gesetze verschärfen<br />

vor allem die Situation<br />

von <strong>Frauen</strong>.<br />

Entgegen allen Erklärungen<br />

und entgegen den Leitlinien<br />

europäischer Beschäftigungspolitik<br />

denkt die Bundesregierung<br />

überhaupt nicht daran, ernsthaft<br />

Gen<strong>der</strong> Mainstreaming in die<br />

deutsche Politik zu integrieren<br />

und Chancengleichheit für <strong>Frauen</strong><br />

und Männer durchzusetzen.<br />

Die beschlossenen und geplanten<br />

Reformen verschlechtern<br />

überwiegend die Situation von<br />

<strong>Frauen</strong>. Gespart wird in vielen<br />

Fel<strong>der</strong>n zu Lasten <strong>der</strong> weiblichen<br />

Hälfte <strong>der</strong> Bevölkerung!<br />

106 107<br />

„Sozialer Kahlschlag schafft keine Arbeitsplätze - Reformen ja. Sozialabbau nein danke.“<br />

DGB-Kundgebung 2004: Kornmarkt, Nürnberg


Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

108 109<br />

1968 - 1975<br />

ben!“ Tausende von <strong>Frauen</strong> und<br />

versuchen zu einer eigenen<br />

auch viele Männer solidarisier- Weiblichkeit zu fi nden. Schwes-<br />

Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung ten sich. Unter <strong>der</strong> Parole „Mein terlichkeit, Zärtlichkeit unter<br />

entstand im Rahmen <strong>der</strong> Stu- Bauch gehört mir!“ entstanden<br />

<strong>Frauen</strong> und Solidarität sind<br />

dentenbewegung von 1967/68. überall <strong>Frauen</strong>gruppen.<br />

wichtige Werte. <strong>Frauen</strong> wollen<br />

Bei einer Konferenz des Sozia- Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung sich untereinan<strong>der</strong> helfen und<br />

listischen Deutschen Studen- stand insofern in <strong>der</strong> Tradition unterstützen – ohne Männer. In<br />

tenbundes ( SDS ) im September <strong>der</strong> bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewe- Selbsterfahrungsgruppen refl ek-<br />

1968 in Frankfurt kritisierten gungen, als sie <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung tieren <strong>Frauen</strong> ihre persönliche<br />

einige Studentinnen, dass ihre <strong>der</strong> Geschlechterverhältnisse im Entwicklung und Situation, ihre<br />

Kommilitonen in ihrer angeblich Rahmen <strong>der</strong> bestehenden Ge- Bedürfnisse und Ängste.<br />

so radikalen Kritik <strong>der</strong> gesellsellschaftsordnung absolute Prischaftlichen<br />

Zustände, das orität einräumte. Es entstanden 1975 - 1980<br />

private Ausbeutungsverhältnis, Selbsterfahrungsgruppen, Frau-<br />

die Unterdrückung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>, encafes, <strong>Frauen</strong>literatur, Frau- 1975 begannen <strong>Frauen</strong>gruppen<br />

vollkommen außer Acht ließen. enhäuser und Initiativen gegen und ihre <strong>Netzwerk</strong>e sich nach<br />

Der Konfl ikt eskalierte, als Stu- Vergewaltigung. <strong>Frauen</strong> suchten Richtungen, Themen und Praxisdentinnen<br />

die Redner mit Toma- Stärke in ihrer Geschlechtszugefel<strong>der</strong>n zu differenzieren. Unterten<br />

bewarfen.<br />

hörigkeit und schlossen Männer schiedliche feministische Pro-<br />

Der sprunghafte Anstieg aus ihren Aktivitäten bewusst jekte entstanden: Feministische<br />

<strong>der</strong> Zahl von <strong>Frauen</strong>gruppen ab aus. Dies zog den Vorwurf <strong>der</strong> Gesundheitszentren, <strong>Frauen</strong>häu-<br />

1968/69 lag auch am verän<strong>der</strong>- Männerfeindlichkeit nach sich. ser, Initiativen gegen Vergewalten<br />

politischen Bewusstsein von Vor allem Alice Schwarzer wurde tigung ( auch in <strong>der</strong> Ehe ) sowie<br />

<strong>Frauen</strong>, an ihrer verän<strong>der</strong>ten als Emanze und Männerfeindin gegen sexuellen Missbrauch von<br />

Einstellung zur Sexualität, an <strong>der</strong> diffamiert. Ihr Buch »Der kleine Kin<strong>der</strong>n. <strong>Frauen</strong>verlage, <strong>Frauen</strong>-<br />

antiautoritären Bewegung und Unterschied« schlug hohe Welbuchhandlungen, <strong>Frauen</strong>cafes<br />

an den Kampagnen gegen den len.<br />

und feministische Zeitschriften<br />

Abtreibungs-Paragrafen 218. In dieser Phase <strong>der</strong> Be- wurden gegründet. <strong>Frauen</strong>-<br />

