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Eine neue ERA bricht an - IG Metall Netzwerk Chancengleichheit

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Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit<br />

= <strong>ERA</strong><br />

= GLEICHSTELLUNG UMSETZEN !<br />

<strong>Eine</strong> <strong>neue</strong> ÆRA <strong>bricht</strong> <strong>an</strong><br />

Frauenpolitische H<strong>an</strong>dlungshilfe


2<br />

<strong>Eine</strong> <strong>neue</strong> ÆRA <strong>bricht</strong> <strong>an</strong><br />

Frauenpolitische H<strong>an</strong>dlungshilfe<br />

zur Umsetzung der<br />

Entgeltrahmenabkommen und -tarifverträge (<strong>ERA</strong>s)<br />

der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

für die <strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie<br />

Herausgeber: <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Vorst<strong>an</strong>d, Funktionsbereich Frauen- und Gleichstellungspolitik.<br />

Ver<strong>an</strong>twortlich: Christi<strong>an</strong>e Wilke, Gabriele Ulbrich, Astrid Knüttel, Di<strong>an</strong>ne Köster.<br />

Gestaltung: Five-for-You-Multimedia, www.54u.de. Druck: Druckhaus Dresden


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Wieso ? – Warum ? – Deswegen ! Vorwort von Kirsten Rölke .......................... 5<br />

2. Wie es wurde, was es ist: zur Geschichte und den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

für Entgeltgleichheit .................................................................. 7<br />

2.1. 100 Jahre Kampf gegen die Entgeltdiskriminierung von Frauen ......................... 7<br />

2.2. Rechtliche Grundlagen für die Durchsetzung der Entgeltgleichheit .................. 9<br />

a. Europäische Rechtsnormen ......................................................................... 9<br />

b. Deutsche Rechtsnormen ............................................................................. 14<br />

3. Vom Grundsatz her: Verfahren der Arbeitsbewertung und<br />

Eingruppierungsgrundsätze ............................................................................ 17<br />

3.1. Grundsätzliche Fragen der Eingruppierung und Neuerungen in den <strong>ERA</strong>s ....... 17<br />

3.2. Worauf muss beim Eingruppierungsverfahren geachtet werden ?<br />

Was ist zu tun ? ................................................................................................ 25<br />

3.3. Was regeln die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s zu den Verfahren der Ersteingruppierung ? .......... 27<br />

4. Was steht <strong>an</strong> ? Wichtige H<strong>an</strong>dlungsfelder für die <strong>ERA</strong>-Einführung ............. 28<br />

4.1. Was nicht beschrieben wird, wird auch nicht bewertet !<br />

Arbeitsbeschreibungen als Grundlage der Eingruppierung ............................ 28<br />

a. Wo liegen Diskriminierungsgefahren bei der Arbeitsbeschreibung ? .......... 28<br />

b. Was ist zu tun ? ........................................................................................... 34<br />

c. Was regeln die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s zur Arbeitsbeschreibung ? ............................... 35<br />

4.2. Der St<strong>an</strong>d der Dinge: Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche .......... 36<br />

4.3. Gleich und gleich gesellt sich gern: Richt - und Niveaubeispiele ................. 39<br />

a. Was sind Richt - und Niveaubeispiele und wo liegen ihre<br />

Diskriminierungsgefahren ? ........................................................................ 39<br />

b. Was ist zu tun ? ................................................................................................ 43<br />

c. Was regeln die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s zu Richt- und Niveaubeispielen ? .......................... 44<br />

4.4. Was wird eigentlich bewertet ? Anforderungsarten in den <strong>ERA</strong>s .................. 44<br />

a. Wie müssen Anforderungsarten ausgewählt, beschrieben und gewichtet<br />

werden, damit sie diskriminierungsfrei sind ? ............................................. 44<br />

b. Welche <strong>neue</strong>n Spielräume eröffnen die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s ? ................................ 47<br />

4.5. Wenn etwas nicht stimmt: Reklamationsverfahren ....................................... 57<br />

3<br />

Inhalt


Inhaltsverzeichnis<br />

5. Die Schwere der Arbeit: belastende Faktoren und Belastungszulagen ..... 60<br />

5.1. <strong>Eine</strong> alte Forderung ist umgesetzt: Hohe gesundheitliche Belastungen<br />

erhöhen nicht das Grundentgelt ..................................................................... 60<br />

5.2. Welche rechtlichen Anforderungen sind <strong>an</strong> eine diskriminierungsfreie<br />

Bemessung von Belastungszulagen zu stellen ? ............................................. 60<br />

5.3. Worauf muss in den Betrieben geachtet werden ? Was ist zu tun ? .............. 62<br />

6. Mehr Leistung – mehr Geld: Tariflich vereinbarte Leistungsentgelte ........ 68<br />

6.1. Leistungsentgelte in den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s ............................................................. 68<br />

6.2. Worauf muss in den Betrieben geachtet werden ? Was ist zu tun ? ............... 69<br />

7. Konfliktpunkte ................................................................................................ 70<br />

8. Glossar: Die wichtigsten Fachbegriffe ........................................................ 72<br />

9. Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung .................................. 78<br />

10. Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen ................................................. 83<br />

4<br />

Inhalt


1. Vorwort<br />

Wieso? – Warum? – Deswegen!<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

seit den achtziger Jahren diskutiert und<br />

betreibt die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> ein tarifpolitisches<br />

Reformprojekt zur Modernisierung tarif-<br />

licher Rahmenregelungen. Veränderte<br />

Arbeitsbedingungen machen veränderte Ent-<br />

geltstrukturen und <strong>neue</strong> Bewertungskriterien<br />

dringend notwendig. Hierzu gehört auch die<br />

Angleichung von tariflichen Regelungen für<br />

Arbeiter bzw. Arbeiterinnen und Angestellte.<br />

L<strong>an</strong>ge Zeit hieß unser Motto: Gemeinsame<br />

Entgelttarifverträge „ ... weil´s gerechter ist !“<br />

Mit den nun abgeschlossenen Entgeltrah-<br />

menabkommen oder Entgeltrahmentarifver-<br />

trägen ( im folgenden für beide: <strong>ERA</strong>s ) ist ein<br />

wichtiges Ziel erreicht.<br />

Tariffragen sind immer auch Machtfragen<br />

und die nun abgeschlossenen Tarifverträge<br />

sind deshalb immer auch Kompromisse. Die<br />

entst<strong>an</strong>dene Papierlage ist Ausdruck des<br />

Konflikts bzw. der gefundenen Konfliktlö-<br />

sung.<br />

Dies zeigt sich deutlich auch in der Frage der<br />

Eingruppierung und Vergütung von Frauen:<br />

Eingruppierung und Leistungsbewertung<br />

sind nie objektiv, sondern immer auch durch<br />

subjektive ( Vor-) Urteile über den Wert von<br />

Tätigkeiten geprägt.<br />

So wurden in der Verg<strong>an</strong>genheit viele<br />

Frauentätigkeiten als leicht bzw. einfach<br />

eingestuft und gering bewertet. Die Einkom-<br />

mensdiskriminierung von Frauen wurde viel-<br />

fach nachgewiesen. Auch die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> hat<br />

5<br />

Kirsten Rölke<br />

in unterschiedlichen Aktionen gegen diese<br />

Ungerechtigkeit protestiert.<br />

Die <strong>neue</strong>n Entgeltrahmenabkommen bieten<br />

Ch<strong>an</strong>cen für eine gerechte(re) Eingruppie-<br />

rung beider Geschlechter. Wie diese Ch<strong>an</strong>cen<br />

genutzt werden, entscheidet sich auch in<br />

der betrieblichen Umsetzung der <strong>neue</strong>n Rah-<br />

menregelungen.<br />

Interessen, die nicht formuliert und Ansprü-<br />

che, die nicht eingefordert werden, können<br />

nicht erfüllt werden. Dabei sollen das Prinzip<br />

der Gerechtigkeit und der Diskriminierungs-<br />

freiheit Leitlinie sein.<br />

Da sich die einzelnen bezirklichen <strong>ERA</strong>s trotz<br />

vieler Gemeinsamkeiten zum Teil erheblich<br />

unterscheiden, wurden in den Bezirken kon-<br />

krete H<strong>an</strong>dlungshilfen zu unterschiedlichen<br />

Themen und Problemen, die bei der Umset-<br />

Die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s<br />

vorwort<br />

bieten Ch<strong>an</strong>cen für<br />

Frauen, …


zung der <strong>ERA</strong>s zu beachten sind, entwickelt.<br />

Ergänzend zu den bezirklichen Materialien<br />

wurde diese H<strong>an</strong>dlungshilfe erstellt.<br />

Sie<br />

• will Frauen dabei unterstützen, ihre be-<br />

rechtigten Ansprüche zu formulieren.<br />

• stellt BetriebsrätInnen und <strong>an</strong>deren akti-<br />

ven und interessierten KollegInnen in den<br />

Betrieben und Bezirken Hilfsmittel und<br />

Werkzeuge für die Umsetzung der <strong>neue</strong>n<br />

<strong>ERA</strong>s in den Betrieben zur Verfügung.<br />

• zeigt Diskriminierungsfallen bei der Ent-<br />

geltfindung ( Grundentgelt, Belastungs-<br />

und Leistungszulagen ) auf und benennt<br />

die Möglichkeiten, die die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s<br />

bieten, Diskriminierung zu vermeiden<br />

und Entgeltgleichheit zwischen Männern<br />

und Frauen zu fördern.<br />

Viel Erfolg !<br />

6<br />

• k<strong>an</strong>n auch in Bereichen unterstützen, in<br />

denen keine <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s abgeschlossen<br />

werden, denn sie gibt allgemein gültige<br />

Hinweise zur diskriminierungsfreien Ein-<br />

gruppierung und Entgeltfindung.<br />

Im <strong>ERA</strong>-Lexikon ( ►Kapitel 8, Glossar) und<br />

auf der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Homepage lesen wir unter<br />

dem Stichwort »Diskriminierung«:<br />

„Mit dem <strong>ERA</strong> ist die indirekte Diskriminie-<br />

rung von Frauen bei der Eingruppierung<br />

beseitigt. Die Anforderungsprofile berück-<br />

sichtigen – <strong>an</strong>ders als früher – gleiche bzw.<br />

gleichwertige Anforderungen <strong>an</strong> Männer<br />

und Frauen und bewerten sie entsprechend<br />

gleich. Deswegen gibt es auch nicht mehr<br />

das Kriterium „körperliche schwere Arbeit“,<br />

das immer mit Muskelkraft verbunden wur-<br />

de.“<br />

Sorgen wir gemeinsam dafür, dass dieser Anspruch eingelöst wird !<br />

vorwort<br />

… die aber betrieblich<br />

realisiert werden<br />

müssen.


2. Wie es wurde, was es ist:<br />

zur Geschichte und den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

für Entgeltgleichheit<br />

2.1. 100 Jahre Kampf gegen die Entgeltdiskriminierung von Frauen<br />

Der Kampf um eine gleichberechtigte Bezah-<br />

lung von Frauen und Männern k<strong>an</strong>n auf viele<br />

Jahre Geschichte zurückblicken. In diesem<br />

Kampf war die Rechtsprechung – vor allem<br />

die moderne Rechtsprechung auf EU-Ebene<br />

– immer eine wichtige Bundesgenossin. Nur<br />

widerwillig folgte Deutschl<strong>an</strong>d 1980 den<br />

Impulsen und Vorschriften der EU.<br />

Zu tief waren die Überzeugungen einer<br />

klaren Geschlechterteilung verwurzelt und<br />

zu unerschütterlich war auch das blinde<br />

Vertrauen in die damals gültigen Regelun-<br />

gen, die viele als völlig ausreichend und<br />

rechtmässig <strong>an</strong>sahen. Immer wieder muss-<br />

ten sich streitbare Frauen für eine gerechte<br />

Eingruppierung einsetzen und den Klageweg<br />

beschreiten. Aber der Reihe nach:<br />

In der Weimarer Republik sahen die tarif-<br />

lichen Eingruppierungssysteme der Me-<br />

tall- und Elektroindustrie überwiegend eine<br />

Unterteilung in Facharbeiter, <strong>an</strong>gelernte<br />

Arbeiter und Hilfsarbeiter vor. Die Lohngrup-<br />

pen für <strong>an</strong>gelernte Arbeiter und Hilfsarbeiter<br />

waren nach Geschlechtern unterteilt, wobei<br />

die Tariflöhne der Frauen ca. 70 bis 75 Pro-<br />

zent der Männerlöhne betrugen.<br />

Während der Zeit des Nationalsozialismus<br />

wurde der »Lohngruppenkatalog Eisen<br />

und <strong>Metall</strong> (LKEM)« entwickelt. Von seinen<br />

acht Lohngruppen waren nur die unteren fünf<br />

für Frauen zulässig – wobei die Eingruppie-<br />

rung in Lohngruppe 5 von einem Reichstreu-<br />

7<br />

händer genehmigt werden musste und der<br />

Betrieb in den Verdacht geriet, zu hohe Löhne<br />

zu zahlen. Zusätzlich wurden die Grundlöhne<br />

von Frauen pauschal um 25 Prozent gekürzt.<br />

Nach der Entstehung der Bundesrepublik<br />

wurden zwar <strong>neue</strong> Tarifverträge abgeschlos-<br />

sen, doch die Tradition der sog. Frauenlohn-<br />

abschläge wurde fortgesetzt. Erwerbstätige<br />

Frauen mussten für identische Arbeiten Ent-<br />

geltabschläge von bis zu 30 Prozent ( je nach<br />

Tarifvertrag ) hinnehmen.<br />

1955 klagten sog. Hilfsarbeiterinnen gegen<br />

diese Praxis und das Bundesarbeitsgericht<br />

entschied, dass der Gleichheitsgrundsatz<br />

des Artikels 3 des Grundgesetzes auch die<br />

Tarifvertragsparteien bindet, und Frauenab-<br />

schläge verfassungswidrig sind.<br />

Doch die Reaktion auf dieses Urteil war<br />

nicht, die Lohnabschläge abzuschaffen und<br />

Frauen den gleichen Lohn zu zahlen. Denn<br />

die Bezahlung der Frauen nach den Tarifen<br />

für männliche Hilfsarbeiter hätte eine Loh-<br />

nerhöhung von 25 bis 35 Prozent bedeutet.<br />

Stattdessen wurden den »normalen« Lohn-<br />

gruppen sogen<strong>an</strong>nte Leichtlohngruppen<br />

vorgeschaltet. Die Einstufung der Tätigkeiten<br />

erfolgte nun nach „leichter körperlicher Ar-<br />

beit“ oder „schwerer körperlicher Arbeit“.<br />

In den neu gebildeten unteren Lohngruppen<br />

wurden in der Folge überwiegend Frauen<br />

beschäftigt, da ihre Tätigkeit von vornherein<br />

als „leicht“ bewertet wurde.<br />

Von den Lohnab-<br />

schlägen für Frauen<br />

zu den Leichtlohn-<br />

gruppen<br />

Rückblick


In den siebziger und achtziger Jahren des<br />

letzen Jahrhunderts wurden deshalb von der<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> und <strong>an</strong>deren Gewerkschaften Hö-<br />

