Geschichte der IG Metall Frauen - IG Metall Netzwerk ...
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Frauen- und Gleichstellungspolitik Geschichte der Frauen in der IG Metall 1871 bis 2005
- Seite 2: Versammlung eines Dienstmädchenver
- Seite 6: Impressum Herausgeber: IG Metall-Vo
- Seite 10: Brettschneidemühle um 1870 ( Foto
- Seite 14: Anstieg der Frauenbeschäf- tigung
- Seite 18: Unqualifi zierte Arbeit für Frauen
- Seite 22: 22 23 „Uns geht es ums Ganze“ -
- Seite 26: Titelblatt und Textauszüge aus dem
- Seite 30: Samariterinnen, 1870 - 1871 ( Foto
- Seite 34: „Die Arbeite- rinnen zu höheren
- Seite 38: Beitragsregelun- gen in den Statu-
- Seite 42: Frauenarbeit im I. Weltkrieg: Herst
- Seite 46: Keine Lehre für junge Frauen Beruf
- Seite 50: Die Errungenschaften der Novemberre
<strong>Frauen</strong>- und Gleichstellungspolitik<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
1871 bis 2005
Versammlung eines Dienstmädchenvereins um 1848<br />
WIR STREITEN FÜR<br />
BESSERE ZEITEN<br />
Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />
Titelbild: 13. <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-<strong>Frauen</strong>konferenz 1988<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
1871-2005
„Ziel ist das Menschenrecht als <strong>Frauen</strong>recht weltweit“<br />
( Clara Zetkin, 1911)<br />
Vorwort<br />
„Aus <strong>der</strong> Vergangenheit lernen,<br />
die Zukunft zu gestalten“, so<br />
lautete einst das Motto einer<br />
<strong>Frauen</strong>konferenz.<br />
<strong>Frauen</strong> können heutzutage<br />
ihr Leben erheblich eigenständiger<br />
gestalten, als dies ihre<br />
Urgroßmütter, Großmütter und<br />
Mütter konnten. Die Voraussetzungen<br />
dafür haben engagierte<br />
<strong>Frauen</strong> in den letzten zweihun<strong>der</strong>t<br />
Jahren hart erkämpft.<br />
Seit den Anfängen <strong>der</strong> Arbeiter-<br />
und Gewerkschaftsbewegung<br />
im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t hat<br />
es Schwierigkeiten beim Aufbau<br />
gemeinsamer Organisationen<br />
von Männern und <strong>Frauen</strong> gegeben.<br />
Die Gründe sind vielfältig.<br />
Einen großen Einfl uss hatte und<br />
hat wohl auch heute noch die<br />
herkömmliche Rollenverteilung<br />
zwischen den Geschlechtern.<br />
Männer galten als rational und<br />
waren für die materielle Versorgung<br />
<strong>der</strong> Familie verantwortlich,<br />
während <strong>Frauen</strong> vor allem die<br />
emotionale Familienarbeit zugeordnet<br />
wurde. Die Abhängigkeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> von den Männern<br />
wurde durch eine entsprechende<br />
Gesetzgebung, durch<br />
unterschiedliche Zugänge zu<br />
Ausbildung und Weiterbildung,<br />
durch geringe eigene Einkommensmöglichkeiten<br />
und vieles<br />
mehr gefestigt. Für die kapitalistische<br />
Produktionsweise war<br />
und ist diese Rollenteilung sehr<br />
profi tabel.<br />
In diesem Buch haben wir<br />
versucht wichtige Stationen <strong>der</strong><br />
Entwicklung von <strong>Frauen</strong>positionen<br />
innerhalb und außerhalb<br />
unserer Gewerkschaften nachzuzeichnen.Arbeitsbedingungen<br />
des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts im<br />
<strong>Metall</strong>, Textil- und Holzbereich,<br />
die ersten Streiks, Kämpfe für<br />
gerechten Lohn und bessere<br />
Lebensbedingungen, <strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>ung<br />
und Quotierung. Wer<br />
sich für das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Ereignis o<strong>der</strong> Thema stärker<br />
interessiert, fi ndet in <strong>der</strong> Literaturliste<br />
weiteren Lesestoff.<br />
Wir wünschen viel Spass<br />
beim Lesen und neue Erkenntnisse<br />
für die »alte« Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
um die Geschlechtergerechtigkeit.<br />
Kirsten Rölke<br />
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Vorstand, Funktionsbereich <strong>Frauen</strong>- und Gleichstellungspolitik<br />
Redaktionsteam: Christiane Wilke, Gabriele Ulbrich, Astrid Knüttel<br />
Bildredaktion, Recherche und Gestaltung: Five-for-You-Multimedia, www.54u.de<br />
Druck: Raiffeisen Druckerei, Neuwied<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort ............................................................................................................................................... 5<br />
Die Arbeiterinnen im Kaiserreich: 1871 – 1918 ................................................................................... 9<br />
Von <strong>der</strong> Landarbeiterin o<strong>der</strong> Dienstmagd zur Hilfsarbeiterin ............................................................. 11<br />
Die allgemeinen Merkmale <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit ............................................................... 17<br />
„Uns geht es ums Ganze“ - die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung ........................................................ 23<br />
Die »bürgerliche« <strong>Frauen</strong>bewegung .................................................................................................. 29<br />
„Die Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen erziehen“ ............................................................33<br />
Hauptsache, die Männer sind organisiert ...........................................................................................37<br />
Der Arbeitskampf als Festakt ..............................................................................................................41<br />
„ … bis zur Erschöpfung in den Dienst des Vaterlandes“ .................................................................. 43<br />
Berufsausbildung .............................................................................................................................. 46<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit und Gewerkschaften in <strong>der</strong> Weimarer Republik 1918 – 1933 ...................................... 49<br />
Die Errungenschaften <strong>der</strong> Novemberrevolution 1918 ......................................................................... 50<br />
Aufschwung <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung (1918 – 1923) ................................................................... 51<br />
Die Zurückdrängung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit während <strong>der</strong> wirtschaftlichen Demobilmachung (1918 – 1923)..52<br />
Der Umfang <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit ....................................................................................... 54<br />
Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verbandes (DMV).................................................... 56<br />
Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes (DTAV)..................................................... 58<br />
„Mein Arbeitstag, mein Wochenende“............................................................................................... 60<br />
Ohne Arbeit und Unterstützung ......................................................................................................... 63<br />
Die <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Defensive ............................................................................................................... 64<br />
Die <strong>Frauen</strong> in den Arbeitskämpfen ..................................................................................................... 65<br />
Die Faschistische Diktatur 1933 – 1945 ..............................................................................................67<br />
Die <strong>Frauen</strong> und die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1945 – 2005 ..........................................................................................73<br />
Der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg ......................................................................................74<br />
Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> DDR ......................................................................................75<br />
Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> Bundesrepublik ................................................................... 82<br />
Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung...............................................................................................................109<br />
Auch in Zukunft: starke <strong>Frauen</strong> für eine starke <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> .................................................................. 112<br />
Weiterführende Literatur .................................................................................................................. 114<br />
Bildnachweise .................................................................................................................................. 116<br />
7
Reisigsammlerinnen bei Berlin um 1900 (Foto Heinrich Zille)<br />
8<br />
DIE ARBEITERINNEN<br />
IM KAISERREICH<br />
1871-1918
Brettschneidemühle um 1870 ( Foto Carl Friedrich August Kotzsch )<br />
10 11<br />
Von <strong>der</strong> Landarbeiterin o<strong>der</strong> Dienstmagd zur Hilfsarbeiterin<br />
Der Arbeitstag <strong>der</strong> weiblichen<br />
Landbevölkerung war lang und<br />
enorm mühsam. 18 Stunden<br />
Arbeit galten als normal. So war<br />
es auch nicht verwun<strong>der</strong>lich,<br />
dass im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t mit<br />
Beginn <strong>der</strong> Fabrikarbeit viele<br />
Bauernmädchen in die Stadt<br />
strömten und beinahe jede Erwerbstätigkeit<br />
annahmen, um<br />
<strong>der</strong> Mühsal <strong>der</strong> Landarbeit zu<br />
entgehen.<br />
Um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />
galten Ehe und Familie als verbindliche<br />
Lebensformen. Allerdings<br />
waren etwa 40 Prozent<br />
<strong>der</strong> erwachsenen <strong>Frauen</strong> nicht<br />
verheiratet bzw. verwitwet o<strong>der</strong><br />
geschieden. Ganzen Berufsgruppen<br />
wurde das Heiraten verboten<br />
o<strong>der</strong> erschwert. So mussten<br />
beispielsweise Lehrerinnen, Beamtinnen,<br />
Dienstbotinnen ihre<br />
berufl iche Tätigkeit beenden,<br />
sobald sie heirateten. In <strong>der</strong><br />
Unterschicht wurden meist freie<br />
Liebesverhältnisse gelebt, weil<br />
<strong>der</strong> Lohn zur Gründung eines<br />
Hausstandes nicht ausreichte.<br />
Die Aufgaben zwischen<br />
Mann und Frau waren strikt<br />
ge trennt. Sie war zuständig für<br />
die häuslichen Belange und die<br />
Kin<strong>der</strong>erziehung, er sicherte die<br />
materielle Existenz »draußen«.<br />
In den Arbeiterfamilien<br />
reichte <strong>der</strong> Lohn des Mannes<br />
selten für die ganze Familie.<br />
Die <strong>Frauen</strong> mussten, gerade<br />
wenn sie mehrere Kin<strong>der</strong> hatten,<br />
zusätzlich Geld verdienen,<br />
entwe<strong>der</strong> in Heimarbeit o<strong>der</strong> als<br />
Fabrikarbeiterin. Oft wurden in<br />
den ohnehin schon überfüllten<br />
kleinen Wohnungen noch Betten<br />
an »Schlafburschen« o<strong>der</strong><br />
»Schlafmädchen« vermietet.<br />
Unverheiratete <strong>Frauen</strong> aus<br />
<strong>der</strong> Arbeiterschicht hatten ein<br />
Leben als Dienstmädchen o<strong>der</strong><br />
als ungelernte Arbeiterin in <strong>der</strong><br />
Fabrik vor sich.<br />
<strong>Frauen</strong> fanden vor allem<br />
in den Industrien Arbeit, die<br />
die Männer wegen <strong>der</strong> miserablen<br />
Arbeitsbedingungen<br />
und <strong>der</strong> geringen Einkommen<br />
verlassen hatten. Es handelte<br />
sich um Fabriken, in denen die<br />
Massenanfertigung eine starke<br />
Arbeitsteilung und damit die<br />
Zerstückelung eines Arbeitsprozesses<br />
erlaubte. Für diese Arbeit<br />
waren keine qualifi zierten<br />
Ausbildungen nötig, son<strong>der</strong>n<br />
sie konnte von Un- und Angelernten<br />
verrichtet werden. So<br />
waren in <strong>der</strong> Textil- und <strong>der</strong> Bekleidungsindustrie,<br />
aber auch<br />
in <strong>der</strong> Tabakfabrikation Arbeiterinnen<br />
in <strong>der</strong> Mehrzahl. Mit <strong>der</strong><br />
Entwicklung weiterer Technik<br />
und damit auch <strong>der</strong> Vereinfachung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsweise, wurden<br />
auch in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie, vor<br />
18 Stunden Arbeit<br />
galten auf dem<br />
Land als normal.
Nähen von Arbeiter-Hosen in Heimarbeit um 1890 (Foto Jacob A. Riis)<br />
allem in <strong>der</strong> Elektrotechnik, in<br />
<strong>der</strong> Feinmechanik und -optik,<br />
sowie in <strong>der</strong> Herstellung von<br />
Eisen-, Stahl- und <strong>Metall</strong>waren<br />
immer mehr <strong>Frauen</strong> eingestellt.<br />
Auch in <strong>der</strong> Bleistiftbranche<br />
waren in den 80er Jahren des<br />
vorletzten Jahrhun<strong>der</strong>ts bereits<br />
ein Drittel aller Beschäftigten<br />
<strong>Frauen</strong>. Zum gleichen Zeitpunkt<br />
lag beispielsweise <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil<br />
<strong>der</strong> Nürnberger und<br />
Fürther Spielwarenindustrie um<br />
40 Prozent.<br />
Noch erheblich schlechtere<br />
Arbeitsbedingungen fanden die<br />
<strong>Frauen</strong> vor, die ihre Arbeit zu<br />
Hause, in sogenannter Heimarbeit<br />
verrichteten. Zunächst bot<br />
12 13<br />
die Heimarbeit o<strong>der</strong> die Hausindustrie<br />
den arbeitssuchenden<br />
<strong>Frauen</strong> durchaus Vorteile. Es<br />
gab keine Schranken, wie im<br />
zünftlerischen Handwerk, in<br />
dem <strong>Frauen</strong>, wenn sie nicht<br />
gerade mit dem Meister verheiratet<br />
waren, nicht arbeiten<br />
durften. Die Arbeit kam sozusagen<br />
zu ihnen aufs Land, in<br />
ihre Stube, und sie brauchten<br />
nur einen Webstuhl o<strong>der</strong> später<br />
eine Nähmaschine. So konnten<br />
sie ihre kargen Einkünfte<br />
aus <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />
Arbeit aufbessern. Doch mit<br />
zunehmen<strong>der</strong> Industrialisierung<br />
gerieten bald alle Heimarbeiterinnen<br />
in Wettlauf mit <strong>der</strong> Zeit<br />
und unter Konkurrenzdruck <strong>der</strong><br />
maschinellen Massenproduktion.<br />
Sie versuchten die Einbußen<br />
durch noch billigere Löhne,<br />
durch Mehrarbeit, endlose Arbeitstage<br />
und die Einbeziehung<br />
aller Familienmitglie<strong>der</strong> von<br />
den Kin<strong>der</strong>n bis zu den Greisen<br />
auszugleichen; aber ihr Elend<br />
war dennoch nicht aufzuhalten.<br />
Bereits in den vierziger Jahren<br />
des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts hat Louise<br />
Otto auf das Los <strong>der</strong> Klöpplerinnen,<br />
Strickerinnen und Näherinnen<br />
aufmerksam gemacht<br />
und sich zur Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Nöte<br />
in ihrer »<strong>Frauen</strong>zeitung« für die<br />
Assoziation <strong>der</strong> Arbeiterinnen<br />
eingesetzt.<br />
Das Elend <strong>der</strong><br />
Arbeiterinnen in<br />
Land-, Fabrik- und<br />
Heimarbeit
Anstieg <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>beschäf-<br />
tigung<br />
Mit <strong>der</strong> Ausbreitung <strong>der</strong><br />
Industrialisierung wurden also<br />
immer zahlreicher auch weibliche<br />
Arbeitskräfte als lohnabhängige<br />
Arbeiterinnen in die<br />
kapitalistische Produktion eingeglie<strong>der</strong>t.<br />
Beson<strong>der</strong>e Dynamik<br />
entfaltete dieser Prozess seit<br />
dem Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts:<br />
1882 waren in Deutschland<br />
5,5 Millionen <strong>Frauen</strong> erwerbstätig,<br />
1885 schon 6,5 Millionen,<br />
1907 sogar 9,5 Millionen. Der<br />
Erwerbstätigenanteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />
in Deutschland stabilisierte<br />
sich längerfristig auf <strong>der</strong> Skala<br />
zwischen 30 und 40 Prozent, um<br />
dann in unseren Tagen kräftig<br />
über die 40 Prozent-Marge zu<br />
steigen.<br />
Der enorme Anstieg von<br />
<strong>Frauen</strong>beschäftigung in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie<br />
wurde auch durch<br />
die Integration einer enorm<br />
steigenden Zahl weiblicher Angestellter<br />
erreicht.<br />
Während sich <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil<br />
bei den Angestellten<br />
von 1,4 Prozent im Jahre 1895<br />
über 9,8 Prozent im Jahre 1907<br />
auf 28,5 Prozent im Jahre 1925<br />
erhöhte, verän<strong>der</strong>te er sich<br />
bei den Arbeitern und Arbeiterinnen<br />
nur unwesentlich von<br />
1 Prozent über 1,1 Prozent bis<br />
4,1 Prozent.<br />
14 15<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie 1882-2003<br />
Jahr Zahl <strong>der</strong> beschäftigten <strong>Frauen</strong> Anteil an <strong>der</strong> Gesamtzahl <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
1882 18.430 3,3 %<br />
1907 78.060 4,6 %<br />
1925 291.925 11,1 %<br />
1950 356.607 15,1 %<br />
1960 924.356 20,5 %<br />
1980 1 124.828 22,4 %<br />
2003 848.577 20,9 %
<strong>Frauen</strong>arbeit bei Kraus Maffei<br />
16 17<br />
Die allgemeinen Merkmale <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
Die Proletarierinnen, die von <strong>der</strong><br />
verbreiteten Not getrieben die<br />
Lohnarbeit ergriffen, gelangten<br />
ohne Vorbildung und Schulung<br />
aus ihrem häuslichen Arbeitsbereich<br />
in die Fabriken. Die<br />
Arbeiten, die sie auszuführen<br />
hatten, waren vorwiegend ungelernteTätigkeiten.<br />
Die Zahl <strong>der</strong><br />
ungelernten Arbeiterinnen war<br />
noch 1907 doppelt so hoch wie<br />
die ihrer männlichen Arbeitskollegen.<br />
Die Berufsausbildung <strong>der</strong><br />
männlichen Jugendlichen war<br />
gesetzlich geregelt. Weibliche<br />
Jugendliche hatten kaum die<br />
Möglichkeit, eine qualifi zierte<br />
Ausbildung zu machen. 1907<br />
gab es unter den Arbeiterinnen<br />
5,8 Prozent Gelernte. Oft bestand<br />
die »Ausbildung« aber nur<br />
in einer Anlernzeit von 6 bis 8<br />
Monaten.<br />
An einer Qualifi zierung <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> war niemand interessiert.<br />
Für die Industrie stand<br />
mit den un- und angelernten<br />
<strong>Frauen</strong> – mangels an<strong>der</strong>er Alternativen<br />
– ein billiges Arbeitsheer<br />
zur Verfügung.<br />
Mit ihrer unzureichenden<br />
Qualifi kation konnte das<br />
niedrige Lohnniveau scheinbar<br />
schlüssig und objektiv<br />
begründet werden. Ergänzt<br />
wurde diese Begründung mit<br />
Argumenten von einer naturbedingten<br />
»Min<strong>der</strong>wertigkeit des<br />
Weibes«.<br />
„Die Schwäche und Rückständigkeit<br />
<strong>der</strong> Frau ward im<br />
Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te zu einem<br />
gesellschaftlichen Dogma, zu<br />
einer unumstößlichen Grundanschauung<br />
erhoben, auf <strong>der</strong> sich<br />
ein ganzes System <strong>der</strong> körperlichen,<br />
geistigen und moralischen<br />
Unterdrückung aufbaute“ bemerkte<br />
1889 dazu Clara Zetkin.<br />
<strong>Frauen</strong> sollten sich auf die<br />
Ehegattinnen- und Mutterrolle<br />
beschränken o<strong>der</strong> zumindest<br />
konzentrieren. Diese Argumentation<br />
hatte auch den Vorteil, dass<br />
die Arbeiterinnen als fl exible Manövriermasse,<br />
als »Reservearmee«,<br />
je nach Konjunkturlage<br />
und nach Belieben angeworben<br />
o<strong>der</strong> gefeuert werden konnte.<br />
Die Not trieb<br />
<strong>Frauen</strong> in die<br />
Lohnarbeit<br />
<strong>Frauen</strong> als<br />
industrielle<br />
»Reservearmee«
Unqualifi zierte<br />
Arbeit für <strong>Frauen</strong><br />
<strong>Frauen</strong>arbeit – Männerarbeit *<br />
Wenn von <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />
Industrie gesprochen wird, sind<br />
die sogenannten un- und angelernten<br />
Arbeiterinnen gemeint.<br />
Zumindest in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>-, Holz-<br />
und Kunststoffbranche. In <strong>der</strong><br />
Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
gab es zwar vermehrt Facharbeiterinnen,<br />
aber auch dort waren<br />
die meisten Arbeiterinnen eher<br />
in un- und angelernten Bereichen.<br />
Doch sowohl in <strong>der</strong> Heimarbeit<br />
als auch in <strong>der</strong> Fabrikarbeit<br />
gab es eine klare geschlechtsbezogene<br />
Zuordnung einzelner<br />
Tätigkeiten. Das <strong>Metall</strong>drücken,<br />
Löten und die Mechanikerarbeiten<br />
galten als Männerarbeit;<br />
die Bedienung von kleineren<br />
Stanzen und Pressen, das Lackieren,<br />
das Säubern <strong>der</strong> Waren,<br />
das Galvanisieren u. ä. galt<br />
als <strong>Frauen</strong>arbeit. Kraftaufwand<br />
war ein wichtiges Merkmal,<br />
das einer Tätigkeit eine höhere<br />
Wertigkeit verlieh; Geschick-<br />
lichkeit dagegen zählte wenig.<br />
War eine Arbeit offensichtlich<br />
körperlich nicht zu schwer für<br />
<strong>Frauen</strong>, so wurden oft an<strong>der</strong>e<br />
Argumente ins Feld geführt, um<br />
sie dennoch für <strong>Frauen</strong> ungeeignet<br />
erscheinen zu lassen. Das<br />
Schneiden von Schrauben rief<br />
aufgrund des „fortdauernden<br />
Stehens“, das „für den weiblichen<br />
Organismus“ nicht zuträg-<br />
lich sei, Kritik hervor, während<br />
an<strong>der</strong>erseits Schleif- und Polierarbeit<br />
„wegen <strong>der</strong> notwendig<br />
gebückten und sitzenden<br />
Haltung und des entstehenden<br />
Staubes“ für <strong>Frauen</strong> nicht gern<br />
gesehen war.<br />
Die Einwände, die sich auf<br />
„Anfor<strong>der</strong>ungen bedenklicher<br />
Art für die Gesundheit“, was vor<br />
allem hieß: für die Gebärfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Frau, bezogen, wurden<br />
ergänzt durch die Sorge <strong>der</strong><br />
Gewerbeaufsichtsbeamten um<br />
Moral und Sittlichkeit <strong>der</strong> Arbeiterinnen.<br />
Allein die Schutzkleidung,<br />
die an bestimmten Arbeitsplätzen<br />
angezogen werden musste,<br />
führte zu einer eindeutigen<br />
Geschlechtertrennung. Als<br />
beispielsweise während des<br />
Ersten Weltkrieges aus Gründen<br />
des Unfallschutzes auch<br />
für <strong>Frauen</strong> die Hosenkleidung<br />
vorgeschrieben wurde, stieß<br />
diese Vorschrift auf eine breite<br />
öffentliche Missbilligung.<br />
So stellte beispielsweise ein<br />
Kölner Gewerberat fest, dass<br />
die Hosenkleidung, die bei den<br />
meisten Arbeiten angelegt werden<br />
müsse, oft anstößig wirke,<br />
beson<strong>der</strong>s da eine Trennung <strong>der</strong><br />
Geschlechter nicht durchführbar<br />
sei. Dieser Umstand deutet<br />
schon darauf hin, dass Arbeiten,<br />
die eine <strong>der</strong> physischen Natur<br />
<strong>der</strong> Frau nicht angemessene<br />
Bekleidung verlangen, für diese<br />
ungeeignet sind.<br />
Die Aufmerksamkeit <strong>der</strong><br />
Gewerbeaufsichtsbeamten galt<br />
* Zitate aus: Kassel, Brigitte: <strong>Frauen</strong> in einer Männerwelt. <strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie und ihre Interessen-<br />
vertretung durch den Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verband (1891–1933), Köln 1997<br />
aber nicht nur dem äußeren<br />
Erscheinungsbild <strong>der</strong> weiblichen<br />
Arbeitskräfte, auch das<br />
Erscheinungsbild des herzustellenden<br />
Produkts und <strong>der</strong> dazu<br />
erfor<strong>der</strong>lichen Maschinen wurde<br />
zum Kriterium für die Angemessenheit<br />
einer Tätigkeit. Für<br />
das sogenannte »schwache Geschlecht«<br />
erscheinen vor allem<br />
kleine Produkte angemessen.<br />
Zum Beispiel das Drehen kleiner<br />
<strong>Metall</strong>schrauben o<strong>der</strong> das Bohren<br />
und Nieten von Blechstückchen.<br />
Der Einsatz von <strong>Frauen</strong> bei<br />
<strong>der</strong> Herstellung von Blechdosen<br />
und Fahrradlaternen erschien einem<br />
Beamten 1901 dagegen weniger<br />
angemessen, „weil sie die<br />
Bedienung größerer, maschinell<br />
betriebener Stanzen und Pressen<br />
erfor<strong>der</strong>t, die nicht nur körperliche<br />
Anstrengung, son<strong>der</strong>n auch<br />
angespannte Aufmerksamkeit<br />
zur Vermeidung ernster Unfallgefahren<br />
nötig macht“.<br />
Eine weitere Trennung von<br />
18 19<br />
»<strong>Frauen</strong>arbeit« und »Männerarbeit«<br />
schien sich aufgrund<br />
sog. geschlechtstypischen Fähigkeiten<br />
nahezu naturgegeben<br />
anzubieten.<br />
Arbeiterinnen hatten vorzugsweise<br />
Aufgaben zu erfüllen,<br />
bei denen ihre vorgebliche naturhaft<br />
weibliche Fähigkeit, wie<br />
die vielzitierte Fingerfertigkeit<br />
und Handgeschicklichkeit, produktiv<br />
genutzt werden konnten.<br />
<strong>Metall</strong>arbeiterinnen wurden<br />
eher in <strong>der</strong> Fabrikation von Massenware,<br />
z. B. Schrauben und<br />
Muttern, eingesetzt, als mit qualifi<br />
zierter Arbeit bei <strong>der</strong> Herstellung<br />
von Unikaten beschäftigt.<br />
In <strong>der</strong> Bleistiftindustrie polierten<br />
und banden sie Bleistifte,<br />
während die Herstellung <strong>der</strong><br />
Rohbleistifte von Männern erledigt<br />
wurde. In <strong>der</strong> Textilindustrie<br />
sah es ähnlich aus.<br />
Darüber hinaus waren<br />
die Arbeitsplätze in vertikaler<br />
Richtung geschlechtsspezifi sch<br />
verteilt. Männer hatten als<br />
sogenannte Einrichter und vor<br />
allem als Meister auch in reinen<br />
Arbeiterinnenabteilungen die<br />
Aufsicht über <strong>Frauen</strong>. Im Ergebnis<br />
waren die berufl ichen Tätigkeiten<br />
streng nach Geschlecht<br />
hierarchisch geteilt.<br />
Mit <strong>der</strong> Zeit verschob sich<br />
die Relation zwischen <strong>der</strong> ungelernten<br />
und <strong>der</strong> angelernten<br />
Arbeit in <strong>der</strong> weiblichen Industriearbeit<br />
etwas mehr zugunsten<br />
<strong>der</strong> angelernten Tätigkeiten.<br />
Dies galt vor allem in <strong>der</strong> Textil-<br />
und <strong>der</strong> Bekleidungsproduktion.<br />
Eine ähnliche Tendenz zeigte<br />
sich bei dem hohen <strong>Frauen</strong>einsatz<br />
im ersten Weltkrieg in <strong>der</strong><br />
<strong>Metall</strong>industrie und ebenfalls<br />
als Folge des Rationalisierungsdrucks<br />
im <strong>Metall</strong>bereich während<br />
<strong>der</strong> zwanziger Jahre des<br />
20. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Der Anteil <strong>der</strong><br />
Facharbeiterinnen blieb aber<br />
kontinuierlich bis in den zweiten<br />
Weltkrieg hinein unter 5 Prozent.<br />
Das »schwache<br />
Geschlecht«
Einheitslohn für<br />
<strong>Frauen</strong> – auf un-<br />
terstem Niveau<br />
»<strong>Frauen</strong>akkorde«<br />
deulich niedriger<br />
Einkommen<br />
Das <strong>Frauen</strong>lohnniveau erreichte<br />
vor dem ersten Weltkrieg nur<br />
die Hälfte bis zwei Drittel des<br />
Lohnes männlicher Hilfsarbeiter.<br />
Außerdem bekamen die <strong>Frauen</strong><br />
einen Einheitslohn, während die<br />
Löhne <strong>der</strong> Arbeiter nach Alter<br />
gestaffelt wurden. Mit zunehmendem<br />
Alter erhöhte sich auch<br />
das Einkommen.<br />
<strong>Metall</strong>arbeiterinnen verdienten<br />
im allgemeinen immer weniger<br />
als <strong>Metall</strong>arbeiter auf <strong>der</strong><br />
niedrigsten Qualifi kationsstufe.<br />
Im Schnitt lag <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>lohnanteil<br />
bei ca. 60 Prozent. Im Einzelfall<br />
o<strong>der</strong> je nach Vergleichsgröße<br />
war das Verhältnis von<br />
<strong>Frauen</strong>- zu Männerlöhnen etwas<br />
günstiger. Dies galt aber nur für<br />
die untersten Qualifi kationsgruppen,<br />
z. B. Hilfsarbeiterinnen<br />
und Hilfsarbeiter. In <strong>der</strong> Holzbranche<br />
war das Einkommen<br />
<strong>der</strong> meist ungelernten <strong>Frauen</strong><br />
noch nicht einmal halb so hoch<br />
wie das <strong>der</strong> am schlechtesten<br />
bezahlten Männer.<br />
Durch die technologische<br />
Entwicklung und die damit<br />
verbundene Rationalisierung<br />
drangen <strong>Frauen</strong> gerade in <strong>der</strong><br />
<strong>Metall</strong>industrie zwar in Arbeitsbereiche<br />
vor, die früher den<br />
Aufgabenkreis von Facharbeitern<br />
bildeten, bekamen jedoch<br />
keineswegs den den höheren<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechenden<br />
Lohn. Die Akkordarbeit war<br />
unter den <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />
Ende <strong>der</strong> zwanziger Jahre<br />
stärker verbreitet als bei den<br />
Männern. Die Akkordpreise<br />
dieser »<strong>Frauen</strong>akkorde« fi elen<br />
größtenteils 26 bis 40 Prozent<br />
niedriger aus als die <strong>der</strong> vergleichbaren<br />
Männerakkorde.<br />
Die leistungsfähigste Arbeiterin<br />
verdiente auch im Akkord<br />
erheblich weniger als <strong>der</strong><br />
männliche Hilfsarbeiter. Die<br />
Min<strong>der</strong>bezahlung hatte also<br />
mit Min<strong>der</strong>leistung nichts zu<br />
tun. Immerhin verringerte sich<br />
die Lohnspanne in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />
Weimarer Republik im Vergleich<br />
zum Kaiserreich auf »nur« 20<br />
bis 40 Prozent.<br />
Die Lohndifferenz blieb<br />
auch während <strong>der</strong> Jahre <strong>der</strong><br />
Nazidiktatur, von 1933 bis 1945,<br />
mit durchschnittlich 30 Prozent<br />
im wesentlichen konstant. Wie<br />
schon vor 1933 wurden die Arbeiterinnen<br />
ohne Rücksicht auf<br />
ihre Qualifi kation entlohnt, gelernte<br />
und ungelernte Arbeiterinnen<br />
verdienten also weniger<br />
als ihre ungelernten männlichen<br />
Kollegen.<br />
Arbeitszeit<br />
Um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />
arbeiteten die Menschen<br />
(<strong>Frauen</strong> und Männer) in <strong>der</strong><br />
Fabrik durchschnittlich 12 bis<br />
14 Stunden an sechs Tagen in<br />
<strong>der</strong> Woche. Mit <strong>der</strong> Novelle<br />
<strong>der</strong> Gewerbeordnung von 1891<br />
wurde 1892 unter an<strong>der</strong>em<br />
das Nachtarbeitsverbot für<br />
Fabrikarbeiterinnen sowie <strong>der</strong><br />
elfstündige Maximalarbeitstag<br />
für Arbeiterinnen und 1895 die<br />
gewerbliche Sonntagsruhe<br />
eingeführt. An Vortagen von<br />
Sonn- und Feiertagen war die<br />
Arbeitszeit auf zehn Stunden<br />
beschränkt. Die Arbeitszeit<br />
musste zwischen 5:30 Uhr und<br />
20:30 Uhr liegen; an Samstagen<br />
und Vorfeiertagen durfte sie bis<br />
17:30 Uhr reichen. Bei großem<br />
Arbeitsanfall war mit Genehmigung<br />
<strong>der</strong> Gewerbeaufsicht eine<br />
Ausdehnung bis 22 Uhr möglich.<br />
Darüber hinaus wurde eine einstündige<br />
Pause angeordnet.<br />
20 21<br />
Eine reichsweite Erhebung<br />
<strong>der</strong> Gewerbeaufsicht über die<br />
Arbeitszeit von Fabrikarbeiterinnen<br />
im Jahre 1902, die über<br />
800.000 Arbeiterinnen – vorrangig<br />
aus <strong>der</strong> Textilindustrie<br />
– erfasste, bestätigt, dass in<br />
etwa zwei Drittel <strong>der</strong> erfassten<br />
Betriebe insgesamt mehr als die<br />
Hälfte <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> bis maximal<br />
zehn Stunden täglich arbeiteten.<br />
Die durchschnittliche tägliche<br />
Arbeitszeit lag unter elf Stunden.<br />
Mit einer weiteren Novelle<br />
<strong>der</strong> Gewerbeordnung von 1908<br />
wird die Höchstarbeitszeit für<br />
Fabrikarbeiterinnen und Jugendliche<br />
ab 1910 auf zehn Stunden<br />
festgelegt. An den Tagen vor<br />
Sonn- und Feiertagen wird die<br />
Arbeitszeit auf 8 Stunden begrenzt.<br />
Dienstmädchen hatten dagegen<br />
nur jeden zweiten Sonntag<br />
frei, ansonsten mussten sie<br />
nahezu unbegrenzt zur Verfügung<br />
stehen. Ein Arbeitstag von<br />
16 Stunden war keine Seltenheit.<br />
Insofern war die Fabrikarbeit<br />
für viele <strong>Frauen</strong> die bessere<br />
Alternative.<br />
Nachdem in <strong>der</strong> Weimarer<br />
Republik Ende 1923 <strong>der</strong> 1918<br />
eingeführte 8-Stunden-Tag<br />
aufgehoben wurde, hatten vor<br />
allem wie<strong>der</strong> Arbeiterinnen <strong>der</strong><br />
sogenannten <strong>Frauen</strong>industrien<br />
täglich bis zu 10 Stunden und<br />
darüber liegende Arbeitszeiten.