374 zum Teil prominente <strong>Frauen</strong> wusstwerdung und Artikulation bands, <strong>Frauen</strong>theater und -fi lm-<br />

bezichtigten sich in <strong>der</strong> Illustrier- besinnen sich <strong>Frauen</strong> auf sich gruppen, <strong>Frauen</strong>-Ferienhäuser<br />

ten Stern: „Ich habe abgetrie- selbst und ihre Stärke: Sie und <strong>Frauen</strong>bildungsstätten ent-<br />

„ladies only!“<br />

o<strong>der</strong>: Männer<br />

müssen draußen<br />

bleiben


For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

neuen <strong>Frauen</strong>-<br />

bewegung<br />

standen. An Hochschulen wurden<br />

zeitlich begrenzte <strong>Frauen</strong>universitäten<br />

angeboten. Beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung kam den beiden<br />

überregionalen Zeitschriften<br />

»Emma« und »Courage« zu.<br />

Sie trugen den feministischen<br />

Diskurs mit seinen unterschiedlichen<br />

Schwerpunkten in die<br />

Öffentlichkeit. Wesentliche Themen<br />

waren autonome weibliche<br />

Sexualität und Erotik, lesbische<br />

Lebensformen, sexuelle Gewalt,<br />

aber auch die Erneuerung<br />

des Arbeitsbegriffes. Die Beschränkung<br />

dieses Begriffes auf<br />

Lohnarbeit ignoriere die überwiegend<br />

von <strong>Frauen</strong> geleistete<br />

Reproduktionsarbeit. Aus dieser<br />

Kritik entwickelten Teile <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>bewegung die For<strong>der</strong>ung<br />

nach Lohn für Hausarbeit, die<br />

von an<strong>der</strong>en Gruppierungen, vor<br />

allem von Gewerkschafterinnen,<br />

nie geteilt wurde. Diese befürchteten<br />

eine Festschreibung <strong>der</strong><br />

traditionellen geschlechtsspezifi<br />

schen Arbeitsteilung und eine<br />

noch größere Abhängigkeit vom<br />

Ehemann.<br />

Eine Mehrheit innerhalb <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong>bewegungen wies die<br />

Festlegung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> auf die<br />

Mutterrolle zurück. Die Folge<br />

waren Protestaktionen gegen<br />

den Muttertag. Stattdessen<br />

wuchs seit den 80er Jahren die<br />

Bedeutung des Internationalen<br />

<strong>Frauen</strong>tags. Die proletarische<br />

<strong>Frauen</strong>bewegung hatte diesen<br />

Tag in Deutschland erstmalig<br />

1911 mit Demonstrationen begangen.<br />

Wie<strong>der</strong>belebt wurde <strong>der</strong><br />

8. März zunächst in <strong>der</strong> DDR und<br />

in den 70er Jahren von einzelnen<br />

gewerkschaftlich orientierten<br />

<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />

Die Abteilung <strong>Frauen</strong>politik des<br />

DGB rief 1980 zum Internationalen<br />

<strong>Frauen</strong>tag auf, um frauenpolitische<br />

For<strong>der</strong>ungen in die<br />

Öffentlichkeit zu tragen. Seither<br />

ist er zu einem Aktionstag für<br />

alle <strong>Frauen</strong> und <strong>der</strong>en Organisationen<br />

in Deutschland geworden,<br />

gleich welcher politischen<br />

Richtung. Allerdings zeigen sich<br />

an diesem Tag auch immer wie<strong>der</strong><br />

unterschiedliche Akzente<br />

und die damit verbundenen Konfl<br />

ikte. Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>gruppen<br />

legen Wert darauf,<br />

dass am 8. März nicht nur <strong>Frauen</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n auch Männer für<br />