hergruppierungsaktionen durchgeführt, um<br />

die Leichtlohngruppen als ungerechtfertigt<br />

und diskriminierend abzuschaffen.<br />

Im Jahr 1988 wurden sie endlich vom Bun-<br />

desarbeitsgericht als „mittelbare“ Diskrimi-<br />

nierung verboten. <strong>Metall</strong>erinnen, die in einer<br />

Wittener Kabelfirma arbeiteten, klagten,<br />

um eine gerechtere Eingruppierung durch-<br />

zusetzen. Seit dieser Zeit wird unter kör-<br />

perlich schwerer Arbeit auch solche Arbeit<br />

verst<strong>an</strong>den, die stehende Tätigkeiten, eine<br />

taktgebundene, repetitive Arbeit, nervliche<br />

Belastungen oder Lärmbelastung beinhaltet<br />

8<br />

bzw. eine bestimmte Körperhaltung erfordert<br />

– Anforderungen, die es <strong>an</strong> vielen Arbeits-<br />

plätzen von Frauen in der <strong>Metall</strong>- und Elek-<br />

troindustrie gibt.<br />

In den letzten 100 Jahren wurde also einiges<br />

erkämpft, um das Prinzip der Entgeltgleich-<br />

heit zwischen Frauen und Männern in der Pra-<br />

xis durchzusetzen. Dennoch erhalten Frauen<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d im Durchschnitt immer noch<br />

nur ca. 78 Prozent des Entgeltes von Män-<br />

nern. Grund genug also, weiterhin wachsam<br />

zu sein für die zahlreichen Diskriminierungs-<br />

fallen, in die Frauen immer noch geraten kön-<br />

nen. Und Grund genug auch, weiterhin einzu-<br />

treten für die Durchsetzung des Prinzips des<br />

gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit.<br />

Die „mittelbare“<br />

Diskriminierung wird<br />

verboten<br />

Rückblick


2.2. Rechtliche Grundlagen für die Durchsetzung der Entgeltgleichheit<br />

a. Europäische Rechtsnormen<br />

Die Gesetze und Richtlinien der Europä-<br />

ischen Union ( EU ) sind für die Praxis in<br />

deutschen Betrieben von großer Bedeutung,<br />

denn in allen Mitgliedsstaaten der EU muss<br />

europäisches Recht beachtet und in nationa-<br />

les, sprich: deutsches Recht umgew<strong>an</strong>delt<br />

werden. Das gilt auch für Tarifverträge.<br />

Wichtigste Rechtsnorm, quasi das Grund-<br />

gesetz der EU, ist der Amsterdamer Vertrag,<br />

oder EG-Vertrag, der in seiner aktuellen Fas-<br />

9<br />

sung am 1. Mai 1999 in Kraft getreten ist. In<br />

den Artikeln 2 und 3 des EG-Vertrages wird<br />

die Verpflichtung zur Förderung der Gleich-<br />

stellung von Männern und Frauen in allen<br />

Tätigkeitsbereichen festgelegt.<br />

In Artikel 141 ( im alten EWG-Vertrag von 1957<br />

war dies Artikel 119 ) wird die Durchsetzung<br />

des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für<br />

Männer und Frauen in allen Mitgliedsstaaten<br />

gefordert. Der Text lautet:<br />

EG-Vertrag Artikel 141: gleiches Entgelt für Männer und Frauen<br />

1. Jeder Mitgliedsstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des glei-<br />

chen Entgelts für Männer und Frauen sicher.<br />

2. Unter »Entgelt« im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder<br />

Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verste-<br />

hen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeit-<br />

nehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.<br />

Gleichheit des Arbeitsentgeltes ohne Diskriminierung aufgrund des<br />

Geschlechts bedeutet:<br />

a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit auf-<br />

grund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird,<br />

b) dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Ar-<br />

beitsplatz gleich ist.<br />

Rechtsgrundlagen<br />

EG-Vertrag


Diese allgemeinen Bestimmungen des<br />

EG-Vertrages werden in der Richtlinie<br />

75 / 117 / EWG von 1975 – der sogen<strong>an</strong>nten<br />

Entgeltgleichheitsrichtlinie – genauer be-<br />

schrieben. Wichtig sind hier vor allem die<br />

Aussagen zu Einstufungssystemen, die<br />

10<br />

gemeinsame Kriterien für Tätigkeiten von<br />

Männer und Frauen zugrunde legen und<br />

Diskriminierungen ausschließen müssen.<br />

Die Diskriminierungsfreiheit von Tarifver-<br />

trägen wird ausdrücklich in Artikel 4 er-<br />

wähnt.<br />

Entgeltgleichheitsrichtlinie: Richtlinie 75 / 117 / EWG<br />

– vom 01.02.1975<br />

zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die An-<br />

wendung des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen<br />

Artikel 1:<br />

Der in Artikel 119 des Vertrages gen<strong>an</strong>nte Grundsatz des gleichen Ent-<br />

gelts für Männer und Frauen, im folgenden als »Grundsatz des gleichen<br />

Entgelts« bezeichnet, bedeutet bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit,<br />

die als gleichwertig <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt wird, die Beseitigung jeder Diskriminie-<br />

rung aufgrund des Geschlechts in bezug auf sämtliche Entgeltbest<strong>an</strong>d-<br />

teile und -bedingungen.<br />

Insbesondere muss d<strong>an</strong>n, wenn zur Festlegung des Entgelts ein System<br />

beruflicher Einstufung verwendet wird, dieses System auf für männliche<br />

und weibliche Arbeitnehmer gemeinsamen Kriterien beruhen und so be-<br />

schaffen sein, dass Diskriminierungen ausgeschlossen werden.<br />

Artikel 4:<br />

Die Mitgliedsstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um sicher-<br />

zustellen, dass mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts unvereinbare<br />

Bestimmungen in Tarifverträgen, Lohn- und Gehaltstabellen oder -verein-<br />

barungen oder Einzelarbeitsverträgen nichtig sind oder für nichtig erklärt<br />

werden können.<br />

Rechtsgrundlagen<br />

Entgeltgleichheits-<br />

richtlinie


In einer Reihe von Entscheidungen hat der<br />

Europäische Gerichtshof diese Bestimmun-<br />

gen konkretisiert.<br />

Anforderungen für die Entgeltfindung oder Eingruppierung:<br />

1) Entgeltsysteme müssen durchschaubar und überprüfbar sein.<br />

2) Für alle Beschäftigten müssen die gleichen Bewertungsmaßstäbe<br />

11<br />

gelten. Wenn einzelne Kriterien Männer begünstigen, weil sie <strong>an</strong> den<br />

von ihnen besetzen Arbeitsplätzen besonders häufig vorkommen, so<br />

sind im Ausgleich dazu auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die<br />

Frauen begünstigen bzw. <strong>an</strong> den von ihnen besetzten Arbeitsplätzen<br />

besonders häufig vorkommen.<br />

3) Die Kriterien müssen diskriminierungsfrei ausgelegt und <strong>an</strong>gewendet<br />

werden.<br />

4) Das System darf in seiner Gesamtheit nicht diskriminieren. Die Kriteri-<br />

en müssen den Charakteristika der zu bewertenden Arbeit Rechnung<br />

tragen.<br />

Auf der Basis dieser rechtlichen Normen<br />

und der Anforderungen des Europäischen<br />

Gerichtshofs ist im Auftrag des DGB eine<br />

Checkliste für Tarifverträge entwickelt wor-<br />

den. 2 Wer sie durcharbeitet, k<strong>an</strong>n den je-<br />

weils gültigen Tarifvertrag daraufhin prüfen,<br />

1 DGB ( Hrsg. ): Entgeltgleichheit für Frauen und Männer. Ein Seminarkonzept des DGB, Berlin 2003, S. 8f<br />

2 veröffentlicht in: DGB ( Hrsg. ): Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit – H<strong>an</strong>dreichung zur Anwendung des<br />

Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsgebots in Tarifverträgen, Berlin 2003, S. 46 – 53<br />

Folgende Anforderungen gelten nunmehr<br />

<strong>an</strong> ein System der Entgeltfindung oder Ein-<br />

gruppierung: 1<br />

ob und wo er diskriminierende Vereinbarun-<br />

gen enthält.<br />

Häufig ist das Argument zu hören, Tarifver-<br />

träge könnten gar nicht mehr diskriminieren,<br />

weil in ihnen kein Unterschied zwischen<br />

Rechtsgrundlagen<br />

Europäische<br />

Rechtsprechung


Frauen und Männern gemacht werde. Dies<br />

ist bei genauem Hinsehen leider nicht kor-<br />

rekt. Denn wir müssen hier zwischen zwei<br />

möglichen Formen der Diskriminierung<br />

unterscheiden: der unmittelbaren und der<br />

mittelbaren Diskriminierung. Wenn Tarif-<br />

verträge zwischen Frauen und Männern<br />

unterscheiden würden, also z. B. wenn für<br />

Frauen niedrigere Entgelte vereinbart wor-<br />

den wären, d<strong>an</strong>n würden diese Tarifverträge<br />

unmittelbar diskriminieren. Doch auch Re-<br />

gelungen, die keinen Unterschied zwischen<br />

den Geschlechtern machen, können im Er-<br />

gebnis zu Benachteiligungen der Angehöri-<br />

gen eines Geschlechtes führen. Dies ist d<strong>an</strong>n<br />

mittelbare Diskriminierung. Wenn also z. B.<br />

aufgrund tariflicher Regelungen Frauen we-<br />

niger verdienen als Männer und dies weder<br />

<strong>an</strong>gemessen noch notwendig ist, noch mit<br />

12<br />

sachlichen Gründen gerechtfertigt werden<br />

k<strong>an</strong>n, d<strong>an</strong>n liegt mittelbare Diskriminierung<br />

vor. Ein weiteres Beispiel sind Regelungen,<br />

durch die bestimmte Beschäftigtengruppen<br />

( z. B. Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte,<br />

Reinigungskräfte ) von der Möglichkeit einer<br />

Leistungszulage oder <strong>an</strong>deren Vergünstigun-<br />

gen ausgeschlossen werden. Wenn dieser<br />

Beschäftigtengruppe hauptsächlich Frauen<br />

<strong>an</strong>gehören ( was bei den gen<strong>an</strong>nten Beispie-<br />

len meist der Fall ist ), d<strong>an</strong>n benachteiligt<br />

diese Regelung im Ergebnis die beschäftig-<br />

ten Frauen, auch wenn der Tarifvertrag Frau-<br />

en und Männer nicht ausdrücklich erwähnt.<br />

Auch zur Klärung der Begriffe der unmittel-<br />

baren und mittelbaren Diskriminierung hat<br />

der europäische Gesetzgeber einen wichtigen<br />

Beitrag geleistet:<br />

Rechtsgrundlagen<br />

Unmittelbare<br />

und mittelbare<br />

Diskriminierung


Beweislastrichtlinie: Richtlinie<br />

97/80/EG<br />

vom 15.12.1997<br />

über die Beweislast bei Diskriminierung<br />

aufgrund des Geschlechts<br />

Artikel 2: Definitionen<br />

1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet<br />

der Ausdruck »Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsgrundsatz«,<br />

dass keine unmittelbare oder<br />

mittelbare Diskriminierung<br />

aufgrund des Geschlechts<br />

erfolgen darf.<br />

2) Im Sinne des in Absatz 1<br />

gen<strong>an</strong>nten Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsgrundsatzes<br />

liegt eine<br />

mittelbare Diskriminierung<br />

vor, wenn dem Anschein nach<br />

neutrale Vorschriften, Kriterien<br />

oder Verfahren einen wesentlich<br />

höheren Anteil der Angehörigen<br />

eines Geschlechts<br />

benachteiligen, es sei denn,<br />

die betreffenden Vorschriften,<br />

Kriterien oder Verfahren sind<br />

<strong>an</strong>gemessen und notwendig<br />

und sind durch nicht auf das<br />

Geschlecht bezogene sachliche<br />

Gründe gerechtfertigt.<br />

13<br />

Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsrichtlinie:<br />

Richtlinie 2002/73/EG<br />

vom 23.09.2002<br />

zur Verwirklichung des Grundsatzes<br />

der Gleichbeh<strong>an</strong>dlung von<br />

Männern und Frauen<br />

Artikel 2:<br />

2) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet<br />

der Ausdruck<br />

• »Unmittelbare Diskriminierung«:<br />

wenn eine Person<br />

aufgrund ihres Geschlechts<br />

in einer vergleichbaren Situation<br />

eine weniger günstige<br />

Beh<strong>an</strong>dlung als eine <strong>an</strong>dere<br />

Person erfährt, erfahren hat<br />

oder erfahren würde;<br />

• »Mittelbare Diskriminierung«:<br />

wenn dem Anschein nach neutrale<br />

Vorschriften, Kriterien<br />

oder Verfahren Personen, die<br />

einem Geschlecht <strong>an</strong>gehören,<br />

in besonderer Weise gegenüber<br />

Personen des <strong>an</strong>deren<br />

Geschlechts benachteiligen<br />

können, es sei denn, die betreffenden<br />

Vorschriften, Kriterien<br />

oder Verfahren sind durch<br />

ein rechtmäßiges Ziel sachlich<br />

gerechtfertigt und die Mittel<br />

sind zur Erreichung dieses<br />

Ziels <strong>an</strong>gemessen und erforderlich.<br />

Rechtsgrundlagen


Die <strong>neue</strong> Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsrichtlinie von<br />