22 23<br />
„Uns geht es ums Ganze“ - die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
Nach <strong>der</strong> Reichsgründung 1871<br />
bekamen nur die deutschen<br />
Männer über 25 Jahre das gleiche,<br />
geheime, direkte und allgemeine<br />
Wahlrecht zum Reichstag.<br />
Die <strong>Frauen</strong> blieben in diesem<br />
und in vielen an<strong>der</strong>en wirtschafts-<br />
und privatrechtlichen<br />
Belangen Staatsbürger zweiter<br />
Klasse. Die reaktionären Vereinsgesetze<br />
mehrerer deutscher<br />
Staaten nahmen ihnen bis 1908<br />
die Möglichkeit einer direkten<br />
politischen Betätigung.<br />
Die meisten frühen gewerkschaftlichen<br />
Organisationen<br />
<strong>der</strong> jungen Arbeiterbewegung<br />
betrachteten die Vermehrung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong> Industrie<br />
mit Misstrauen und Konkurrenzangst,<br />
die Mitgliedschaft<br />
von Arbeiterinnen hielten sie<br />
für unerwünscht. Vor allem die<br />
Berufsverbände, die dem Allgemeinen<br />
Deutschen Arbeiterverein<br />
des Ferdinand Lassalle nahe<br />
standen, lehnten industrielle<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit ab.<br />
Höhere Akzeptanz fanden<br />
Arbeiterinnen dagegen bei den<br />
Gewerksgenossenschaften <strong>der</strong><br />
sogenannten Eisenacher Richtung,<br />
die von August Bebel und<br />
Wilhelm Liebknecht maßgeblich<br />
beeinfl usst wurden.<br />
Immer wie<strong>der</strong> for<strong>der</strong>te ein<br />
Teil <strong>der</strong> Arbeiter die Abschaffung<br />
<strong>der</strong> Fabrikarbeit für <strong>Frauen</strong> in<br />
<strong>der</strong> Hoffnung, durch ein geringeres<br />
Arbeitskräfteangebot die<br />
eigenen Löhne aufbessern zu<br />
können. Immerhin wurde beispielsweise<br />
auf dem »allgemeinen<br />
deutschen sozialdemokratischen<br />
Arbeiterkongreß« 1869<br />
in Eisenach ein Antrag zur Abschaffung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit abgelehnt.<br />
In <strong>der</strong> Begründung wurde<br />
argumentiert, dass dadurch<br />
die notleidenden, auf Erwerb<br />
angewiesenen <strong>Frauen</strong> nur zur<br />
Prostitution getrieben würden.<br />
Die weibliche Konkurrenz könnte<br />
nur durch die gemeinsame<br />
Organisation mit den Männern<br />
abgeschafft werden.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielte<br />
die im Februar 1869 in Crimmitschau<br />
gegründete »Gewerksgenossenschaft<br />
<strong>der</strong> Manufaktur-,<br />
Fabrik und Handarbeiter«, die<br />
sich vorrangig als Textilarbeitergewerkschaft<br />
verstand und<br />
von Beginn an gleichermaßen<br />
Männer und <strong>Frauen</strong> organisierte.<br />
Bereits ein Jahr nach <strong>der</strong><br />
Gründung hatte diese Gewerkschaft<br />
bereits weit über 6000<br />
Mitglie<strong>der</strong> und davon waren<br />
ein Sechstel <strong>Frauen</strong>, wie Clara<br />
Zetkin in ihrer <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />
proletarischen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
schreibt. Beson<strong>der</strong>s bemerkenswert<br />
ist, dass in das Organisationskomitee,<br />
das für die Gewerksgenossenschaft<br />
ein Statut<br />
ausarbeitete, auch zwei <strong>Frauen</strong><br />
( Wilhelmine Weber und Christiane<br />
Peuschel ) aufgenommen<br />
wurden. In diesem Statut wurde<br />
geregelt, dass <strong>Frauen</strong> nicht nur<br />
Mitglied werden konnten, son<strong>der</strong>n<br />
sogar das aktive und passive<br />
Wahlrecht zugesprochen
Die ersten <strong>Frauen</strong><br />
in den Gewerk-<br />
schaften<br />
bekamen. Für die damalige Zeit<br />
eine absolute Sensation.<br />
Konnte diese frauenpolitisch<br />
fortschrittliche Haltung bei <strong>der</strong><br />
Gewerksgenossenschaft <strong>der</strong><br />
Manufaktur-, Fabrik- und Handarbeiter<br />
noch mit einem beson<strong>der</strong>s<br />
hohen Anteil weiblicher<br />
Arbeitskräfte begründet werden,<br />
war es jedoch überraschend,<br />
Artikel 15. Die Dienstherrschaft ist insbeson<strong>der</strong>e<br />
berechtigt, die Dienstboten ohne Aufkündigung<br />
sofort zu entlassen:<br />
...<br />
7) wenn<br />
sie länger als vierzehn Tage durch Krankheit,<br />
Freiheitsstrafe o<strong>der</strong> Abwesenheit an ihren<br />
Dienstleistungen verhin<strong>der</strong>t sind;<br />
8) wenn sie schwanger sind;<br />
(Auszug aus <strong>der</strong> Gesindeordnung vom 28 April<br />
1877, Darmstadt)<br />
dass die Gewerksgenossenschaft<br />
<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiter bereits<br />
wenige Monate später ähnliche<br />
Regelungen verabschiedete. Es<br />
spricht vieles dafür, dass die<br />
Kollegen sich bei <strong>der</strong> Verfassung<br />
ihrer Satzung nach den von<br />
Bebel vorgelegten »Musterstatuten<br />
für Deutsche Gewerksgenossenschaften«<br />
richteten.<br />
Arbeiterinnen waren in ihrer<br />
Branche eher selten. Sogenannte<br />
frauenpolitische For<strong>der</strong>ungen,<br />
z. B. die Einführung einer Wöchnerinnen-Unterstützung,<br />
fanden<br />
auch kaum Unterstüzung.<br />
In den 70er Jahren kämpften<br />
engagierte <strong>Frauen</strong> wie Clara<br />
Zetkin und Emma Ihrer für eine<br />
Än<strong>der</strong>ung im Bewusstsein <strong>der</strong><br />
Arbeiter und ihrer Funktionäre.<br />
1878 erschien das Buch »Die<br />
Frau und <strong>der</strong> Sozialismus«<br />
von August Bebel. Die Inhalte<br />
dieses Buches beeinfl ussten<br />
das Bewusstsein vieler Männer<br />
und <strong>Frauen</strong>. Zum ersten Mal<br />
for<strong>der</strong>ten nun auch Arbeiterorganisationen<br />
die Durchsetzung<br />
von Rechten, die ausschließlich<br />
<strong>Frauen</strong> betrafen, z. B. die<br />
For<strong>der</strong>ung nach gleichem Lohn<br />
für gleiche Arbeit, einem Arbeiterinnen-<br />
und Mutterschutz,<br />
einem Wahlrecht für <strong>Frauen</strong>,<br />
gleichen Bildungschancen,<br />
privatrechtlicher Gleichstellung<br />
und Beseitigung <strong>der</strong> Gesindeordnung<br />
zur Befreiung <strong>der</strong><br />
Dienstboten.<br />
Die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
war fester Bestandteil<br />
<strong>der</strong> sozialistischen Arbeiterbewegung<br />
und verfolgte revolutionäre<br />
Ziele. Es ging um den<br />
Kampf gegen die Klassengesellschaft.<br />
Diesen Kampf bestritten<br />
GewerkschafterInnen und SozialistInnen<br />
gemeinsam.<br />
Gerade im Jahrzehnt des<br />
»Sozialistengesetzes«, in den<br />
24 25<br />
80er Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />
als das deutsche Reich<br />
zur Vernichtung <strong>der</strong> jungen<br />
Arbeiterbewegung angesetzt<br />
hatte, entstanden überall <strong>Frauen</strong>vereine,<br />
teils als Bildungsvereine,<br />
teils mit gewerkschaftlichem<br />
Einschlag. 1883 wurde in<br />
Berlin die erste <strong>Frauen</strong>gewerkschaft<br />
ins Leben gerufen, <strong>der</strong><br />
»Verein <strong>der</strong> Mantelnäherinnen«.<br />
Obwohl diesen <strong>Frauen</strong>vereinen<br />
wegen polizeilicher Aufl ösung<br />
meist keine lange Lebensdauer<br />
beschieden war, bestand die<br />
proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
mit diesen Organisationen ihre<br />
erste Feuertaufe.<br />
Seit 1890 erschien eine<br />
eigene <strong>Frauen</strong>zeitschrift, zuerst<br />
»Die Arbeiterin«, geleitet<br />
von Emma Ihrer, seit 1891 »Die<br />
Gleichheit«, herausgegeben von<br />
Clara Zetkin. Der Parteitag <strong>der</strong><br />
SPD 1892 in Berlin griff erneut<br />
die Frage <strong>der</strong> Organisationsmöglichkeiten<br />
von <strong>Frauen</strong> und<br />
ihre Einbeziehung in die Partei<br />
auf. Das System <strong>der</strong> Vertrauensmänner<br />
wurde auf die <strong>Frauen</strong><br />
übertragen.<br />
1889 bekräftigte <strong>der</strong> Sozialistenkongress<br />
in Paris,<br />
<strong>der</strong> Gründungskongress <strong>der</strong><br />
II. Internationale, das Recht<br />
<strong>der</strong> Arbeiterinnen auf gleichberechtigte<br />
Mitgliedschaft in<br />
den Arbeiterorganisationen und<br />
for<strong>der</strong>te gleiche Löhne für gleiche<br />
Arbeit für die Arbeit bei<strong>der</strong><br />
Geschlechter. Die deutschen<br />
Revolutionäre<br />
Ziele
Titelblatt und Textauszüge aus dem kommunistischen ManiManifest von Karl Marx und Friedrich Engels ( 1848 ).<br />
... Die Bourgeoisie hat dem<br />
Familienverhältnis seinen rührend-sentimentalen<br />
Schleier<br />
abgerissen und es auf ein reines<br />
Geldverhältnis zurückgeführt.<br />
...<br />
Die Bourgeoisie kann nicht<br />
existieren, ohne die Produktionsinstrumente,<br />
also die Produktionsverhältnisse,<br />
also sämtliche<br />
gesellschaftlichen Verhältnisse<br />
fortwährend zu revolutionieren.<br />
Unverän<strong>der</strong>te Beibehaltung <strong>der</strong><br />
alten Produktionsweise war<br />
dagegen die erste Existenzbedingung<br />
aller früheren industriellen<br />
Klassen. Die fortwährende<br />
Umwälzung <strong>der</strong> Produktion, die<br />
ununterbrochene Erschütterung<br />
aller gesellschaftlichen Zustände,<br />
die ewige Unsicherheit und<br />
Bewegung zeichnet die Bourgeoisepoche<br />
vor allen an<strong>der</strong>en<br />
aus. Alle festen eingerosteten<br />
Verhältnisse mit ihrem Gefolge<br />
von altehrwürdigen Vorstellungen<br />
und Anschauungen werden<br />
aufgelöst, alle neugebildeten<br />
veralten, ehe sie verknöchern<br />
können. Alles Ständische und<br />
Stehende verdampft, alles<br />
Heilige wird entweiht, und die<br />
Menschen sind endlich gezwungen,<br />
ihre Lebensstellung, ihre<br />
gegenseitigen Beziehungen mit<br />
nüchternen Augen anzusehen.<br />
...<br />
Die Bourgeoisie hat durch<br />
ihre Exploitation des Weltmarkts<br />
die Produktion und Konsumption<br />
aller Län<strong>der</strong> kosmopolitisch<br />
gestaltet. Sie hat zum großen<br />
Bedauern <strong>der</strong> Reaktionäre den<br />
nationalen Boden <strong>der</strong> Industrie<br />
unter den Füßen weggezogen.<br />
Die uralten nationalen Industrien<br />
sind vernichtet worden und<br />
werden noch täglich vernichtet.<br />
Sie werden verdrängt durch<br />
neue Industrien, <strong>der</strong>en Einführung<br />
eine Lebensfrage für alle<br />
zivilisierten Nationen wird,<br />
durch Industrien, die nicht mehr<br />
einheimische Rohstoffe, son<strong>der</strong>n<br />
den entlegensten Zonen angehörige<br />
Rohstoffe verarbeiten und<br />
<strong>der</strong>en Fabrikate nicht nur im<br />
Lande selbst, son<strong>der</strong>n in allen<br />
Weltteilen zugleich verbraucht<br />
werden. ...<br />
Arbeiterinnen waren auf dem<br />
Kongress durch die Delegierten<br />
Emma Ihrer und Clara Zetkin<br />
vertreten.<br />
Nach dem Fall des Sozialistengesetzes<br />
gab sich die Partei<br />
<strong>der</strong> deutschen Sozialdemokratie<br />
– inzwischen SPD genannt<br />
– 1891 in Erfurt ein neues<br />
revolutionäres Programm, in<br />
dem sie sich das erste Mal zur<br />
Befreiung und Emanzipation<br />
<strong>der</strong> Frau bekannte. Führende<br />
Sozialdemokratinnen und Gewerkschafterinnen<br />
wie Clara<br />
Zetkin, Emma Ihrer, Ottilie<br />
Ba<strong>der</strong>, Luise Zietz nahmen in<br />
den 90er Jahren die politische<br />
Organisation <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in die<br />
26 27<br />
Hand und Clara Zetkin erarbeitete<br />
die theoretische Position<br />
<strong>der</strong> Sozialdemokratie zur <strong>Frauen</strong>frage,<br />
die »<strong>Frauen</strong>emanzipationstheorie«.<br />
Diese Theorie<br />
begriff die <strong>Frauen</strong>frage als Teil<br />
<strong>der</strong> allgemeinen Arbeiterfrage,<br />
<strong>der</strong> allgemeinen sozialen Frage.<br />
Nach ihrer Theorie führt <strong>der</strong><br />
Weg <strong>der</strong> Frau gerade durch die<br />
Einbindung in den Produktionsprozess,<br />
durch die außerhäusliche<br />
Arbeit zur Befreiung.<br />
Die formale Gleichstellung <strong>der</strong><br />
Geschlechter bildet auf diesem<br />
Weg nur eine Etappe, das Ziel<br />
ist das Aufheben <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Ausbeutung bei<strong>der</strong><br />
Geschlechter, die gesellschaft-<br />
liche Umwälzung. Dieses Ziel<br />
kann nur durch den gemeinsamen<br />
Kampf <strong>der</strong> Arbeiter und<br />
<strong>der</strong> Arbeiterinnen, durch den<br />
proletarischen Klassenkampf<br />
ausgefochten werden.<br />
Mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong><br />
»Gleichheit«, »Zeitschrift für die<br />
Interessen <strong>der</strong> Arbeiterinnen«<br />
im Jahre 1892 stand unter <strong>der</strong><br />
Leitung von Clara Zetkin <strong>der</strong><br />
proletarischen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
viele Jahre hindurch ein eigenes<br />
Presseorgan hilfreich zur Seite.<br />
Mit dem internationalen <strong>Frauen</strong>tag,<br />
1911 das erste Mal begangen,<br />
wurde auch ein Kampftag<br />
für die sozialistischen <strong>Frauen</strong>for<strong>der</strong>ungen<br />
ins Leben gerufen.<br />
<strong>Frauen</strong>frage und<br />
soziale Frage<br />
Erster internationaler<br />
<strong>Frauen</strong>tag<br />
am 8. März 1911
Arbeitszimmer im Atelier <strong>der</strong> Fotografi n ( Foto Emilie Bieber )<br />
28 29<br />
Die »bürgerliche« <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
Zugleich kämpfte die bürgerliche<br />
<strong>Frauen</strong>bewegung vor allem<br />
für die Selbständigkeit und<br />
Mündigkeit von <strong>Frauen</strong>, die<br />
sie vor allem durch ein Recht<br />
auf Bildung und ein Recht<br />
auf Arbeit erreichen wollten.<br />
So gründete beispielsweise<br />
Louise Otto-Peters bereits 1849<br />
eine eigene politische <strong>Frauen</strong>-<br />
Zeitung. Die Vorreiterinnen <strong>der</strong><br />
bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
entstammten meist <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Mittel- und Oberschicht.<br />
Für sie galt die Heirat<br />
als unhinterfragte Pfl icht. Sie<br />
mussten sich zwar nicht um<br />
das tägliche Überleben sorgen,<br />
weil ihre Herkunftsfamilie o<strong>der</strong><br />
ihr Ehemann für ihre materielle<br />
Sicherheit sorgte, aber ihre<br />
sonstigen Entwicklungsmöglichkeiten<br />
waren sehr begrenzt.<br />
Berufl ich standen ihnen z. B.<br />
nur die Berufe als Gouvernante,<br />
Lehrerin o<strong>der</strong> Gesellschafterin<br />
offen. Ansonsten konnten sie<br />
nur heimlich über »standesgemäße«<br />
Näh-, Stick-, Häkel- und<br />
an<strong>der</strong>e Handarbeiten eigenes<br />
Geld verdienen.<br />
So schlossen sich 1865 erstmals<br />
in <strong>der</strong> deutschen <strong>Geschichte</strong><br />
<strong>Frauen</strong> zusammen und gründeten<br />
während ihrer <strong>Frauen</strong>konferenz<br />
den »Allgemeinen Deutschen<br />
<strong>Frauen</strong>verein« dessen<br />
Ziel es war „die erhöhte Bildung<br />
des weiblichen Geschlechts und<br />
die Befreiung <strong>der</strong> weiblichen<br />
Arbeit von allen Hin<strong>der</strong>nissen<br />
zu erkämpfen“. Es wurden Industrie-<br />
und Handelsschulen für<br />
Mädchen, Arbeiterinnenschutz,<br />
Mutterschutz, Chancengleichheit<br />
im Beruf, gleicher Lohn für<br />
gleiche Arbeit, gleiche Gewerbefreiheit<br />
für <strong>Frauen</strong> und das<br />
<strong>Frauen</strong>wahlrecht gefor<strong>der</strong>t.<br />
Doch <strong>der</strong> Kampf um Gleichberechtigung<br />
war in dieser Zeit<br />
enorm schwer, weil <strong>Frauen</strong> politisch<br />
völlig rechtlos waren. Da<br />
sie vom öffentlichen Bildungssystem<br />
ausgeschlossen waren,<br />
mussten sie notwendiges Wissen<br />
autodidaktisch erwerben.<br />
Über eventuelles Vermögen o<strong>der</strong><br />
gar den Verdienst einer Ehefrau<br />
bestimmte nach dem damaligen<br />
deutschen Rechtssystem <strong>der</strong><br />
Mann. Um Än<strong>der</strong>ungen durchzusetzen,<br />
waren sie auf das Wohlwollen<br />
<strong>der</strong> Männer angewiesen.<br />
Erst 1872 wurden den – vorwiegend<br />
bürgerlichen – <strong>Frauen</strong><br />
weitere Berufsmöglichkeiten<br />
eröffnet. Es gab die ersten Kin<strong>der</strong>gärtnerinnenseminare<br />
und
Samariterinnen, 1870 – 1871 ( Foto Carl Friedrich Mylius )<br />
es erfolgte die Zulassung zum<br />
Bahn-, Post- und Telegraphendienst.<br />
In dieser Zeit entstanden<br />
auch private Handelslehrinstitute<br />
zur Vorbereitung auf eine gehobene<br />
kaufmännische Tätigkeit für<br />
<strong>Frauen</strong> und Gewerbe-, Telegraphen-<br />
und Sekretärinnen- sowie<br />
Koch- und Haushaltungsschulen.<br />
Insgesamt fanden in <strong>der</strong><br />
sog. bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
unterschiedliche Strömungen<br />
ihre Heimat. Es gab <strong>Frauen</strong>,<br />
die eine Politik <strong>der</strong> Gleichheit<br />
<strong>der</strong> Menschen bei<strong>der</strong>lei Geschlechts<br />
betonten und es gab<br />
<strong>Frauen</strong>, die eher die Differenz<br />
<strong>der</strong> Geschlechter und ihre Unterschiede<br />
deutlich machen<br />
wollten. Es gab innerhalb <strong>der</strong><br />
bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
sozusagen einen gemäßigten<br />
und einen radikalen Flügel.<br />
30 31<br />
Im Vergleich bleibt festzustellen,<br />
dass die bürgerliche<br />
und die proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
bei ihrem Kampf<br />
von gegensätzlichen Grundauffassungen<br />
ausgingen und<br />
durchaus auch unterschiedliche<br />
Ziele verfolgten. Während es<br />
den proletarischen <strong>Frauen</strong> eher<br />
um Schutz vor zu viel Arbeit<br />
ging, ging es <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Frau um die »standesgemäße«<br />
Zulassung zu Berufen. Für die<br />
proletarische Frau war eine<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Produktionsverhältnisse<br />
( Revolution ) Voraussetzung<br />
für Emanzipation,<br />
während für die bürgerliche<br />
Frau die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geschlechterrollen<br />
innerhalb <strong>der</strong><br />
bestehenden gesellschaftlichen<br />
Bedingungen im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stand.<br />
Gemäßigte und<br />
Radikale
32 33<br />
„Die Arbeiterinnen zu höheren Lebensansprüchen erziehen“<br />
Der steinige Weg <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
<strong>Frauen</strong>organisation vor dem 1. Weltkrieg<br />
Das deutsche Reich stand an<br />
<strong>der</strong> Schwelle seiner Entwicklung<br />
zu einer imperialistischen Wirtschaftsmacht,<br />
als Anfang <strong>der</strong><br />
90er Jahre des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
die großen gewerkschaftlichen<br />
Zentralverbände entstanden,<br />
darunter 1891 <strong>der</strong> Deutsche<br />
<strong>Metall</strong>arbeiter Verband ( DMV )<br />
und <strong>der</strong> Zentralverband deutscher<br />
Textilarbeiter ( DTAV ). 1893<br />
wurde <strong>der</strong> Holzarbeiter-Verband<br />
gegründet. In <strong>der</strong> Wirtschaftskrise<br />
jener Jahre waren sie<br />
genötigt, ihre Mitglie<strong>der</strong>zahl zu<br />
erweitern und so öffneten sie,<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger überzeugt,<br />
auch für <strong>Frauen</strong> ihre Tore. Den<br />
größten Zuwachs an weiblichen<br />
Mitglie<strong>der</strong>n verzeichnete <strong>der</strong><br />
Textilarbeiterverband, schon<br />
1912 mit einem fast 39-prozentigen<br />
<strong>Frauen</strong>anteil. Im Jahr 1913<br />
standen 54.846 organisierte<br />
Textilarbeiterinnen 27.971 <strong>Frauen</strong><br />
in dem Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verband<br />
( DMV ) gegenüber;<br />
im Verhältnis zu <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>mitgliedschaft<br />
<strong>der</strong> übrigen<br />
Gewerkschaftsverbände immer<br />
noch eine ansehnliche Zahl. Sie<br />
machte jedoch nur 5 Prozent <strong>der</strong><br />
Mitgliedschaft des auch schon<br />
in <strong>der</strong> damaligen Zeit größten<br />
Einzelverbandes aus.<br />
Der Eintritt <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in<br />
Gewerkschaften war zum damaligen<br />
Zeitpunkt nur möglich,<br />
wenn letztere als politisch, d. h.<br />
parteipolitisch als »neutral« galten.<br />
Schon eine Gewerkschaftsversammlung,<br />
auf <strong>der</strong> nach Meinung<br />
des überwachenden Polizisten<br />
politische Themen erörtert<br />
wurden, konnte wegen <strong>Frauen</strong>beteiligung<br />
aufgelöst werden.<br />
Die Gewerkschaftsverbände, um<br />
die es hier geht, standen zwar<br />
<strong>der</strong> SPD nahe, nannten sich<br />
aber, um ihre Selbstständigkeit<br />
zu demonstrieren und um sich<br />
auch gegenüber <strong>der</strong> 1899 gegründeten<br />
christlichen Gewerkschaftsbewegung<br />
abzugrenzen<br />
»frei«.<br />
Die führenden Gewerkschafterinnen<br />
wie Emma Ihrer,<br />
Paula Thiede, Wilhelmine Kähler,<br />
Ida Altmann, Martha Tietz, die<br />
offensiv die Auffassung <strong>der</strong> proletarischen<br />
<strong>Frauen</strong>emanzipation<br />
vertraten und die Solidarität <strong>der</strong><br />
männlichen Arbeiter einfor<strong>der</strong>ten,<br />
mussten gegen große Wi<strong>der</strong>stände<br />
ankämpfen. Verbündete<br />
hatten sie nur in wenigen<br />
Kollegen, so in <strong>der</strong> Person des<br />
Vorsitzenden des Dachverbandes<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaften, <strong>der</strong><br />
Generalkommission, Karl Legien.<br />
Mit seiner Unterstützung wurden<br />
1904 eine <strong>Frauen</strong>agitationskommission<br />
und 1905 das<br />
Arbeiterinnensekretariat bei <strong>der</strong><br />
Generalkommission gerade zur<br />
För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Werbung weiblicher<br />
Mitglie<strong>der</strong> eingerichtet.<br />
Erklärungen für den immer<br />
wie<strong>der</strong> beklagten unzureichenden<br />
Agitationserfolg wurden in<br />
<strong>der</strong> weiblichen Natur gesucht.<br />
Gängig war die Ansicht, <strong>Frauen</strong><br />
seien zu emotional, würden die<br />
gewerkschaftliche Organisation<br />
zu gefühlsmäßig betrachten, ließen<br />