frauenpolitische For<strong>der</strong>ungen<br />

eintreten. Vertreterinnen <strong>der</strong><br />

Autonomen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

wollen den Tag ohne männliche<br />

Beteiligung begehen.<br />

Nach 1980<br />

Mit <strong>der</strong> Konsolidierung <strong>der</strong><br />

Projekte ging eine gewisse Professionalisierung<br />

einher. <strong>Frauen</strong>positionen<br />

werden in die Politik<br />

und in die Entscheidungen<br />

unterschiedlicher Institutionen<br />

und Organisationen integriert.<br />

Die Parteien öffneten sich mehrheitlich<br />

für <strong>Frauen</strong>politik. Bei<br />

den Grünen war <strong>der</strong> Feminismus<br />

beispielsweise ein wichtiger<br />

inhaltlicher Stützpfeiler. Sie gingen<br />

Bündnisse mit autonomen<br />

<strong>Frauen</strong> ein. Eine harte Quotierung,<br />

das »Feminat« eines rein<br />

weiblichen Parteivorstands und<br />

wegweisende frauenpolitische<br />

Beschlüsse zum Beispiel zur<br />

berufl ichen Gleichheit setzten<br />

Maßstäbe für die an<strong>der</strong>en Parteien.<br />

Die SPD beschloss 1988<br />

110 111<br />

eine Quotierung von mindestens<br />

30 Prozent für jedes Geschlecht<br />

und setzte sich für Gleichstellung<br />

und <strong>Frauen</strong>forschung in<br />

den Bundeslän<strong>der</strong>n und Kommunen<br />

ein. Die CDU hielt sich<br />

zwar mit <strong>der</strong> innerparteilichen<br />

Gleichstellung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> zurück.<br />

1985 wurde in <strong>der</strong> Amtszeit<br />

von Heiner Geißler als Familienminister<br />

zwar das Erziehungsgeldgesetz<br />

verabschiedet, sowie<br />

ab 1986 Erziehungsgeld und<br />

-urlaub eingeführt, doch wurde<br />

damit auch die <strong>Frauen</strong> auf ihre<br />

Mutterrolle festgelegt. Seine<br />

Nachfolgerin und Parteikollegin<br />

Rita Süßmuth erhielt erstmals<br />

auch die explizite Zuständigkeit<br />

»<strong>Frauen</strong>politik«.<br />

1994 gelang es einem überparteilichen<br />

Bündnis »<strong>Frauen</strong> in<br />

bester Verfassung«, in Artikel 3<br />

des Grundgesetzes die Gleichstellung<br />

als staatliche Aufgabe<br />

zu verankern. 1995 verabschiedete<br />

die IV. Weltfrauenkonferenz<br />

<strong>der</strong> Vereinten Nationen in Peking<br />

eine Aktionsplattform mit<br />

weit reichenden zukunftsorientierten<br />

Initiativen. Gen<strong>der</strong> Mainstreaming<br />

wurde als Leitprinzip<br />

<strong>der</strong> Gleichstellung beschlossen<br />

und in die Amsterdamer Verträge<br />

1997 übernommen wurde.<br />

<strong>Frauen</strong>politik <strong>der</strong><br />

Parteien


Auch in Zukunft: starke <strong>Frauen</strong> für eine starke <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

112 113


Weiterführende Literatur<br />

Tagungsordner auf <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>konfernz 2004<br />

Das wichtigste hier verwendete<br />

und mehrfach zitierte Buch ist:<br />

Kassel, Brigitte:<br />

<strong>Frauen</strong> in einer Männerwelt.<br />

<strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit in <strong>der</strong><br />

<strong>Metall</strong>industrie und ihre Interessenvertretung<br />

durch den Deutschen<br />

<strong>Metall</strong>arbeiter-Verband<br />

( 1891 – 1933 ),<br />

Köln 1997<br />

Weiter wurden benutzt:<br />

Achten, Udo:<br />

Das ist das Licht <strong>der</strong> neuen Zeit.<br />

Erinnerungen an den 22 wöchigen<br />

Streik <strong>der</strong> Crimmitschauer<br />

Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter<br />

im Jahre 1903 /1904 für<br />

den Zehnstundentag.<br />

Essen 2004<br />

Badia, Gilbert:<br />

Clara Zetkin,<br />

Berlin 1994<br />

Bajohr, Stefan:<br />

Die Hälfte <strong>der</strong> Fabrik. <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit in Deutschland<br />

1914 bis 1945,<br />

Marburg 1979<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund:<br />

„Da haben wir uns alle schreck-<br />

lich geirrt ...“ Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

gewerkschaftlichen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />

im DGB von 1945 bis 1960.<br />

Pfaffenweiler 1993.<br />

Archiv <strong>Frauen</strong>leben im<br />

Main-Kinzig Kreis (Hrsg.):<br />

<strong>Frauen</strong> in den Gewerkschaften<br />

1945 – 1997 in Hessen und im<br />

Main-Kinzig-Kreis.<br />

Hanau 1998.<br />

Hervé, Florence:<br />

<strong>Frauen</strong>bewegung und revolutionäre<br />

Arbeiterbewegung.<br />

Texte zur <strong>Frauen</strong>emanzipation in<br />

Deutschland und in <strong>der</strong> BRD von<br />

1848 bis 1980,<br />

Frankfurt am Main 1981<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>:<br />