2002 muss bis Oktober 2005 in deutsches<br />

Recht umgew<strong>an</strong>delt werden. Sie weist im<br />

Unterschied zu der älteren Definition in der<br />

sog. Beweislastrichtlinie zwei wichtige Un-<br />

terschiede auf:<br />

Erstens reicht es nun aus, wenn die Rege-<br />

lungen diskriminieren können, sie müssen<br />

also nicht bereits diskriminiert haben und<br />

es k<strong>an</strong>n vorsorglich vor Diskriminierung ge-<br />

schützt werden. Zweitens spricht die <strong>neue</strong><br />

Richtlinie von Personen, die benachteiligt<br />

sein können, und nicht mehr von einem<br />

wesentlich höheren Anteil der Angehörigen<br />

b. Deutsche Rechtsnormen<br />

Die höchste deutsche Rechtsnorm ist das<br />

Grundgesetz. In ihm werden in den Arti-<br />

keln 2 und 3 die Gleichberechtigung von<br />

Männern und Frauen, die Verpflichtung des<br />

Staates zur Förderung der Gleichberechti-<br />

gung und das Verbot der Benachteiligung<br />

wegen des Geschlechts festgelegt. Auch Ta-<br />

rif- und Betriebsparteien sind <strong>an</strong> diese ver-<br />

fassungsrechtlichen Normen gebunden und<br />

14<br />

eines Geschlechts. Aufwändige Statistiken<br />

dürften also zukünftig entfallen.<br />

Die <strong>neue</strong> Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsrichtlinie for-<br />

dert von den Mitgliedsstaaten außerdem,<br />

Verb<strong>an</strong>dsklagen zuzulassen. Dies würde<br />

bedeuten, dass nun nicht mehr einzelne<br />

Frauen ihre eigene Eingruppierung <strong>an</strong>kla-<br />

gen müssten, sondern es könnten Gewerk-<br />

schaften oder <strong>an</strong>dere Interessenverbände<br />

für die gesamte Gruppe betroffener Frauen<br />

klagen und die Abschaffung diskriminie-<br />

render Regelungen erwirken. <strong>Eine</strong> solche<br />

Möglichkeit gibt es in Deutschl<strong>an</strong>d bisl<strong>an</strong>g<br />

nicht.<br />

müssen sie beachten. Die Tarifautonomie ist<br />

also insofern eingeschränkt, dass die Tarif-<br />

parteien das Recht auf Gleichbeh<strong>an</strong>dlung<br />

und Entgeltgleichheit beachten müssen und<br />

keine diskriminierenden Tarifverträge ab-<br />

schließen dürfen. Für die Betriebsparteien<br />

gilt dies ebenfalls und ist in § 75 Absatz 1<br />

BetrVG noch einmal ausdrücklich vorge-<br />

schrieben.<br />

Rechtsgrundlagen<br />

Gleichbeh<strong>an</strong>dlungs-<br />

richtlinie<br />

Grundgesetz<br />

Betriebsverfassungs-<br />

gesetz


Grundgesetz Artikel 3: (in der Fassung von 1994)<br />

2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt.<br />

Betriebsverfassungsgesetz<br />

§ 75 Grundsätze für die Beh<strong>an</strong>dlung<br />

der Betriebs<strong>an</strong>gehörigen<br />

1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im<br />

15<br />

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechti-<br />

gung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung beste-<br />

hender Nachteile hin.<br />

3) Niem<strong>an</strong>d darf wegen seines Geschlechtes (...) benachteiligt oder be-<br />

vorzugt werden.<br />

Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Bil-<br />

ligkeit beh<strong>an</strong>delt werden, insbesondere, dass jede unterschiedliche<br />

Beh<strong>an</strong>dlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nati-<br />

onalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung<br />

oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen<br />

Identität unterbleibt. Sie haben darauf zu achten, dass Arbeitnehmer<br />

nicht wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt<br />

werden.<br />

Rechtsgrundlagen


Um das EG-Recht auch in Deutschl<strong>an</strong>d um-<br />

zusetzen, wurden im Jahr 1980 zwei Paragra-<br />

phen in das Bürgerliche Gesetzbuch einge-<br />

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung vom 13.08.1980<br />

§ 612 Vergütung<br />

3) Bei einem Arbeitsverhältnis darf für gleiche oder für gleichwertige<br />

16<br />

Arbeit nicht wegen des Geschlechtes des Arbeitnehmers eine gerin-<br />

gere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des<br />

<strong>an</strong>deren Geschlechts. Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung<br />

wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen des Geschlechts des<br />

Arbeitnehmers besondere Schutzvorschriften gelten. § 611 a Absatz 1<br />

Satz 3 ist entsprechend <strong>an</strong>zuwenden.<br />

§ 611 a Gleichbeh<strong>an</strong>dlung und Beweislast<br />

1) Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder<br />

einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsver-<br />

hältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer<br />

Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. <strong>Eine</strong><br />

unterschiedliche Beh<strong>an</strong>dlung wegen des Geschlechts ist jedoch<br />

zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der<br />

vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenst<strong>an</strong>d hat und<br />

ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese<br />

Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft<br />

macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten<br />

lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf<br />

das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche<br />

Beh<strong>an</strong>dlung rechtfertigen oder das Geschlecht eine unverzichtbare<br />

Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.<br />

fügt, die Vorschriften zur Entgeltgleichheit<br />

enthalten und die Beweislast in Streitfällen<br />

regeln.<br />

Rechtsgrundlagen<br />

BGB


3. Vom Grundsatz her:<br />

Verfahren der Arbeitsbewertung und Eingruppierungsgrundsätze<br />

3.1. Grundsätzliche Fragen der Eingruppierung und Neuerungen<br />

in den <strong>ERA</strong>s<br />

Grundlage für die betriebliche Eingruppie-<br />

rung in den <strong>ERA</strong> der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> ( wie insgesamt<br />

in den Tarifverträgen in Deutschl<strong>an</strong>d ) ist<br />

eine Bewertung der Anforderungen, die ein<br />

Arbeitsplatz <strong>an</strong> seinen Inhaber oder seine<br />

Inhaberin stellt. Die Basis des Entgeltes ist<br />

also nicht abhängig von den Qualifikationen,<br />

17<br />

die ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitneh-<br />

merin erworben haben oder von der Leis-<br />

tung, die sie erbringen, sondern von den An-<br />

forderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes,<br />

<strong>an</strong> dem sie arbeiten. Dies ist das Prinzip der<br />

<strong>an</strong>forderungsabhängigen Entgeltdifferenzie-<br />

rung, das in folgenden Stufen verläuft:<br />

Prinzip der <strong>an</strong>forderungsabhängigen Entgeltdifferenzierung<br />

1. Beschreibung der Arbeitsaufgaben, der Arbeitsplätze, der Tätigkeiten<br />

oder der Stellen<br />

2. Definition der Anforderungsarten, die vergütet werden sollen<br />

3. Analyse der Anforderungen, die <strong>an</strong> die Arbeitsplatzinhaber und -inha-<br />

berinnen gestellt werden<br />

4. Bewertung der Anforderungen<br />

5. Zuordnung des Bewertungsergebnisses zu Entgeltgruppen<br />

6. Eingruppierung der Beschäftigten in eine Entgeltgruppe entspre-<br />

chend der Arbeitsaufgabe oder des Arbeitsplatzes<br />

Arbeitsbewertung


Die Anforderungen, die ein Arbeitsplatz <strong>an</strong><br />

seinen Inhaber oder seine Inhaberin stellen<br />

k<strong>an</strong>n (Anforderungsarten), lassen sich in den<br />

meisten Tarifverträgen auf folgende Liste<br />

zurückführen:<br />

• Kenntnisse<br />

• Geschicklichkeit<br />

• Ver<strong>an</strong>twortung<br />

• H<strong>an</strong>dlungsspielraum/<br />

Entscheidungsfreiheit<br />

• Kooperation<br />

• Führung.<br />

Die jeweiligen Tarifverträge setzen bei der<br />

Auswahl unterschiedliche Schwerpunkte.<br />

In früheren Verfahren zählten auch Belas-<br />

tungen der Muskeln, der Sinne und Nerven<br />

und Umgebungseinflüsse zu den eingruppie-<br />

rungsrelev<strong>an</strong>ten Anforderungsarten. Diesbe-<br />

züglich hat die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> mit ihren <strong>ERA</strong>-Ab-<br />

schlüssen einen beachtlichen Erfolg erzielt,<br />

denn es wurde durchweg geregelt, dass<br />

Belastungen nicht mehr eingruppierungsre-<br />

lev<strong>an</strong>t sind. Belastungen haben also keinen<br />

Einfluss auf das Grundentgelt mehr, sondern<br />

werden durch ein gesondertes Zulagensys-<br />

tem abgegolten ( ►Kapitel 2.1 und 5 ).<br />

Die Anforderungsarten dienen zunächst<br />

der Eingruppierung in Grundentgeltstufen.<br />

18<br />

Darüber hinaus spielen sie jedoch auch eine<br />

wichtige Rolle für das Erreichen der neu<br />

eingeführten Zusatzstufen. Diese <strong>neue</strong> Stu-<br />

fungssystematik, die in den meisten <strong>ERA</strong>s<br />

zu finden ist 3 , ermöglicht die Berücksichti-<br />

gung und Vergütung zusätzlicher Anforde-<br />

rungen, die noch keine Höhergruppierung<br />

rechtfertigen würden. In den Tarifbezirken<br />

werden hierfür unterschiedliche Kriterien he-<br />

r<strong>an</strong>gezogen, z. B. Flexibilität, Ver<strong>an</strong>twortung,<br />

Kooperation, tätigkeitsübergreifende Quali-<br />

fikationen sowie betriebliche oder aufgaben-<br />

bezogene Spezialkenntnisse (►ausführli-<br />

cher Kapitel 4.4 ). Mit Hilfe der Zusatzstufen<br />

können nun Anforderungen – gerade auch <strong>an</strong><br />

Frauenarbeitsplätzen – vergütet werden, die<br />

früher unberücksichtigt blieben.<br />

<strong>Eine</strong>n weiteren Erfolg stellt die nun ver-<br />

einbarte „g<strong>an</strong>zheitliche Betrachtung“ der<br />

Anforderungen bei der Bewertung von Arbeit<br />

dar. Während früher die sog. „überwie-<br />

gende Tätigkeit“ über die Eingruppierung<br />

entschied, müssen nun alle Tätigkeiten be-<br />

rücksichtigt werden. Nach den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s<br />

gilt, dass es für die Eingruppierung auf die<br />

Anforderungen der Tätigkeiten <strong>an</strong>kommt,<br />

die das Niveau der Gesamttätigkeit prägen,<br />

unabhängig davon, wie l<strong>an</strong>ge die einzelnen<br />

Tätigkeiten bzw. Teilaufgaben ausgeübt<br />

werden. Damit können flexible und viel-<br />

seitige Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche<br />

<strong>an</strong>gemessener bewertet werden als früher.<br />

3 In NRW gibt es keine Zusatzstufen in dem beschriebenen Sinn. Es gibt Zeitstufen in den EG 12,13,14.<br />

Arbeitsbewertung<br />

Anforderungen<br />

beinflussen auch die<br />

<strong>neue</strong>n Zusatzstufen<br />

Anforderungen<br />

müssen g<strong>an</strong>zheitlich<br />

betrachtet und<br />

bewertet werden.


<strong>Eine</strong> Person die flexibel eingesetzt wird und<br />

damit mehrere Arbeitsaufgaben bzw. Tätig-<br />

keiten erledigen k<strong>an</strong>n und muss, benötigt<br />

auch mehr Qualifikationen. Es ergibt sich ein<br />

höheres Anforderungsniveau. Diese Neue-<br />

Summarische Verfahren:<br />

Hier werden die Arbeitsplätze als G<strong>an</strong>zes<br />

bewertet. Die Anforderungs<strong>an</strong>alyse bezieht<br />

sich auf wenige Anforderungsarten, meist<br />

sind dies erforderliche Kenntnisse (Unter-<br />

weisungs- oder Anlernzeit, Ausbildung) und<br />

Fertigkeiten. Auch Berufserfahrung, Ver<strong>an</strong>t-<br />

wortung und Selbständigkeit werden oft in<br />

die Bewertung einbezogen. Summarische<br />

Verfahren sind in den <strong>ERA</strong>s der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> am<br />

häufigsten vertreten. Die unterschiedlichen<br />

Entgeltgruppen werden mit Hilfe von Ent-<br />

19<br />

rung k<strong>an</strong>n auch für viele sog. typische Frau-<br />

enarbeitsplätze eine höhere Eingruppierung<br />

ermöglichen.<br />

Für die Bewertung dieser Anforderungen<br />

gibt es verschiedene Verfahren:<br />

geltgruppentexten beschrieben. Mit jeder<br />

Entgeltgruppe steigen die Anforderungen,<br />

die der Arbeitsplatz stellt. Wird eine Kollegin<br />

oder ein Kollege auf mehreren Arbeitsplät-<br />

zen eingesetzt, ergeben sich aufgrund der<br />

g<strong>an</strong>zheitlichen, summarischen Eingruppie-<br />

rungssystematik <strong>an</strong>dere Anforderungen.<br />

Daraus folgt in der Regel eine höhere Ent-<br />

geltstufe. Als Beispiel findet sich der ent-<br />

sprechende §4 des <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> des Bezirks<br />

Küste auf der nächsten Seite.<br />

Arbeitsbewertung<br />

Summarik:<br />

Bewertung als G<strong>an</strong>-<br />

zes,Entgeltgruppen- texte


Beispiel für das summarische Lohngruppenverfahren: <strong>ERA</strong> des Bezirks Küste<br />

Anforderungsstufe<br />

Auszubildende, die in einem <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Ausbildungsberuf i.S.d. Berufsbildungsgesetzes<br />

auf Grund eines Berufsausbildungsvertrages ausgebildet<br />

werden.<br />

Tätigkeiten, deren Ablauf und Ausführung im Einzelnen festgelegt sind.<br />

Erforderlich sind Arbeits- oder Materialkenntnisse oder Geschicklichkeit<br />

bei der Arbeitsausführung, die durch eine zweckgerichtete Einarbeitung<br />

und Übung von bis zu vier Wochen erlernt werden.<br />

Tätigkeiten, deren Ablauf und Ausführung weitgehend festgelegt sind.<br />

Erforderlich sind Arbeits- oder Materialkenntnisse oder besondere Geschicklichkeit<br />

bei der Arbeitsausführung, wie sie in der Regel durch ein<br />

systematisches Anlernen von mehr als vier Wochen Dauer erworben werden.<br />

Berufliche Vorbildung ist nicht erforderlich.<br />

Tätigkeiten, deren Ablauf und Ausführung teilweise festgelegt sind. Erforderlich<br />

sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch<br />

• eine mindestens zweijährige fachspezifische Ausbildung<br />

• oder eine abgeschlossene dreijährige fachfremde Berufsausbildung<br />

erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

Sachbearbeitende Aufgaben und /oder Facharbeiten, deren Erledigung<br />

weitgehend vorgegeben ist. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten,<br />

wie sie in der Regel durch<br />

• eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung<br />

• oder eine abgeschlossene fachfremde Berufsausbildung und eine<br />

mehrjährige fachspezifische Berufserfahrung erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

Schwierige sachbearbeitende Aufgaben und /oder schwierige Facharbeiten,<br />

deren Erledigung überwiegend vorgegeben ist. Erforderlich sind<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch<br />

• eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung<br />

und eine mehrjährige Berufserfahrung<br />

• oder durch abgeschlossene fachfremde Berufsausbildung und eine<br />

mehrjährige fachspezifische Berufserfahrung sowie spezielle Weiterbildung<br />

erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

20<br />

Entgeltgruppe<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Eckentgelt<br />

6<br />

►►►<br />

Fortsetzung nächste Seite<br />

Arbeitsbewertung


Anforderungsstufe<br />

Entgeltgruppe<br />

►►►<br />

Umfassende sachbearbeitende Aufgaben und/oder umfassende Fachaufgaben<br />

innerhalb des Fachgebietes, deren Erledigung teilweise vorgege- 7<br />

ben ist. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel<br />

durch<br />

• eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige Berufsausbildung<br />

und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie zusätzliche<br />

spezielle Weiterbildung erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

Fachgebietsübergreifende Aufgabengebiete, deren Erledigung im Rahmen<br />

von bestimmten Richtlinien erfolgt. Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten,<br />

wie sie in der Regel durch<br />

• eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung<br />

• oder durch eine abgeschlossene fachspezifische mindestens dreijährige<br />

Berufsausbildung und eine l<strong>an</strong>gjährige Berufserfahrung sowie eine<br />

zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

Komplexe Aufgabengebiete im Rahmen von Richtlinien. Erforderlich sind<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch<br />