sich leicht vom politischen<br />
Gegner beeinfl ussen.<br />
Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
bedeutete damals nicht nur<br />
die Vermittlung von Organisationskenntnissen,<br />
son<strong>der</strong>n auch<br />
die Vermittlung von ökonomischen<br />
Zusammenhängen sowie<br />
Erste Organisationsformen<br />
<strong>Frauen</strong> gehen in<br />
die Offensive
„Die Arbeite-<br />
rinnen zu höheren<br />
Lebensansprüchen<br />
erziehen“<br />
das Infragestellen anerzogener<br />
Denkweisen über die Rollenverteilung<br />
<strong>der</strong> Geschlechter und<br />
die Stärkung weiblicher Selbstwertschätzung.GewerkschaftsfunktionärInnen<br />
führten den<br />
geringen gewerkschaftlichen<br />
Organisationsgrad bei den Arbeiterinnen<br />
u. a. auf ihre geringe<br />
Berufsidentifi kation zurück. Die<br />
Arbeiten, die ihnen zugemutet<br />
wurden, waren so stumpfsinnig<br />
und belastend, dass die große<br />
Mehrheit <strong>der</strong> Arbeiterinnen einen<br />
Ausweg in <strong>der</strong> Ehe sahen.<br />
Mit <strong>der</strong> Heirat erhofften sie ihren<br />
miserablen Arbeitsbedingungen<br />
Demonstration zum ersten Internationalen <strong>Frauen</strong>tag in Berlin 1911<br />
zu entfl iehen. Diese Hoffnung<br />
auf eheliche Versorgung hin<strong>der</strong>te<br />
viele von ihnen daran, sich<br />
für bessere Arbeitsbedingungen<br />
einzusetzen.<br />
Berufsidentifi kation, Interessen<br />
an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Arbeiterverhältnisse<br />
und Interesse<br />
an <strong>der</strong> gewerkschaftlichen Organisation<br />
sind – wie Ida Altmann<br />
und Karl Legien verschiedentlich<br />
ausführten – miteinan<strong>der</strong> eng<br />
verknüpft.<br />
„Wir müssen die Organisierung<br />
<strong>der</strong> Arbeiterinnen unter<br />
dem Gesichtswinkel betrachten,<br />
dass wir verpfl ichtet sind, die<br />
Arbeiterinnen zu höheren Le-<br />
bensansprüchen zu erziehen“<br />
charakterisierte Martha Hoppe<br />
vom Textilarbeiterverband<br />
1911 die Aufgabe. Die Doppelbelastung<br />
durch Lohnerwerb<br />
und Haushalt, ebenfalls ein<br />
entscheidendes Hin<strong>der</strong>nis von<br />
gewerkschaftlichen <strong>Frauen</strong>aktivitäten,<br />
kam hier gar nicht zur<br />
Sprache.<br />
1907 und 1908 wurden im<br />
Textilarbeiterverband mit Unterstützung<br />
<strong>der</strong> »Gleichheit« im<br />
ganzen Verbandsgebiet Hausagitationskampagnendurchgeführt.<br />
In dieser Gewerkschaft<br />
sind vor dem 1. Weltkrieg auf <strong>der</strong><br />
Ebene <strong>der</strong> Landesverbände auch<br />
schon Arbeiterinnenkonferenzen<br />
abgehalten worden.<br />
Mit <strong>der</strong> Erfahrung, dass<br />
die <strong>Frauen</strong>agitation beson<strong>der</strong>s<br />
durch den Einsatz von Kolleginnen<br />
Erfolg verspricht, tat<br />
man sich im DMV beson<strong>der</strong>s<br />
schwer. 1905 wurde ein Antrag<br />
<strong>der</strong> Verwaltungsstelle Solingen<br />
zur Ernennung von weiblichen<br />
Vertrauenspersonen als Beschwerdestellen<br />
für die Fabrik-<br />
und Heimarbeiterinnen nur als<br />
Material an den Vorstand überwiesen.<br />
1909 gab es schließlich<br />
beim DMV in <strong>der</strong> Berliner Ortsverwaltung<br />
den ersten Versuch<br />
einer institutionalisierten gewerkschaftlichen<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit.<br />
Durch die Initiative von Berliner<br />
Vertrauensfrauen wurde mit<br />
Zustimmung <strong>der</strong> Ortsverwaltung<br />
eine Arbeiterinnenkommission<br />
gegründet, die aus drei Männern<br />
und vier <strong>Frauen</strong> bestand.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> weiblichen Mitglie<strong>der</strong><br />
ist von 3.564 Ende 1908 auf<br />
4.222 Ende 1909 und sogar auf<br />
34 35<br />
8000 im Jahre 1911 gestiegen.<br />
Das war etwa ein Viertel <strong>der</strong><br />
damals in Berlin beschäftigten<br />
<strong>Metall</strong>arbeiterinnen. Unterstützt<br />
wurde die Arbeit <strong>der</strong> Kommission<br />
von 250 weiblichen »Werkstattvertrauenspersonen«.<br />
Aufgrund ihrer erfolgreichen<br />
Arbeit wurde die Arbeiterinnenkommission<br />
gegen Ende des<br />
Krieges innerhalb <strong>der</strong> Verwaltungsstelle<br />
aufgewertet. Es<br />
wurde eine »Beratungsstelle für<br />
Arbeiterinnenfragen« eingerichtet<br />
und im Oktober beschloss<br />
die Arbeiterinnenkommission<br />
allgemeine Leitsätze, in denen<br />
die Tätigkeit und Aufgabenbereiche<br />
<strong>der</strong> Kommission näher<br />
beschrieben wurden. Zu den<br />
selbständig zu bearbeitenden<br />
Aufgabengebieten gehörten <strong>der</strong><br />
Arbeiterinnenschutz, <strong>der</strong> Ausbau<br />
hygienischer Einrichtungen<br />
in den Betrieben, die mündliche<br />
und schriftliche Agitationsarbeit<br />
unter Arbeiterinnen, die Veranstaltung<br />
von Vorträgen und<br />
Informationsveranstaltungen<br />
für Arbeiterinnen. In Fragen<br />
<strong>der</strong> Lohn- und Arbeitsbedin-<br />
gungen war die Zusammenarbeit<br />
mit den Branchen- und<br />
Bezirksleitungen vorgesehen.<br />
Bei Lohnbewegungen sollte<br />
die Arbeiterinnenkommission<br />
konsultiert werden. Darüber<br />
hinaus wurde eine Wahlordnung<br />
für die Kommission beschlossen,<br />
die die jährliche Wahl <strong>der</strong><br />
Kommissionsmitglie<strong>der</strong> durch<br />
die weiblichen Mitglie<strong>der</strong> auf<br />
Vorschlag <strong>der</strong> weiblichen Vertrauenspersonen<br />
festschrieb.<br />
Die Interessenvertretung <strong>der</strong><br />
Arbeiterinnen wurde weiter<br />
dadurch aufgewertet, dass im<br />
Herbst 1918 erstmals die Stelle<br />
einer Gewerkschaftssekretärin<br />
für <strong>Frauen</strong>fragen in <strong>der</strong> Berliner<br />
Ortsverwaltung ausgeschrieben<br />
wurde. Damit erhielten die<br />
Arbeiterinnen endlich Sitz und<br />
Stimme in <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />
<strong>der</strong> Ortsverwaltung. Die<br />
Stelle <strong>der</strong> Arbeiterinnensekretärin<br />
wurde allerdings erst am<br />
15.6.1919 mit Frieda Gladosch<br />
besetzt.<br />
Erst Ende <strong>der</strong> 20er Jahr folgten<br />
an<strong>der</strong>e Verwaltungsstellen<br />
dem Berliner Beispiel. Eine<br />
Beratungssstelle<br />
für Arbeiterinnenfragen<br />
Sitz und Stimme<br />
für Arbeiterinnen
wichtige Rolle spielte in diesem<br />
Zusammenhang ein von aktiven<br />
<strong>Frauen</strong> initiierter parteiübergreifen<strong>der</strong><br />
Antrag zum Gewerkschaftstag<br />
1921, in welchem<br />
ausdrücklich die Gründung von<br />
<strong>Frauen</strong>agitationskommissionen<br />
in Verwaltungsstellen mit<br />
<strong>Metall</strong>arbeiterinnen verlangt<br />
wurde.<br />
Die For<strong>der</strong>ungen „gleicher<br />
Lohn für gleiche Leistung“, und<br />
„gleiches Recht <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> auf<br />
Arbeit“ gehörten zwar prinzipiell<br />
zum Grundfor<strong>der</strong>ungskatalog<br />
<strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> freien<br />
Gewerkschaften, wurden aber in<br />
den gewerkschaftlichen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
in <strong>der</strong> Praxis<br />
kaum thematisiert.<br />
Die gewerkschaftlichen<br />
Bemühungen um den <strong>Frauen</strong>arbeitsschutz<br />
schienen nicht nur<br />
einem wirklich notwendigem<br />
Schutz <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> zu dienen,<br />
son<strong>der</strong>n verfolgten u.a. wohl<br />
auch das Ziel, <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
möglichst einzuschränken. Gewerkschaftliche<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit<br />
wurde – nicht nur im DMV – als<br />
Randproblem angesehen.<br />
Als Delegierte an den<br />
Verbandstagen und an den<br />
zentralen Gewerkschaftskongressen<br />
waren nur wenige <strong>Frauen</strong><br />
vertreten. In dieser Hinsicht<br />
war die Situation auch im Textilarbeiterverband<br />
nicht besser.<br />
Hier waren weibliche Delegierte<br />
an den Verbandskongressen,<br />
außer dem Gründungskongress<br />
1891, überhaupt nicht anwesend.<br />
Nach 1899 war bis zum 1.<br />
Weltkrieg auch in <strong>der</strong> Generalkommission<br />
keine Frau mehr<br />
vertreten. Auch im Holzarbeiterverband<br />
hatten Funktionärinnen<br />
eher Seltenheitswert. Trotzdem<br />
war es bis 1913 gelungen, jede<br />
fünfte Holzarbeiterin zu organisieren,<br />
wobei es erschwerend<br />
hinzukam, dass ein Viertel von<br />
ihnen, nämlich 40.000, Heimarbeit<br />
leisteten.<br />
36 37<br />
Hauptsache, die Männer sind organisiert<br />
Die Problematik <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
zwang die Organisationen<br />
über das berufl iche Feld hinaus<br />
gesellschaftliche Zusammenhänge<br />
in Augenschein zu nehmen,<br />
und Verhaltensweisen, die<br />
genau diese Zusammenhänge<br />
verschleierten, in Frage zu stellen.<br />
Die Mehrheit <strong>der</strong> männlichen<br />
Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
war allerdings – aus Überzeugung<br />
o<strong>der</strong> aus Bequemlichkeit<br />
– <strong>der</strong> Ansicht, dass »die Frau ins<br />
Haus« gehöre. Es gelang <strong>der</strong><br />
sozialistischen Theorie <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>befreiung<br />
nicht, den Arbeitern<br />
bewusst zu machen, dass sie<br />
die Geschäfte <strong>der</strong> Unternehmer<br />
besorgten, wenn sie den vom<br />
Kapitalisten ausgespielten Gegensatz<br />
von Männer- und <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
auch in die Arbeiterbewegung<br />
hineintrugen.<br />
Bezeichnendes Licht auf<br />
das Verhalten vieler Gewerkschafter<br />
wirft eine Resolution,<br />
die zwischen 1905 und 1926<br />
auf verschiedenen Gewerkschaftskongressen<br />
immer wie<strong>der</strong><br />
auftauchte. Darin sollten<br />
Männer verpfl ichtet werden,<br />
ihre erwerbstätigen <strong>Frauen</strong> und<br />
weiblichen Angehörigen gewerkschaftlich<br />
zu organisieren.<br />
Engagement und Kreativität<br />
bei <strong>der</strong> Werbung weiblicher Mitglie<strong>der</strong><br />
setzte indes zunächst<br />
einmal voraus, dass die männliche<br />
Mehrheit die Arbeiterinnen<br />
wirklich integrieren wollte.<br />
Zweifellos wurde die gewerkschaftliche<br />
Verhandlungsmacht<br />
gegenüber den Unternehmern<br />
gestärkt, wenn möglichst viele<br />
Arbeitskräfte, also auch Arbeiterinnen<br />
organisiert waren.<br />
Die Beseitigung <strong>der</strong> von den<br />
Männern immer wie<strong>der</strong> beklagten<br />
»Schmutzkonkurrenz« <strong>der</strong><br />
billigeren weiblichen Arbeitskräfte<br />
war einfacher, wenn die<br />
Arbeiterinnen sich aktiv für die<br />
Verbesserung ihrer Lohnbedingungen<br />
einsetzten und mit <strong>der</strong><br />
Gewerkschaft an einem Strang<br />
zogen. Problematisch war aber,<br />
dass viele Männer nicht nur<br />
die Konkurrenz <strong>der</strong> billigeren<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit, son<strong>der</strong>n generell<br />
die Konkurrenz weiblicher<br />
Arbeit in ihrem Erwerbssektor<br />
fürchteten, und diese daher am<br />
liebsten abgeschafft gesehen<br />
hätten.<br />
Durch die Statutenberatungen<br />
( neudeutsch: Beratung <strong>der</strong><br />
Satzung ) auf den Verbandstagen<br />
( neudeutsch: Gewerkschaftstagen<br />
) des DMV zog sich jahrelang<br />
immer wie<strong>der</strong> die gleiche Diskussion<br />
über das Pro und Contra<br />
einer Staffelung <strong>der</strong> Beiträge.<br />
Grundsätzlich wären Staffelungen<br />
nach vielen Kriterien, z. B.<br />
Verdienst, Qualifi kation, Alter<br />
o<strong>der</strong> Ausbildungsstand, denkbar<br />
gewesen. Doch bei <strong>der</strong> letztlich<br />
verabschiedeten Staffelung<br />
setzte sich vor allem das Kriterium<br />
Geschlecht durch. Den<br />
<strong>Frauen</strong> waren nur bestimmte<br />
Beitragsklassen zugänglich.<br />
Die Klasse 1 blieb ihnen grundsätzlich<br />
versperrt. Die Kollegen<br />
befürchteten zu hohe Unterstützungszahlungen<br />
an <strong>Frauen</strong>. Doch<br />
die Regelung hatte nicht nur<br />
Konsequenzen im Hinblick auf<br />
die Unterstützungsleistungen, da<br />
diese an die Höhe des Beitrages<br />
gekoppelt waren, es sorgte auch<br />
eindeutig für Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
erster und zweiter Klasse.<br />
<strong>Frauen</strong> als<br />
»Schmutzkonkurrenz«
Beitragsregelun-<br />
gen in den Statu-<br />
ten des Deutschen<br />
<strong>Metall</strong>arbeiter<br />
Verbandes<br />
Im Vorfeld des Verbandstages<br />
1907 kritisierte die<br />
Berlinerin Auguste Kadeit in<br />
einem langen Artikel in <strong>der</strong><br />
<strong>Metall</strong>arbeiter-Zeitung die diskriminierende<br />
Beitragspraxis<br />
ihrer Organisation: „Wenn die<br />
Staffelung entlang <strong>der</strong> Geschlechterlinie<br />
auch sehr einfach<br />
und bequem ist, so ist sie<br />
keineswegs gerecht und entspricht<br />
auch nicht <strong>der</strong> Stellung,<br />
die die Frau im wirtschaftlichen<br />
Leben einnimmt. Die Annahme,<br />
daß eine Arbeiterin immer nur<br />
halb soviel gilt als ein Arbeiter,<br />
ist rein willkürlich und fi ndet in<br />
dem heutigen kapitalistischen<br />
38 39<br />
Wirtschaftssystem keine Begründung<br />
... Das Heer <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiter<br />
und -arbeiterinnen<br />
besteht aus wirtschaftlich Stärkeren<br />
und Schwächeren, doch<br />
auch hier sind es keineswegs<br />
die <strong>Frauen</strong> allein, die <strong>der</strong> letzten<br />
Klasse zugeteilt werden können,<br />
im Gegenteil: In einzelnen<br />
Branchen und in verschiedenen<br />
Gegenden Deutschlands werden<br />
an Kollegen, auch an gelernte,<br />
so niedrige Löhne bezahlt,<br />
daß sie mit den ihren Berliner<br />
Kolleginnen gewährten Löhnen<br />
tauschen könnten, ohne ein<br />
schlechtes Geschäft dabei zu<br />
machen.“ ...<br />
„Der Organisation<br />
als solcher soll das Geschlecht<br />
<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> genau so gleichgültig<br />
sein, wie dem Kapitalismus<br />
das Geschlecht <strong>der</strong> Arbeitenden<br />
gleichgültig ist. Wie<br />
dieser nur mit <strong>der</strong> Billigkeit <strong>der</strong><br />
Ware Arbeitskraft rechnet, so<br />
hat die Organisation nur mit <strong>der</strong><br />
wirtschaftlichen Lage <strong>der</strong>er zu<br />
rechnen, die sie in ihren Bannkreis<br />
einbeziehen will. Bedingt<br />
die wirtschaftliche Lage <strong>der</strong> zu<br />
organisierenden Arbeitermasse<br />
eine Staffelung <strong>der</strong> Verbandsbeiträge<br />
und Gegenleistungen,<br />
so darf diese nicht nach dem<br />
Geschlecht vorgenommen werden.“<br />
„Eine Arbeiterin<br />
gilt immer nur<br />
halb so viel wie<br />
ein Arbeiter“
Streik für den 10-Stundentag in Crimmitschau 1903 – 1904<br />
40 41<br />
Der Arbeitskampf als Festakt<br />
Obwohl viele Gewerkschafter in<br />
den Arbeiterinnen Streikbrecher<br />
witterten, zeigte sich, dass die<br />
weiblichen Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit den Arbeitgebern ebenso<br />
wenig scheuten wie ihre männlichen<br />
Kollegen, und beispielsweise<br />
zwischen 1904 und 1910<br />
an Streiks in fast gleichem Maße<br />
wie die Männer teilgenommen<br />
haben. Beson<strong>der</strong>s groß war <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>anteil bei Arbeitseinstellungen<br />
in <strong>der</strong> Bekleidungs- und<br />
Textilbranche. 1896 in dem großen<br />
Konfektionsarbeiterstreik<br />
erkämpften Heimnäherinnen<br />
das erste Mal Lohnerhöhung<br />
und gewisse Verbesserung <strong>der</strong><br />
Arbeitsbedingungen. Manche<br />
Streiks führten die Arbeiterinnen<br />
mit Erfolg alleine, wie die<br />
Isenburger Wäscherinnen 1897,<br />
die nach 7 Wochen Ausstand<br />
eine Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung<br />
erreichten und<br />
mit ihrem Beispiel sogar viele<br />
<strong>Frauen</strong> zum Organisationseintritt<br />
bewegten. Im Nürnberger<br />
Feingoldschlägergewerbe führte<br />
1899 ein 13 Wochen dauern<strong>der</strong><br />
Streik ebenfalls dazu, dass ca.<br />
400 Arbeiterinnen Mitglied wurden.<br />
1903 im großen Streik <strong>der</strong><br />
Crimmitschauer Textilarbeiter<br />
für den 10-Stunden-Tag, in dem<br />
die Streikenden trotz Aussperrung,<br />
Polizeischikanen und<br />
Belagerungszustand 23 Wochen<br />
lang durchgehalten haben,<br />
waren mehr als die Hälfte <strong>der</strong><br />
Beteiligten <strong>Frauen</strong>. Am 17. Januar<br />
1904 wurde <strong>der</strong> Arbeitskampf<br />
wegen fehlen<strong>der</strong> Mittel <strong>der</strong><br />
Verbandsführung ohne Erfolg<br />
abgebrochen. Am folgenden<br />
Tag ließ eine Gruppe <strong>der</strong> Streikteilnehmerinnen<br />
als feierliche<br />
Bekräftigung ihres solidarischen<br />
Zusammenhalts in vollem Sonntagsstaat<br />
ein Erinnerungsfoto<br />
anfertigen.<br />
Im Mai 1907 wurden 60<br />
Prozent <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiter im<br />
Rhein-Main-Gebiet ausgesperrt.<br />
Die nicht Ausgesperrten erklärten<br />
sich massenhaft solidarisch.<br />
In den Frankfurter Lahmeyer-<br />
Werken verlangte die Direktion,<br />
zwecks Einschüchterung, von<br />
den Beschäftigten die persönliche<br />
Kündigung, die sie mit Einmütigkeit<br />
auch vollzogen haben.<br />
Am 29. Mai um 16 Uhr begann <strong>der</strong><br />
Ausmarsch <strong>der</strong> Arbeiter durch<br />
das Fabriktor. „Den schönsten<br />
Eindruck machten“ – nach einem<br />
Bericht <strong>der</strong> »Volksstimme« – „die<br />
etwa 80 Arbeiterinnen, die sich<br />
ebenfalls mit ihren Kollegen solidarisch<br />
erklärten. Sie hatten sich,<br />
wie es schien, zu Ehren des Tages<br />
beson<strong>der</strong>s geputzt. Die meisten<br />
trugen weiße Blusen und rote<br />
Krawatten. Um 6 Uhr hatten die<br />
etwa 2.400 Arbeiter und Arbeiterinnen<br />
die gewaltigen Fabrikräume<br />
vollständig geräumt.“
<strong>Frauen</strong>arbeit im I. Weltkrieg: Herstellung von Granaten<br />
42 43<br />
„ … bis zur Erschöpfung in den Dienst des Vaterlandes“<br />
– <strong>Frauen</strong>arbeit im Ersten Weltkrieg<br />
Nach dem Ausbruch des Ersten<br />
Weltkrieges am 2. August 1914<br />
brachen die Führer <strong>der</strong> deutschen<br />
Arbeiterbewegung mit <strong>der</strong><br />
internationalistischen Tradition<br />
des Antimilitarismus. Die reformistischen,<br />
den kapitalistischen<br />
Staat bejahenden Kräfte gewannen<br />
Oberhand. Die Gewerkschaftsführung<br />
hatte alle Streiks<br />
abgesagt, die SPD-Fraktion<br />
des Reichstages stimmte den<br />
Kriegskrediten für das Deutschland<br />
des Kaiser Wilhelms zu. Der<br />
»Burgfrieden« war an die Stelle<br />
des Klassenkampfes getreten.<br />
Zur gleichen Zeit, am 4. August<br />
1914, wurde durch das »Notgesetz«<br />
<strong>der</strong> bis dahin geltende<br />
Arbeiterinnenschutz praktisch<br />
aufgehoben. Nachtarbeit und<br />
Sonntagsarbeit wurden wie<strong>der</strong><br />
möglich. Mit <strong>der</strong> Einberufung<br />
Hun<strong>der</strong>ttausenden von Männern<br />
an die Front wurde die Berufsarbeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> plötzlich zu einer<br />
»segensreichen« Tätigkeit.<br />
Die <strong>Frauen</strong> wurden mit indirekten<br />
Zwangsmitteln in die<br />
Kriegsproduktion verpfl ichtet;<br />
unter ihnen viele wegen des<br />
Krieges arbeitslos gewordene<br />
Arbeiterinnen <strong>der</strong> Textil- und<br />
Bekleidungsindustrie. Während<br />
<strong>der</strong> Kriegsjahre erreichte <strong>der</strong><br />
Beschäftigungsanteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />
in <strong>der</strong> Industrie fast 50 Prozent.<br />
In beson<strong>der</strong>s hohem Maße stieg<br />
<strong>der</strong> weibliche Arbeitseinsatz in<br />
<strong>der</strong> Maschinen-, <strong>Metall</strong>- und<br />
Elektroindustrie. Es gab kaum<br />
noch Berufe, in denen <strong>Frauen</strong>,<br />
durch verschiedene Anlernprogramme<br />
befähigt, nicht an die<br />
Stelle <strong>der</strong> Männer getreten wären.<br />
Im Januar 1918 arbeiteten<br />
über 4 Millionen <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />
Kriegswirtschaft.<br />
Die lange Arbeitszeit ( 11<br />
bis 12 Stunden ), <strong>der</strong> fehlende<br />
Arbeitsschutz und die mangelhafte<br />
Ernährung bewirkten am<br />
physischen und psychischen<br />
Zustand <strong>der</strong> Arbeiterinnen einen<br />
beispiellosen Raubbau. Schwere<br />
und schwerste Betriebsunfälle<br />
waren an <strong>der</strong> Tagesordnung.<br />
Die Gewerkschaften, darunter<br />
<strong>der</strong> DMV, haben zwar zahlreiche<br />
Petitionen und Eingaben, die<br />
Arbeitsbedienungen <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
betreffend, verfasst,<br />
insgesamt behandelten sie<br />
diese Probleme aber defensiv.<br />
Eine 1917 vom DMV über die<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie<br />
veröffentlichte Erhebung<br />
beschuldigte hauptsächlich die<br />
<strong>Metall</strong>arbeiterinnen, dass sie<br />
infolge ihrer Organisationsferne<br />
die katastrophalen Zustände<br />
selbst heraufbeschworen.<br />
In <strong>der</strong> Wirklichkeit war die<br />
Zahl <strong>der</strong> dem DMV angeschlossenen<br />
Arbeiterinnen seit 1916 im<br />
Wachsen begriffen, während die<br />
Zahl <strong>der</strong> organisierten <strong>Metall</strong>arbeiter<br />
infolge des Kriegsdienstes<br />
in den Kriegsjahren auf den<br />
Stand von Anfang des Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
gesunken war.<br />
Beson<strong>der</strong>e Fürsorge wandte<br />
<strong>der</strong> DMV-Verbandstag 1915 auf<br />
die Schaffung einer gewerkschaftlichen<br />
<strong>Frauen</strong>zeitung, die<br />
das erste Mal am 1. Januar 1916<br />
erschienen ist. Die Spitze dieses<br />
Manövers richtete sich jedoch<br />
gegen die von Klara Zetkin redigierte<br />
„Gleichheit“, welche die<br />
kriegsstützenden Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> Gewerkschaftsvorstände<br />
unablässig kritisierte.