<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>gewerkschaft<br />

1891 bis 1982. Dokumente,<br />

Materialien, Meinungen.<br />

Frankfurt am Main 1983.<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>:<br />

Internationaler <strong>Frauen</strong>tag. Tag<br />

<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> seit 75 Jahren.<br />

Frankfurt am Main 1985<br />

Borris; Maria:<br />

25 Jahre <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>. Zwischen Sozialpolitik<br />

und Lohnkampf.<br />

Frankfurt am Main 1977.<br />

114 115<br />

Klucsarits, Richard u. a.:<br />

Arbeiterinnen kämpfen um<br />

ihr Recht. Autobiographische<br />

Texte rechtloser und entrechteter<br />

„<strong>Frauen</strong>personen“ in<br />

Deutschland, Österreich und <strong>der</strong><br />

Schweiz des 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

Wuppertal [1975]<br />

Lenz, Ilse:<br />

Wie verän<strong>der</strong>n sich die neuen<br />

<strong>Frauen</strong>bewegungen ? In: Zeitschrift<br />

für <strong>Frauen</strong>forschung Geschlechterstudien.<br />

Bielefeld Heft 4/2002. S. 65–82<br />

Losseff-Tillmanns, Gisela:<br />

<strong>Frauen</strong>emanzipation und Gewerkschaften<br />

( 1800 – 1975 ).<br />

Dissertation,<br />

Bochum 1975<br />

Losseff-Tillmanns, Gisela:<br />

Frau und Gewerkschaft,<br />

Frankfurt am Main 1982<br />

Niggemann, Heinz:<br />

Emanzipation zwischen Sozialismus<br />

und Feminismus. Die<br />

sozialdemokratische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

im Kaiserreich,<br />

Wuppertal 1981<br />

Pinl, Claudia:<br />

Das Arbeitnehmerpatriarchat.<br />

Die <strong>Frauen</strong>politik <strong>der</strong> Gewerkschaften.<br />

Köln 1977<br />

Richebächer, Sabine:<br />

Uns fehlt nur eine Kleinigkeit.<br />

Deutsche proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />

1890 – 1914,<br />

Frankfurt am Main 1982<br />

Thoenessen, Werner:<br />

Die <strong>Frauen</strong>emanzipation in Politik<br />

und Literatur <strong>der</strong> deutschen<br />

Sozialdemokratie 1863-1933,<br />

Frankfurt am Main 1969


Bildnachweise *<br />

Achten, Udo - Bildarchiv 16, 22, 25, 26, 32, 36, 38, 42, 44,<br />

47, 51, 71, 74, 86, 87<br />

Bachmeier, Werner Titelbild, 107, 113 or<br />

Deutsches Historisches Museum, Berlin - Bildarchiv 75, 76, 78o, 78 u<br />

digitale Bibliothek (The York Projekt GmbH) 8, 10, 12, 28, 30<br />

Eisler, Christiane (transit Leipzig) 81<br />

Fabrikmuseum Nordwolle, Delmenhorst 65<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung - Archiv <strong>der</strong> sozialen Demokratie 2, 34, 40, 50, 62, 108<br />

Gedenkstätte und Museum Auschwitz-Birkenau 68<br />

Hessisches Staatsarchiv 24<br />

Huber, Bianka (<strong>IG</strong>M) 104, 113 ol, 113 ul, 113 ur, 114, 119<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Bibliothek 57<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, FB <strong>Frauen</strong>- und Gleichstellungspolitk 58, 83, 84, 90<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, Pressestelle 5<br />

Kampfer, Angelika - Ewald Hentze 80<br />

Knapp, W ( Thema Pressbüro) 91 u<br />

Planert, Jürgen (<strong>IG</strong>M) 112 ur<br />

Sammlungen <strong>der</strong> MGR/SBG. - Propagandaalbum <strong>der</strong> SS 66<br />

Salzwedel, Horst (<strong>IG</strong>M) 112 o<br />

Scherer, Peter 112 ul<br />

Schindlerphoto 82, 92<br />

Scholz, Manfred 93<br />

W.&Tr. (Tritschler) 48, 54<br />

Werth, Inge 72, 91 o, 95, 97<br />

Vollmer, Manfred 94, 96, 98, 100 beide<br />

* Falls uns bei <strong>der</strong> Bildrecherche Fehler unterlaufen sein sollten und Ihre Rechte ggf. nicht berücksichtigt wurden, wenden<br />

Sie sich zur Klärung etwaiger Ansprüche bitte an: Five-For-You Multimedia-Agentur, Hamburger Alle 96, 60486 Frankfurt<br />

116


Blick zurück auf Vergangenes<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> <strong>Frauen</strong> besuchen das Ruhrlandmuseum Essen


Produkt-Nr.: 6346-10390

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