• eine abgeschlossene Hochschulausbildung<br />

• oder durch eine abgeschlossene zweijährige Fachschulausbildung,<br />

Berufsausbildung und eine mehrjährige Berufserfahrung sowie eine<br />

zusätzliche spezielle Weiterbildung erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

Aufgabenbereiche im Rahmen von allgemeinen Richtlinien. Erforderlich<br />

sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch<br />

• eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben werden<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

Komplexe Aufgabenbereiche – teilweise nach allgemeinen Richtlinien.<br />

Erforderlich sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch<br />

• eine abgeschlossene Hochschulausbildung und eine l<strong>an</strong>gjährige fachspezifische<br />

Berufserfahrung sowie gegebenenfalls eine entsprechende<br />

Fortbildung erworben werden,<br />

• oder auf einem <strong>an</strong>deren Wege erworben wurden.<br />

21<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

Arbeitsbewertung


Analytische Verfahren:<br />

Hier werden die einzelnen Anforderungsar-<br />

ten, die ein Arbeitsplatz aufweist, getrennt<br />

und unabhängig vonein<strong>an</strong>der <strong>an</strong>alysiert und<br />

bewertet. Jeder Anforderungsart wird also<br />

ein Punktwert zugeordnet. Als Ergebnis die-<br />

ses Rechenverfahrens steht eine Summe, die<br />

den Wert aller Anforderungsarten ausdrückt<br />

(= Arbeitswert) und die d<strong>an</strong>n den Entgelt-<br />

gruppen zugeordnet wird.<br />

Dieses Verfahren wird vor allem im <strong>ERA</strong> des<br />

Bezirks Baden-Württemberg <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt.<br />

Als Beispiel finden sich die Regelungen<br />

des Stufenwertzahlverfahrens aus Baden-<br />

Württemberg in der <strong>an</strong>schließenden Zusam-<br />

menfassung.<br />

22<br />

Bei den <strong>an</strong>alytischen Verfahren ist es mög-<br />

lich, den einzelnen Anforderungsarten<br />

jeweils unterschiedliche Gewichtungen<br />

zuzuweisen, so dass sie einen unterschied-<br />

lich hohen Einfluss auf den Arbeitswert und<br />

letztendlich auf das Entgelt haben. Diese<br />

Gewichtung k<strong>an</strong>n durch Multiplikation der<br />

Punktwerte mit einem Gewichtungsfaktor<br />

erfolgen (= getrennte Gewichtung) oder aber<br />

dadurch, dass eine unterschiedliche Zahl<br />

von Stufen mit einem unterschiedlich hohen<br />

maximal erreichbaren Punktwert gebildet<br />

werden (= gebundene Gewichtung). Diese<br />

Form der Gewichtung liegt bei den <strong>ERA</strong>s der<br />

Bezirke Baden-Württemberg und in einigen<br />

Bereichen in Nordrhein-Westfalen vor.<br />

Arbeitsbewertung<br />

Analytik:<br />

getrennte Bewertung<br />

der Anforderungen,<br />

Punktwerte, Gewich-<br />

tungsfaktoren


Beispiel für das <strong>an</strong>alytische Stufenwertzahlverfahren:<br />

<strong>ERA</strong> des Bezirks Baden-Württemberg<br />

Anforderungsart Anforderungsstufen und zugeordnete Punkte (Stufenwertzahlen) max. *<br />

1. Wissen und Können<br />

1.1 Anlernen<br />

1.2 Ausb. und Erfahr.<br />

1.2.1. Ausbildung<br />

1.2.2. Erfahrung<br />

B1 Abgeschlossene, in der Regel zweijährige Berufsausbildung i.S. des BBiG<br />

B2 Abgeschlossene, in der Regel drei- bis dreieinhalbjährige Berufsausbildung i.S. des<br />

BBiG<br />

B3 Abgeschlossene Berufsausbildung i.S. des BBiG und eine darauf aufbauende abgeschlossene,<br />

in der Regel einjährige Vollzeit-Fachausbildung (z.B. Meister-Ausbildung<br />

IHK)<br />

B4 Abgeschlossene Berufsausbildung i.S. des BBiG und eine darauf aufbauende abgeschlossene,<br />

in der Regel zweijährige Vollzeit-Fachausbildung (z.B. staatlich geprüfter<br />

Techniker)<br />

B5 Abgeschlossenes Fachhochschulstudium<br />

B6 Abgeschlossenes Universitätsstudium<br />

23<br />

A1/3<br />

B1/10<br />

E1/1<br />

A2/4<br />

B2/13<br />

E2/3<br />

A3/5<br />

B3/16<br />

E3/5<br />

A4/7<br />

B4/19<br />

E4/8<br />

A5/9<br />

B5/24<br />

E5/10<br />

B6/29<br />

2.Denken D1/1 D2/3 D3/5 D4/8 D5/12 D6/16 D7/20 20<br />

3. H<strong>an</strong>dlungsspielraum/<br />

Ver<strong>an</strong>twortung<br />

9<br />

29<br />

10<br />

max.<br />

H1/1 H2/3 H3/5 H4/7 H5/9 H6/11 H7/14 H8/17 17<br />

4. Kommunikation K1/1 K2/3 K3/5 K4/7 K5/10 K6/13 13<br />

5. Mitarbeiterführung F1/2 F2/3 F3/4 F4/5 F5/7 7<br />

* maximale Wertzahl<br />

Die Anforderungsstufen werden so beschrieben, dass für jeden Arbeitsplatz eine Einordnung<br />

in eine der Stufen pro Anforderungsart möglich ist. Als Beispiel hier die Beschreibung der<br />

Stufen für die Anforderungsart 1.2.1 Ausbildung:<br />

39<br />

►►►<br />

Fortsetzung nächste Seite<br />

Arbeitsbewertung


►►►<br />

Die erreichte Gesamtpunktzahl wird den<br />

Entgeltgruppen zugeordnet.<br />

24<br />

Gesamtpunktzahl Entgeltgruppe<br />

6 1<br />

7 – 8 2<br />

9 – 11 3<br />

12 – 14 4<br />

15 – 18 5<br />

19 – 22 6<br />

23 – 26 7<br />

27 – 30 8<br />

31 – 34 9<br />

35 – 38 10<br />

39 – 42 11<br />

43 – 46 12<br />

47 – 50 13<br />

51 – 54 14<br />

55 – 58 15<br />

59 – 63 15<br />

64 – 96 17<br />

Arbeitsbewertung


3.2. Worauf muss beim Eingruppierungsverfahren geachtet werden ?<br />

Eingruppierungen und Umgruppierungen<br />

sind personelle Einzelmaßnahmen im Sinne<br />

des Betriebsverfassungsgesetzes. Das heißt,<br />

dass der Arbeitgeber zunächst die Eingrup-<br />

pierung eines Arbeitsplatzes vorschlägt oder<br />

vorläufig vornimmt und der Betriebsrat <strong>an</strong>-<br />

schließend zustimmen muss ( §99 BetrVG ).<br />

Die <strong>ERA</strong>-Einführung erfordert in allen Betrie-<br />

ben eine generelle Eingruppierungs- bzw.<br />

Umgruppierungsaktion. Sollen ungerechtfer-<br />

tigte Benachteiligungen von Frauen beseitigt<br />

werden, gilt es, diese Ch<strong>an</strong>ce zu nutzen. Mit<br />

einer einzigen Eingruppierungsaktion wird<br />

über die zukünftigen Entgelte aller Beschäf-<br />

tigten entschieden. Deshalb sehen die meis-<br />

ten <strong>ERA</strong>s für diese Einführungsphase auch<br />

besondere Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

des BR bzw. der Beschäftigten vor ( siehe Zu-<br />

sammenfassung unter 3.3 in diesem Kapitel ).<br />

Es ist wichtig, dass direkt mit der Eingrup-<br />

pierung geprüft wird, ob diskriminiert wird<br />

25<br />

oder nicht. Wird Diskriminierung vermutet<br />

oder gar nachgewiesen, müssen die jewei-<br />

ligen Möglichkeiten der Zustimmungsver-<br />

weigerung oder des Einspruchs genutzt<br />

werden.<br />

Dies setzt natürlich voraus, dass die Mit-<br />

glieder des Betriebsrats und /oder der Pa-<br />

ritätischen Kommission in den Fragen der<br />

Entgeltdiskriminierung von Frauen geschult<br />

wurden und für die Diskriminierungsfallen<br />

der Arbeitsbewertung sensibel sind. Hier ist<br />

also das Engagement von Frauen gefragt.<br />

Es ist wichtig, dass möglichst viele Frauen <strong>an</strong><br />

den <strong>an</strong>gebotenen Qualifizierungsmaßnah-<br />

men teilnehmen. In keinem <strong>ERA</strong> wird übri-<br />

gens ausdrücklich erwähnt, dass Frauen und<br />

Männer in den Paritätischen Kommissionen<br />

ausgewogen vertreten sein müssen. Deswe-<br />

gen müssen die Kolleginnen ihre Ansprüche<br />

auf Beteiligung einfordern und ihre Bereit-<br />

schaft signalisieren.<br />

Eingruppierung<br />

Eingruppierungsvor-<br />

schlag des<br />

Arbeitgebers prüfen<br />

und gegebenenfalls<br />

fristgerecht<br />

widersprechen<br />

Schulungsmaßnah-<br />

men org<strong>an</strong>isieren<br />

Ausgewogene Ver-<br />

tretung von Frauen in<br />

den Kommissionen<br />

sicherstellen


► Was ist zu tun ?<br />

Zusammenfassend und in Kürze hier noch<br />

einmal die H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen für die<br />

Gestaltung des Eingruppierungsverfahrens:<br />

26<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Der Eingruppierungsvorschlag des Ar-<br />

beitgebers muss auch auf Diskriminie-<br />

rungsfreiheit geprüft werden.<br />

Die Mitglieder des Betriebsrates und<br />

der Paritätischen Kommission müssen<br />

entsprechend geschult sein, um die Ge-<br />

fahren und Mech<strong>an</strong>ismen der Diskrimi-<br />

nierung erkennen zu können.<br />

Im Betriebsrat und in den paritätischen<br />

Kommissionen zur Eingruppierung müs-<br />

sen Frauen und Männer <strong>an</strong>gemessen<br />

vertreten sein.<br />

Auch in den Tarifkommissionen müssen<br />

Frauen entsprechend ihrem Anteil vertre-<br />

ten sein, um bereits bei der Gestaltung<br />

der tariflichen Regelungen die Interessen<br />

von Frauen wirkungsvoll einbringen zu<br />

können. Dies fordert die Satzung der<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>.<br />

Eingruppierung


3.3. Was regeln die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s zu den Verfahren der Ersteingruppierung<br />

?<br />

Paritätische Kommissionen:<br />

In allen <strong>ERA</strong>s werden für das Verfahren der<br />

Ersteingruppierung Paritätische Kommissio-<br />

nen gebildet, denen jeweils zwei oder drei<br />

VertreterInnen des Arbeitgebers und der<br />

Beschäftigten <strong>an</strong>gehören. Die VertreterInnen<br />

der Beschäftigten sind vom Betriebsrat zu<br />

benennen und müssen dem Unternehmen<br />

<strong>an</strong>gehören. In Baden-Württemberg und Nie-<br />

dersachsen gelten vereinfachte Regelungen<br />

für kleinere Betriebe. In Baden-Württemberg<br />

Widerspruchsfristen und -formen:<br />

Dem Vorschlag des Arbeitgebers zur Erst-<br />

eingruppierung k<strong>an</strong>n innerhalb eines Zeit-<br />

raums von zwischen drei bis acht Wochen<br />

( je nach <strong>ERA</strong> ) widersprochen werden. Die<br />

<strong>ERA</strong>s von Küste und Thüringen schreiben<br />

hierfür ausdrücklich die Schriftform vor.<br />

Der <strong>ERA</strong> von Baden-Württemberg sieht<br />

Schulungen für die Mitglieder und Stellver-<br />

treterInnen der Paritätischen Kommission<br />

ausdrücklich vor. In allen <strong>an</strong>deren <strong>ERA</strong>s ist<br />

dies nicht der Fall. Hier können aber die Re-<br />

gelungen des §37 ( 6 ) und ( 7 ) BetrVG offensiv<br />

genutzt werden, d.h. dass einerseits <strong>an</strong>gebo-<br />

tene Schulungsver<strong>an</strong>staltungen in Anspruch<br />

27<br />

und Nordrhein-Westfalen bleiben diese Pari-<br />

tätischen Kommissionen dauerhaft beste-<br />

hen, in den <strong>an</strong>deren Tarifbezirken gelten<br />

nach erfolgter Ersteingruppierung die Mitbe-<br />

stimmungsregelungen nach § 99 BetrVG. Im<br />

Bezirk Küste gibt es darüber hinaus ein indi-<br />

viduelles Einspruchsrecht mit betrieblichem<br />

Verfahren vor dem Rechtsweg. ( detaillierte<br />

tabellarische Aufstellung der Regelungen<br />

►Abschnitt 9, ab Seite 78 )<br />

Der weitere Ablauf des Widerspruchs-<br />

bzw. Einigungsverfahrens ist in den<br />

<strong>ERA</strong>s im Detail unterschiedlich geregelt.<br />

( detaillierte tabellarische Aufstellung<br />

der Regelungen ►Abschnitt 9, ab Sei-<br />

te 78 )<br />

Schulungen zur Einführung des <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>:<br />

genommen werden sollten. Andererseits<br />

sollte auch darauf hingewirkt werden, dass<br />

in den Schulungen der Aspekt der Entgelt-<br />

diskriminierung von Frauen berücksichtigt<br />

wird oder spezielle Schulungen zu dieser<br />

Thematik <strong>an</strong>geboten werden. ( detaillierte<br />

tabellarische Aufstellung der Regelungen<br />

►Abschnitt 9, ab Seite 78 )<br />

Ersteingruppierung


4. Was steht <strong>an</strong>?<br />

Wichtige H<strong>an</strong>dlungsfelder für die <strong>ERA</strong>-Einführung<br />