I. Weltkrieg: <strong>Frauen</strong> in Arbeitskleidung in einer Kokerei in Essen<br />
Die wachsende Antikriegsbewegung<br />
hat auch die Gewerkschaften<br />
nicht ausgespart.<br />
Neben dem Schuh- und dem<br />
Textilarbeiterverband regte sich<br />
gerade im DMV eine starke Opposition.<br />
Auf dem politischen<br />
Gebiet wurde die 1917 aus <strong>der</strong><br />
SPD ausgeschiedene linke<br />
sozialistische Partei, die Unabhängige<br />
Sozialdemokratische<br />
Partei Deutschlands ( USPD )<br />
44 45<br />
Träger <strong>der</strong> Protestbewegung.<br />
Die Unzufriedenheit <strong>der</strong> ausgepressten<br />
Arbeiterschaft entlud<br />
sich im April 1917 und im Januar<br />
1918 schließlich in den viele<br />
Hun<strong>der</strong>ttausende umfassenden<br />
politischen Massenstreiks<br />
<strong>der</strong> Rüstungsarbeiter für Brot<br />
und Frieden. Ein großer Teil<br />
<strong>der</strong> Streikenden rekrutierte<br />
sich aus <strong>Frauen</strong>, die durch<br />
die kriegsbedingte Berufser-<br />
fahrung selbstbewusster und<br />
politischer geworden sind.<br />
Ein ausgesprochener »<strong>Frauen</strong>streik«<br />
war die Erhebung von<br />
rund 1700 Arbeiterinnen <strong>der</strong><br />
Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik<br />
in Berlin-Wittenau,<br />
die vom 17. bis zum 22. August<br />
1918 dauerte. Vom DMV wurden<br />
diese Streiks als politische Ausstände<br />
we<strong>der</strong> anerkannt noch<br />
unterstützt.<br />
<strong>Frauen</strong> gegen den<br />
Krieg
Keine Lehre für<br />
junge <strong>Frauen</strong><br />
Berufsausbildung<br />
Bis um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />
bezogen die wachsenden industriellen<br />
Großbetriebe zu einem<br />
großen Teil ihre qualifi zierten<br />
Arbeitskräfte aus dem Handwerk.<br />
Facharbeiter war <strong>der</strong>jenige,<br />
<strong>der</strong> in einem kleingewerblichen<br />
Handwerksbetrieb in einer<br />
mehrjährigen Lehrzeit zum Gesellen<br />
ausgebildet worden war.<br />
Hierzu gehörten beispielsweise<br />
Schlosser, Schmiede, Former,<br />
Dreher o<strong>der</strong> Mechaniker. Die<br />
Lehre folgte keinem systematischen<br />
Plan, son<strong>der</strong>n war<br />
eher gleichzusetzen mit einem<br />
allmählichen Hineinwachsen in<br />
den Beruf durch die praktische<br />
Tätigkeit unter Anleitung des<br />
Meisters.<br />
Bis in das 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
hinein war eine fest strukturierte<br />
Lehrlingsausbildung nur<br />
in relativ wenigen Betrieben<br />
entwickelt. Dort, wo sich In-<br />
dustriebetriebe selbst um die<br />
Ausbildung eigener Lehrlinge<br />
kümmerten, folgte diese Ausbildung<br />
dem bekanntem handwerklichen<br />
Muster. Da diese<br />
handwerkliche Ausbildung <strong>der</strong><br />
industriellen Fertigung nicht<br />
gerecht wurde, mussten die so<br />
ausgebildeten Facharbeiter im<br />
Betrieb zunächst einmal erneut<br />
»angelernt« werden. Diese Art<br />
<strong>der</strong> Ausbildung war für die Betriebe<br />
nicht wirklich rentabel,<br />
so dass bereits 1892 die ersten<br />
industriellen Lehrwerkstätten<br />
gegründet wurden. 1926 gab es<br />
bereits 67 industrielle Lehrwerkstätten,<br />
davon gehörten 60 zur<br />
<strong>Metall</strong>industrie.<br />
<strong>Frauen</strong> wurde im allgemeinen<br />
<strong>der</strong> Zugang zu einer Lehre<br />
im <strong>Metall</strong>sektor – sei es im<br />
Handwerk o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Industrie<br />
– verwehrt. Ihre Qualifi kationsmöglichkeiten<br />
lagen vor allem<br />
im Bereich <strong>der</strong> sogenannten angelernten<br />
Arbeit in <strong>der</strong> Industrie.<br />
Erst <strong>der</strong> erste Weltkrieg und<br />
<strong>der</strong> damit verbundene Facharbeitermangel<br />
zwang die Unternehmen,<br />
stärker auch auf <strong>Frauen</strong><br />
zurückzugreifen. Die Ausbildung<br />
weiblicher Arbeitskräfte in<br />
<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie nahm höchst<br />
unterschiedliche Formen an.<br />
Auf jeden Fall war sie, wenn die<br />
Ausbildungsdauer zum Maßstab<br />
gemacht wird, nicht mit einer regelrechten<br />
Lehrlingsausbildung<br />
gleichzusetzen. Schon eine<br />
zweijährige Lehrzeit, wie sie in<br />
<strong>der</strong> Maschinenfabrik Augsburg-<br />
Nürnberg im Sommer 1917 für<br />
Werkzeugschlosserinnen eingeführt<br />
wurde, war eher selten.<br />
Häufi g umfassten die Ausbildungszeiten<br />
nur einige Wochen<br />
bis Monate. Die Arbeiterinnen<br />
sollten möglichst schnell produktiv<br />
arbeiten können. Das<br />
bedeutete, dass sie nicht für ein<br />
vollständiges Berufsgebiet ausgebildet<br />
wurden, son<strong>der</strong>n nur<br />
für ein Teilgebiet. Zum Beispiel<br />
erlernten die <strong>Frauen</strong> bei MAN<br />
lediglich die „Herstellung fei-<br />
nerer Werkzeuge“ als Teilgebiet<br />
des Werkzeugbaus, während die<br />
männlichen Lehrlinge in vierjähriger<br />
Lehrzeit für den gesamten<br />
Werkzeugbau ausgebildet wurden.<br />
Die Erfahrungsberichte mit<br />
den ausgebildeten <strong>Frauen</strong> waren<br />
durchweg positiv. So stellte<br />
beispielsweise die Firma Bosch<br />
1917 fest: „ Ist ... die gelernte<br />
Arbeiterin einmal angeleitet,<br />
so arbeitet sie sehr zufriedenstellend,<br />
und <strong>der</strong> Ausschuss ist<br />
nicht größer als früher.“ ( VDI-<br />
Zeitschrift 1917 )<br />
Mit <strong>der</strong> massenhaften Entlassung<br />
von <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />
nach dem ersten Weltkrieg wurde<br />
auch die Aus- und Weiterbil-<br />
46 47<br />
dung von <strong>Frauen</strong> im <strong>Metall</strong>sektor<br />
eingestellt. Die personelle<br />
Demobilmachung führte so<br />
schließlich zu einer Verdrängung<br />
<strong>der</strong> Arbeiterinnen und zu einer<br />
weitgehenden Wie<strong>der</strong>herstellung<br />
<strong>der</strong> Vorkriegsarbeitsmarktverhältnisse<br />
im <strong>Metall</strong>sektor.<br />
Mitglie<strong>der</strong>entwicklung und <strong>Frauen</strong>anteil in den Jahren 1891 bis 1929<br />
„... <strong>der</strong> Ausschuss<br />
ist nicht größer als<br />
früher“
Originalbildunterschrift: „Viele <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>, die in den Werken ihren Unterhalt fi nden, sind Mütter und Ernährer zugleich.“<br />
48 49<br />
FRAUENARBEIT<br />
UND<br />
GEWERKSCHAFTEN<br />
IN DER WEIMARER<br />
REPUBLIK<br />
1918-1933
Die Errungenschaften <strong>der</strong> Novemberrevolution 1918<br />
Die Novemberrevolution 1918<br />
bewirkte den Sturz <strong>der</strong> kaiserlichen<br />
Monarchie und erfüllte<br />
einige grundlegende For<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Arbeiterbewegung: <strong>der</strong><br />
8-Stunden-Tag wurde eingeführt,<br />
das allgemeine, direkte,<br />
gleiche, geheime Wahlrecht<br />
auch auf die <strong>Frauen</strong> ausgedehnt<br />
und für alle Parlamente geltend<br />
gemacht. Das Zentralarbeitsgemeinschaftsabkommen<br />
( ZAG )<br />
zwischen Gewerkschaften und<br />
Unternehmern garantierte die<br />
Einführung von paritätischen<br />
Arbeitsnachweisen, kollektiven<br />
Arbeitsverträgen und paritätischenSchlichtungsausschüssen.<br />
Der DMV schloss sich <strong>der</strong><br />
Arbeitsgemeinschaft allerdings<br />
nicht an, vielmehr kritisierte<br />
er das Abkommen als eine<br />
grundsätzliche Anerkennung<br />
<strong>der</strong> bestehenden Machtverhält-<br />
nisse. Das 1920 verabschiedete<br />
Betriebsrätegesetz sicherte den<br />
Arbeitnehmern ein, wenn auch<br />
begrenztes, Mitspracherecht.<br />
Die Verfassung <strong>der</strong> Weimarer<br />
Republik verkündete für Männer<br />
und <strong>Frauen</strong> grundsätzlich dieselben<br />
staatsbürgerlichen Rechte<br />
und Pfl ichten, im bürgerlich-<br />
rechtlichen Bereich blieb jedoch<br />
die Vormachtstellung des Mannes<br />
fest verankert.<br />
50 51<br />
Aufschwung <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung ( 1918 – 1923 )<br />
Nach <strong>der</strong> Novemberrevolution<br />
ist die Mitgliedschaft <strong>der</strong><br />
Gewerkschaften sprunghaft<br />
angestiegen. Die arbeitenden<br />
Menschen setzten in ihre Organisationen<br />
große Hoffnungen.<br />
Die Steigerungsrate <strong>der</strong> weiblichen<br />
Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
betrug zwischen 1918 und 1919<br />
182 Prozent. Im DMV erreichte<br />
1919 mit 222.309 Mitglie<strong>der</strong>n<br />
die Zahl <strong>der</strong> organisierten Ar-<br />
beiterinnen die Spitze, was aber<br />
anteilsmäßig über 13,8 Prozent<br />
immer noch nicht hinaus ging.<br />
Im deutschen Bekleidungsarbeiterverband<br />
bedeutete <strong>der</strong> Höhepunkt<br />
1922 106.000 organisierte<br />
Arbeiterinnen, im Textilarbeiterverband<br />
in eben diesem Jahr<br />
rund 738.000 <strong>Frauen</strong>. In diesen<br />
zwei Verbänden drückten diese<br />
Zahlen einen 66- bzw. 67-prozentigen<br />
weiblichen Mitglie<strong>der</strong>-<br />
anteil aus, sie sind im wesentlichen<br />
zu <strong>Frauen</strong>gewerkschaften<br />
geworden.
Die Zurückdrängung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit während <strong>der</strong><br />
wirtschaftlichen Demobilmachung ( 1918-1923 )<br />
Der hohen <strong>Frauen</strong>beschäftigung<br />
im Ersten Weltkrieg setzte die<br />
schon im Herbst 1918 einsetzende<br />
wirtschaftliche Demobilmachung<br />
ein rasches Ende. Das<br />
Ziel war die Wie<strong>der</strong>einsetzung<br />
<strong>der</strong> zurückkehrenden männlichen<br />
Kriegsteilnehmer in ihre<br />
alten Arbeitsplätze, politisch<br />
gesehen die Verhin<strong>der</strong>ung<br />
männlicher Arbeitslosigkeit und<br />
daraus resultieren<strong>der</strong> Arbeiterunruhen.<br />
Die Frau gehörte<br />
nun wie<strong>der</strong> »ins Haus«. Der<br />
DMV, wie auch an<strong>der</strong>e Gewerkschaften,<br />
unterstützten dieses<br />
Vorgehen, das bald eine Eigendynamik<br />
entwickelte. Das führte<br />
zur Entlassung zahlloser, bereits<br />
vor Kriegsausbruch erwerbstätig<br />
gewesener <strong>Frauen</strong>, meist ohne<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> sozialen<br />
und familiären Situation. Auf <strong>der</strong><br />
Stuttgarter Generalversammlung<br />
des DMV im Oktober 1919,<br />
wo die Opposition die große<br />
Abrechnung mit <strong>der</strong> Kriegspolitik<br />
<strong>der</strong> Verbandsleitung führte,<br />
wurden mehrere Anträge zu<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger durchgreifen<strong>der</strong><br />
Beseitigung <strong>der</strong> industriellen<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit gestellt. Da<br />
<strong>der</strong> Vorstand befürchtete, dass<br />
<strong>der</strong>en Annahme den Eindruck<br />
erwecken könnte, <strong>der</strong> Verband<br />
erkenne das Recht <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />
auf Arbeit nicht an, wurden sie<br />
an den Vorstand als Material<br />
überwiesen. Die gewerkschaftlich<br />
organisierten Betriebsratsmitglie<strong>der</strong><br />
gehörten zu den<br />
eifrigsten Verfechtern des Ab-<br />
baus <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit.<br />
Noch 1923, dem letzten Jahr<br />
<strong>der</strong> Geltung <strong>der</strong> Demobilmachungsverordnungen,<br />
setzten<br />
sie die Ausschaltung weiblicher<br />
Kolleginnen durch. In einem<br />
Textilbetrieb in Oberschlesien,<br />
in dem 14.000 Arbeiterinnen<br />
beschäftigt waren, for<strong>der</strong>te<br />
<strong>der</strong> Betriebsrat die Entlassung<br />
sämtlicher verheirateter <strong>Frauen</strong>,<br />
<strong>der</strong>en Männer nicht arbeitslos<br />
waren. Die Folge davon war,<br />
dass dieser Betrieb überhaupt<br />
keine verheirateten <strong>Frauen</strong> mehr<br />
einstellte.<br />
Eine Ende 1918 getroffene<br />
Vereinbarung zwischen dem<br />
Bund <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>-Arbeitgeber in<br />
Lübeck und <strong>der</strong> DMV Verwaltungsstelle<br />
Lübeck bestimmte<br />
beispielsweise: „Arbeiten, die<br />
vor dem Kriege in einem Betrieb<br />
von Männern ausgeführt<br />
worden sind und in <strong>der</strong> Zwischenzeit<br />
von <strong>Frauen</strong> geleistet<br />
wurden, sollen in Zukunft in <strong>der</strong><br />
Regel wie<strong>der</strong> von Männern aus-<br />
geführt werden.“ Eine Konferenz<br />
<strong>der</strong> Betriebsräte <strong>der</strong> Werften<br />
im 6. DMV-Bezirk ( Hamburg )<br />
for<strong>der</strong>te im April 1919: „<strong>Frauen</strong><br />
dürfen auf den Werften nicht<br />
beschäftigt werden. Ausgenommen<br />
sind hiervon Reinmachund<br />
Scheuerfrauen sowie Speisehallenpersonal,<br />
jedoch dürften<br />
hier nur Witwen und ledige<br />
<strong>Frauen</strong> beschäftigt werden.“<br />
Die breite gewerkschaftliche<br />
Ablehnung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit<br />
beschränkte sich nicht<br />
52 53<br />
auf die Phase <strong>der</strong> Demobilmachung.<br />
So sagte beispielsweise<br />
Vorstandsmitglied Heinrich<br />
Schlie stedt während einer Sitzung<br />
des Reichbeirats <strong>der</strong> Betriebsräte<br />
und Konzernvertreter<br />
aus <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie 1931:<br />
„Solange die Frau auch dem<br />
Haushalt vorsteht, also doppelt<br />
belastet ist, halte ich uns nicht<br />
für verpfl ichtet, diesen <strong>Frauen</strong><br />
den Weg in die Industrie noch<br />
beson<strong>der</strong>s zu ebnen. Die Frage<br />
<strong>der</strong> Doppelerwerbstätigkeit wird<br />
von uns gleichfalls von diesem<br />
Standpunkt aus betrachtet. Niemand<br />
von uns will die Frau verdrängen,<br />
aber für die Erwerbsarbeit<br />
<strong>der</strong> verheirateten Frau<br />
können wir uns nicht begeistert<br />
einsetzen. Wenn <strong>der</strong> Frau auch<br />
noch die Hausarbeit als Frau<br />
und Mutter zugemutet wird, so<br />
ist es eine Übersteigerung ihrer<br />
Arbeitslast; vielmehr sind die<br />
Arbeitslöhne <strong>der</strong> Männer so zu<br />
steigern, dass die Erwerbsarbeit<br />
<strong>der</strong> verheirateten Frau nicht<br />
nötig ist.“<br />
Die Ablehnung <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />
beson<strong>der</strong>s bei verheirateten<br />
<strong>Frauen</strong> trat unter einem<br />
fürsorgerischen Deckmantel<br />
auf. Die Mehrfachbelastung<br />
durch Erwerbsarbeit und Familienarbeit<br />
überfor<strong>der</strong>e die <strong>Frauen</strong>.<br />
Eine Erhöhung <strong>der</strong> Männerlöhne<br />
schien <strong>der</strong> einzig denkbare Weg,<br />
diesem Problem zu begegnen.<br />
Eine verän<strong>der</strong>te Arbeitsteilung<br />
innerhalb <strong>der</strong> Familie lag außerhalb<br />
<strong>der</strong> Vorstellungswelt.<br />
„... für die Erwerbsarbeit<br />
<strong>der</strong><br />
verheirateten Frau<br />
können wir uns<br />
nicht begeistert<br />
einsetzen.“
Der Umfang <strong>der</strong> industriellen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
Nach <strong>der</strong> Betriebszählung von<br />
1925 ging <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil an<br />
<strong>der</strong> Industriearbeiterschaft<br />
von fast 50 Prozent während<br />
des Krieges auf 21 Prozent<br />
zurück, aber im Vergleich zur<br />
Vorkriegszeit war insgesamt<br />
eine Zunahme <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
zu verzeichnen. Vor allem hatte<br />
sich <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an<br />
<strong>der</strong> Angestelltenschaft merklich<br />
erhöht. In <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie<br />
erreichte 1925 <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil<br />
mit rund 292.000 Beschäftigten<br />
11 Prozent. In <strong>der</strong> Textilindustrie<br />
waren im gleichen Jahr rund<br />
576.000 Arbeiterinnen und rund<br />
21.000 Angestellte beschäftigt;<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil an <strong>der</strong> Textilarbeiterschaft<br />
betrug 59 Prozent.<br />
Damit nahm die Textilindustrie<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Arbeiterinnenbeschäftigung<br />
den ersten Rang<br />
unter den Industriezweigen ein.<br />
Grundsätzlich gab es aber auch<br />
in an<strong>der</strong>en Branchen beson<strong>der</strong>e<br />
Bereiche, in denen vorrangig<br />
<strong>Frauen</strong> arbeiteten. So waren<br />
beispielsweise 1928 in den Polier-<br />
und Beizabteilungen <strong>der</strong><br />
Bleistiftfabriken – sie wurden<br />
als beson<strong>der</strong>s gesundheitsgefährdend<br />
eingestuft – 83,9 Prozent<br />
<strong>Frauen</strong> beschäftigt.<br />
<strong>Frauen</strong>fabrikarbeitszeit<br />
In den ersten Jahren <strong>der</strong> Weimarer<br />
Republik galt in <strong>der</strong> Textilindustrie<br />
ebenso wie in <strong>der</strong> süddeutschen<br />
<strong>Metall</strong>industrie die<br />
46-Stunden-Woche. Nach 1923,<br />
nach <strong>der</strong> Aufhebung <strong>der</strong> 8-Stundentag-Regelung<br />
arbeitete die<br />
Mehrheit <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />
den sogenannten »<strong>Frauen</strong>industrien«<br />
bald länger als 8 Stunden<br />
täglich: es war sogar möglich,<br />
die Arbeitszeit bis zu 10 Stunden<br />
täglich auszudehnen. Im Jahre<br />
1930 stellte <strong>der</strong> DMV in einer<br />
Broschüre »<strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />
54 55<br />
<strong>Metall</strong>industrie« fest: „Somit<br />
waren wir keinen Schritt weiter<br />
in <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong> wöchentlichen<br />
Höchstarbeitszeit für Arbeiterinnen<br />
als vor dem Kriege, wo<br />
bereits die 58-stündige Woche<br />
als Höchstarbeitszeit in Deutschland…<br />
gesetzlich festgesetzt<br />
war.“<br />
Auszug aus den Gewerkschaften<br />
( 1924 – 1932 )<br />
Nach 1923, am Ende <strong>der</strong> Hyperinfl<br />
ation, die zu einem<br />
fi nanziellen Zusammenbruch<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaften geführt<br />
hatte, liefen den Verbänden die<br />
Mitglie<strong>der</strong> davon, die <strong>Frauen</strong> in<br />
größerem Maße noch als die<br />
Männer. 1928 stellten die <strong>Frauen</strong><br />
in den freien Gewerkschaften<br />
anteilsmäßig 15 Prozent <strong>der</strong><br />
Mitglie<strong>der</strong>, gerade so viel wie<br />
1915. In <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise<br />
verstärkte sich <strong>der</strong> Trend noch<br />
nach unten, sowohl in <strong>der</strong> Zahl<br />
<strong>der</strong> weiblichen Organisierten<br />
wie auch bezogen auf den Organisationsgrad.<br />
Beson<strong>der</strong>s<br />
stark manifestierte sich diese<br />
Entwicklung im DMV, wo 1924<br />
nur noch knapp 60.000 <strong>Frauen</strong><br />
eingeschrieben waren, etwa 50<br />
Prozent weniger als 1923. Der<br />
<strong>Frauen</strong>anteil in <strong>der</strong> Mitgliedschaft<br />
pendelte sich wie<strong>der</strong>, wie<br />
noch vor dem Krieg, zwischen 7<br />
und 8,4 Prozent ein. Der Organisationsgrad<br />
<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />
lag also wie schon immer<br />
seit Bestehen des DMV unter<br />
dem Anteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>beschäftigung<br />
in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie.
Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen <strong>Metall</strong>arbeiter-Verbandes (DMV)<br />
Diese Tatsachen haben sich<br />
auf die <strong>Frauen</strong>arbeit innerhalb<br />
des DMV ausgewirkt. Im Herbst<br />
1926 wurde zwar eine Werbeaktion<br />
unter den <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />
durchgeführt mit dem<br />
Motto »gleicher Lohn für gleiche<br />
Leistung« und am 17. Verbandstag<br />
sogar ein diesbezüglicher<br />
Antrag angenommen. Praktisch<br />
geschah auf dem Gebiet wenig,<br />
da kaum wirkungsvolle Maßnahmen<br />
eingeleitet wurden.<br />
Anträge von Kolleginnen, so<br />
1921 <strong>der</strong> Antrag <strong>der</strong> weiblichen<br />
Delegierten des Jenaer Verbandstages<br />
zur Bildung von<br />
<strong>Frauen</strong>agitationskommissionen<br />
und zur Einrichtung einer zentralen<br />
<strong>Frauen</strong>abteilung, wurden<br />
als Material an den Vorstand<br />
verwiesen. Eine Diskussion konkret,<br />
die Rationalisierung <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>arbeit betreffend, kam<br />
nur schwer in Gang, ein Antrag<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>gruppe <strong>der</strong> Verwal-<br />
tungsstelle Stuttgart mit <strong>der</strong><br />
For<strong>der</strong>ung von Arbeitsschutzmaßnahmen<br />
bei Rationalisierung<br />
auf dem 19. Verbandstag<br />
1930 landete als Material beim<br />
Vorstand. Über Rationalisierung<br />
wurde ernsthaft nur dann diskutiert,<br />
wenn Männerarbeitsplätze<br />
in Gefahr gerieten.<br />
Es fehlte auch an einer systematischenFunktionärinnenausbildung.<br />
Kurse für <strong>Frauen</strong> in<br />
<strong>der</strong> DMV-Schule in Bad Dürrenberg<br />
wurden nur gelegentlich<br />
angeboten. Unter den Angestellten<br />
des DMV arbeiteten nur<br />
wenige <strong>Frauen</strong> als »politische<br />
Sekretärinnen«, unter den<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n befand<br />
sich nie eine Frau. An den 7 Generalversammlungen<br />
während<br />
<strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />
waren unter den 2.559 Delegierten<br />
nur 32, also 1,25 Prozent<br />
<strong>Frauen</strong>. Der Anteil <strong>der</strong> weiblichen<br />
Betriebsräte betrug 1930<br />
nur knapp 8 Prozent; und <strong>Frauen</strong><br />
waren erst in 33,7 Prozent <strong>der</strong><br />
Betriebe, in denen überhaupt<br />
Betriebsvertretungen <strong>der</strong> Arbeiterschaft<br />
bestanden, im<br />
Betriebsrat vertreten. Im Gegensatz<br />
zur Vorkriegszeit wurde in<br />
die Tarifverträge des DMV in den<br />
20er Jahren schon <strong>der</strong> größere<br />
Teil <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>arbeiterinnen<br />
einbezogen, 1925 immerhin<br />
70 Prozent.<br />
Generell war es für <strong>Frauen</strong><br />
sehr viel schwieriger als für<br />
Männer, einen mehrwöchigen<br />
Kurs zu besuchen, da diese<br />
nicht nur von <strong>der</strong> Arbeit freigestellt<br />
werden mussten, son<strong>der</strong>n<br />
auch ihre Familie und damit<br />
ihre häuslichen Pfl ichten vernachlässigen<br />
mussten. Eine<br />
Beschwerde an den ständigen<br />
Ausschuss des DMV zeigt,<br />
dass für <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> Lohnausfall<br />
bzw. die unzureichende<br />
Ersatzleistung ein weiteres gra-<br />
vierendes Hemmnis darstellte.<br />
Zwei weibliche Mitglie<strong>der</strong> aus<br />
Aachen hatten an einem Kurs<br />
für Funktionärinnen an <strong>der</strong><br />
Wirtschaftsschule Dürrenberg<br />
teilgenommen. Dabei waren sie<br />
in dem Glauben gewesen, <strong>der</strong><br />
Vorstand werde ihnen gemäß<br />
einem Rundschreiben den entgangenen<br />
Verdienst zu 85 Prozent<br />
ersetzen. Sie erhielten<br />
folgendes Anschreiben:<br />
„Wenn auch in <strong>der</strong> erwähnten<br />
gedruckten Mitteilung von<br />
uns für verheiratete Kursteilnehmer<br />
eine Entschädigung von<br />
85 vH vorgesehen ist, so muß<br />
dabei berücksichtigt werden,<br />
daß solche Mitglie<strong>der</strong> des Verbandes<br />
gemeint sind, die als<br />
Hausvorstand in Betracht kommen,<br />
also für die Ernährung ihrer<br />
Familie allein zu sorgen haben.<br />
Da Sie jedoch verheiratet sind,<br />
so ist mit Sicherheit anzunehmen,<br />
daß auch Ihr Mann zu den<br />
56 57<br />
Haushaltungskosten beiträgt<br />
und Sie demnach nicht allein für<br />
den Familienunterhalt zu sorgen<br />
haben.“<br />
Der Vorstand war lediglich<br />
zu einer Zahlung von 40 Prozent<br />
des entgangenen Lohnes bereit.<br />
Allein die Tatsache, dass die<br />
<strong>Frauen</strong> verheiratet waren, reichte<br />
aus, um sie als teilversorgt anzusehen<br />
und die Lohnersatzleis-<br />
tung entsprechend zu kürzen.<br />
Wi<strong>der</strong>stände gegen<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit<br />
im DMV
Die <strong>Frauen</strong>arbeit des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes (DTAV)<br />
Der Textilarbeiterverband verlor<br />
im Vergleich zu 1922 Mitte <strong>der</strong><br />
20er Jahre ebenfalls etwa die<br />
Hälfte seiner Mitglie<strong>der</strong>. Sehr<br />
hoch blieb jedoch, mit einigen<br />
Schwankungen nahe unter <strong>der</strong><br />
60 Prozent-Grenze, <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> weiblichen Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong>.<br />
Der entsprach wie<strong>der</strong>um<br />
etwa dem weiblichen<br />
Anteil in <strong>der</strong> Textilarbeiterschaft.<br />
Im Vergleich zum DMV gab<br />
es hier bessere Voraussetzungen<br />
für eine intensive <strong>Frauen</strong>arbeit.<br />
Auch im Textilarbeiterverband<br />
gab es jedoch nur wenige<br />
<strong>Frauen</strong> in gewerkschaftlichen<br />
Wahlfunktionen und nur einer<br />
einzigen Frau, nämlich Elsa Niviera,<br />
gelang es Ende <strong>der</strong> 20er<br />
Jahre, in den Hauptvorstand zu<br />
kommen.<br />
Unter <strong>der</strong> Leitung von<br />
Martha Hoppe, die an <strong>der</strong> Spitze<br />
des 1921 beim Vorstand eingerichtetenArbeiterinnensekretariats<br />
stand, wurde in den Filialen<br />
ein Netz von Arbeiterinnenkom-<br />
missionen ausgebaut. Ende<br />
1924 existierten bereits 143<br />
Arbeiterinnenkommissionen.<br />
1922 startete <strong>der</strong> Verband<br />
eine Kampagne zur Untersuchung<br />
<strong>der</strong> sozialen Lage <strong>der</strong> in<br />
<strong>der</strong> Textilindustrie beschäftigten<br />
verheirateten <strong>Frauen</strong>. Dabei<br />
wurde nicht nur die Zeitbelastung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> untersucht,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Probleme und<br />
Gefahren, denen die schwangeren<br />
<strong>Frauen</strong> ausgesetzt waren.<br />
Die Untersuchung erbrachte,<br />
dass bei 1537 Arbeiterinnen nur<br />
321 Geburten normal verliefen.<br />
Die Ergebnisse wurden 1925 in<br />
<strong>der</strong> Broschüre »Erwerbsarbeit,<br />
Schwangerschaft, <strong>Frauen</strong>leid«<br />
veröffentlicht.<br />
Im Oktober 1926 veranstaltete<br />
<strong>der</strong> Verband in Gera den<br />
ersten Textilarbeiterinnenkongress.<br />
280 Delegierte waren zur<br />
Beratung über den Arbeits- und<br />
Mutterschutz angereist. Der<br />
Kongress wurde am 11. Oktober<br />
1926 mit <strong>der</strong> Kundgebung von<br />
58 59<br />
10.000 Textilarbeiterinnen eröffnet.<br />
Sie for<strong>der</strong>ten einen besseren<br />
Arbeits- und Mutterschutz,<br />
gleichen Lohn bei gleicher<br />
Arbeit und die Abschaffung des<br />
Abtreibungsparagraphen 218.<br />
Die Aktivitäten des Textilarbeiterverbandes<br />
fanden in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit große Resonanz<br />
und gaben den Anstoß zum 1927<br />
verabschiedeten Mutterschutzgesetz.<br />
1928 rief das Arbeiterinnensekretariat<br />
die Textilarbeiterinnen<br />
im Rahmen eines Preisausschreibens<br />
zur Schil<strong>der</strong>ung ihres<br />
Arbeitstages und eines Wochenendes<br />
aus ihrem Leben auf. 150<br />
eingesendete Berichte wurden<br />
1930 unter dem Titel »Mein Arbeitstag,<br />
mein Wochen ende« in<br />
einer Broschüre veröffentlicht<br />
( Ein Beispiel auf <strong>der</strong> nächsten<br />
Doppelseite ). Der Hauptvorstand<br />
errechnete, dass nach den<br />
Angaben <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> eine Arbeiterin<br />
durchschnittlich in <strong>der</strong><br />
Woche im Betrieb und Haushalt<br />
ungefähr 90 Stunden zu arbeiten<br />
hatte. Aufgrund <strong>der</strong> Berichte<br />
wurde ein For<strong>der</strong>ungskatalog<br />
aufgestellt, <strong>der</strong> sich nicht nur<br />
gegen die Min<strong>der</strong>bezahlung <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>arbeit richtete, son<strong>der</strong>n<br />
von <strong>der</strong> staatlichen Sozialpolitik<br />
die Verbesserung <strong>der</strong> Lebensbedingungen<br />
<strong>der</strong> erwerbstätigen<br />
<strong>Frauen</strong> einfor<strong>der</strong>te.<br />
1932 bescheinigte die »Gewerkschaftliche<br />
<strong>Frauen</strong>zeitung«<br />
dem Textilarbeiterverband unter<br />
den Verbänden die intensivste<br />
„Werbungs- und Schulungsarbeit<br />
von weiblichen Mitglie<strong>der</strong>n<br />
für die weibliche Kollegenschaft“.<br />
»Erwerbsarbeit,<br />
Schwangerschaft,<br />
<strong>Frauen</strong>leid«
Wer tauscht mit mir ?<br />
Es ist 1⁄25 Uhr. Müde und noch<br />
garnicht ausgeruht, erhebe ich<br />
mich von meinem Bett, welches<br />
ich mit den beiden Kin<strong>der</strong>n tei-<br />
le. Die Familie besteht aus vier<br />
Kin<strong>der</strong>n und zwei Erwachsenen.<br />
Still, damit ich die Kin<strong>der</strong> nicht<br />
störe, kleide ich mich an und<br />
mache Feuer, stelle die Suppe<br />
auf und wecke meinen Mann. Es<br />
ist 5 Uhr geworden. Mein Mann<br />
macht das Brot zurecht zum Mitnehmen.<br />
Wenn ich jene Arbeit<br />
auch noch besorgen müßte, wäre<br />
um 4 Uhr die Nacht für mich<br />
vorbei. Ich koche nun die Suppe,<br />
stelle die Teller hin und lege den<br />
Kin<strong>der</strong>n die Sachen zurecht. Wecke<br />
die Aelteste, was nicht immer<br />
leicht ist, denn mit 11 Jahren ist<br />
ein Kind um 6 Uhr noch müde,<br />
ziehe sie an und raus müssen die<br />
an<strong>der</strong>en nun <strong>der</strong> Reihe nach. Das<br />
ist nun ein Geweine, denn alle<br />
sind sie schlaftrunken. Erst wenn<br />
alle ihre Suppe löffeln, wirds<br />
wie<strong>der</strong> still. Ich muß die Betten<br />
machen, die Stube aufräumen,<br />
die Kin<strong>der</strong> fertig anziehen, das<br />
Essen einpacken und endlich<br />
kann ich auch einen Schluck<br />
Suppe essen. Um 1⁄27 Uhr muß<br />
ich fortgehen, die Kin<strong>der</strong> müssen<br />
zum Hort gebracht werden und<br />
so schnell können sie nicht laufen.<br />
Fünf Minuten vor 7 Uhr bin<br />
ich dann in <strong>der</strong> Fabrik, müde, als<br />
ob ich schon acht Arbeitsstunden<br />
hinter mir hätte. Mittags setze ich<br />
mich hin esse schnell und mache<br />
fünf Minuten die Augen zu. Was<br />
koche ich morgen und wie komme<br />
ich am billigsten dazu, läßt<br />
mich nicht ruhen und schnell ist<br />
die Pause um. Abends hole ich<br />
die Kin<strong>der</strong>; freudig begrüßen sie<br />
mich und freuen sich, daß Mutter<br />
wie<strong>der</strong> da ist. Auf dem Nachhauseweg<br />
kaufe ich, was ich brauche<br />
und trotzdem es so wenig wie<br />
möglich ist, ist mein Geld bald<br />
alle. Zu Hause hat mein Mann<br />
Feuer angemacht und nun werden<br />
die Kin<strong>der</strong> gesättigt. es wird gekocht,<br />
abgewaschen, die Kin<strong>der</strong><br />
ins Bett gebracht, damit ich in<br />
Ruhe meine Arbeit machen kann.<br />
Else hat ein Loch im Aer mel,<br />
Fritz hat eins in <strong>der</strong> Hose, Frieda<br />
keine saubere Schürze und die<br />
Strümpfe sind auch zerrissen.<br />
Was nun zuerst anfangen ? Wenn<br />
ich nun mit allem fertig bin, ist es<br />
9 Uhr. Die Strümpfe muß ich aber<br />
noch stopfen. Ich setzte mich also<br />
hin; ein Paar ist noch nicht fertig<br />
und ich bin so müde. Na, denke<br />
ich, du wirst schnell ein Weilchen<br />
nicken. Erschreckt springe<br />
ich auf, aus dem Weilchen sind<br />
30 Minuten geworden und unnötig<br />
habe ich Licht verbrannt.<br />
Morgen früh mußt du eine halbe<br />
Stunde früher aufstehen, so sage<br />
ich mir, und gehe schlafen, froh,<br />
daß ein Arbeitstag beendet ist.<br />
60 61<br />
Wochenende. Sonnabend um<br />
4 Uhr aufstehen und das Geschrei<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist noch schlimmer,<br />
denn sie müssen noch eher raus.<br />
Wie<strong>der</strong> die Hetzjagd, aber heut<br />
habe ich doch den Nachmittag<br />
frei. Wenn die Arbeit beendet<br />
ist, schnell die Kin<strong>der</strong> holen.<br />
Mittags gibt es Kartoffelsuppe,<br />
das dauert nicht so lange. Immer<br />
muß ich schnell laufen, damit ich<br />
beizeiten fertig werde. Dann ist<br />
es 6 Uhr geworden. die Kin<strong>der</strong><br />
bekommen zu Essen. Ich weiche<br />
Wäsche ein, denn Sonntag muß<br />
ich waschen. Dann lege ich die<br />
Kin<strong>der</strong> schlafen, räume noch auf<br />
und fl icke bis um 9 Uhr. Dann<br />
gehe ich schlafen. Sonntag um<br />
5 Uhr stehe ich auf und wasche.<br />
Die Kin<strong>der</strong> können heute ausschlafen.<br />
Dann trinken wir alle<br />
zusammen Kaffee und mein<br />
Mann muß die Kin<strong>der</strong> besorgen,<br />
das Zimmer aufräumen und nach<br />
dem Essen sehen. Nachmittags<br />
geht mein Mann aufs Dorf Musik<br />
machen, inzwischen muß ich mit<br />
<strong>der</strong> Wäsche fertig sein. Nun ist<br />
es 1 Uhr, da wird gegessen, den<br />
Abwasch lasse ich stehen bis ich<br />
in <strong>der</strong> Waschküche fertig bin,<br />
was um 3 Uhr ist. Dann setze<br />
ich mich aber erst eine Weile<br />
hin. Die Unordnung aber, die<br />
jetzt in <strong>der</strong> Stube herrscht, läßt<br />
mich nicht sitzen. Weiter also,<br />
wozu braucht eine Arbeiterfrau<br />
zu sitzen ? Arbeite weiter, stopfe<br />
Strümpfe, mache das Essen für<br />
Montag zurecht, lege die Kin<strong>der</strong><br />
schlafen und beim Versuch, die<br />
Zeitung zu lesen, schlafe ich auch<br />
ein. Das ist halt so, solange ich<br />
beim Herumlaufen bin, merke<br />
ich nicht, wie müde ich bin, aber<br />
beim Sitzen schlafe ich sofort ein<br />
und so endet dann mein Arbeits-<br />
und Wochenende.<br />
Wer tauscht mit mir ?<br />
H. B., S. 37 Jahre.
62 63<br />
Ohne Arbeit und Unterstützung<br />
– Die Weltwirtschaftskrise ( 1929 – 1933 )<br />
Eine fast ständige und immer<br />
belasten<strong>der</strong>e Sorge für die<br />
Arbeitnehmer in <strong>der</strong> Weimarer<br />
Republik bedeutete die drohende<br />
Arbeitslosigkeit. Die Zahl <strong>der</strong><br />
Arbeitslosen, die schon vor Ausbruch<br />
<strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise<br />
ein relativ hohes Niveau erreicht<br />
hatte, stieg von 1,9 Millionen im<br />
Jahre 1929 auf über 6 Millionen<br />
bis 1932.<br />
Für Arbeiterinnen war die<br />
Arbeitslosigkeit noch weitaus<br />
stärker mit Nachteilen verbunden<br />
als für die Arbeiter. Der<br />
Unterstützungssatz für <strong>Frauen</strong><br />
war niedriger als für Männer,<br />
<strong>Frauen</strong> unter 18 Jahren bekamen<br />
keine Unterstützung. Durch die<br />
Notverordnungen, am Anfang<br />
<strong>der</strong> 30er Jahre, wurde <strong>Frauen</strong>,<br />
beson<strong>der</strong>s wenn sie verheiratet<br />
waren, <strong>der</strong> Unterstützungsanspruch<br />
trotz Beitragszahlung<br />
vielfach gänzlich verweigert.<br />
Ebenso den geringfügig Be-<br />
schäftigten, überwiegend<br />
<strong>Frauen</strong>, <strong>der</strong>en Kreis durch die<br />
Bestimmungen in diesen Jahren<br />
stark erweitert wurde.<br />
So wurde <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />
»geringfügigen Beschäftigung«<br />
neu defi niert und von <strong>der</strong> Versicherungspfl<br />
icht befreit. Dies betraf<br />
alle Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer, die bis zu 30 Stunden<br />
wöchentlich beschäftigt<br />
waren bzw. einen Verdienst von<br />
weniger als 10 Mark wöchentlich<br />
hatten. 1931 wurde <strong>der</strong> Versicherungscharakter<br />
für Ehefrauen<br />
durchbrochen, sie erhielten nur<br />
noch bei Bedürftigkeit Unterstützungsleistungen.<br />
Der Anteil<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an den Unterstützungsberechtigten<br />
reduzierte<br />
sich durch die Notverordnungen<br />
erheblich von 46,2 Prozent im<br />
Oktober 1930 auf 13,9 Prozent im<br />
Oktober 1931.<br />
Viele <strong>Frauen</strong> meldeten sich<br />
unter diesen Umständen, wenn<br />
sie ihre Arbeit verloren, gar nicht<br />
mehr arbeitslos. Infolge dieser<br />
»stillen Reserve« fi elen die<br />
Arbeitslosenzahlen für <strong>Frauen</strong><br />
wesentlich niedriger aus als bei<br />
den Männern.<br />
Erwerbstätige verheiratete<br />
<strong>Frauen</strong>, <strong>der</strong>en Erwerbsarbeit<br />
meistens für die Erhaltung<br />
<strong>der</strong> Familie unentbehrlich war,<br />
sollten ihre Arbeitsplätze für<br />
männliche Arbeitslose freimachen.<br />
Der Allgemeine Deutsche<br />
Gewerkschaftsbund ( ADGB ),<br />
die damalige gewerkschaftliche<br />
Dachorganisation, und auch <strong>der</strong><br />
DMV versäumten es, <strong>der</strong> Unsinnigkeit<br />
<strong>der</strong> Doppelverdienerdemagogie<br />
hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Lösung des Arbeitslosensproblems<br />
mit einer klaren Argumentation<br />
entgegen zu treten,<br />
und leisteten dadurch zu <strong>der</strong>en<br />
Vordringen in <strong>der</strong> Arbeiterschaft<br />
Vorschub.<br />
»geringfügig<br />
Beschäftigte«<br />
auch damals<br />
meist <strong>Frauen</strong>
Die <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Defensive<br />
Während <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />
zeigte sowohl die Teilnahme<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an den Wahlen wie<br />
auch <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil in den<br />
parlamentarischen Vertretungen<br />
eine sinkende Tendenz.<br />
Diese Vorgänge signalisierten,<br />
ebenso wie <strong>der</strong> Rückzug <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> aus den gewerkschaftlichen<br />
Organisationen, dass sich<br />
in ihren Reihen Enttäuschung<br />
und Resignation ausbreitete. In<br />
<strong>der</strong> ersten deutschen Republik<br />
fehlten <strong>der</strong> Leitgedanke und<br />
die Strategie einer offensiven<br />
<strong>Frauen</strong>emanzipation. Die sozialdemokratischen<br />
<strong>Frauen</strong>, die im<br />
Reichstag unter allen Fraktionen<br />
stets über die meisten Vertreterinnen<br />
verfügten, konzentrierten<br />
sich auf sozialpolitische Themen<br />
und blieben so im wesentlichen<br />
in <strong>der</strong> »<strong>Frauen</strong>ecke«. Die KPD,<br />
<strong>der</strong> 1919 Klara Zetkin beigetreten<br />
war, hielt zwar die Ideale<br />
<strong>der</strong> proletarischen Emanzipationstheorie<br />
weiterhin hoch, ihr<br />
Einfl uss in den Betrieben und<br />
in <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung<br />
blieb jedoch begrenzt. Die Benachteiligung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> und<br />
beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> erwerbstätigen<br />
<strong>Frauen</strong> geschah vor dem Hintergrund,<br />
dass »Mann« von ihrer<br />
Seite kaum Wi<strong>der</strong>stand erwartet<br />
hatte. Das Fehlen eines starken,<br />
kämpferischen <strong>Frauen</strong>fl ügels<br />
schwächte die Arbeiterbewegung<br />
im Angesicht <strong>der</strong> wachsenden<br />
faschistischen Gefahr nicht<br />
weniger als die politische Spaltung<br />
in zwei Arbeiterparteien.<br />
64 65<br />
Die <strong>Frauen</strong> in den Arbeitskämpfen<br />
Wollsortiererinnen bei Nordwolle in Delmenhorst, 1920er Jahre<br />
Das kämpferische Potential, das<br />
in den Arbeiterinnen schlummerte,<br />
zeigte sich auch an ihrer<br />
regen Teilnahme an den Arbeitseinstellungen.<br />
In etlichen Jahren<br />
<strong>der</strong> Weimarer Republik stellten<br />
sie in den vom DMV geführten<br />
Streiks ein Fünftel bis knapp ein<br />
Drittel <strong>der</strong> Streikenden. Noch<br />
größer war <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Textilarbeiterinnen<br />
an den großen<br />
Lohnkämpfen ihrer Branche<br />
1928 /29. In dem achtwöchigen<br />
Streik in den Betrieben des<br />
Norddeutschen Wollkonzerns<br />
im Frühjahr 1928 befanden sich<br />
unter den 24.000 Streikenden<br />
nicht weniger als 13.000 <strong>Frauen</strong>.
Weibliche Häftlinge im KZ Ravensbrück müssen für die SS Uniformen nähen<br />
66 67<br />
DIE FASCHISTISCHE<br />
DIKTATUR<br />
1933 -1945
Schon die ersten Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Nazimachthaber nach <strong>der</strong><br />
Machtergreifung am 30. Januar<br />
1933 zielten – neben <strong>der</strong> drastischen<br />
Einschränkung demokratischer<br />
Freiheiten – auf die<br />
Zerschlagung <strong>der</strong> organisierten<br />
Arbeiterbewegung. Tausende<br />
FunktionärInnen und Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> KPD, <strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />
wurden verhaftet,<br />
misshandelt und kamen später<br />
in KZ-Lager. Nach einer längeren<br />
Hinhaltetaktik wurden am 2. Mai<br />
1933 die Gewerkschaftshäuser<br />
68<br />
69<br />
besetzt und die Gewerkschaften<br />
aufgelöst.<br />
Viele Aktive <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />
kämpften unter Einsatz<br />
ihres Lebens gegen das Naziregime.<br />
Unter ihnen auch viele<br />
Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen,<br />
wie Elsa Niviera,<br />
Vorstandsmitglied des Deutschen<br />
Textilarbeiterverbandes,<br />
o<strong>der</strong> Margeraethe Trae<strong>der</strong>, Lisy<br />
Alphart, Dina Berner. Die letzten<br />
drei waren nach dem Krieg maßgeblich<br />
am Aufbau <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
in <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> beteiligt.
Teilnehmerinnen auf <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> <strong>Frauen</strong>konferenz 1988<br />
DIE FRAUEN UND<br />
DIE <strong>IG</strong> METALL<br />
73<br />
1945 - 2005
Der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
Die bedingungslose Kapitulation<br />
von Nazi-Deutschland am<br />
8. Mai 1945 beendete den Zweiten<br />
Weltkrieg. 5,25 Millionen<br />
Tote waren allein auf deutscher<br />
Seite zu beklagen. In breiten<br />
Schichten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
herrschte die Überzeugung,<br />
dass die Gesellschaft auf <strong>der</strong><br />
Grundlage wirtschaftlicher und<br />
politischer Demokratisierung<br />
errichtet werden sollte.<br />
74 75<br />
Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> DDR<br />
Die DDR wurde am 7. Oktober<br />
1949 gegründet. Zugleich setzte<br />
die Provisorische Volkskammer<br />
eine Verfassung in Kraft, die<br />
nach öffentlicher Diskussion im<br />
Mai 1949 vom Dritten Deutschen<br />
Volkskongress bestätigt worden<br />
war. Darin waren u. a. folgende<br />
Grundsätze verankert:<br />
■ die Gleichberechtigung von<br />
Mann und Frau<br />
■ das Recht auf Arbeit<br />
■ gleicher Lohn für gleiche<br />
Arbeit<br />
■ <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Schutz <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> im Arbeitsprozess<br />
■ das gleiche Recht auf Bildung<br />
■ die gemeinsame Verantwortung<br />
von Mann und Frau für<br />
die Erziehung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und<br />
■ <strong>der</strong> staatliche Schutz <strong>der</strong><br />
Mutterschaft.<br />
Die »Lösung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>frage«<br />
gehörte seit langem zum politischen<br />
Programm zur Befreiung<br />
<strong>der</strong> Arbeiterklasse von kapitalistischer<br />
Ausbeutung und<br />
Unterdrückung. Friedrich Engels’<br />
Schrift »Der Ursprung <strong>der</strong> Familie,<br />
des Privateigentums und des<br />
Staates«, vor allem aber August<br />
Bebels Schrift »Die Frau und <strong>der</strong><br />
Sozialismus« lieferten das Fundament<br />
für die Theorie, wonach<br />
die Befreiung <strong>der</strong> Arbeiterklasse<br />
durch die Beseitigung des Privateigentums,<br />
die Herstellung<br />
sozialer Gleichheit und die »Lösung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>frage« untrennbar<br />
miteinan<strong>der</strong> verbunden ist.<br />
Man ging davon aus,<br />
■ dass Benachteiligung, Unterdrückung<br />
und Rechtlosigkeit<br />
<strong>der</strong> Frau im Privateigentum<br />
begründet sind und mit dessen<br />
Abschaffung auch die<br />
Frau befreit werden würde,<br />
■ dass <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Emanzipation<br />
<strong>der</strong> Frau darin liege, sie<br />
in die Produktion einzubeziehen<br />
und<br />
■ dass sie zu diesem Zwecke<br />
von ihren Pfl ichten für Hausarbeit<br />
und Kin<strong>der</strong>erziehung<br />
entlastet und diese Bereiche<br />
vergesellschaftet werden<br />
müssten.<br />
An<strong>der</strong>s als in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
gab es bei <strong>der</strong> Gleichberechtigung<br />
<strong>der</strong> Geschlechter<br />
in <strong>der</strong> DDR keine verfassungs-<br />
Original Bildunterschrift ( Tribüne, wöchentliches Organ des<br />
Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschafts-<br />
bunds, 1963 ): „Zum Weltkongreß <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in Moskau wird<br />
die Zwirnerin Rosa Peter aus <strong>der</strong> Tuchfabrik Cottbus als einzi-<br />
ge Delegierte aus dem Bezirk Cottbus fahren. Mit ihrer Dele-<br />
gierung wird ihre gleichermaßen vorbildliche Arbeit als Zwei-<br />
Stuhl-Zwirnerin in <strong>der</strong> Produktion und als aktivstes Mitglied<br />
des Betriebs-<strong>Frauen</strong>ausschusses gewürdigt.“
echtlichen Auslegungs- und<br />
Umsetzungsstreitigkeiten. Vielmehr<br />
folgten bald sozial- und<br />
familienpolitische Schritte wie<br />
das »Gesetz über den Mutter-<br />
und Kin<strong>der</strong>schutz und die Rechte<br />
<strong>der</strong> Frau« und Regelungen zur<br />
<strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>ung, die 1968 sogar<br />
verfassungsrechtlich festgeschrieben<br />
wurden. Die Chancengleichheit<br />
<strong>der</strong> Frau sollte in <strong>der</strong><br />
DDR durch beson<strong>der</strong>e För<strong>der</strong>ung<br />
bei <strong>der</strong> berufl ichen Qualifi zierung<br />
gewährleistet werden.<br />
1945 bis 1960<br />
Leben hieß in <strong>der</strong> sowjetischen<br />
Besatzungszone wie auch in<br />
den westlichen Zonen zunächst<br />
Überleben. Hier wie dort waren<br />
die <strong>Frauen</strong> die ersten, die beim<br />
Neuaufbau des verwüsteten<br />
Deutschlands als Trümmerfrauen<br />
anpacken mußten.<br />
An<strong>der</strong>s als im Westen räumten<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> sowjetisch<br />
besetzen Zone jedoch nicht ihre<br />
Arbeitsplätze für heimkehrende<br />
Soldaten. Sie wurden für den<br />
Aufbau <strong>der</strong> Wirtschaft dringend<br />
gebraucht. Mit Kampagnen wurde<br />
für ihre Einglie<strong>der</strong>ung in die<br />
Betriebe geworben. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
nicht erwerbstätige <strong>Frauen</strong><br />
wurden zeitweise zu Arbeitseinsätzen<br />
in verschiedenen Bereichen<br />
verpfl ichtet. Die »Hausfrauenbrigaden«<br />
entstanden.<br />
Der Demokratische <strong>Frauen</strong>bund<br />
Deutschlands ( DFD ) sah<br />
in seiner Gründungszeit seine<br />
Hauptaufgabe darin, „<strong>Frauen</strong> aus<br />
allen Schichten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
für die Arbeit in <strong>der</strong> Produktion<br />
zu gewinnen“. Engagierte <strong>Frauen</strong><br />
leisteten intensive Aufklärungsarbeit.<br />
Sie warben für Ausbildungslehrgänge<br />
für unterschiedliche<br />
Berufe und Branchen.<br />
Die <strong>Frauen</strong>bewegung wurde zu<br />
diesem Zeitpunkt hauptsächlich<br />
von humanistischen Zielen<br />
getragen: „Nie wie<strong>der</strong> Krieg“,<br />
eine glückliche Zukunft für die<br />
Kin<strong>der</strong>, gerechte Verteilung <strong>der</strong><br />
Güter, keine Ausbeutung, Gleichberechtigung<br />
von Mann und<br />
Frau in allen gesellschaftlichen<br />
Bereichen. „Wie wir heute arbeiten,<br />
werden wir morgen leben“,<br />
lautete das Motto.<br />
76 77<br />
Diese Ziele <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
stimmten mit den<br />
klassischen Werten des Kommunismus<br />
und dem Parteiprogramm<br />
<strong>der</strong> SED überein. Doch<br />
<strong>der</strong> Einfl uss <strong>der</strong> Partei auf die<br />
<strong>Frauen</strong>bewegung war zunächst<br />
gering. Mit Gründung <strong>der</strong> DDR,<br />
dem Anspruch <strong>der</strong> SED auf die<br />
führende Rolle im Staat und<br />
ihrer Vorrangstellung in <strong>der</strong> »Ka<strong>der</strong>politik«<br />
verän<strong>der</strong>te sich dieses<br />
Verhältnis langsam. Der DFD<br />
wurde mehr und mehr zum Anhängsel<br />
<strong>der</strong> Partei. An<strong>der</strong>erseits<br />
för<strong>der</strong>te die SED mit konkreten<br />
Aktivitäten die Erwerbstätigkeit<br />
<strong>der</strong> Frau. Laut Parteiprogramm<br />
waren Betriebe verpfl ichtet, zur<br />
Entlastung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> von häuslichen<br />
Pfl ichten zum Beispiel<br />
Angebote für Fertiggerichte<br />
aufzulegen, Bestellsysteme<br />
einzuführen, wie auch die Volksbildung<br />
und die ganztägige Betreuung<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schule<br />
zu sichern.<br />
Trotz dieser gesetzlichen<br />
Grundlagen für die Gleichberechtigung<br />
ließ die Praxis einiges<br />
zu wünschen übrig. <strong>Frauen</strong><br />
waren sowohl in <strong>der</strong> Industrie<br />
als auch in <strong>der</strong> Politik kaum in<br />
leitenden Funktionen zu fi nden.<br />
Die Mehrzahl fand sich in beruflichen<br />
Tätigkeiten wie<strong>der</strong>, die<br />
relativ gering bezahlt wurden.<br />
An den altbekannten Rollenzuschreibungen<br />
wurde nicht<br />
gerüttelt. Trotz aller partnerschaftlichen<br />
Parolen waren auch<br />
in <strong>der</strong> DDR die <strong>Frauen</strong> die Hauptverantwortlichen<br />
für Hausarbeit<br />
und Kin<strong>der</strong>erziehung. Allerdings<br />
wurden bessere Voraussetzungen<br />
zur Bewältigung <strong>der</strong> Doppelbelastung<br />
geschaffen als in<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />
Die Gewerkschaften bemühten<br />
sich in den Betrieben, die<br />
Gleichberechtigung von Männern<br />
und <strong>Frauen</strong> zu verankern.<br />
Beispielsweise entwickelte die<br />
Hauptabteilung <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> <strong>IG</strong><br />
Holz ein System von Schulungsmaßnahmen<br />
und Kontrollen in<br />
den Betrieben, um Verstöße<br />
gegen den Gleichheitsgrundsatz<br />
aufzudecken und gleiches Recht<br />
für alle durchzusetzen. Sehr oft<br />
sahen sich <strong>Frauen</strong> dabei nicht<br />
nur mit den Vorurteilen <strong>der</strong><br />
»Hausfrauen-<br />
brigaden« und<br />
Gleichberechtigung
Ehrungen im Wandel: Von <strong>der</strong> »Besten Näherbrigade« zum »Besten Qualitätsarbeiter«<br />
Betriebsleiter o<strong>der</strong> Eigentümer,<br />
son<strong>der</strong>n auch mit denen ihrer<br />
männlichen Kollegen konfrontiert.<br />
1960 bis 1972<br />
1960 beschloss das Zentralkomitee<br />
<strong>der</strong> SED, in allen Betrieben<br />
und gesellschaftlichen<br />
Institutionen <strong>Frauen</strong>kommissionen<br />
zu bilden und <strong>Frauen</strong><br />
verstärkt in leitende Funktionen<br />
zu bringen. Einerseits drängten<br />
diese Kommissionen den DFD<br />
völlig an den Rand, an<strong>der</strong>erseits<br />
stärkten sie die Stellung <strong>der</strong><br />
Frau. Die <strong>Frauen</strong>kommissionen<br />
nahmen sich engagiert <strong>der</strong><br />
Probleme <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> und ihrer<br />
Belastungen an. Sie führten die<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Betriebsleitern,<br />
<strong>der</strong> betrieblichen<br />
gewerkschaftlichen Leitung<br />
( BGL ) und Parteisekretären und<br />
sorgten für einige Verbesserungen<br />
bei <strong>der</strong> Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie, zum Beispiel<br />
durch Kin<strong>der</strong>stuben, Nähstuben<br />
und Waschmöglichkeiten in den<br />
Betrieben.<br />
Gesetze fl ankierten die Aktivitäten<br />
in folgenden Bereichen:<br />
■ Die Ausbildungsmöglichkeiten<br />
für <strong>Frauen</strong> wurden<br />
verbessert. <strong>Frauen</strong>son<strong>der</strong>klassen<br />
zur Ausbildung von<br />
Facharbeiterinnen, Meisterinnen,<br />
Fachschulka<strong>der</strong>n,<br />
Hochschulka<strong>der</strong>n usw. wurden<br />
gebildet.<br />
■ Mütter konnten bei Geburt<br />
eines Kindes ein Jahr zu<br />
Hause bleiben, ohne ihren<br />
Arbeitsplatz zu verlieren.<br />
■ Ein Hausarbeitstag wurde<br />
eingeführt. Jede Frau hatte<br />
pro Monat einen Tag frei, um<br />
ihre Hausarbeit zu erledigen.<br />
■ Jedes Kind hatte ein Recht<br />
auf einen Krippen- und einen<br />
Kin<strong>der</strong>gartenplatz.<br />
■ <strong>Frauen</strong>entwicklungsverträge<br />
erleichterten <strong>Frauen</strong> den Zugang<br />
zu Leitungsfunktionen.<br />
In <strong>der</strong> Folge drangen <strong>Frauen</strong><br />
vor allem in Funktionen auf <strong>der</strong><br />
mittleren Ebene vor. Nur sehr<br />
wenige – wenn auch mehr als in<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik – erreichten<br />
berufl iche Spitzenpositionen.<br />
Der Anteil von <strong>Frauen</strong> in typi-<br />
78 79<br />
schen Männerberufen stieg.<br />
<strong>Frauen</strong> wurden nahezu vollständig<br />
ins Erwerbsleben integriert.<br />
Dennoch blieben Hausarbeit<br />
und Kin<strong>der</strong>erziehung weiterhin<br />
an ihnen hängen. Ihre Rolle als<br />
berufstätige Hausfrau und Mutter<br />
wurde am 8. März sogar noch<br />
auf »sozialistische Art« geehrt.<br />
Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre stellte die<br />
SED fest, dass die Gleichberechtigung<br />
<strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
im Arbeitsleben und in<br />
<strong>der</strong> Familie erreicht sei.<br />
1972 bis 1989<br />
Ab diesem Zeitpunkt folgten<br />
nur noch alltagspraktische Aktivitäten,<br />
um vor allem jungen<br />
Müttern die Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie zu erleichtern.<br />
Schichtarbeit für <strong>Frauen</strong> mit<br />
Kleinkin<strong>der</strong>n wurde verboten.<br />
Das »Mütterjahr« wurde durch<br />
eine Lohnersatzleistung fi nanziert.<br />
Die bezahlte Freistellung<br />
bei Erkrankung des Kindes wurde<br />
verlängert und die Arbeitszeit<br />
für Mütter mit mindestens zwei<br />
Kin<strong>der</strong>n verkürzt.<br />
1972 wurde das »Gesetz<br />
über die Unterbrechung <strong>der</strong><br />
Schwangerschaft« verabschiedet.<br />
<strong>Frauen</strong> konnten innerhalb<br />
einer Frist von zwölf Wochen<br />
selbst über einen Abbruch entscheiden.<br />
In den 80er Jahren nahmen<br />
jedoch die Kritikerinnen, vor<br />
allem unter den jüngeren <strong>Frauen</strong>,<br />
stetig zu und es wuchs die<br />
Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> Verkürzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>politik auf eine<br />
»Muttipolitik«. Die Rahmenbedingungen<br />
waren zwar besser<br />
als im Westen, aber tatsächliche<br />
Gleichberechtigung gab es auch<br />
in <strong>der</strong> DDR nicht. Anfang <strong>der</strong><br />
80er Jahre entstanden informelle<br />
<strong>Frauen</strong>gruppen, vor allem<br />
im kirchlichen Raum und in <strong>der</strong><br />
neuen Friedens- und Alternativbewegung.<br />
1982 schlossen<br />
sich »<strong>Frauen</strong> für den Frieden«<br />
zusammen und protestierten gegen<br />
das neue Wehrdienstgesetz,<br />
das vorsah, im Verteidigungsfall<br />
auch <strong>Frauen</strong> zum Dienst an <strong>der</strong><br />
Waffe zu verpfl ichten. Im Sommer<br />
1989 spitzte sich die politische<br />
Krise in <strong>der</strong> DDR durch die<br />
Integration <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> ins Erwerbsleben
Ausreisebewegung zu. Die Opposition<br />
begann sich zu formieren.<br />
Bereits zu diesem Zeitpunkt<br />
existierten an verschiedenen<br />
Orten politische <strong>Frauen</strong>-, Selbsthilfe-,<br />
Selbsterfahrungs- und<br />
Diskussionsgruppen. In Berlin<br />
zählten die »lila Offensive«<br />
( LILO ) und die »Erster Weiblicher<br />
Aufbruch« ( EWA ) zu den<br />
Gruppen <strong>der</strong> »ersten Stunde«. In<br />
Thüringen schlossen sich <strong>Frauen</strong><br />
unter dem Namen »<strong>Frauen</strong> für<br />
Verän<strong>der</strong>ung« zusammen.<br />
Doch an<strong>der</strong>s als erhofft, verbesserte<br />
die Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />
die Lage <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> nicht. Im<br />
Gegenteil: Vorschuleinrichtungen<br />
wurden geschlossen, Kin<strong>der</strong>betreuungsangeboteeingeschränkt<br />
bzw. verteuert. Unzählige<br />
<strong>Frauen</strong> wurden erwerbslos<br />
und verloren ihre ökonomische<br />
Unabhängigkeit.<br />
Zunächst unterstützte die<br />
westdeutsche <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
Praktikantinnen im VEB<br />
Kaltwalzwerk Oranienburg<br />
1990. Der Betrieb wurde 1991<br />
von Krupp übernommen und<br />
alsbald geschlossen<br />
ihre ostdeutschen Schwestern<br />
engagiert. Doch nach einer<br />
Phase <strong>der</strong> »euphorischen<br />
Schwesterlichkeit« traten die<br />
Unterschiede immer klarer hervor.<br />
Die westdeutschen <strong>Frauen</strong><br />
erkannten zwar die bessere<br />
Stellung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> im Osten<br />
im Beruf an, sahen diese jedoch<br />
auf <strong>der</strong> »Bewusstseinsebene«<br />
um dreißig Jahre »hinterher<br />
hinken«. Ihrer Ansicht nach<br />
fehlte den ostdeutschen <strong>Frauen</strong><br />
die Sensibilität für subtile<br />
Unterdrückungsmechanismen<br />
– eine <strong>der</strong> Hauptleistungen <strong>der</strong><br />
Neuen <strong>Frauen</strong>bewegung im<br />
Lauf ihrer 25jährigen <strong>Geschichte</strong>.<br />
Einige <strong>Frauen</strong> glaubten sogar<br />
eine absolute Polarisierung<br />
zwischen <strong>der</strong> west- und <strong>der</strong><br />
ostdeutschen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
zu sehen, die durch den Spruch<br />
„West-Emanzen gegen Ost-<br />
Muttis“ zugespitzt ausgedrückt<br />
wurde.<br />
80 81<br />
Tag <strong>der</strong> Arbeitslosen-<br />
initiative Ost<br />
Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
vor ihrem Stand »Neue<br />
Arbeit Sachsen e. V.«
Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>politik in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Die 50er Jahre<br />
In <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung<br />
tauchen <strong>Frauen</strong> im zerstörten<br />
Deutschland <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />
zumeist als Trümmerfrauen<br />
auf. Diese Sicht blendet<br />
wichtige Bereiche aus. <strong>Frauen</strong><br />
arbeiteten unmittelbar nach<br />
Kriegsende auch in Betrieben<br />
und in Verwaltungen. Im Dezember<br />
1945 betrug <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> an den Erwerbstätigen<br />
im Bundesgebiet 30,5 Prozent.<br />
In <strong>der</strong> Bevölkerung waren die<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Mehrheit. Nach<br />
Kriegsende lebten in den westlichen<br />
Zonen 7,3 Millionen mehr<br />
<strong>Frauen</strong> als Männer. Dennoch<br />
bekamen Männer eher einen<br />
Arbeitsplatz als <strong>Frauen</strong>. Verheiratete<br />
<strong>Frauen</strong> wurden gezielt<br />
aus dem Erwerbsleben verdrängt.<br />
Einige Arbeitsverträge<br />
sahen sogar eine so genannte<br />
Zölibatsklausel vor.<br />
Auch moralisch wurden erwerbstätige<br />
<strong>Frauen</strong> unter Druck<br />
gesetzt, ihren Arbeitsplatz für<br />
die heimkehrenden Männer<br />
freizumachen. Bundeskanzler<br />
Konrad Adenauer ( CDU ) und die<br />
katholische Kirche propagierten<br />
82 83<br />
Eine aus heutiger sicht kaum nachvollziehbare Regelung gegen<br />
berufstätige <strong>Frauen</strong> war die sogenannte „Zölibatsklausel im<br />
Deutschen Beamtengesetz § 63“. Darin heisst es laut Bundesgesetzblatt<br />
Nr. 30 vom 11. Juli 195o:<br />
1. Ein weiblicher Beamter kann, wenn er sich verehelicht,<br />
entlassen werden. Er ist zu entlassen, wenn er es beantragt.<br />
Er darf ohne Antrag nur entlassen werden, wenn seine<br />
wirtschaftliche Versorgung nach <strong>der</strong> Höhe des Familieneinkommens<br />
dauerhaft gesichert erscheint; die wirtschaftliche<br />
Versorgung gilt als dauernd gesichert, wenn <strong>der</strong> Ehemann in<br />
einem Bemtenverhältnis steht, mit dem Anspruch auf Ruhegeld<br />
verbunden ist.<br />
2. Die oberste Dienstbehörde entscheidet darüber, ob die wirtschaftliche<br />
Versorgung dauernd gesichert (ist o<strong>der</strong>) erscheint.<br />
3. Im Einzelfalle kann die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen<br />
mit dem Bundesminister des Inneren Ausnahmen von<br />
Abs. 1, Satz 3, Halbsatz 2 zulassen.<br />
4. Die Entlassung tritt mit Ende des Monats ein, <strong>der</strong> auf den<br />
Monat folgt, in welchem dem Beamten die Entalssungsverfügung<br />
mitgeteilt worden ist.<br />
§ 64 DBG:<br />
Die Zölibatsklausel<br />
1. Die aufgrund des § 63 ausscheidenden weiblichen Beamten<br />
erhalten eine Abfi ndung nach Abs. 2, auch wenn sie Beamte<br />
auf Wi<strong>der</strong>ruf sind. Durch die Abfi ndung werden alle Versorgungsbezüge<br />
abgegolten. (...)
Aus einer Betriebsordnung ...<br />
ARBEITSZEIT: 45-STUNDENWOCHE<br />
MONTAG BIS FREITAG: (5 Tage á 8 Stunden)<br />
Vormittags 07.50 - 09.50 Uhr<br />
10.00 - 12.00 Uhr<br />
10 Min. Pause<br />
Vormittags 07.50 - 09.50 Uhr<br />
10.00 - 13.00 Uhr<br />
10 Min. Pause<br />
SAMSTAG: (5 Stunden)<br />
Nachmittags 12.50 - 16.00 Uhr<br />
16.10 - 18.00 Uhr<br />
10 Min. Pause<br />
Während <strong>der</strong> 10 Minuten Pause wird das mitgebrachte Vesper<br />
vom Gang geholt und am Platz eingenommen. Lautes Sprechen<br />
ist zu vermeiden. Das Handtuch auf dem Schoß zu behalten, damit<br />
die Hände sauber bleiben.<br />
Das Verlassen <strong>der</strong> Werkstatt während <strong>der</strong> Pause ist auch den<br />
Lehrmädchen nicht erlaubt. Die Fenster können geöffnet werden<br />
und nachher wie<strong>der</strong> geschlossen. Unsere Hausordnung verlangt<br />
von uns ruhiges Benehmen.<br />
Auf dem Treppenhaus darf nicht gesprochen werden. Um den<br />
Lehrmädchen die Bodenpfl ege <strong>der</strong> Werkstätte zu erleichtern, ziehen<br />
alle die schweren Straßenschuhe aus.<br />
Für die Zeiteintragung auf <strong>der</strong> Karte ist gewissenhaft und<br />
pünktlich jede Mitarbeitende verantwortlich.<br />
Der Werkstattmeisterin ist (in Abwesenheit <strong>der</strong> Inhaberin) <strong>der</strong><br />
zur För<strong>der</strong>ung des Geschäfts nötigen Anordnungen zu folgen.<br />
Je<strong>der</strong> arbeite an seinem Werk mit freudigem Eifer zum schönen<br />
Gelingen !<br />
Lore und Anne kommen um 8 Uhr, dafür räumen sie gründlich<br />
in <strong>der</strong> Mittagszeit auf. Legen ihre Handtücher auf den abgeräumten<br />
Zuschneidetisch, um dort zu essen.<br />
das Bild <strong>der</strong> Hausfrau und Mutter,<br />
die sich um die drei K – Küche,<br />
Kin<strong>der</strong>, Kirche zu kümmern<br />
hatte. Öffentlich wurde darüber<br />
diskutiert, dass eine Vernachlässigung<br />
dieser Aufgaben die<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gravierend<br />
beeinträchtige. »Schlüsselkin<strong>der</strong>«<br />
wurden Kin<strong>der</strong> genannt,<br />
<strong>der</strong>en Mütter erwerbstätig<br />
waren. Diese Ideologie fi el bei<br />
vielen <strong>Frauen</strong> auf fruchtbaren<br />
Boden. Mit Familienarbeit und<br />
Erwerbstätigkeit enorm belastet,<br />
gaben viele freiwillig ihren<br />
Arbeitsplatz auf. Die Folge: 1950<br />
waren fast 70 Prozent <strong>der</strong> allein<br />
stehenden <strong>Frauen</strong> erwerbstätig,<br />
aber nur 26,4 Prozent <strong>der</strong> verheirateten.<br />
Am 10. Mai 1957 erklärte<br />
das Bundesarbeitsgericht Zölibatsklauseln<br />
im Arbeitsvertrag<br />
endlich für unwirksam. Bis zu<br />
diesem Zeitpunkt hatten im<br />
Familienrecht immer noch die<br />
Bestimmungen des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
gegolten: Die Ehefrau<br />
durfte eigenständig keine Verträge<br />
schließen, ohne Einwilligung<br />
des Ehemannes konnte<br />
sie keiner Erwerbstätigkeit<br />
nachgehen. Er hingegen konnte<br />
mit <strong>der</strong> Einwilligung des Vormundschaftsgerichts<br />
das Arbeitsverhältnis<br />
seiner Frau ohne<br />
<strong>der</strong>en Einverständnis kündigen.<br />
Er konnte über ihr Einkommen<br />
verfügen und Entscheidungen,<br />
die die gemeinsamen Kin<strong>der</strong><br />
betrafen, alleine treffen. Das<br />
»Gesetz über die Gleichberechtigung<br />
von Mann und Frau auf<br />
dem Gebiet des bürgerlichen<br />
Rechts« von 1957 beendete zwar<br />
diese Hierarchie im bürgerlichen<br />
Recht. Die grundsätzliche Vorstellung<br />
einer geschlechtsspezifi<br />
schen Rollenverteilung in <strong>der</strong><br />
Ehe blieb jedoch unangetastet.<br />
So durften <strong>Frauen</strong> weiterhin nur<br />
dann berufstätig sein, wenn dies<br />
mit ihren Familienpfl ichten vereinbar<br />
war.<br />
Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
konzentrierte sich in den<br />
Anfangsjahren <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
auf den Aufbau organisatorischer<br />
Strukturen und die Werbung<br />
weiblicher Mitglie<strong>der</strong>. Die<br />
Hoffnung vieler Gewerkschafterinnen,<br />
dass frauenspezifi sche<br />
84 85<br />
Fragen gleichwertig in die gewerkschaftliche<br />
Arbeit integriert<br />
würden, erfüllte sich nicht.<br />
Zumeist blieb es engagierten<br />
<strong>Frauen</strong> vorbehalten, Probleme<br />
anzusprechen und Verän<strong>der</strong>ungen<br />
einzufor<strong>der</strong>n. Dabei ging es<br />
vor allem um die Betreuung <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> berufstätiger <strong>Frauen</strong>, die<br />
Doppelbelastung, um den Mutterschutz,<br />
berufl iche För<strong>der</strong>ung<br />
sowie Lohn- und Gehaltsdiskriminierung.<br />
Bei Gründung <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
sahen fast alle Tarifverträge<br />
Abschlagsklauseln für <strong>Frauen</strong>löhne<br />
vor. Je nach Tarifvertrag<br />
mussten <strong>Frauen</strong> bei gleicher Arbeit<br />
einen Abschlag von zehn bis<br />
25 Prozent auf den Männerlohn<br />
hinnehmen. Mit dieser Praxis<br />
räumte ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts<br />
aus dem Jahr 1955<br />
auf. Der Gleichberechtigungsgrundsatz<br />
des Grundgesetzes<br />
umfasse auch den Grundsatz<br />
<strong>der</strong> Lohngleichheit von Mann<br />
und Frau und gelte mithin auch<br />
für Tarifverträge, beschieden die<br />
Richter. Damit waren Lohnabschlagsklauseln<br />
gesetzwidrig.<br />
Zugleich regte das Gericht an,<br />
genauere Lohnkategorien zu<br />
bilden und Tätigkeiten nach<br />
ihren körperlichen Belastungen<br />
zu unterscheiden. Geklagt<br />
hatte eine Hilfsarbeiterin einer<br />
Stuhlfabrik in Bakede, einem<br />
kleinen Ort in Nie<strong>der</strong>sachsen in<br />
<strong>der</strong> Nähe von Hameln. Nach dem<br />
Tarifvertrag für die holzverarbeitende<br />
Industrie Nie<strong>der</strong>sachsens<br />
erhielten die Männer damals den<br />
Hilfsarbeiterlohn von 1,17 DM je<br />
Stunde. <strong>Frauen</strong> zahlte die Firma<br />
jedoch nur 94 Pfennig. Dies<br />
schien durch den Tarifvertrag,<br />
Absatz »<strong>Frauen</strong>arbeit«, gedeckt.<br />
Dort hieß es:<br />
„Weibliche Arbeitskräfte<br />
erhalten für die Spulenindustrie<br />
75 Prozent, für die übrige unter<br />
diese Tarifvereinbarung fallende<br />
holzverarbeitende Industrie 80<br />
Prozent <strong>der</strong> betreffenden Männerlöhne.“<br />
Nach dem historischen<br />
Urteil machten sich die Arbeitgeber<br />
Gedanken darüber, wie<br />
sie sich möglichst billig aus<br />
<strong>der</strong> Affäre ziehen könnten. Die<br />
Bezahlung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> nach den<br />
Gleichberechti-<br />
gungsgrundsatz<br />
des Grundgesetzes<br />
und<br />
Tarifverträge
Tarifen für männliche Hilfsarbeiter<br />
hätte eine Lohnerhöhung<br />
von 25 bis 35 Prozent bedeutet.<br />
Um das zu vermeiden, wurden<br />
die bisherigen Lohngruppen um<br />
weitere ergänzt. 1956 einigte<br />