Der Zeitpunkt der Einführung der <strong>neue</strong>n<br />

<strong>ERA</strong>s unterscheidet sich von Tarifbezirk zu<br />

Tarifbezirk. Und auch in den Betrieben wird<br />

ein jeweils unterschiedliches Tempo gefah-<br />

ren. Doch auch – oder gerade – wenn es so<br />

scheint, als stünde bis zur Umsetzung der<br />

<strong>neue</strong>n Regelungen noch viel Zeit zur Ver-<br />

fügung, muss diese Zeit für eine sinnvolle<br />

4.1. Was nicht beschrieben wird, wird auch nicht bewertet!<br />

Arbeitsbeschreibungen als Grundlage der Eingruppierung<br />

a. Wo liegen Diskriminierungsgefahren bei der Arbeitsbeschreibung?<br />

<strong>Eine</strong> sorgfältige und auch vollständige<br />

Arbeitsbeschreibung ist, unabhängig vom<br />

jeweils <strong>an</strong>gewendeten Arbeitsbewertungs-<br />

verfahren, eine wichtige Voraussetzung für<br />

eine korrekte und diskriminierungsfreie<br />

Eingruppierung.<br />

Denn es ist logisch: Wenn einzelne Tä-<br />

tigkeiten nicht beschrieben worden sind,<br />

können deren Anforderungen <strong>an</strong> den oder<br />

die ArbeitsplatzinhaberIn nicht bewertet<br />

werden. Damit werden diese Tätigkeiten mit<br />

ihren Anforderungen bei der Eingruppierung<br />

zw<strong>an</strong>gsläufig nicht beachtet und können<br />

keinen Einfluss auf die Vergütung nehmen.<br />

Für Frauen wird dies zu einer besonders sub-<br />

tilen Diskriminierungsgefahr: Insbesondere<br />

<strong>an</strong> sogen<strong>an</strong>nten typischen Frauenarbeits-<br />

plätzen sind oft Tätigkeiten zu verrichten<br />

oder Qualifikationen gefordert, die Frauen<br />

aufgrund eines traditionellen Rollenver-<br />

ständnisses als selbstverständlich zuge-<br />

28<br />

Vorbereitung genutzt werden. Denn wenn<br />

es d<strong>an</strong>n so weit ist, wird es – wie immer<br />

– plötzlich g<strong>an</strong>z schnell gehen. Wenn also in<br />

den Betrieben die verbleibende Zeit bis zur<br />

Einführung genutzt und die folgenden Punk-<br />

te bearbeitet werden, d<strong>an</strong>n können bei der<br />

<strong>ERA</strong>-Einführung Ch<strong>an</strong>cen für Frauen verwirk-<br />

licht werden.<br />

schrieben werden. Denn typische Frauenar-<br />

beitsplätze sind meist eng verw<strong>an</strong>dt mit den<br />

Aufgaben, die traditionell Frauenaufgaben<br />

in der Familie und im Haushalt waren ( z. B.<br />

Versorgen, Pflegen, Putzen, Kochen, Nähen,<br />

Aufräumen, Org<strong>an</strong>isieren ) oder mit den<br />

Fähigkeiten, die Frauen als quasinatürlich<br />

zugeschrieben werden ( z .B. Kommunikati-<br />

onsfähigkeit, Geduld und Ausdauer, Finger-<br />

fertigkeit, Einfühlungsvermögen ). Und wenn<br />

Frauen d<strong>an</strong>n als Näherinnen in der Polsterei,<br />

als Montagearbeiterin in der Elektromonta-<br />

ge, als Sekretärin oder als Sachbearbeiterin<br />

mit Kundenkontakt arbeiten, d<strong>an</strong>n besteht<br />

die Gefahr, dass bestimmte Tätigkeiten oder<br />

Qualifikations<strong>an</strong>forderungen übersehen<br />

werden, weil es so selbstverständlich er-<br />

scheint, dass Frauen diese Arbeit leisten und<br />

die entsprechenden Fähigkeiten besitzen. Es<br />

erscheint praktisch »gar nicht mehr der Rede<br />

wert«. Und dennoch sind diese Tätigkeiten<br />

berufliche Aufgaben, und die Qualifikationen<br />

Arbeitsbeschreibungen<br />

die noch vorh<strong>an</strong>dene<br />

Zeit zur Vorbereitung<br />

nutzen<br />

sämtliche<br />

Anforderungen<br />

vollständig erfassen


sind beruflich notwendige und erforderliche<br />

Qualifikationen. Deshalb müssen sie erfasst<br />

und beschrieben werden und Eingruppie-<br />

rung und Vergütung beeinflussen.<br />

<strong>Eine</strong> Regelüberführung der Arbeitsplätze<br />

oder Arbeitsaufgaben von den alten Tarif-<br />

verträgen in die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s ist deshalb aus<br />

Sicht der Frauen abzulehnen. Denn wenn<br />

Arbeitsplätze nach vorab festgelegten Re-<br />

geln ohne eine <strong>neue</strong> Bewertung in die <strong>neue</strong>n<br />

4 In Anlehnung <strong>an</strong>: DGB ( Hrsg. ): Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit – H<strong>an</strong>dreichung zur Anwendung des<br />

Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsgebots in Tarifverträgen, Berlin 2003, S. 38<br />

29<br />

Entgeltgruppen eingestuft werden, d<strong>an</strong>n<br />

würde die Ch<strong>an</strong>ce vert<strong>an</strong>, die Eingruppierung<br />

von Frauenarbeitsplätzen zu überprüfen und<br />

ggf. zu korrigieren. Möglicherweise diskrimi-<br />

nierende Eingruppierungen aus früherer Zeit<br />

würden nicht entdeckt und nichts würde sich<br />

<strong>an</strong> der Diskriminierung ändern.<br />

Um Diskriminierungsgefahren bei der Ar-<br />

beitsbeschreibung zu umgehen, müssen die<br />

folgenden Grundsätze befolgt werden. 4<br />

Arbeitsbeschreibungen


Grundsätze für geschlechtsneutrale Arbeitsbeschreibungen<br />

1) Die Arbeitsbeschreibung muss umfassend und vollständig sein.<br />

30<br />

Alle Tätigkeitsinhalte und Anforderungen sollten erfasst werden. Bei<br />

der Beschreibung der Anforderungen sind systematisch jeweils die<br />

Kategorien zu berücksichtigen, die für die spätere Eingruppierung<br />

wichtig sind, also z. B. erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten,<br />

H<strong>an</strong>dlungsspielraum oder Ver<strong>an</strong>twortung.<br />

2) Sie muss einheitlich abgefasst sein.<br />

Vorteilhaft ist ein st<strong>an</strong>dardisiertes Frageraster, das sämtliche Infor-<br />

mationen über die Tätigkeiten nach gleichen Kriterien erhebt.<br />

3) Sie muss sachlich sein.<br />

Die Arbeitsbeschreibung soll Aufgaben und Anforderungen lediglich<br />

beschreiben, und nicht bereits bewerten.<br />

4) Sie muss eindeutig und verständlich sein.<br />

Der Erhebungsbogen muss verständlich, präzise formuliert und ein-<br />

fach zu h<strong>an</strong>dhaben sein, damit alle Beschäftigten in gleicher Weise<br />

ohne Schwierigkeiten und Unsicherheit mit ihm umgehen können.<br />

5) Sie sollte zunächst von den Beschäftigten selbst ( nicht vom Arbeit-<br />

geber ) verfasst werden.<br />

Dies fördert eine größtmögliche Objektivität und Vollständigkeit der<br />

Beschreibung. Außerdem wird dadurch verhindert, dass einzelne Tä-<br />

tigkeitsinhalte nur durch die Verwendung bestimmter Formulierungen<br />

unwichtig erscheinen.<br />

Arbeitsbeschreibungen


Der Grundsatz der Vollständigkeit hat es<br />

in sich und ist bei weitem nicht so leicht<br />

zu erfüllen, wie es sich im ersten Moment<br />

<strong>an</strong>hört.<br />

Den meisten Beschäftigten fällt es sehr<br />

schwer, ihren Arbeitsplatz vollständig zu<br />

beschreiben. Insbesondere Frauen überse-<br />

hen m<strong>an</strong>chmal den beruflichen Charakter<br />

m<strong>an</strong>cher ihrer eigenen Tätigkeiten und nen-<br />

nen sie von sich aus nicht – entweder aus<br />

( falsch verst<strong>an</strong>dener ) Bescheidenheit oder<br />

weil sie ihnen auch so selbstverständlich<br />

und deshalb nicht erwähnenswert vorkom-<br />

men. Oft werden die eigene Wichtigkeit und<br />

die eigenen Möglichkeiten von H<strong>an</strong>dlungs-<br />

spielräumen falsch eingeschätzt. Deshalb<br />

k<strong>an</strong>n die Selbstaufschreibung nur ein erster<br />

5 Beispiele für den Arbeitsplatz einer Innenreinigerin, einer Kr<strong>an</strong>kenpflegerin und einer Sekretärin finden sich in:<br />

DGB (Hrsg.): Entgeltgleichheit für Frauen und Männer. Ein Seminarkonzept des DGB, Berlin 2003, S. 31 - 33<br />

31<br />

Vorbereitungsschritt sein. Die endgültige<br />

Aufgabenbeschreibung sollte gemeinsam<br />

mit Betriebsräten oder sachkundigen Ver-<br />

trauensleuten gemacht werden.<br />

<strong>Eine</strong> Hilfestellung zur Erstellung vollständi-<br />

ger Arbeitsbeschreibungen können die fol-<br />

genden Fragenkataloge für Mitarbeiterinnen<br />

in der kaufmännischen oder technischen<br />

Sachbearbeitung und im gewerblichen Be-<br />

reich liefern. Die Beispiele lassen sich für<br />

bestimmte Arbeitsplätze leicht ergänzen<br />

oder verändern. 5 Das Ziel der Fragen ist es,<br />

bisl<strong>an</strong>g übersehene Tätigkeiten zu »entde-<br />

cken«, Selbstverständlichkeiten zu hinterfra-<br />

gen und für die Nichtbeachtung und damit<br />

Unterbewertung sogen<strong>an</strong>nter typischer Frau-<br />

entätigkeiten zu sensibilisieren.<br />

Arbeitsbeschreibungen<br />

Endgültige Arbeits-<br />

(Aufgaben-) beschrei-<br />

bung gemeinsam<br />

mit Betriebsrat bzw.<br />

Vertrauensleuten<br />

abfassen.


Fragen <strong>an</strong> eine Mitarbeiterin in der kaufmännischen oder technischen Sachbearbeitung<br />

Mögliche Fragen Beispiele für Anforderungen<br />

Welche Ausbildung ist notwendig, um die Tätigkeiten<br />

<strong>an</strong> deinem Arbeitsplatz auszuüben ?<br />

Welche Weiterbildungsmaßnahmen hast du besucht,<br />

um deine Arbeitsaufgaben erfüllen zu können<br />

?<br />

Welche Kenntnisse oder Fähigkeiten brauchst du <strong>an</strong><br />

deinem Arbeitsplatz, die du nirgendwo »offiziell«<br />

gelernt hast ?<br />

Wie viel Erfahrung benötigt m<strong>an</strong>, bis m<strong>an</strong> sich <strong>an</strong><br />

deinem Arbeitsplatz richtig gut auskennt ?<br />

Welche Informationen beschaffst du dir selber<br />

? Wie beschaffst du sie dir ?<br />

Welche Vorgaben erhältst du für deine<br />

Arbeit ?<br />

Worüber entscheidest du selbst ?<br />

Ab w<strong>an</strong>n musst du deine/-n Chef/-in fragen ?<br />

32<br />

Ausbildung, Einarbeitung, Einweisung<br />

Erforderliche Weiterbildung<br />

Einfühlungsvermögen, Kundenorientierung, Freundlichkeit,<br />

Kommunikationsfähigkeit<br />

Notwendige Erfahrung<br />

Selbständigkeit, Eigeninitiative<br />

H<strong>an</strong>dlungsspielraum, Selbständigkeit<br />

Ver<strong>an</strong>twortung, Entscheidungsfindung<br />

Wofür bist du ver<strong>an</strong>twortlich ? Ver<strong>an</strong>twortung für Maschinen, Material, Menschen,<br />

die Arbeit <strong>an</strong>derer, Geld<br />

Arbeitest du allein oder in einem Team ? Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit<br />

Mit wem stimmst du dich bei deiner Arbeit ab ? Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit<br />

Mit wem hast du sonst beruflich Kontakt ? Soziale Kompetenzen, Einfühlungsvermögen,<br />

Fremdsprachenkenntnisse<br />

Arbeitest du viel am PC ? Was ?<br />

Welche Programme benutzt du ?<br />

PC-Kenntnisse (Software und Hardware), Grafik,<br />

Design, Internetrecherchen<br />

Welche Arbeitsmittel benutzt du ? Technische Kenntnisse: Fax, Kopierer, Telefon<strong>an</strong>lage,<br />

Drucker, Plotter, PC<br />

Hast du eine Führungsaufgabe ? Führung<br />

Weist du <strong>an</strong>dere KollegInnen ein oder leitest sie <strong>an</strong> ? Führung, Ver<strong>an</strong>twortung für Menschen oder die<br />

Arbeit <strong>an</strong>derer<br />

Welche Pläne erstellst du selber ? Erstellen von Zeitplänen, Materialplänen, Projektplänen,<br />

Ablaufplänen oder Reiseplänen<br />

Für welche Art von Problemen suchst du selber<br />

Lösungen ?<br />

Was war im letzten Jahr dein umf<strong>an</strong>greichstes Projekt<br />

?<br />

Vertrittst du KollegInnen während des Urlaubs oder<br />

wenn sie kr<strong>an</strong>k sind ?<br />

Wenn ja, welche Aufgaben übernimmst du d<strong>an</strong>n<br />

zusätzlich ?<br />

Problemlösungsfähigkeit, Selbständigkeit<br />

Komplexität der Arbeitsaufgaben, H<strong>an</strong>dlungsspielraum,<br />

Selbständigkeit<br />

Übernahme höherwertiger Aufgaben<br />

Wie ungestört k<strong>an</strong>nst du arbeiten ? Häufige Arbeitsunterbrechungen durch Anweisungen<br />

des/der Chefs/-in, Telefonate und BesucherInnen<br />

Was ist das Anstrengendste am Tag ?<br />

Was nervt m<strong>an</strong>chmal ?<br />

Was fällt dir schwer ?<br />

Physische und psychische Belastungen<br />

( Dies ist wichtig für die Zahlung von Belastungszulagen<br />

bzw. den entsprechenden Freizeitausgleich ! )<br />

Arbeitsbeschreibungen


Fragen <strong>an</strong> eine Mitarbeiterin im gewerblichen Bereich<br />

Mögliche Fragen Beispiele für Anforderungen<br />

Welche Ausbildung ist notwendig, um die Tätigkeiten<br />

<strong>an</strong> deinem Arbeitsplatz auszuüben ?<br />

Welche Weiterbildungsmaßnahmen hast du besucht,<br />

um deine Arbeitsaufgaben erfüllen zu können<br />

?<br />

Welche Kenntnisse oder Fähigkeiten brauchst du <strong>an</strong><br />

deinem Arbeitsplatz, die du nirgendwo »offiziell«<br />

gelernt hast ?<br />

Wie viel Erfahrung benötigt m<strong>an</strong>, bis m<strong>an</strong> sich <strong>an</strong><br />

deinem Arbeitsplatz richtig gut auskennt ?<br />

An wie vielen Arbeitsplätzen oder Maschinen wirst<br />

du eingesetzt?<br />

33<br />

Ausbildung, Einarbeitung, Einweisung<br />

Erforderliche Weiterbildung<br />

Freundlichkeit, Kundenorientierung, Kommunikationsfähigkeit,<br />

Geschicklichkeit, Geduld<br />

Notwendige Erfahrung<br />

Kenntnisse, Flexibilität, Vielseitigkeit<br />

Welche Werkzeuge und Arbeitsmittel benutzt du ? Technische Kenntnisse, PC-Kenntnisse, Flexibilität,<br />