sich zum Beispiel <strong>der</strong> Vorstand<br />
<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> mit dem Gesamtverband<br />
<strong>der</strong> metallindustriellen<br />
Arbeitgeberverbände auf<br />
Lohngruppentexte mit dem<br />
Merkmal „Ohne beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die körperliche<br />
Leistungsfähigkeit“. Unter <strong>der</strong><br />
bisher niedrigsten Lohngruppe<br />
( zumeist 80 Prozent unterhalb<br />
des Facharbeiterlohns, <strong>der</strong> so<br />
genannten Ecklohngruppe )<br />
wurden weitere Gruppen geschaffen.<br />
Deren Niveau lag in<br />
<strong>der</strong> Regel bei 72 bis 75 Prozent<br />
des Ecklohns. Damit schien<br />
zwar formalrechtlich die Diskriminierung<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> bei <strong>der</strong><br />
Entlohnung beseitigt, es gab<br />
keine Lohnabschlagsklauseln<br />
mehr, stattdessen waren die<br />
Leichtlohngruppen geboren, in<br />
die vor allem <strong>Frauen</strong> eingruppiert<br />
wurden.<br />
Zweites wichtiges Arbeitsfeld<br />
für die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-<strong>Frauen</strong> war<br />
schon früh das Engagement gegen<br />
Militarismus und Krieg und<br />
für den Frieden. In den 50er Jahren<br />
protestierten sie gegen die<br />
Wie<strong>der</strong>bewaffnung <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland und warnten<br />
vor den Gefahren atomarer<br />
Waffen für die gesamte Welt.<br />
Die 60er Jahre<br />
Die 60er Jahre gelten als die Jahre<br />
des »Wirtschaftswun<strong>der</strong>s«.<br />
Mehr ArbeitnehmerInnen als<br />
je zuvor konnten sich – häufi g<br />
auf Raten – bei einer 40- bis<br />
45-Stunden-Woche größere<br />
Anschaffungen leisten ( einen<br />
Fernseher, eine Waschmaschine,<br />
ein Auto ) und in Urlaub fahren.<br />
In dieser Zeit des Aufschwungs<br />
warben die Betriebe<br />
um <strong>Frauen</strong> als Arbeitskräfte<br />
und boten unterschiedlichste<br />
Arbeitszeitmodelle an, um den<br />
Einstieg ins Berufsleben zu<br />
erleichtern. <strong>Frauen</strong>erwerbstätigkeit<br />
wurde mit Hilfe des »Drei-<br />
Phasen-Modells« legitimiert.<br />
Dieses Modell wies familiäre<br />
Aufgaben und Erwerbstätigkeit<br />
verschiedenen Lebensphasen zu<br />
und versuchte auf diese Weise,<br />
individuelle, natürliche Lebensprozesse<br />
mit wirtschaftlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen zu synchronisieren.<br />
Die Frau unterbreche ihre<br />
Erwerbstätigkeit nach <strong>der</strong> Heirat<br />
o<strong>der</strong> Geburt des ersten Kindes<br />
und nehme sie nach Beendigung<br />
86 87<br />
<strong>der</strong> Schulzeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wie<strong>der</strong><br />
auf. Vera Klein, die diese Theorie<br />
gemeinsam mit Alva Myrdal entwickelt<br />
hatte, referierte darüber<br />
bei <strong>der</strong> 6. <strong>Frauen</strong>konferenz <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1967.<br />
Zunehmend wurden auch<br />
verheiratete <strong>Frauen</strong> wie<strong>der</strong> erwerbstätig.<br />
Müttern wurde Teilzeitarbeit<br />
angeboten. Arbeitszeitmodelle<br />
mit Abendschichten<br />
und Saisonarbeit kamen auf.<br />
Vorreiter war <strong>der</strong> Dienstleistungsbereich,<br />
aber es gab auch<br />
so genannte Hausfrauenschichten<br />
in <strong>der</strong> Produktion, in denen<br />
in <strong>der</strong> Regel an- und ungelernte<br />
Arbeiterinnen arbeiteten. Sie<br />
verrichteten oft Tätigkeiten, die<br />
große Fingerfertigkeit erfor<strong>der</strong>ten,<br />
eng getaktet und sehr<br />
monoton waren. Diese Arbeiten<br />
stellten angeblich keine großen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen und wurden gering<br />
bezahlt.<br />
In <strong>der</strong> Bekleidungsindustrie<br />
wuchs <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil unter<br />
den Beschäftigten auf 83,8 Prozent<br />
an, in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>industrie
Verringerung <strong>der</strong><br />
Doppelbelastung<br />
»Notstands-<br />
gesetze«<br />
verharrte er bei unter 20 Prozent.<br />
Vorrangiges Ziel <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>politik<br />
war auch in dieser Zeit,<br />
die Doppelbelastung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />
zu verringern. Männer beteiligten<br />
sich kaum an <strong>der</strong> Familienarbeit.<br />
Hausarbeit musste<br />
in dieser Zeit noch vielfach<br />
ohne technische Unterstützung<br />
bewältigt werden. Da die wenigsten<br />
über eine ( halb- ) automatische<br />
Waschmaschine<br />
verfügten, mussten sie einen<br />
Waschtag einplanen. In vier<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n ( Bremen, Hamburg,<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen und Nordrhein-Westfalen<br />
) gab es daher<br />
den gesetzlichen Anspruch auf<br />
einen bezahlten Hausarbeitstag.<br />
Dieser wurde jedoch aufgrund<br />
<strong>der</strong> Beschwerde eines allein<br />
stehenden Mannes vor dem<br />
Bundesverfassungsgericht als<br />
exklusives <strong>Frauen</strong>recht 1979 für<br />
verfassungswidrig erklärt.<br />
Sozialpolitische For<strong>der</strong>ungen<br />
prägten die gewerkschaftliche<br />
<strong>Frauen</strong>politik: Die Freistellung<br />
eines Elternteils bei Krankheit<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, ausreichende<br />
Angebote zur Kin<strong>der</strong>betreuung,<br />
angemessenes Kin<strong>der</strong>geld und<br />
angemessene Altersrenten. Die<br />
meisten dieser For<strong>der</strong>ungen<br />
mündeten erst in den 70er Jahren<br />
in staatliche Reformen.<br />
Im Verlauf <strong>der</strong> 60er Jahre<br />
verschärfte sich in den Betrieben<br />
die Auseinan<strong>der</strong>setzung um<br />
bessere Arbeitsbedingungen.<br />
Thema war auch eine vorsorgende<br />
Gesundheitspolitik. Bis<br />
Ende <strong>der</strong> 60er Jahre bezog zum<br />
Beispiel die Arbeitswissenschaft<br />
ihre Erkenntnisse aus <strong>der</strong><br />
Beobachtung junger Männer<br />
zwischen 20 bis 25 Jahren. Eine<br />
geschlechter- o<strong>der</strong> altersgerechte<br />
Betrachtungsweise war nicht<br />
üblich.<br />
Aufgrund heftiger Proteste<br />
gegen den Vietnam-Krieg und<br />
angesichts <strong>der</strong> zunehmenden<br />
Politisierung <strong>der</strong> Jugend verabschiedete<br />
<strong>der</strong> Bundestag 1968<br />
auf Initiative <strong>der</strong> Großen Koalition<br />
in Bonn die »Notstandsgesetze«,<br />
die es ermöglichten,<br />
einen Teil <strong>der</strong> verfassungsmäßigen<br />
Rechte im Fall eines »Notstands«<br />
außer Kraft zu setzen.<br />
Dieser Beschluss löste eine<br />
Welle des Wi<strong>der</strong>stands im gesamten<br />
Land aus. Studierende,<br />
Gewerkschaften, SPD-Mitglie<strong>der</strong><br />
und linke Gruppen beteiligten<br />
sich an vorher undenkbaren gemeinsamen<br />
Aktionen. Vor allem<br />
die Studierenden verknüpften<br />
diesen Protest mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />
nach Aufarbeitung <strong>der</strong><br />
Nazi-Vergangenheit und nach<br />
einer Demokratisierung <strong>der</strong><br />
Hochschulen. Sie wollten den<br />
„Muff von tausend Jahren“ aus<br />
den Universitäten vertreiben.<br />
Diese Bewegungen legten<br />
den Grundstein dafür, dass nach<br />
an<strong>der</strong>thalb Jahrzehnten CDU-<br />
Herrschaft und nach dem Ende<br />
einer drei Jahre lang regierenden<br />
großen Koalition von CDU/<br />
CSU und SPD 1969 die erste<br />
sozial-liberale Koalition von SPD<br />
und FDP gebildet wurde. Willy<br />
Brandt wurde zum Bundeskanzler<br />
gewählt. Das Motto seiner<br />
Regierungserklärung: „Mehr<br />
Demokratie wagen !“<br />
Die 70er Jahre<br />
Die sozialen Bewegungen vom<br />
Ende <strong>der</strong> 60er Jahre wirkten<br />
in den 70er Jahren fort. Viele<br />
Menschen politisierten und engagierten<br />
sich. Vor allem auch<br />
junge Leute und <strong>Frauen</strong> traten<br />
an, das verknöcherte Gesellschaftssystem<br />
zu verän<strong>der</strong>n. Es<br />
entstand eine neue <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
( siehe unten ).<br />
Die sozial-liberale Koalition<br />
setzte eine Reihe sozialer<br />
Reformen ins Werk, in denen<br />
sich auch die sozialpolitischen<br />
For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gewerkschafterinnen<br />
wie<strong>der</strong>fanden: die<br />
Neugestaltung des Ehe- und<br />
Familien- und des Nichtehelichenrechts,<br />
die Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Krankenversicherung<br />
mit <strong>der</strong> Freistellung zur Pfl ege<br />
erkrankter Familienangehöriger<br />
und dem Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen,<br />
die Einführung<br />
des Mutterschaftsurlaubs<br />
und des Mutterschaftsgeldes.<br />
All diese Themen fanden sich<br />
durchgängig in den Anträgen<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>konferenzen <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> in den 60er und 70er<br />
Jahren wie<strong>der</strong>.<br />
88 89<br />
Mit dem Mutterschutzgesetz<br />
von 1965 wurde die<br />
Schutzfrist nach <strong>der</strong> Entbindung<br />
auf acht Wochen verlängert<br />
und ein Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen<br />
während <strong>der</strong><br />
Schwangerschaft begründet.<br />
1971 wurde <strong>der</strong> Mutterschaftsurlaub<br />
mit Mutterschaftsgeld<br />
und Kündigungsschutz bis zwei<br />
Monate nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs<br />
eingeführt.<br />
Das bedeutete Verbesserungen,<br />
die die Gewerkschaften schon<br />
seit vielen Jahren gefor<strong>der</strong>t<br />
hatten.<br />
Mit <strong>der</strong> Reform des Namensrechts<br />
1976 und <strong>der</strong> Reform des<br />
Ehe- und Familienrechts 1977<br />
wurde das tradierte Leitbild <strong>der</strong><br />
Hausfrauenehe im Bürgerlichen<br />
Recht endlich weitgehend aufgegeben.<br />
Nun hatten beide EhepartnerInnen<br />
das gleiche Recht<br />
erwerbstätig zu sein. Sie teilten<br />
sich die Verantwortung für die<br />
Haushaltsführung. Zerrüttungsprinzip<br />
und Versorgungsausgleich<br />
lösten das antiquierte<br />
Schuldprinzip im Scheidungsrecht<br />
ab.<br />
Auch in die Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
und parlamentarischen<br />
Initiativen zur Neuregelung des<br />
Abtreibungs-Paragrafen 218<br />
StGB mischten sich die Gewerkschaften<br />
ein. Bereits 1971 for<strong>der</strong>te<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaftstag <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die Straffreiheit des<br />
Schwangerschaftsabbruchs. Die<br />
Mitglie<strong>der</strong> wurden zu einer Unterschriftenaktion<br />
zur Unterstützung<br />
<strong>der</strong> Fristenregelung aufgerufen,<br />
die mehr als 125.000 Unterschriften<br />
einbrachte. Die vom<br />
Bundestag im April 1974 verabschiedete<br />
»Fristenregelung« billigte<br />
<strong>der</strong> Frau in den ersten drei<br />
Monaten <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />
zu, über einen Abbruch selbst zu<br />
entscheiden. Jedoch verwarf das<br />
Bundesverfassungsgericht diese<br />
Reform ein Jahr später als nicht<br />
verfassungsgemäß. Mit einem<br />
neuen Gesetz wurde schließlich<br />
die Indikationenregelung eingeführt,<br />
die einen Schwangerschaftsabbruch<br />
in bestimmten<br />
eng umrissenen Fällen zuließ.<br />
Zur Gleichstellung <strong>der</strong> Frau<br />
gehören gleiche Bildungs- und<br />
Ausbildungschancen für Mäd-<br />
Reformen im Familienrecht<br />
und Neue<br />
<strong>Frauen</strong>bewegung
GTB-Broschüre, 1972<br />
chen wie für Jungen. Als Folge<br />
<strong>der</strong> Bildungsreformen nahm ab<br />
Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre die Zahl<br />
<strong>der</strong> Mädchen, die einen Beruf<br />
erlernten, kontinuierlich zu.<br />
Allerdings konzentrierte sich<br />
die Mehrzahl auf relativ wenige,<br />
meist schlecht bezahlte, frauentypische<br />
Berufe im Dienstleistungssektor,<br />
wie Arzthelferin,<br />
Friseurin, Näherin, Kauffrau<br />
o<strong>der</strong> Verkäuferin. Seit den 60er<br />
Jahren gehörte es zu den Kernanliegen<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, die Ausbildung <strong>der</strong><br />
Mädchen in gewerblich technischen<br />
Berufen zu för<strong>der</strong>n. Die<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> plädierte für einheitliche<br />
Lehrpläne für Jungen und<br />
Mädchen. Jungen sollten am<br />
Hauswirtschaftsunterricht teilnehmen,<br />
Mädchen am Werkunterricht.<br />
Anlernberufe, in denen<br />
Mädchen eine Kurzausbildung<br />
absolvierten, sollten zu regu-<br />
lären dreijährige Ausbildungen<br />
aufgewertet werden. Anke<br />
Fuchs, bis April 1977 Mitglied im<br />
geschäftsführenden Vorstand<br />
<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, pries Schweden<br />
als Vorbild. Dort erhielten Betriebe<br />
Zuschüsse, wenn sie <strong>Frauen</strong><br />
in typischen Männerberufen<br />
und Männer in typischen <strong>Frauen</strong>berufen<br />
ausbildeten.<br />
Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre beendete<br />
eine schwere Wirtschaftskrise<br />
die Jahre <strong>der</strong> Vollbeschäftigung<br />
o<strong>der</strong> doch Beinahe-Vollbeschäftigung<br />
in <strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />
1975 waren über eine Million<br />
Menschen arbeitslos, darunter<br />
über 400.000 <strong>Frauen</strong>. Seit diesem<br />
Zeitpunkt ist es nie mehr<br />
gelungen, den sich weiter vergrößernden<br />
Sockel an Arbeitslosigkeit<br />
zu beseitigen.<br />
In <strong>der</strong> Wirtschaftskrise <strong>der</strong><br />
70er Jahre verschlechterten sich<br />
auch die gesellschaftlichen Rah-<br />
90 91<br />
menbedingungen für gewerkschaftliche<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit. In dieser<br />
Situation veröffentlichte <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>ausschuss <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
1978 »Zwölf Thesen«, eine Art<br />
politisches Grundsatzprogramm.<br />
Mit diesem Programm knüpften<br />
die Gewerkschafterinnen an<br />
die politischen Grundlagen <strong>der</strong><br />
proletarischen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
<strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende an. Diese<br />
hatte ihren Kampf um die Emanzipation<br />
<strong>der</strong> Frau mit einer präzisen<br />
Analyse <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
und wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse verbunden.<br />
In <strong>der</strong> Wirtschaftskrise<br />
zeigte sich recht schnell, dass<br />
weibliche Erwerbsarbeit noch<br />
immer nicht selbstverständlich<br />
war, <strong>Frauen</strong> wurden weiterhin<br />
als arbeitsmarktpolitische Verschiebemasse<br />
missbraucht,<br />
Wirtschaft und Politik unternehmen<br />
einmal mehr den Versuch,<br />
<strong>Frauen</strong> in »Männerberufen«
Die 80er Jahre<br />
das Problem <strong>der</strong> Massenarbeits- Einige Aspekte waren für<br />
Das Jahr 1982 brachte einen<br />
losigkeit zu ihren Lasten zu lö- die <strong>Frauen</strong> an den Bän<strong>der</strong>n und<br />
Regierungswechsel und damit<br />
sen. Die Frau als »Doppelverdie- Maschinen beson<strong>der</strong>s wichtig.<br />
die 16 Jahre währende Ära Kohl.<br />
nerin« saß plötzlich wie<strong>der</strong> auf Die »einfache« und »leichte«<br />
Die Arbeitslosenzahlen stiegen<br />
<strong>der</strong> Anklagebank.<br />
Arbeit, die man ihnen zuwies,<br />
und die Beschäftigten in <strong>der</strong><br />
Gleichzeitig geschah Mitte war vielfach das letzte Stadium<br />
<strong>Metall</strong>industrie streikten für die<br />
<strong>der</strong> 70er Jahre einiges auf euro- vor <strong>der</strong> Automation. Die Arbeits-<br />
35-Stundenwoche. Die 80er Jahpäischer<br />
Ebene. Der Ministerrat abläufe waren so zerhackt und<br />
re standen aber auch im Zeichen<br />
<strong>der</strong> damaligen Europäischen zerglie<strong>der</strong>t, dass die Gefahr<br />
des <strong>Frauen</strong>aufbruchs.<br />
Wirtschaftsgemeinschaft bestand, diese Arbeitsplätze in<br />
Die Kampagne <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
beschloss einstimmig zwei einer weiteren Welle <strong>der</strong> Mecha-<br />
für die 35-Stunden-Woche<br />
wichtige Richtlinien, eine zur nisierung wegzurationalisieren.<br />
verfolgte schwerpunktmäßig<br />
Lohngleichheit und eine zur Bedeutsam war daher die Forde-<br />
das Ziel, durch Arbeitszeitver-<br />
Gleichheit beim Zugang zu rung nach Mindestarbeitsinhalkürzung<br />
die Arbeitslosigkeit zu<br />
Beschäftigung, Weiterbildung, ten. Die Gewerkschaften sahen<br />
verringern. Neben den beschäf-<br />
berufl ichem Aufstieg sowie sich durch ein 1975 im Auftrag<br />
tigungs- und humanisierungs-<br />
Arbeitsbedingungen. Diese <strong>der</strong> Bundesregierung erstellpolitischen<br />
Zielen, ging es den<br />
Richtlinien sind seither wichtige tes arbeitswissenschaftliches<br />
<strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> auch dar-<br />
Grundlagen zur Durchsetzung Gutachten in ihrer Auffassung<br />
um, Lebenschancen gerechter<br />
gleichstellungspolitischer For- bestätigt. Es besagte Folgen-<br />
zu verteilen. Trotz steigen<strong>der</strong><br />
Ein wichtiges Ziel: Humanisierung <strong>der</strong> Arbeitswelt <strong>der</strong>ungen.des:<br />
Um auf Dauer erträglich zu<br />
Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> Die 35 Stunden-Woche: für <strong>Frauen</strong> auch eine Möglichkeit zur gerechteren Verteilung von Lebenschancen<br />
Die »Humanisierung <strong>der</strong> Ar- sein, müsse Arbeit aus einem<br />
hatte sich an <strong>der</strong> gesellschaftbeitswelt«<br />
war in den 70er Jah- Mindestmaß an Handgriffen<br />
lichen Arbeitsteilung zwischen<br />
ren ein wichtiges gewerkschaft- bestehen, die zusammen mehr<br />
den Geschlechtern kaum etwas<br />
liches Ziel. Auch die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> als eine Minute Zeit erfor<strong>der</strong>ten.<br />
verän<strong>der</strong>t. Die Doppelbelastung<br />
initiierte und begleitete viele Außerdem müsse jede Arbeit ein<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> durch Erwerbstä-<br />
Projekte – betrieblich und über- Mindestmaß an Entscheidungstigkeit<br />
einerseits, »Küche und<br />
betrieblich.freiheit<br />
und Kontrolle enthalten.<br />
Kin<strong>der</strong>« an<strong>der</strong>erseits bestand<br />
92 93
DGB-<br />
<strong>Frauen</strong>kundgebung<br />
Bonn 1983: <strong>Frauen</strong><br />
protestieren gegen<br />
sozialen Abbau<br />
noch immer. Viele Mütter kleiner<br />
Kin<strong>der</strong> waren ( und sind weiterhin<br />
) dazu gezwungen, nur<br />
Teilzeit zu arbeiten, auch wenn<br />
sie eigentlich eine Vollzeitstelle<br />
haben wollen. Viele wurden in<br />
ungesicherte – geringfügige<br />
– Beschäftigungsverhältnisse<br />
gedrängt. Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre<br />
war jede dritte erwerbstätige<br />
Frau teilzeitbeschäftigt.<br />
Darüber hinaus ging es in<br />
<strong>der</strong> gewerkschaftlichen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
um die soziale Sicherung<br />
<strong>der</strong> Frau, um Aus- und Weiterbildungsfragen,<br />
Altersversorgung<br />
und die Bekämpfung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit.<br />
Gefor<strong>der</strong>t wurden<br />
auch Gleichstellungsstellen,<br />
<strong>Frauen</strong>beauftragte und gezielte<br />
<strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>ung. Seit Mitte <strong>der</strong><br />
80er Jahre initiierten Kolleginnen<br />
<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> <strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>pläne<br />
sowohl in den Betrieben<br />
als auch in den Glie<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaft, um Diskriminierungen<br />
abzubauen und die<br />
gleichberechtigte Teilhabe <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> zu erreichen.<br />
Gegen den Willen <strong>der</strong> DGB-<br />
Spitze belebten Gewerkschafts-<br />
frauen in den 80er Jahren den<br />
Internationale <strong>Frauen</strong>tag neu<br />
und feierten ihn seither jedes<br />
Jahr. Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> verband den<br />
8. März mit aktuellen, frauenpolitisch<br />
wichtigen Themenschwerpunkten:<br />
Lohngleichheit ( 1981 ),<br />
Sozialaufbau ( 1982 ), Mitbestimmung<br />
und Dienst von <strong>Frauen</strong><br />
in <strong>der</strong> Bundeswehr ( 1983 ), Arbeitszeitverkürzung<br />
( 1984 ) und<br />
Arbeitslosigkeit ( 1985 ).<br />
1986 führte die Bundesregierung<br />
den Erziehungsurlaub<br />
und das Erziehungsgeld für<br />
Mütter und Väter ein, die ihr<br />
neugeborenes Kind selbst betreuen.<br />
Erziehungsgeld gab es<br />
zunächst zehn Monate lang, ab<br />
94 95<br />
1990 dann 18 Monate lang. Seit<br />
1992 bestehen <strong>der</strong> Anspruch<br />
auf Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub<br />
(seit 2001: Elternzeit)<br />
unabhängig voneinan<strong>der</strong>.<br />
Erziehungsgeld wurde ab diesem<br />
Zeitpunkt 24 Monate lang<br />
gezahlt. Väter o<strong>der</strong> Mütter im<br />
Erziehungsurlaub konnten bis<br />
zu 19 Stunden pro Woche arbeiten.<br />
Die Reform des Erziehungsgeldgesetzes<br />
2001 eröffnete<br />
beiden Eltern die Möglichkeit,<br />
gleichzeitig Elternzeit ( wie <strong>der</strong><br />
Erziehungsurlaub nun hieß ) zu<br />
nehmen und bis zu 30 Stunden<br />
pro Woche erwerbstätig zu sein.<br />
An frauenspezifi schen Fragen<br />
des Arbeitsschutzes arbei-<br />
teten <strong>Metall</strong>erinnen auch in den<br />
80er Jahren. Zu den traditionellen<br />
Problemen des Arbeitsschutzes<br />
gehörten unter an<strong>der</strong>em<br />
Lärmbelästigung, Luftverschmutzung<br />
und die Raumtemperatur.<br />
Eine wachsende Rolle spielten<br />
auch ergonomische Gesichtspunkte,<br />
wie richtiges Sitzen und<br />
richtiges Licht. Dass viele Betriebe<br />
die Vorschriften missachten,<br />
zeigte 1980 eine Aktion mehrerer<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Verwaltungsstellen in<br />
Baden-Württemberg unter dem<br />
Moto »<strong>Frauen</strong> sind nicht zweite<br />
Klasse«. Häufi g übertreten wurden<br />
zum Beispiel die Vorschriften<br />
für <strong>Frauen</strong> zum Heben und<br />
Tragen.<br />
„Wi<strong>der</strong>stand jetzt“<br />
DGB-Kundgebung<br />
gegen sozialen<br />
Abbau,<br />
Frankfurt/M. 1982
Kroschu-Kolleginnen vor Beginn <strong>der</strong> Verhandlung vor dem Bochumer Arbeitsgericht, 1983<br />
In den 70er und 80er Jahren<br />
initiierten die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
und an<strong>der</strong>e Gewerkschaften<br />
Höhergruppierungsaktionen.<br />
Sie wandten sich gegen die<br />
Klassifi zierung »körperlich<br />
leichte Arbeit« an vielen <strong>Frauen</strong>arbeitsplätzen<br />
und for<strong>der</strong>ten<br />
die Abschaffung <strong>der</strong> Leichtlohngruppen<br />
als ungerechtfertigt<br />
und diskriminierend. Beispielsweise<br />
erstritten 14 Arbeiterinnen<br />
des Elektromotorenwerks<br />
Groschopp in Viersen vor Gericht<br />
ihre Höhergruppierung aus<br />
<strong>der</strong> Leichtlohngruppe 2 in die<br />
Gruppe 4 des nordrhein-westfälischen<br />
Tarifvertrags. Das Arbeitsgericht<br />
Mönchengladbach<br />
befand, dass das Drähtelöten,<br />
mit dem die <strong>Frauen</strong> beschäftigt<br />
waren, mehr als nur geringe<br />
körperliche Belastung sei. 1988<br />
verbot das Bundesarbeitsgericht<br />
die Leichtlohngruppen endlich<br />
als »mittelbar diskriminierend«.<br />
Auch hier hatten <strong>Metall</strong>erinnen<br />
geklagt, die in einer Wittener<br />
Kabelfi rma arbeiteten und eine<br />
gerechtere Eingruppierung<br />
einfor<strong>der</strong>ten. Seit diesem Urteil<br />
96 97<br />
Solidartitätsdemonstration für die Thyssen-Koleginnen vor dem Landesarbeitsgericht in Frankfurt 1981<br />
wird unter körperlich schwerer<br />
Arbeit auch solche Arbeit<br />
verstanden, die stehende Tätigkeiten,<br />
eine taktgebundene,<br />
repetitive Arbeit, nervliche Belastungen<br />
o<strong>der</strong> Lärmbelastung<br />
beinhaltet o<strong>der</strong> zu einer bestimmten<br />
Körperhaltung zwingt<br />
– Anfor<strong>der</strong>ungen an vielen<br />
Arbeitsplätzen von <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />
<strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie.