Vielseitigkeit<br />

Wer besorgt das Material?<br />

Wer richtet die Maschine ein und bestückt sie ?<br />

Erkennst du Fehler <strong>an</strong> der Maschine, am Material<br />

oder am Produkt ? Was machst du d<strong>an</strong>n ?<br />

Komplexität der Aufgabe, höherwertige Aufgaben<br />

Selbständigkeit, Ver<strong>an</strong>twortung, H<strong>an</strong>dlungsspielraum,<br />

höherwertige Aufgaben<br />

Welche Art von Problemen löst du selber ? Problemlösungsfähigkeit, höherwertige Aufgaben<br />

Bist du auch zuständig für Wartung, Pflege und<br />

Reparatur »deiner« Maschine ?<br />

Technische Kenntnisse, Vielseitigkeit, höherwertige<br />

Aufgaben<br />

Welche Störungen gibt es und was machst du d<strong>an</strong>n ? Kenntnisse, Selbständigkeit, Ver<strong>an</strong>twortung, H<strong>an</strong>dlungsspielraum<br />

Wie und von wem wird die tägliche Arbeitseinteilung<br />

vorgenommen ?<br />

Pl<strong>an</strong>ungsfähigkeit, Ver<strong>an</strong>twortung, Selbständigkeit<br />

Welche Vorgaben erhältst du für deine Arbeit ? Ver<strong>an</strong>twortung, Selbständigkeit<br />

Arbeitest du alleine oder im Team ? Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit<br />

Mit wem stimmst du dich bei deiner Arbeit ab ? Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit<br />

Mit wem hast du sonst beruflich Kontakt ? Soziale Kompetenzen, Einfühlungsvermögen<br />

Wofür bist du ver<strong>an</strong>twortlich ? Maschine, Menschen, Produkt, Qualität, Sauberkeit,<br />

Arbeitssicherheit<br />

Weist du <strong>an</strong>dere KollegInnen ein oder leitest sie <strong>an</strong> ? Führungsaufgaben, Ver<strong>an</strong>twortung für Menschen<br />

oder die Arbeit <strong>an</strong>derer<br />

Für welche Art von Problemen suchst du selber<br />

Lösungen ?<br />

Was war im letzten Jahr deine schwierigste Aufgabe<br />

?<br />

Arbeitest du im Stehen, im Sitzen, gebückt oder in<br />

einer festen Körperhaltung ?<br />

Was ist das Anstrengende <strong>an</strong> deiner Arbeit ?<br />

Was ist un<strong>an</strong>genehm in deiner Arbeitsumgebung ?<br />

Was nervt m<strong>an</strong>chmal ?<br />

Was fällt dir schwer ?<br />

Problemlösungsfähigkeit, Selbständigkeit<br />

Komplexität der Arbeitsaufgaben, H<strong>an</strong>dlungsspielraum,<br />

Selbständigkeit<br />

Körperliche Belastungen ( Dies ist wichtig für die<br />

Zahlung von Belastungszulagen bzw. den entsprechenden<br />

Freizeitausgleich ! )<br />

Körperliche und psychische Belastungen, Umgebungseinflüsse<br />

( Dies ist wichtig für die Zah-lung<br />

von Belastungszulagen bzw. den entsprechenden<br />

Freizeitausgleich ! )<br />

Arbeitsbeschreibungen


►b. Was ist zu tun ?<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Es ist wichtig, dass Arbeitsbeschreibun-<br />

gen als Grundlage für eine spätere Ein-<br />

gruppierung <strong>an</strong>gefertigt werden ! Regel-<br />

überführungen sollte es nicht geben.<br />

Die Grundsätze für geschlechtsneutrale<br />

Arbeitsbeschreibungen müssen eingehal-<br />

ten werden !<br />

Kolleginnen sollten bei der Abfassung<br />

einer vollständigen Arbeitsbeschreibung<br />

von einer Person unterstützt werden, die<br />

viele Fragen stellt und sich nicht mit allzu<br />

kurzen und bescheidenen Beschreibun-<br />

gen der Arbeitsaufgabe bzw. der Tätigkei-<br />

ten zufrieden gibt !<br />

34<br />

►<br />

►<br />

Wenn Zweifel dar<strong>an</strong> bestehen, dass<br />

Arbeitsaufgaben bzw. Tätigkeiten von<br />

Frauen vollständig beschrieben wurden,<br />

müssen die Möglichkeiten, die der <strong>ERA</strong><br />

zur Überprüfung und ggf. Überarbeitung<br />

von Arbeitsbeschreibungen bietet, ge-<br />

nutzt werden.<br />

Teilaufgaben, die nur zeitweise ausge-<br />

führt werden, die Arbeitsaufgabe in ihrer<br />

Gesamtheit aber prägen können, müssen<br />

besonders beachtet werden. Auch sie<br />

müssen, entsprechend der Bestimmun-<br />

gen des jeweiligen <strong>ERA</strong>, ausreichend<br />

berücksichtigt werden. Dies entspricht<br />

dem <strong>neue</strong>n Prinzip der g<strong>an</strong>zheitlichen<br />

Betrachtung von Anforderungen. Es muss<br />

vermieden werden, dass gerade typische<br />

Anforderungen <strong>an</strong> sog. „Frauenarbeits-<br />

plätzen“ als »nicht prägend« unberück-<br />

sichtigt bleiben !<br />

Arbeitsbeschreibungen


c. Was regeln die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s zur Arbeitsbeschreibung?<br />

Die Anfertigung einer Arbeitsbeschreibung<br />

als Grundlage für die Eingruppierung ist nur<br />

im <strong>ERA</strong> von Baden-Württemberg ausdrück-<br />

lich erwähnt [ § 6 ( 4 )] 6 . Hier k<strong>an</strong>n außerdem<br />

jede Seite der Paritätischen Kommission<br />

unter Angabe von Gründen eine Überprüfung<br />

und ggf. Überarbeitung der Arbeitsbeschrei-<br />

bung verl<strong>an</strong>gen [ § 7 ( 3.1 ) ].<br />

In <strong>an</strong>deren Tarifbezirken k<strong>an</strong>n die Notwen-<br />

digkeit der Arbeitsbeschreibung aus den<br />

Formulierungen abgeleitet werden, nach<br />

denen die Eingruppierung entsprechend der<br />

prägenden Anforderungen, Tätigkeiten oder<br />

Teilaufgaben erfolgt. Denn eine Eingruppie-<br />

rung ist demzufolge nur möglich, wenn diese<br />

Anforderungen, Tätigkeiten oder Teilaufga-<br />

ben auch beschrieben wurden.<br />

Ein Beispiel aus dem <strong>ERA</strong> von Nordrhein-<br />

Westfalen soll dies verdeutlichen: In §2 ( 3 )<br />

6 Falls nicht <strong>an</strong>ders erwähnt, beziehen sich die Angaben zu Paragraphen immer auf das Entgeltrahmenabkom-<br />

men bzw. den Entgeltrahmentarifvertrag des Tarifbezirks, der gerade besprochen wird.<br />

35<br />

wird geregelt, dass die Grundlage der Ein-<br />

gruppierung die Einstufung der übertrage-<br />

nen und auszuführenden Arbeitsaufgabe ist.<br />

In §7 ( 3 ) Einführungs-TV werden erforder-<br />

liche Unterlagen erwähnt, auf die der Ar-<br />

beitgeber seinen Eingruppierungsvorschlag<br />

stützt. Aus der Kombination der beiden Pa-<br />

ragraphen ergibt sich, dass eine Arbeitsbe-<br />

schreibung nötig ist, um eine nachvollzieh-<br />

bare und überprüfbare Eingruppierung auf<br />

der Basis der übertragenen Arbeitsaufgaben<br />

vornehmen zu können.<br />

In den <strong>ERA</strong>s der Bezirke Küste und Thüringen<br />

k<strong>an</strong>n die Notwendigkeit von Arbeitsbeschrei-<br />

bungen daraus abgeleitet werden, dass im Falle<br />

eines Einspruchs, dem der Arbeitgeber nicht<br />

stattgibt, die Ablehnung unter Zugrundelegung<br />

der Anforderungsbeschreibung schriftlich zu<br />

begründen ist [§ 2 (5)].<br />

Arbeitsbeschreibungen


Die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s bieten Ch<strong>an</strong>cen für eine<br />

Überprüfung und gerechtere Eingruppie-<br />

rung von Frauenarbeitsplätzen. Wenn sie<br />

genutzt werden sollen, besteht eine wich-<br />

tige Grundlage für die Vorbereitung in den<br />

Betrieben darin, sich einen Überblick über<br />

die Entgeltstruktur zwischen Frauen und<br />

Männern zu verschaffen. Günstig wäre eine<br />

Beschäftigtenstatistik, die nach Tätigkeiten,<br />

Geschlecht und Entgelt aufgeschlüsselt ist<br />

und folgende Daten liefert:<br />

Entgeltdaten:<br />

• Wer verdient wie viel ?<br />

• Welchen Anteil haben Frauen und Männer<br />

<strong>an</strong> den Entgeltgruppen ?<br />

• Wie viel Prozent der beschäftigten Frauen<br />

und Männer sind in den höchsten bzw.<br />

niedrigsten Entgeltgruppen eingruppiert ?<br />

Daten zu Tätigkeiten:<br />

• Welche Tätigkeiten /Arbeitsplätze gibt es<br />

im Betrieb ?<br />

• Welche Arbeitsplätze werden hauptsäch-<br />

lich von Frauen, welche hauptsächlich<br />

36<br />

von Männern ausgeübt ?<br />

• In welchen Entgeltgruppen sind die Ar-<br />

beitsplätze eingruppiert, die entweder<br />

hauptsächlich von Frauen oder von Män-<br />

nern ausgeübt werden ?<br />

Solche statistischen Daten liegen leider oft<br />

nicht vor. Doch selbst d<strong>an</strong>n ist es möglich,<br />

aus der Kenntnis des Betriebes heraus typi-<br />

sche Arbeitsplätze von Frauen und Männern<br />

zu suchen und mit Hilfe von Paarvergleichen<br />

auf Diskriminierungsfreiheit zu überprüfen.<br />

Bei einem Paarvergleich werden Tätigkeiten<br />

mitein<strong>an</strong>der verglichen, die typischerweise<br />

von Frauen bzw. von Männern ausgeübt wer-<br />

den, z. B. Maschinenbediener und Schreib-<br />

kraft. Verglichen werden nun einerseits die<br />

bisherigen Entgelte <strong>an</strong> den beiden Arbeits-<br />

plätzen und die Wertigkeit der Arbeitsplätze<br />

<strong>an</strong>dererseits. Wenn eine diskriminierungs-<br />

freie Bewertung der Arbeit ergibt, dass beide<br />

Arbeitsplätze gleichwertig sind, müssen die<br />

Arbeitsplätze in derselben Entgeltgruppe<br />

eingruppiert sein. Anderenfalls läge eine<br />

begründete Vermutung für Diskriminierung<br />

vor. 7<br />

Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche<br />

4.2 Der St<strong>an</strong>d der Dinge: Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche<br />

7 Ausführliche Beschreibungen des Vorgehens und der rechtlichen Hintergründe für Paarvergleiche finden sich<br />

in: DGB (Hrsg.): Entgeltgleichheit für Frauen und Männer. Ein Seminarkonzept des DGB, Berlin 2003, S. 65 – 71<br />

Beschäftigungs- und<br />

Entgeltdaten aufberei-<br />

ten und <strong>an</strong>alysieren.<br />

Mit Paarvergleichen<br />

Diskriminierung ent-<br />

decken !


Ein Beispiel aus der Fachliteratur:<br />

Schreibkraft: Gehaltsstufe G2 Lagerarbeiter: Lohngruppe LG IV<br />

Zu 95Prozent weiblich besetzt<br />

Einstiegsgehalt: 1.510 5<br />

Endgehalt nach 7 Tätigkeitsjahren<br />

1.800 5<br />

Kein Aufstieg in die nächsthöhere<br />

Gruppe vorgesehen<br />

Bewertungskriterien:<br />

1. Kenntnisse: abgeschlossene<br />

Berufsausbildung oder gleichwertige<br />

Ausbildung<br />

2. Auch erworben durch mehrjährige<br />

<strong>an</strong>derweitige Qualifikation<br />

Keine Zulagen<br />

37<br />

Zu 85 Prozent männlich besetzt<br />

Lohn: 1.645 5<br />

Keine Stufendifferenz nach Tätigkeitsjahren<br />

Aufstieg in Lohngruppe V nach<br />

fünfjähriger Tätigkeit möglich<br />

( Einstieg: 1.940 5 )<br />

Bewertungskriterien:<br />

1. Kenntnisse: sechsmonatige<br />

Einarbeitung<br />

2. Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit<br />

3. Ver<strong>an</strong>twortung für Betriebsmittel<br />

Zulagen für erhöhte Belastungen:<br />

80 5<br />

Einstiegsgehalt: 1.570 5 /Monat Lohn: 1.725 5 /Monat<br />

An diesem Beispiel ist direkt in mehrfacher<br />

Hinsicht eine Diskriminierung nachweisbar.<br />

Anh<strong>an</strong>d dieses Beispiels wird besonders<br />

deutlich, worauf bei Paarvergleichen zu ach-<br />

ten ist.<br />

Paarvergleiche, sind eine Möglichkeit, Ge-<br />

schlechterdiskriminierungen sichtbar zu<br />

machen. Ergeben sich keine signifik<strong>an</strong>ten<br />

Unterschiede, ist <strong>an</strong>zunehmen, das diskrimi-<br />

nierungsfrei bewertet wird.<br />

Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche


Formular für Paarvergleiche<br />

Fragen<br />

Welche Entgeltgruppe ?<br />

Frauen- bzw. Männer<strong>an</strong>teil<br />

<strong>an</strong> diesem Arbeitsplatz ?<br />

Einstiegsentgelt ?<br />

Endstufe in der Entgeltgruppe ?<br />

Nach wieviel Jahren erreicht ?<br />

Höhergruppierung vorgesehen ?<br />

Bewertungskriterien ?<br />

Zulagen ?<br />

Sonstige Besonderheiten ?<br />

38<br />

Arbeitsplatz 1<br />

------------------------------------------------<br />

Typische Arbeitsaufgaben und Paarvergleiche<br />

Arbeitsplatz 2<br />

------------------------------------------------


4.3. Gleich und gleich gesellt sich gern: Richt- und Niveaubeispiele<br />

a. Was sind Richt- und Niveaubeispiele und wo liegen ihre<br />

Diskriminierungsgefahren?<br />

Zunächst ein Hinweis auf die Wortwahl: Mit<br />

Richt- bzw. Niveaubeispielen ist zunächst<br />

einmal – von außen betrachtet – etwas ähn-<br />

liches gemeint. In den Tarifbezirken werden<br />

die Bezeichnungen jedoch unterschiedlich<br />

verwendet:<br />

Niveaubeispiel:<br />

Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen<br />

Richtbeispiel:<br />

Niedersachsen<br />

tarifliches Niveaubeispiel, betriebliches<br />

Richtbeispiel:<br />

Thüringen<br />

Richt- oder Niveaubeispiele sind Beschrei-<br />

bungen und Eingruppierungen ausgewählter<br />

Arbeitsplätze, die für eine große Zahl von<br />

Arbeitsplätzen als typisch <strong>an</strong>gesehen werden.<br />

Sie werden auf tariflicher Ebene zwischen<br />

der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> und den Arbeitgeberverbänden<br />

vereinbart und können auch nur von ihnen<br />

wieder verändert werden. Sie bieten Orien-<br />

tierung bei der Eingruppierung, aber ihre<br />

Verbindlichkeit unterscheidet sich von Bezirk<br />

zu Bezirk bzw. von Tarifgebiet zu Tarifgebiet.<br />

Während die Niveaubeispiele in Baden-<br />

Württemberg zu einem festen und verbindli-<br />

chen Best<strong>an</strong>dteil des Systems der Bewertung<br />

und Einstufung werden [§ 5 (2.2 )], dienen<br />

sie in Nordrhein-Westfalen lediglich als Ori-<br />

39<br />

entierungshilfe und sind nicht verbindlich<br />

<strong>an</strong>zuwenden. In der Regel können Richt- und<br />

Niveaubeispiele nicht die g<strong>an</strong>ze vielschichti-<br />

ge betriebliche Wirklichkeit abbilden. Es gibt<br />

unzählig viele Tätigkeiten in der <strong>Metall</strong>- und<br />

Elektroindustrie, die sich außerdem bestän-<br />

dig verändern. Durch die Beispiele wird aber<br />

deutlich, welches ( Entgelt- ) Niveau sich die<br />

Tarifvertragsparteien für welche Arbeitsauf-<br />

gaben bzw. Tätigkeiten vorgestellt haben.<br />

Die Regelungen zu Richt- und Niveaubei-<br />

spielen sind in den Tarifbezirken also nicht<br />

einheitlich (► Abschnitt c ). So benötigen<br />

beispielsweise <strong>an</strong>alytische Arbeitsbewer-<br />

tungsverfahren systembedingt eine größere<br />

Anzahl von Niveaubeispielen. Damit erklärt<br />

sich, warum beispielsweise im Bezirk Baden-<br />

Württemberg 122 Niveaubeispiele vereinbart<br />

wurden, aber in Niedersachsen nur zehn<br />

Richtbeispiele. Im Bezirk Küste gibt es gar<br />

keine Richtbeispiele, sondern ausschließlich<br />

betriebliche Regelungen.<br />

Die Diskriminierungsgefahren bei der For-<br />

mulierung von Richt- und Niveaubeispielen<br />

liegen natürlich zunächst überall dort, wo bei<br />

der Arbeitsbeschreibung und der Anwendung<br />

des Arbeitsbewertungsverfahrens Arbeit von<br />

Frauen unterbewertet werden k<strong>an</strong>n. Insofern<br />

gelten die Hinweise aus Kapitel 4.1 und 4.4<br />

für Richt- und Niveaubeispiele ebenfalls.<br />

Richt- und Niveaubeispiele<br />

Richt- und Niveau-<br />

beispiele werden in<br />

den Tarifbezirken<br />

unterschiedlich ge-<br />

h<strong>an</strong>dhabt.


Aber darüber hinaus besitzt die Vereinba-<br />

rung von Richt- und Niveaubeispielen auch<br />

eine nur ihr eigene Diskriminierungsgefahr:<br />

Wenn die Richt- oder Niveaubeispiele die An-<br />

teile und die Eigenschaften von sogen<strong>an</strong>nten<br />

typischen Frauen- und Männerarbeitsplätzen<br />

nicht <strong>an</strong>gemessen repräsentieren, können<br />

Frauen- und Männerarbeitsplätze nicht <strong>an</strong>ge-<br />

messen eingruppiert werden. Wenn also z. B.<br />

unter den Richtarbeitsplätzen überwiegend<br />

Männerarbeitsplätze vertreten sind, d<strong>an</strong>n<br />

k<strong>an</strong>n für einen typischen Frauenarbeitsplatz<br />

nur schwer ein Beispiel gefunden werden,<br />

das diesem Arbeitsplatz ähnlich und gleich<br />

zu bewerten ist.<br />

Ähnlich ungünstig wäre es, wenn die B<strong>an</strong>d-<br />

breite der überwiegend von Frauen besetz-<br />

ten Arbeitsplätze mit den Richt- und Niveau-<br />

beispielen nicht abgedeckt wäre. Auch d<strong>an</strong>n<br />

würde z. B. für die höherwertigen Arbeits-<br />

plätze von Frauen eine Entsprechung im Ka-<br />

talog der Richt- und Niveaubeispiel fehlen.<br />

Die Formulierungen der Richt- und Niveau-<br />

beispiele müssen geschlechtsneutral sein,<br />

dürfen also keinen Hinweis darauf geben, ob<br />

dieser Arbeitsplatz überwiegend von Frauen<br />

oder von Männern ausgeübt wird. Damit soll<br />

verhindert werden, dass Vorurteile und dis-<br />

kriminierende Vorstellungen über den gerin-<br />

geren Wert von typischen Frauenarbeitsplät-<br />

zen ( mehr oder weniger bewusst ) die Be-<br />

wertung und Eingruppierung der Richt- und<br />

Niveaubeispiele beeinflussen.<br />

40<br />

Tarifliche Kataloge von Richt- oder Ni-<br />

veaubeispielen können – wie weiter oben<br />

erwähnt – die betrieblichen Notwendigkei-<br />

ten und auch die Voraussetzung eines ge-<br />

schlechtsspezifisch ausgewogenen Katalogs<br />

von Beispielen nie g<strong>an</strong>z erfüllen. Deshalb<br />

wird in den meisten Tarifverträgen die Mög-<br />

lichkeit zur Ergänzung durch betriebliche<br />

Richt- oder Niveaubeispiele gegeben, um die<br />

Verhältnisse »vor Ort« ausreichend berück-<br />

sichtigen zu können. Wenn also die tarifli-<br />

chen Richt- oder Niveaubeispiele die im Be-<br />

trieb vorh<strong>an</strong>denen Frauenarbeitsplätze nicht<br />

ausreichend oder nicht in der ausreichenden<br />

B<strong>an</strong>dbreite abdecken ( können ), d<strong>an</strong>n müs-<br />

sen auf betrieblicher Ebene entsprechende<br />

Richt- und Niveaubeispiele vereinbart wer-<br />

den, um diese Lücke zu füllen.<br />

Um die Diskriminierungsfreiheit des Kata-<br />

logs von Richt- und Niveaubeispielen korrekt<br />

beurteilen zu können, werden ausführliche<br />

Informationen zum Anteil von Frauen und<br />

Männern <strong>an</strong> der Besetzung von Arbeitsplät-<br />

zen oder Arbeitsplatzgruppen im Betrieb<br />

bzw. im Tarifbezirk benötigt. Wenn und so-<br />

l<strong>an</strong>ge dieses Datenmaterial nicht vorliegt,<br />

muss der Katalog <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d von Erfahrungs-<br />

wissen überprüft werden.<br />

Grundsätzlich gilt überall: Entscheidend für<br />

die Eingruppierung sind die Entgeltgrup-<br />

pentexte, die in den <strong>ERA</strong>s vereinbart wur-<br />

den und die konkrete Arbeitsaufgabe oder<br />

Tätigkeit.<br />

Richt- und Niveaubeispiele<br />

Tarifliche und<br />

betriebliche Richt-<br />

und Niveaubeispiele<br />

Auch auf Diskriminie-<br />

rungsfreiheit von<br />

Richt- und Niveaubei-<br />

spielen achten !


Deswegen sollte die Beschreibung der<br />

Tätigkeiten, die eine Person <strong>an</strong> ihrem Ar-<br />

beitsplatzbeschreibung können muss, auch<br />

möglichst vollständig sein (►Kapitel 4.1 ). Es<br />

ist wichtig, dass die Arbeitsbeschreibungen<br />

möglichst ohne Kenntnis oder zumindest<br />

ohne Bezug auf die tariflichen und auch<br />

betrieblichen Beispiele erstellt werden.<br />

Ansonsten besteht die Gefahr, dass die<br />

Aufschreibung durch die vorh<strong>an</strong>denen Bei-<br />

spiele gelenkt wird und dadurch traditionelle<br />

Vorstellungen über den geringeren Wert von<br />

Frauenarbeitsplätzen erneut ( bewusst oder<br />

41<br />

unbewusst ) Einfluss nehmen können oder<br />

auch Anforderungen, die <strong>an</strong> den konkreten<br />

Arbeitsplatz gestellt werden, einfach verges-<br />

sen werden. Erst nachdem die abgeforderten<br />

Anforderungen wirklich vollständig erfasst<br />

wurden, sollte eine Übertragung auf die ta-<br />

rifvertraglichen Vereinbarungen stattfinden.<br />

Auch für diese Übertragung können vorh<strong>an</strong>-<br />

dene Richt- und Niveaubeispiele hilfreich<br />

sein.<br />

Folgende Grundsätze gelten also bei der<br />

Auswahl von Richt- und Niveaubeispielen:<br />

Richt- und Niveaubeispiele<br />

Die Arbeitsbeschrei-<br />

bung muss unabhän-<br />

gig von den Richt-<br />

und Niveaubeispielen<br />

erfolgen.


42<br />

Grundsätze für die geschlechtsneutrale Auswahl<br />

von Richt- und Niveaubeispielen<br />

1) Der Katalog der Richt- und Niveaubeispiele muss sowohl Arbeitsplät-<br />

ze enthalten, die überwiegend von Männern besetzt werden, als auch<br />

solche, die überwiegend von Frauen besetzt sind. Außerdem sollten<br />

Arbeitsplätze berücksichtigt werden, die zu gleichen Anteilen von<br />

Frauen und Männern besetzt werden.<br />

2) Der Anteil der überwiegend von Frauen, überwiegend von Männern<br />

und gemischt besetzten Arbeitsplätze muss dem jeweiligen Anteil in<br />

der betrieblichen Realität entsprechen.<br />

3) Die B<strong>an</strong>dbreite der Wertigkeit der Arbeitsplätze bzw. der Entgeltgrup-<br />

pen muss ebenfalls der in der betrieblichen Realität entsprechen.<br />

4) Die Formulierungen der Richt- und Niveaubeispiele müssen ge-<br />

schlechtsneutral sein.<br />

5) Gemäß den Bestimmungen des Tarifvertrages müssen betriebliche<br />

Richt- und Niveaubeispiele den tariflichen Katalog so ergänzen, dass<br />

die gen<strong>an</strong>nten Grundsätze erfüllt werden.<br />

6) Die Formulierung von Richt- und Niveaubeispielen einerseits und Ar-<br />

beitsplatzbeschreibungen <strong>an</strong>dererseits muss unabhängig vonein<strong>an</strong>-<br />

der erfolgen, um eventuelle Diskriminierungen nicht zu übertragen.<br />

Im Idealfall sind die Richt- und Niveaubeispiele denjenigen, die die<br />

Arbeitsplatzbeschreibungen formulieren, noch nicht bek<strong>an</strong>nt.<br />

Richt- und Niveaubeispiele


43<br />

►b. Was ist zu tun ?<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Zuerst muss geprüft werden, ob unter<br />

den tariflichen Richt- oder Niveaubei-<br />

spielen Arbeitsplätze sind, die im Betrieb<br />

überwiegend von Frauen besetzt werden.<br />

Ihr Anteil und ihre Zusammensetzung<br />

sollten die Beschäftigung von Frauen im<br />

Betrieb widerspiegeln !<br />

Außerdem muss geprüft werden, ob auch<br />

die höherwertigen Frauenarbeitsplätze<br />

des Betriebes <strong>an</strong>gemessen unter den<br />

Richt- oder Niveaubeispielen vertreten<br />

sind ! Am besten werden für jede Entgelt-<br />

gruppe jeweils mindestens ein Beispiel<br />

für einen sogen<strong>an</strong>nten »Frauen-« und ei-<br />

nen sogen<strong>an</strong>nten »Männerarbeitsplatz«<br />

aufgenommen !<br />

Wenn festgestellt wird, dass wichtige Ar-<br />

beitsfelder von Frauen in den Katalogen<br />

der Richt- und Niveaubeispielen nicht<br />

enthalten sind, müssen die Möglichkei-<br />

ten des jeweils geltenden <strong>ERA</strong> zur Erar-<br />

beitung ergänzender betrieblicher Richt-<br />

oder Niveaubeispiele genutzt werden !<br />

Richt- und Niveaubeispiele


c. Was regeln die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s zu Richt- und Niveaubeispielen ?<br />

In den Tarifbezirken Baden-Württemberg,<br />

Küste, Niedersachsen und Thüringen ist die<br />

Vereinbarung betrieblicher Ergänzungsbei-<br />

spiele möglich. Im Bezirk Nordrhein-West-<br />

falen ist dies gemäß <strong>ERA</strong> nicht vorgesehen,<br />

da die von den Tarifparteien gemeinsam<br />

bewerteten und eingruppierten Niveaubei-<br />

spiele nur als Orientierungshilfe dienen und<br />

für die Eingruppierung der Beschäftigten<br />

ihre konkrete Arbeitsaufgabe maßgeblich<br />

ist.<br />

Für die Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele<br />

sind in Baden-Württemberg und Nieder-<br />

44<br />

sachsen die Paritätischen Kommissionen zu-<br />

ständig, in Thüringen die Betriebsparteien.<br />

Wichtig sind auch die Regelungen zur Über-<br />

arbeitung und Aktualisierung der Richt- und<br />

Niveaubeispiele. In Baden-Württemberg<br />

wird eine Überprüfung aufgrund der techni-<br />

schen und org<strong>an</strong>isatorischen Entwicklung<br />

stattfinden und die Niveaubeispiele sollen<br />

»möglichst unverzüglich« ergänzt werden.<br />

In Niedersachsen und Thüringen soll eine<br />

Überprüfung bei Bedarf, mindestens aber<br />

alle fünf Jahre sowie bei einer Neuordnung<br />

von Berufsbildern erfolgen.<br />

4.4. Was wird eigentlich bewertet? Anforderungsarten in den <strong>ERA</strong>s<br />

a. Wie müssen Anforderungsarten ausgewählt, beschrieben und gewichtet<br />

werden, damit sie diskriminierungsfrei sind ?<br />

Die Auswahl der Anforderungsarten ist ein<br />

zentrales Element jedes Arbeitsbewertungs-<br />

verfahrens. Mit dieser Auswahl wird ent-<br />

schieden, welche Anforderungen überhaupt<br />

vergütet werden und welcher Anforderung<br />

wie viel Bedeutung, sprich: wie viel Geld<br />

zukommt.<br />

Hierin drückt sich die Vorstellung der Gestal-<br />

terInnen des Arbeitsbewertungsverfahrens<br />

darüber aus, was als <strong>an</strong>forderungsgerechtes<br />

Entgelt zu verstehen ist: Welchen Einfluss<br />

auf die Entgelthöhe soll die Anforderung <strong>an</strong><br />

die erforderliche Ausbildung haben ? Ist die<br />

Ver<strong>an</strong>twortung für Menschen eine Anforde-<br />

rung, die bezahlt werden soll ? Wie werden<br />

Anforderungen <strong>an</strong> die Kommunikations- und<br />

Kooperationsfähigkeit vergütet ? Wie wirkt<br />

sich die Übernahme von Führungsaufgaben<br />

auf die Entgelthöhe aus ? Über solche Fragen<br />

muss bei der Gestaltung eines Arbeitsbewer-<br />

tungsverfahrens entschieden werden.<br />

Für die Be<strong>an</strong>twortung dieser Fragen, also<br />

für die Auswahl und für die Gewichtung von<br />

Anforderungsarten, gibt es allerdings keine<br />

wissenschaftliche Regel, keinen objektiv<br />

und immer richtigen Katalog. Sondern das,<br />

was als Anforderungskriterium ausgewählt<br />

und wie es gewichtet wird, ist abhängig von<br />

Anforderungsarten<br />

Was regeln die <strong>neue</strong>n<br />

<strong>ERA</strong>s zu Richt- und<br />

Niveaubeispielen ?<br />

Was ist als ( <strong>an</strong>forde-<br />

rungs- ) gerechte Ver-<br />

gütung <strong>an</strong>zusehen ?<br />

Für die Auswahl der<br />

Anforderungsarten<br />

gibt es keine objekti-<br />

ven Regeln.