Internationaler<br />
<strong>Frauen</strong>tag 1994<br />
Die 90er Jahre<br />
Der Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre brachte<br />
die deutsche Wie<strong>der</strong>vereinigung.<br />
In <strong>der</strong> Folge verloren in<br />
den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n Männer<br />
wie <strong>Frauen</strong> ihren Arbeitsplatz.<br />
Doch Männer fanden eher<br />
eine neue Stelle. Die Erwerbslosigkeit<br />
<strong>der</strong> ostdeutschen <strong>Frauen</strong><br />
nahm dramatisches Ausmaß an.<br />
Mit dem Zusammenbruch<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft und <strong>der</strong> damit<br />
verbundenen anhaltenden<br />
Massenarbeitslosigkeit ging<br />
für die <strong>Frauen</strong> in den neuen<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n die Zeit hoher<br />
Erwerbstätigkeit zu Ende. In<br />
<strong>der</strong> ehemaligen DDR war es für<br />
jede Frau selbstverständlich, für<br />
den eigenen Lebensunterhalt zu<br />
sorgen und auf eine öffentliche<br />
Infrastruktur zur Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf zurückzugreifen.<br />
In <strong>der</strong> DDR waren<br />
87 Prozent aller berufstätigen<br />
<strong>Frauen</strong> Facharbeiterinnen o<strong>der</strong><br />
hatten eine höhere berufl iche<br />
Ausbildung. Die Massenarbeitslosigkeit<br />
traf die <strong>Frauen</strong> im Osten<br />
trotz gleicher Qualifi kation<br />
wie ihre männlichen Kollegen<br />
doppelt. Sie wurden als erste<br />
98 99<br />
entlassen und fanden als letzte<br />
einen neuen Job o<strong>der</strong> ergatterten<br />
eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.<br />
Während im Westen<br />
die <strong>Frauen</strong>erwerbsquote von<br />
1989 bis 1992 von 55,5 Prozent<br />
auf 59,5 Prozent gestiegen ist,<br />
sank sie im Osten Deutschlands<br />
von 91 Prozent ( 1989 ) auf 47,8<br />
Prozent.<br />
Parallel zu dieser Entwicklung<br />
erlebte die Bundesrepublik<br />
die schlimmste Wirtschaftskrise<br />
<strong>der</strong> Nachkriegszeit. Mehr als<br />
vier Millionen Menschen waren<br />
auf dem Höhepunkt dieser Krise,<br />
im Februar 1994, arbeitslos<br />
gemeldet. 1983 hatten über<br />
eine Million <strong>Frauen</strong> keine Arbeit,<br />
1999 schon fast zwei Millionen.<br />
Ihre allgemeine Arbeitslosenquote<br />
lag immer über <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Männer. In <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>wirtschaft<br />
war das jedoch etwas an<strong>der</strong>s.<br />
Dort lag <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> an<br />
den Arbeitslosen <strong>der</strong> Branche<br />
mit 19 bis 20 Prozent unter <strong>der</strong><br />
allgemeinen Quote. Indes stieg<br />
<strong>der</strong> branchenspezifi sche Anteil<br />
<strong>der</strong> arbeitslosen <strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong><br />
Textil- und Bekleidungswirt-<br />
schaft auf nahezu 90 Prozent.<br />
Die Arbeitslosigkeit ließ<br />
auch bei <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die Mitglie<strong>der</strong>zahlen<br />
sinken. Die Gewerkschaft<br />
verlor bis 1994 über<br />
120.000 weibliche Mitglie<strong>der</strong>,<br />
rund 86.000 im Osten und rund<br />
35.000 im Westen.<br />
Im Verlaufe <strong>der</strong> Krise gewannen<br />
in <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit Konzepte für eine<br />
geschlechtergerechte Wirtschafts-<br />
und Strukturpolitik an<br />
Bedeutung. Das Arbeits- und<br />
Aktionsprogramm »<strong>Frauen</strong> für<br />
die 35« fl ankierte die Tarifrunde<br />
1990. Das Arbeitszeitforum <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1990 in Frankfurt mit<br />
350 Teilnehmerinnen unter dem<br />
Motto »Wir streiten für bessere<br />
Zeiten« bildete einen Schwerpunkt<br />
<strong>der</strong> Aktionen. In den<br />
meisten Tarifgebieten wurde<br />
Teilzeitarbeit auf Arbeitszeiten<br />
oberhalb <strong>der</strong> Sozialversicherungspfl<br />
ichtgrenze beschränkt.<br />
In den 80er Jahren hatte sich die<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> noch zum Ziel gesetzt,<br />
Teilzeit einzuschränken. In den<br />
90er Jahren traten unter dem<br />
Druck <strong>der</strong> hohen Arbeitslosig-<br />
Einbruch <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>erwerbsquote<br />
in den<br />
neuen Bundeslän<strong>der</strong>n
Gudrun Hamacher<br />
spricht auf dem<br />
Arbeitszeitforum<br />
<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 1990<br />
in Frankfurt<br />
Ursula Ibler (l.)<br />
und Karin Roth (r.)<br />
auf dem Arbeits-<br />
zeitforum<br />
keit die Durchsetzung bedürfnisorientierter<br />
Teilzeitregelungen<br />
und qualifi zierter Teilzeit in den<br />
Vor<strong>der</strong>grund. 1999 wie schon<br />
1984 stand die Arbeitszeit für<br />
die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-<strong>Frauen</strong> auch im<br />
Mittelpunkt des internationalen<br />
<strong>Frauen</strong>tages.<br />
Nach einem Beschluss des<br />
18. Gewerkschaftstages 1995<br />
wurde eine »Muss-Quote« im<br />
Ortstatut <strong>der</strong> Verwaltungsstellen<br />
verankert. <strong>Frauen</strong> sollen dort<br />
entsprechend ihrem Anteil an<br />
<strong>der</strong> Mitgliedschaft in den Gremien<br />
mitarbeiten. In <strong>der</strong> Folge<br />
wurden 16,9 Prozent <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />
in die Vertreterversammlungen<br />
und in die Ortsverwaltungen<br />
gewählt ( 1990: 10,4 Prozent ).<br />
1999 wurde die <strong>Frauen</strong>quote<br />
auch in <strong>der</strong> Organisationssatzung<br />
verankert. Bereits im Jahr<br />
2000 wurde sie bei den Organisationswahlen<br />
erfüllt. Bei<br />
den Betriebsratswahlen schlug<br />
sich die mit <strong>der</strong> Reform des<br />
100 101<br />
Betriebsverfassungsgesetzes<br />
neu eingeführte Mindestquote<br />
für das Min<strong>der</strong>heitengeschlecht<br />
ebenfalls positiv nie<strong>der</strong>. Davor<br />
war <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>anteil in den<br />
Beschäftigtenvertretungen von<br />
Wahl zu Wahl nur um wenige<br />
Zehntel Prozentpunkte gestiegen.<br />
Bei <strong>der</strong> ersten Wahl nach<br />
neuem Recht 2002 stieg <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>anteil in den Betriebsräten<br />
sprunghaft um über vier<br />
Prozentpunkte.<br />
1995 riefen Arbeitgeber,<br />
<strong>der</strong> DGB, Wirtschaftsverbände<br />
und das Bundesministerium für<br />
Familie, Senioren, <strong>Frauen</strong> und<br />
Jugend die Initiative »TOTAL<br />
E-QUALITY Deutschland« ins<br />
Leben. Die Initiative zeichnet<br />
Unternehmen aus, die Chancengleichheit<br />
als Grundsatz ihrer<br />
Personalpolitik praktizieren.<br />
Qualität soll mit Chancengleichheit<br />
verbunden werden. Ziel ist<br />
es, Firmen zu motivieren, ihre<br />
Management-Konzepte gezielt<br />
auch auf den weiblichen Teil<br />
<strong>der</strong> Belegschaft auszurichten.<br />
1994 verabschiedete <strong>der</strong><br />
Bundestag das Zweite Gleichberechtigungsgesetz.<br />
Es galt<br />
jedoch nur für den öffentlichen<br />
Dienst, den in <strong>der</strong> privaten<br />
Wirtschaft beschäftigten <strong>Frauen</strong><br />
brachte es gar nichts. Hier sind<br />
die weiblichen Beschäftigten<br />
weiterhin auf eigene Initiativen<br />
angewiesen. Chancengleichheitsausschüsse<br />
<strong>der</strong> Betriebsräte<br />
setzen sich – vor allem in<br />
größeren Betrieben – für Betriebsvereinbarungen<br />
zur Chancengleichheit<br />
ein. Ein wesentlicher<br />
Erfolgsfaktor sind dabei<br />
<strong>Netzwerk</strong>e, die den direkten<br />
Austausch <strong>der</strong> Akteurinnen über<br />
Erfahrungen, Methoden, Strategien<br />
und gute Praxis för<strong>der</strong>n. Im<br />
Organisationsbereich <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
wurden zahlreiche <strong>Netzwerk</strong>e<br />
in größeren Betrieen brachte es<br />
gar nichts. Hier sind die weiblichen<br />
Beschäftigten weiterhin auf<br />
Quoten<br />
für <strong>Frauen</strong>
Mitglie<strong>der</strong>struktur <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, <strong>der</strong> GTB und <strong>der</strong> GHK vor ihrer Fusion<br />
17,1%<br />
16,7<br />
%<br />
<strong>IG</strong>M:<br />
2.639.594 Mitglie<strong>der</strong><br />
davon 450.182 weiblich<br />
59,6 %<br />
* Hochrechnung. 1998 wurden keine Daten erhoben. Letzte Datenerhebung für den<br />
Wirtschafts- und Tätigkeitsbericht <strong>der</strong> GHK 1996/ 1997.<br />
GHK *:<br />
150.000 Mitglie<strong>der</strong><br />
davon 25.000 weiblich<br />
GTB:<br />
183.349 Mitglie<strong>der</strong><br />
davon 107.717 weiblich<br />
eigene Initiativen angewiesen.<br />
Chancengleichheitsausschüsse<br />
<strong>der</strong> Betriebsräte setzen sich – vor<br />
allem in größeren Betrieben<br />
– für Betriebsvereinbarungen zur<br />
Chancengleichheit ein. Ein wesentlicher<br />
Erfolgsfaktor sind dabei<br />
<strong>Netzwerk</strong>e, die den direkten<br />
Austausch <strong>der</strong> Akteurinnen über<br />
Erfahrungen, Methoden, Strategien<br />
und gute Praxis för<strong>der</strong>n. Im<br />
Organisationsbereich <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
wurden zahlreiche <strong>Netzwerk</strong>e<br />
in größeren Betrieben, aber auch<br />
überbetrieblich gegründet.<br />
Ende <strong>der</strong> 90er Jahre schlossen<br />
sich zwei kleinere Gewerk-<br />
102 103<br />
schaften, die Gewerkschaft Textil<br />
und Bekleidung ( 1998 ) sowie die<br />
Gewerkschaft Holz und Kunststoff<br />
( 1999 ) <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> an.<br />
Beide Gewerkschaften,<br />
Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre des<br />
19. Jahrhun<strong>der</strong>ts gegründet,<br />
haben eine lange kämpferische<br />
Tradition. Die Gewerkschaft<br />
Textil Bekleidung verfügt mit<br />
ihrem um die 60 Prozent liegenden<br />
<strong>Frauen</strong>anteil obendrein<br />
über einen reichen Schatz an<br />
Erfahrungen in <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit.<br />
Der Anteil <strong>der</strong> weiblichen<br />
Mitglie<strong>der</strong> entsprach hier auch<br />
über einen längeren Zeitraum im<br />
Wesentlichen dem <strong>Frauen</strong>anteil<br />
von 60 Prozent in <strong>der</strong> Textil- und<br />
Bekleidungswirtschaft sowie im<br />
textilen Reinigungsgewerbe. Der<br />
Rückgang <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>zahl <strong>der</strong><br />
GTB von rund 431.000 im Jahr<br />
1952 auf dem Höhepunkt ihrer<br />
Nachkriegsentwicklung auf etwa<br />
183.000 im Jahr 1997 spiegelt<br />
das Schrumpfen <strong>der</strong> westdeutschen<br />
Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
wie<strong>der</strong>.<br />
Zusammenschluss<br />
von GTB, GHK und<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>
Kirsten Rölke<br />
spricht auf dem<br />
<strong>Frauen</strong>tag <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> 2004<br />
2001 zählte die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> rund<br />
509.000 weibliche Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Fast jedes fünfte Mitglied ist<br />
eine Frau. Der gewerkschaftliche<br />
Organisationsgrad <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>-<br />
<strong>Frauen</strong> liegt damit noch immer<br />
unter ihrem Anteil an den Beschäftigten.<br />
Das im Juli 2001 in Kraft<br />
getretene novellierte Betriebsverfassungsgesetz<br />
hat die<br />
Möglichkeiten für Initiativen <strong>der</strong><br />
Betriebsräte zur Chancengleichheit<br />
erheblich verbessert. Vorgaben<br />
zur Mindestvertretung <strong>der</strong><br />
Geschlechter im Betriebsrat wie<br />
auch <strong>der</strong> Jugend- und Auszubildendenvertretung<br />
( »Mindestquote«<br />
), eine Soll-Vorschrift für<br />
den Gesamt- und den Konzernbetriebsrat,<br />
Freizeitausgleich<br />
für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglie<strong>der</strong><br />
und Teilfreistellungen<br />
erleichtern es <strong>Frauen</strong>,<br />
im Betriebsrat mitzuarbeiten.<br />
Zugleich erhält <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
mehr Rechte, um für Chancengleichheit<br />
aktiv zu werden.<br />
Am 26. April 2001 fand erstmals<br />
bundesweit <strong>der</strong> Girls‘ Day,<br />
<strong>der</strong> Mädchen-Zukunftstag,<br />
104 105<br />
Die ersten Jahre des neuen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
statt. An diesem Tag erhielten<br />
Mädchen im Alter von 10 bis 15<br />
Jahren die Gelegenheit, in Betrieben<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
technische und techniknahe<br />
Berufe kennen zu lernen.<br />
Initiiert und getragen wurde die<br />
Initiative von mehreren Bundesministerien,<br />
<strong>der</strong> Bundesanstalt<br />
für Arbeit, <strong>der</strong> Bundesvereinigung<br />
<strong>der</strong> Deutschen Arbeitgeberverbände<br />
und vom DGB.<br />
Die Arbeitszeitpolitik ist<br />
neben <strong>der</strong> Entgeltpolitik weiterhin<br />
ein Dreh- und Angelpunkt<br />
gewerkschaftlicher Gleichstellungspolitik.<br />
Im Jahr 2001 diskutierten<br />
<strong>Metall</strong>erinnen in einem<br />
zweitägigen bundesweiten<br />
Workshop die Themen kollektive<br />
Arbeitszeitverkürzung, Teilzeitarbeit<br />
und Arbeitszeitkonten.<br />
Die Ergebnisse wurden in einem<br />
Positionspapier unter dem Titel:<br />
»Zeit zum Arbeiten, Zeit zum<br />
Leben – für <strong>Frauen</strong> und Männer«<br />
veröffentlicht.<br />
Mit den ersten abgeschlossenenEntgeltrahmentarifverträgen<br />
(»ERA« ) beginnt eine neue<br />
Ära <strong>der</strong> Tarifpolitik. Verän<strong>der</strong>te<br />
Arbeitsbedingungen erzwangen<br />
verän<strong>der</strong>te Entgeltstrukturen<br />
und neue Bewertungskriterien.<br />
Die neuen Entgeltrahmenabkommen<br />
bieten Chancen für<br />
eine gerechtere Eingruppierung<br />
bei<strong>der</strong> Geschlechter. Wie diese<br />
Chancen genutzt werden,<br />
entscheidet sich auch bei <strong>der</strong><br />
betrieblichen Umsetzung <strong>der</strong><br />
neuen Rahmenregelungen.<br />
Im Oktober 2003 wurde<br />
beim Gewerkschaftstag <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die Chancengleichheit<br />
von <strong>Frauen</strong> und Männern als ein<br />
„wichtiges Zukunftsthema – in<br />
Gesellschaft, Arbeitswelt und<br />
für die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> ... mit dem Ziel<br />
<strong>der</strong> wirklichen Gleichstellung <strong>der</strong><br />
Geschlechter“ beschlossen. In<br />
Anlehnung an die Strategie <strong>der</strong><br />
EU betrachtet die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> die<br />
Doppelstrategie von <strong>Frauen</strong>politik<br />
und Gen<strong>der</strong> Mainstreaming<br />
als notwendiges Mittel, dieses<br />
Ziel zu erreichen. Es geht nicht<br />
darum, mit einem rein formal verordneten<br />
und absolvierten Gen<strong>der</strong><br />
Mainstreaming die bisherige<br />
<strong>Frauen</strong>politik auszubremsen.<br />
Beide Ansätze sollen einan<strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong> noch im-<br />
mer schwächer<br />
organisiert als<br />
Männer<br />
Neue »ERA« in <strong>der</strong><br />
Tarifpolitik
Gen<strong>der</strong> Main-<br />
streaming<br />
ergänzend und verstärkend eingesetzt<br />
werden. Die Doppelstrategie<br />
dient dem Ziel, <strong>Frauen</strong> und<br />
Männern gleiche Chancen auf<br />
eine selbstbestimmte Gestaltung<br />
eigener Lebensentwürfe jenseits<br />
klassischer Geschlechterrollen<br />
zu ermöglichen. Mit diesem Beschluss<br />
bekennen sich die männlichen<br />
<strong>Metall</strong>er stärker als bisher<br />
zu ihrer Verantwortung, Chancengleichheit<br />
auch im eigenen<br />
Wirkungsbereich umzusetzen!<br />
Sogenannte »Reformen«<br />
des neuen Jahrhun<strong>der</strong>ts machen<br />
sozialpolitische Erfolge <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
zunichte. Politische<br />
Entscheidungen wie die Agenda<br />
2010 und die Hartz-Gesetze verschärfen<br />
vor allem die Situation<br />
von <strong>Frauen</strong>.<br />
Entgegen allen Erklärungen<br />
und entgegen den Leitlinien<br />
europäischer Beschäftigungspolitik<br />
denkt die Bundesregierung<br />
überhaupt nicht daran, ernsthaft<br />
Gen<strong>der</strong> Mainstreaming in die<br />
deutsche Politik zu integrieren<br />
und Chancengleichheit für <strong>Frauen</strong><br />
und Männer durchzusetzen.<br />
Die beschlossenen und geplanten<br />
Reformen verschlechtern<br />
überwiegend die Situation von<br />
<strong>Frauen</strong>. Gespart wird in vielen<br />
Fel<strong>der</strong>n zu Lasten <strong>der</strong> weiblichen<br />
Hälfte <strong>der</strong> Bevölkerung!<br />
106 107<br />
„Sozialer Kahlschlag schafft keine Arbeitsplätze - Reformen ja. Sozialabbau nein danke.“<br />
DGB-Kundgebung 2004: Kornmarkt, Nürnberg
Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
108 109<br />
1968 - 1975<br />
ben!“ Tausende von <strong>Frauen</strong> und<br />
versuchen zu einer eigenen<br />
auch viele Männer solidarisier- Weiblichkeit zu fi nden. Schwes-<br />
Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung ten sich. Unter <strong>der</strong> Parole „Mein terlichkeit, Zärtlichkeit unter<br />
entstand im Rahmen <strong>der</strong> Stu- Bauch gehört mir!“ entstanden<br />
<strong>Frauen</strong> und Solidarität sind<br />
dentenbewegung von 1967/68. überall <strong>Frauen</strong>gruppen.<br />
wichtige Werte. <strong>Frauen</strong> wollen<br />
Bei einer Konferenz des Sozia- Die Neue <strong>Frauen</strong>bewegung sich untereinan<strong>der</strong> helfen und<br />
listischen Deutschen Studen- stand insofern in <strong>der</strong> Tradition unterstützen – ohne Männer. In<br />
tenbundes ( SDS ) im September <strong>der</strong> bürgerlichen <strong>Frauen</strong>bewe- Selbsterfahrungsgruppen refl ek-<br />
1968 in Frankfurt kritisierten gungen, als sie <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung tieren <strong>Frauen</strong> ihre persönliche<br />
einige Studentinnen, dass ihre <strong>der</strong> Geschlechterverhältnisse im Entwicklung und Situation, ihre<br />
Kommilitonen in ihrer angeblich Rahmen <strong>der</strong> bestehenden Ge- Bedürfnisse und Ängste.<br />
so radikalen Kritik <strong>der</strong> gesellsellschaftsordnung absolute Prischaftlichen<br />
Zustände, das orität einräumte. Es entstanden 1975 - 1980<br />
private Ausbeutungsverhältnis, Selbsterfahrungsgruppen, Frau-<br />
die Unterdrückung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>, encafes, <strong>Frauen</strong>literatur, Frau- 1975 begannen <strong>Frauen</strong>gruppen<br />
vollkommen außer Acht ließen. enhäuser und Initiativen gegen und ihre <strong>Netzwerk</strong>e sich nach<br />
Der Konfl ikt eskalierte, als Stu- Vergewaltigung. <strong>Frauen</strong> suchten Richtungen, Themen und Praxisdentinnen<br />
die Redner mit Toma- Stärke in ihrer Geschlechtszugefel<strong>der</strong>n zu differenzieren. Unterten<br />
bewarfen.<br />
hörigkeit und schlossen Männer schiedliche feministische Pro-<br />
Der sprunghafte Anstieg aus ihren Aktivitäten bewusst jekte entstanden: Feministische<br />
<strong>der</strong> Zahl von <strong>Frauen</strong>gruppen ab aus. Dies zog den Vorwurf <strong>der</strong> Gesundheitszentren, <strong>Frauen</strong>häu-<br />
1968/69 lag auch am verän<strong>der</strong>- Männerfeindlichkeit nach sich. ser, Initiativen gegen Vergewalten<br />
politischen Bewusstsein von Vor allem Alice Schwarzer wurde tigung ( auch in <strong>der</strong> Ehe ) sowie<br />
<strong>Frauen</strong>, an ihrer verän<strong>der</strong>ten als Emanze und Männerfeindin gegen sexuellen Missbrauch von<br />
Einstellung zur Sexualität, an <strong>der</strong> diffamiert. Ihr Buch »Der kleine Kin<strong>der</strong>n. <strong>Frauen</strong>verlage, <strong>Frauen</strong>-<br />
antiautoritären Bewegung und Unterschied« schlug hohe Welbuchhandlungen, <strong>Frauen</strong>cafes<br />
an den Kampagnen gegen den len.<br />
und feministische Zeitschriften<br />
Abtreibungs-Paragrafen 218. In dieser Phase <strong>der</strong> Be- wurden gegründet. <strong>Frauen</strong>-<br />
374 zum Teil prominente <strong>Frauen</strong> wusstwerdung und Artikulation bands, <strong>Frauen</strong>theater und -fi lm-<br />
bezichtigten sich in <strong>der</strong> Illustrier- besinnen sich <strong>Frauen</strong> auf sich gruppen, <strong>Frauen</strong>-Ferienhäuser<br />
ten Stern: „Ich habe abgetrie- selbst und ihre Stärke: Sie und <strong>Frauen</strong>bildungsstätten ent-<br />
„ladies only!“<br />
o<strong>der</strong>: Männer<br />
müssen draußen<br />
bleiben
For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
neuen <strong>Frauen</strong>-<br />
bewegung<br />
standen. An Hochschulen wurden<br />
zeitlich begrenzte <strong>Frauen</strong>universitäten<br />
angeboten. Beson<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung kam den beiden<br />
überregionalen Zeitschriften<br />
»Emma« und »Courage« zu.<br />
Sie trugen den feministischen<br />
Diskurs mit seinen unterschiedlichen<br />
Schwerpunkten in die<br />
Öffentlichkeit. Wesentliche Themen<br />
waren autonome weibliche<br />
Sexualität und Erotik, lesbische<br />
Lebensformen, sexuelle Gewalt,<br />
aber auch die Erneuerung<br />
des Arbeitsbegriffes. Die Beschränkung<br />
dieses Begriffes auf<br />
Lohnarbeit ignoriere die überwiegend<br />
von <strong>Frauen</strong> geleistete<br />
Reproduktionsarbeit. Aus dieser<br />
Kritik entwickelten Teile <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>bewegung die For<strong>der</strong>ung<br />
nach Lohn für Hausarbeit, die<br />
von an<strong>der</strong>en Gruppierungen, vor<br />
allem von Gewerkschafterinnen,<br />
nie geteilt wurde. Diese befürchteten<br />
eine Festschreibung <strong>der</strong><br />
traditionellen geschlechtsspezifi<br />
schen Arbeitsteilung und eine<br />
noch größere Abhängigkeit vom<br />
Ehemann.<br />
Eine Mehrheit innerhalb <strong>der</strong><br />
<strong>Frauen</strong>bewegungen wies die<br />
Festlegung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> auf die<br />
Mutterrolle zurück. Die Folge<br />
waren Protestaktionen gegen<br />
den Muttertag. Stattdessen<br />
wuchs seit den 80er Jahren die<br />
Bedeutung des Internationalen<br />
<strong>Frauen</strong>tags. Die proletarische<br />
<strong>Frauen</strong>bewegung hatte diesen<br />
Tag in Deutschland erstmalig<br />
1911 mit Demonstrationen begangen.<br />
Wie<strong>der</strong>belebt wurde <strong>der</strong><br />
8. März zunächst in <strong>der</strong> DDR und<br />
in den 70er Jahren von einzelnen<br />
gewerkschaftlich orientierten<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />
Die Abteilung <strong>Frauen</strong>politik des<br />
DGB rief 1980 zum Internationalen<br />
<strong>Frauen</strong>tag auf, um frauenpolitische<br />
For<strong>der</strong>ungen in die<br />
Öffentlichkeit zu tragen. Seither<br />
ist er zu einem Aktionstag für<br />
alle <strong>Frauen</strong> und <strong>der</strong>en Organisationen<br />
in Deutschland geworden,<br />
gleich welcher politischen<br />
Richtung. Allerdings zeigen sich<br />
an diesem Tag auch immer wie<strong>der</strong><br />
unterschiedliche Akzente<br />
und die damit verbundenen Konfl<br />
ikte. Gewerkschaftliche <strong>Frauen</strong>gruppen<br />
legen Wert darauf,<br />
dass am 8. März nicht nur <strong>Frauen</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n auch Männer für<br />
frauenpolitische For<strong>der</strong>ungen<br />
eintreten. Vertreterinnen <strong>der</strong><br />
Autonomen <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
wollen den Tag ohne männliche<br />
Beteiligung begehen.<br />
Nach 1980<br />
Mit <strong>der</strong> Konsolidierung <strong>der</strong><br />
Projekte ging eine gewisse Professionalisierung<br />
einher. <strong>Frauen</strong>positionen<br />
werden in die Politik<br />
und in die Entscheidungen<br />
unterschiedlicher Institutionen<br />
und Organisationen integriert.<br />
Die Parteien öffneten sich mehrheitlich<br />
für <strong>Frauen</strong>politik. Bei<br />
den Grünen war <strong>der</strong> Feminismus<br />
beispielsweise ein wichtiger<br />
inhaltlicher Stützpfeiler. Sie gingen<br />
Bündnisse mit autonomen<br />
<strong>Frauen</strong> ein. Eine harte Quotierung,<br />
das »Feminat« eines rein<br />
weiblichen Parteivorstands und<br />
wegweisende frauenpolitische<br />
Beschlüsse zum Beispiel zur<br />
berufl ichen Gleichheit setzten<br />
Maßstäbe für die an<strong>der</strong>en Parteien.<br />
Die SPD beschloss 1988<br />
110 111<br />
eine Quotierung von mindestens<br />
30 Prozent für jedes Geschlecht<br />
und setzte sich für Gleichstellung<br />
und <strong>Frauen</strong>forschung in<br />
den Bundeslän<strong>der</strong>n und Kommunen<br />
ein. Die CDU hielt sich<br />
zwar mit <strong>der</strong> innerparteilichen<br />
Gleichstellung <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> zurück.<br />
1985 wurde in <strong>der</strong> Amtszeit<br />
von Heiner Geißler als Familienminister<br />
zwar das Erziehungsgeldgesetz<br />
verabschiedet, sowie<br />
ab 1986 Erziehungsgeld und<br />
-urlaub eingeführt, doch wurde<br />
damit auch die <strong>Frauen</strong> auf ihre<br />
Mutterrolle festgelegt. Seine<br />
Nachfolgerin und Parteikollegin<br />
Rita Süßmuth erhielt erstmals<br />
auch die explizite Zuständigkeit<br />
»<strong>Frauen</strong>politik«.<br />
1994 gelang es einem überparteilichen<br />
Bündnis »<strong>Frauen</strong> in<br />
bester Verfassung«, in Artikel 3<br />
des Grundgesetzes die Gleichstellung<br />
als staatliche Aufgabe<br />
zu verankern. 1995 verabschiedete<br />
die IV. Weltfrauenkonferenz<br />
<strong>der</strong> Vereinten Nationen in Peking<br />
eine Aktionsplattform mit<br />
weit reichenden zukunftsorientierten<br />
Initiativen. Gen<strong>der</strong> Mainstreaming<br />
wurde als Leitprinzip<br />
<strong>der</strong> Gleichstellung beschlossen<br />
und in die Amsterdamer Verträge<br />
1997 übernommen wurde.<br />
<strong>Frauen</strong>politik <strong>der</strong><br />
Parteien
Auch in Zukunft: starke <strong>Frauen</strong> für eine starke <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
112 113
Weiterführende Literatur<br />
Tagungsordner auf <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>konfernz 2004<br />
Das wichtigste hier verwendete<br />
und mehrfach zitierte Buch ist:<br />
Kassel, Brigitte:<br />
<strong>Frauen</strong> in einer Männerwelt.<br />
<strong>Frauen</strong>erwerbsarbeit in <strong>der</strong><br />
<strong>Metall</strong>industrie und ihre Interessenvertretung<br />
durch den Deutschen<br />
<strong>Metall</strong>arbeiter-Verband<br />
( 1891 – 1933 ),<br />
Köln 1997<br />
Weiter wurden benutzt:<br />
Achten, Udo:<br />
Das ist das Licht <strong>der</strong> neuen Zeit.<br />
Erinnerungen an den 22 wöchigen<br />
Streik <strong>der</strong> Crimmitschauer<br />
Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter<br />
im Jahre 1903 /1904 für<br />
den Zehnstundentag.<br />
Essen 2004<br />
Badia, Gilbert:<br />
Clara Zetkin,<br />
Berlin 1994<br />
Bajohr, Stefan:<br />
Die Hälfte <strong>der</strong> Fabrik. <strong>Geschichte</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit in Deutschland<br />
1914 bis 1945,<br />
Marburg 1979<br />
Deutscher Gewerkschaftsbund:<br />
„Da haben wir uns alle schreck-<br />
lich geirrt ...“ Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />
gewerkschaftlichen <strong>Frauen</strong>arbeit<br />
im DGB von 1945 bis 1960.<br />
Pfaffenweiler 1993.<br />
Archiv <strong>Frauen</strong>leben im<br />
Main-Kinzig Kreis (Hrsg.):<br />
<strong>Frauen</strong> in den Gewerkschaften<br />
1945 – 1997 in Hessen und im<br />
Main-Kinzig-Kreis.<br />
Hanau 1998.<br />
Hervé, Florence:<br />
<strong>Frauen</strong>bewegung und revolutionäre<br />
Arbeiterbewegung.<br />
Texte zur <strong>Frauen</strong>emanzipation in<br />
Deutschland und in <strong>der</strong> BRD von<br />
1848 bis 1980,<br />
Frankfurt am Main 1981<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>:<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>gewerkschaft<br />
1891 bis 1982. Dokumente,<br />
Materialien, Meinungen.<br />
Frankfurt am Main 1983.<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>:<br />
Internationaler <strong>Frauen</strong>tag. Tag<br />
<strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> seit 75 Jahren.<br />
Frankfurt am Main 1985<br />
Borris; Maria:<br />
25 Jahre <strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong><br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>. Zwischen Sozialpolitik<br />
und Lohnkampf.<br />
Frankfurt am Main 1977.<br />
114 115<br />
Klucsarits, Richard u. a.:<br />
Arbeiterinnen kämpfen um<br />
ihr Recht. Autobiographische<br />
Texte rechtloser und entrechteter<br />
„<strong>Frauen</strong>personen“ in<br />
Deutschland, Österreich und <strong>der</strong><br />
Schweiz des 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />
Wuppertal [1975]<br />
Lenz, Ilse:<br />
Wie verän<strong>der</strong>n sich die neuen<br />
<strong>Frauen</strong>bewegungen ? In: Zeitschrift<br />
für <strong>Frauen</strong>forschung Geschlechterstudien.<br />
Bielefeld Heft 4/2002. S. 65–82<br />
Losseff-Tillmanns, Gisela:<br />
<strong>Frauen</strong>emanzipation und Gewerkschaften<br />
( 1800 – 1975 ).<br />
Dissertation,<br />
Bochum 1975<br />
Losseff-Tillmanns, Gisela:<br />
Frau und Gewerkschaft,<br />
Frankfurt am Main 1982<br />
Niggemann, Heinz:<br />
Emanzipation zwischen Sozialismus<br />
und Feminismus. Die<br />
sozialdemokratische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
im Kaiserreich,<br />
Wuppertal 1981<br />
Pinl, Claudia:<br />
Das Arbeitnehmerpatriarchat.<br />
Die <strong>Frauen</strong>politik <strong>der</strong> Gewerkschaften.<br />
Köln 1977<br />
Richebächer, Sabine:<br />
Uns fehlt nur eine Kleinigkeit.<br />
Deutsche proletarische <strong>Frauen</strong>bewegung<br />
1890 – 1914,<br />
Frankfurt am Main 1982<br />
Thoenessen, Werner:<br />
Die <strong>Frauen</strong>emanzipation in Politik<br />
und Literatur <strong>der</strong> deutschen<br />
Sozialdemokratie 1863-1933,<br />
Frankfurt am Main 1969
Bildnachweise *<br />
Achten, Udo - Bildarchiv 16, 22, 25, 26, 32, 36, 38, 42, 44,<br />
47, 51, 71, 74, 86, 87<br />
Bachmeier, Werner Titelbild, 107, 113 or<br />
Deutsches Historisches Museum, Berlin - Bildarchiv 75, 76, 78o, 78 u<br />
digitale Bibliothek (The York Projekt GmbH) 8, 10, 12, 28, 30<br />
Eisler, Christiane (transit Leipzig) 81<br />
Fabrikmuseum Nordwolle, Delmenhorst 65<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung - Archiv <strong>der</strong> sozialen Demokratie 2, 34, 40, 50, 62, 108<br />
Gedenkstätte und Museum Auschwitz-Birkenau 68<br />
Hessisches Staatsarchiv 24<br />
Huber, Bianka (<strong>IG</strong>M) 104, 113 ol, 113 ul, 113 ur, 114, 119<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Bibliothek 57<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, FB <strong>Frauen</strong>- und Gleichstellungspolitk 58, 83, 84, 90<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, Pressestelle 5<br />
Kampfer, Angelika - Ewald Hentze 80<br />
Knapp, W ( Thema Pressbüro) 91 u<br />
Planert, Jürgen (<strong>IG</strong>M) 112 ur<br />
Sammlungen <strong>der</strong> MGR/SBG. - Propagandaalbum <strong>der</strong> SS 66<br />
Salzwedel, Horst (<strong>IG</strong>M) 112 o<br />
Scherer, Peter 112 ul<br />
Schindlerphoto 82, 92<br />
Scholz, Manfred 93<br />
W.&Tr. (Tritschler) 48, 54<br />
Werth, Inge 72, 91 o, 95, 97<br />
Vollmer, Manfred 94, 96, 98, 100 beide<br />
* Falls uns bei <strong>der</strong> Bildrecherche Fehler unterlaufen sein sollten und Ihre Rechte ggf. nicht berücksichtigt wurden, wenden<br />
Sie sich zur Klärung etwaiger Ansprüche bitte an: Five-For-You Multimedia-Agentur, Hamburger Alle 96, 60486 Frankfurt<br />
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Blick zurück auf Vergangenes<br />
<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> <strong>Frauen</strong> besuchen das Ruhrlandmuseum Essen
Produkt-Nr.: 6346-10390