den Vorstellungen, Meinungen und Überzeu-<br />

gungen derjenigen, die das Arbeitsbewer-<br />

tungsverfahren gestalten – in unserem Fall<br />

also die Tarifparteien. Diese Vorstellungen,<br />

Meinungen und Überzeugungen wiederum<br />

sind abhängig von der Kultur und der Gesell-<br />

schaft, in der wir leben: von gesellschaftli-<br />

chen Werten und Normen. Gesellschaftliche<br />

Werte und Normen verändern sich im Laufe<br />

der Zeit und damit verändern sich auch die<br />

Vorstellungen darüber, was als ( <strong>an</strong>forde-<br />

rungs- ) gerechte Vergütung <strong>an</strong>zusehen ist.<br />

War m<strong>an</strong> z. B. noch in den fünfziger Jahren<br />

weitgehend davon überzeugt, dass körper-<br />

lich schwere Arbeit durch die Be<strong>an</strong>spru-<br />

chung der Muskeln gegeben ist ( sogen<strong>an</strong>nte<br />

»harte Männerarbeit« also ), setzte sich im<br />

Zuge der sogen<strong>an</strong>nten Leichtlohnklagen der<br />

siebziger und achtziger Jahre die Vorstellung<br />

durch, dass alle Umstände, die den mensch-<br />

lichen Org<strong>an</strong>ismus belasten, zu körperlich<br />

schwerer Arbeit führen können ( also z. B.<br />

auch die Arbeit der Montagearbeiterin ). Dies<br />

war ein wichtiger Erfolg für eine gerechtere<br />

Bewertung und Bezahlung von Frauenar-<br />

beitsplätzen. Dass es nun – mit den <strong>neue</strong>n<br />

<strong>ERA</strong>s – gelungen ist, die Belastungen aus<br />

der Findung der Grundentgelte vollständig<br />

herauszunehmen, ist ein weiterer wichtiger<br />

Schritt zur Vermeidung von Frauendiskimi-<br />

nierung.<br />

45<br />

Da es keine objektiv richtige Auswahl und<br />

Gewichtung von Anforderungsarten gibt,<br />

sondern nur eine gesellschaftlich beein-<br />

flusste, können traditionelle Vorstellungen<br />

über den Wert von Frauen- und Männerarbeit<br />

Eing<strong>an</strong>g in das Bewertungssystem finden.<br />

Eben diese traditionellen Vorstellungen<br />

führen, wie viele Untersuchungen nachge-<br />

wiesen haben, zu einer Unterbewertung von<br />

Frauenarbeit, und damit zu einer indirekten<br />

Entgeltdiskriminierung von Frauen. In der<br />

Fachliteratur werden bisher folgende Ein-<br />

fallstore für Entgeltdiskriminierung von Frau-<br />

en beschrieben: 8<br />

1. Anforderungen, die <strong>an</strong> männerdominier-<br />

ten Arbeitsplätzen häufiger vorkommen,<br />

werden unter verschiedenen Bezeichnun-<br />

gen doppelt oder gar mehrfach erfasst,<br />

z. B. erforderliche Kenntnisse, erforderli-<br />

che Ausbildung und Denk<strong>an</strong>forderungen.<br />

2. Es werden Anforderungen bewertet, die<br />

Frauen und Männer aus gesellschaftli-<br />

chen oder physischen Gründen unter-<br />

schiedlich leicht erfüllen können. Z. B.<br />

können Frauen die Anforderung »zeitli-<br />

che Flexibilität« aus gesellschaftlichen<br />

Gründen schlechter erfüllen als Männer.<br />

Denn aufgrund der immer noch weit ver-<br />

breiteten Rollenverteilung in der Familie<br />

benötigen sie pl<strong>an</strong>bare Arbeitszeiten, um<br />

8 in Anlehnung <strong>an</strong>: DGB ( Hrsg. ): Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit – H<strong>an</strong>dreichung zur Anwendung des<br />

Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsgebotes in Tarifverträgen, Berlin 2003, S. 17<br />

Anforderungsarten<br />

Auswahl und Definiti-<br />

on von Anforderungs-<br />

arten verändern sich<br />

mit gesellschaftlichen<br />

Vorstellungen<br />

Welche »Diskriminie-<br />

rungsfallen« wurden<br />

bisher beschrieben ?


ihren familiären Pflichten nachkommen<br />

zu können.<br />

3. Anforderungen werden einseitig und<br />

eingeschränkt ausgelegt, z. B. Ver<strong>an</strong>t-<br />

wortung wird nur als Ver<strong>an</strong>twortung für<br />

Fin<strong>an</strong>zen oder Maschinen, nicht aber als<br />

Ver<strong>an</strong>twortung für Menschen verst<strong>an</strong>den,<br />

was aber <strong>an</strong> frauendominierten Arbeits-<br />

plätzen häufig vorkommt.<br />

4. Es werden vage Formulierungen verwen-<br />

det, so dass tradierte Vorstellungen über<br />

den geringeren Wert von Frauenarbeit in<br />

die Bewertung einfließen können.<br />

5. Anforderungen, die vor allem auf männer-<br />

dominierte Tätigkeiten zutreffen, werden<br />

besonders stark gewichtet, z. B. Ver<strong>an</strong>twor-<br />

tung für Maschinen und Material oder Auf-<br />

gaben mit hohem Entscheidungsspielraum.<br />

6. Bestimmte Anforderungen, die <strong>an</strong> frauen-<br />

dominierten Arbeitsplätzen auftreten,<br />

werden dort nicht berücksichtigt und da-<br />

mit auch nicht bezahlt, <strong>an</strong> männerdomi-<br />

nierten Arbeitsplätzen jedoch schon ( z. B.<br />

Ver<strong>an</strong>twortung ). Dies ist insbesondere<br />

d<strong>an</strong>n möglich, wenn unterschiedliche<br />

Arbeitsbewertungsverfahren und Anfor-<br />

derungsarten verwendet werden, z. B. für<br />

Angestellte und für ArbeiterInnen, wobei<br />

das Verfahren, das für die meisten Frauen<br />

gilt, die Anforderungen <strong>an</strong> deren Arbeits-<br />

plätzen nicht berücksichtigt.<br />

46<br />

7. Bestimmte Anforderungen, die <strong>an</strong> frau-<br />

endominierten Arbeitsplätzen häufig<br />

vorkommen, werden erst d<strong>an</strong>n bewer-<br />

tet, wenn <strong>an</strong>dere Anforderungen auch<br />

erfüllt sind. Einzelne Anforderungen<br />

werden dadurch <strong>an</strong>ein<strong>an</strong>der gebunden.<br />

Z. B. wird Ver<strong>an</strong>twortung nur <strong>an</strong> den Ar-<br />

beitsplätzen bewertet, <strong>an</strong> denen hohe<br />

Kenntnisse und mehrjährige Erfahrung<br />

erforderlich sind.<br />

8. Anforderungen <strong>an</strong> frauendominierten<br />

Arbeitsplätzen werden erst d<strong>an</strong>n bewer-<br />

tet, wenn sie einen bestimmten Zeit<strong>an</strong>teil<br />

erreichen.<br />

M<strong>an</strong>che dieser Diskriminierungsfallen wur-<br />

den mit den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s ausgeschlossen.<br />

Vor allem sind durch den gemeinsamen<br />

Rahmentarifvertrag für ArbeiterInnen und<br />

Angestellte die Diskriminierungsgefahren<br />

geb<strong>an</strong>nt worden, die in unterschiedlichen Ta-<br />

rifverträgen liegen ( Ziffer 6 der Aufstellung ).<br />

Andere Gefahren treten in den <strong>ERA</strong>s gar nicht<br />

erst auf, da entsprechende Vorschriften nicht<br />

vorkommen: so z. B. das Anein<strong>an</strong>der-Binden<br />

von Anforderungsarten, wie es in Ziffer 7<br />

der Aufstellung beschrieben wird oder das<br />

Voraussetzen eines bestimmten Zeit<strong>an</strong>teils<br />

( Ziffer 8 der Aufstellung ).<br />

Um <strong>an</strong>dere mögliche Diskriminierungsgefah-<br />

ren <strong>an</strong>zugehen, gilt es die H<strong>an</strong>dlungsspiel-<br />

räume, die die <strong>ERA</strong>s bieten auszuschöpfen.<br />

Anforderungsarten<br />

M<strong>an</strong>che Diskriminie-<br />

rungsgefahren sind in<br />

den <strong>ERA</strong>s von vorn-<br />

hereinausgeschlos- sen, …<br />

… auf m<strong>an</strong>che muss<br />

bei der betrieblichen<br />

Umsetzung geachtet<br />

werden.


. Welche <strong>neue</strong>n Spielräume eröffnen die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s?<br />

Mit dem Abschluss der <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s wurden<br />

wichtige Erfolge erzielt und im Vergleich zu<br />

den alten Rahmentarifverträgen Spielräume<br />

geschaffen, die es nun zu nutzen gilt, um<br />

eine Unterbewertung von Frauenarbeitsplät-<br />

zen zu vermeiden.<br />

Vor allem unter drei Aspekten ergeben sich<br />

<strong>neue</strong> Ch<strong>an</strong>cen für eine gerechtere Eingrup-<br />

pierung von Frauen:<br />

Höhere Durchlässigkeit der Entgeltgruppen<br />

<strong>Eine</strong> höhere Durchlässigkeit der Entgelt-<br />

gruppen ist dadurch gegeben, dass es<br />

<strong>an</strong> einigen Stellen möglich geworden ist,<br />

Beispiel Erfahrung:<br />

Die Anforderungsart »Erfahrung« k<strong>an</strong>n sich<br />

nachteilig für Frauen auswirken, wenn sie<br />

ausschließlich als tatsächliche Verweildau-<br />

er auf dem Arbeitsplatz verst<strong>an</strong>den wurde.<br />

Denn Frauen können aufgrund ihrer häufige-<br />

ren In<strong>an</strong>spruchnahme von Elternzeit dieses<br />

Kriterium im Durchschnitt schlechter erfüllen<br />

47<br />

• durch die höhere Durchlässigkeit der<br />

Entgeltgruppen,<br />

• die Möglichkeit der In<strong>an</strong>spruchnahme<br />

der Zusatzstufen und<br />

• eine g<strong>an</strong>zheitlichere Definition der Anfor-<br />

derungsarten.<br />

die geforderte Anforderungsart durch das<br />

Erfüllen eines <strong>an</strong>deren Kriteriums zu erset-<br />

zen.<br />

als Männer. <strong>Eine</strong> gerechtere Bewertung<br />

der Anforderungen eines Arbeitsplatzes ist<br />

d<strong>an</strong>n möglich, wenn Erfahrung als die Zeit<br />

verst<strong>an</strong>den wird, die für die Beherrschung<br />

der Arbeitsaufgabe erforderlich ist. Diese<br />

alternative Definition k<strong>an</strong>n in den <strong>ERA</strong>s <strong>an</strong>-<br />

gewendet werden.<br />

Anforderungsarten<br />

Erfahrung ist die Zeit,<br />

die für die Berherr-<br />

schung der Arbeits-<br />

aufgabe erforderlich<br />

ist, nicht allein die<br />

Zeit, in der eine Per-<br />

son eine bestimmte<br />

Arbeitsaufgabe er-<br />

ledigt.


Aus den <strong>ERA</strong>s:<br />

Für den Bezirk Baden-Württemberg<br />

ist dies in Anlage 1, Punkt 1.2.2 aus-<br />

drücklich so beschrieben. Im <strong>ERA</strong> für<br />

Nordrhein-Westfalen findet sich eine<br />

entsprechende Formulierung in der<br />

Anlage 1a unter Punkt 1.<br />

Im Bezirk Küste wird Berufserfahrung<br />

ab Entgeltgruppe E5 zum Eingrup-<br />

pierungskriterium. Allerdings k<strong>an</strong>n<br />

Berufserfahrung in jeder Entgeltgruppe<br />

auch ‚auf einem <strong>an</strong>deren Wege erwor-<br />

ben‘ sein. Hierzu sagt § 3 ( 2 ): „Kennt-<br />

nisse und Fertigkeiten gelten als auf<br />

<strong>an</strong>derem Wege erworben im Sinne der<br />

Entgeltgruppen 4 – 11, wenn der Be-<br />

schäftigte die Anforderungen der je-<br />

weiligen Entgeltgruppe erfüllt.“ Diese<br />

Formulierung bietet die Möglichkeit,<br />

den Nachteil von Frauen beim Kriteri-<br />

um »Berufserfahrung« auszugleichen.<br />

48<br />

Auch im Bezirk Niedersachsen ist es<br />

ab Entgeltgruppe 5 möglich, die gefor-<br />

derten Kenntnisse und /oder Fertigkei-<br />

ten ‚auf <strong>an</strong>derem Wege erworben‘ zu<br />

haben und somit die Berufserfahrung<br />

auf dem speziellen Arbeitsplatz zu<br />

ersetzen. In Entgeltgruppe 4 wird ‚Er-<br />

fahrung im ausgeübten Tätigkeitsfeld‘<br />

gefordert, so dass auch hier keine un-<br />

unterbrochene Beschäftigung auf dem<br />

Arbeitsplatz nötig ist.<br />

Für den Bezirk Thüringen ist in<br />

§ 3 (5) ebenfalls geregelt, dass für die<br />

Eingruppierung allein die Tätigkeit,<br />

nicht aber die Ausbildung des /der Be-<br />

schäftigten maßgeblich ist und dass die<br />

erforderlichen Qualifikationen auch auf<br />

<strong>an</strong>derem Weg erworben sein können.<br />

Anforderungsarten<br />

Ba-Wü, Niedersachsen<br />

NRW<br />

Küste<br />

Thüringen<br />

Notwendige Fähig-<br />

keiten, die für die<br />

Erledigung einer<br />

Arbeitsaufgabe benö-<br />

tigt werden, können<br />

auch außerhalb des<br />

Betriebes erworben<br />

werden


Beispiel Anlernzeiten:<br />

In den unteren Entgeltgruppen ist es bei den<br />

meisten <strong>ERA</strong>s für die Eingruppierung ent-<br />

scheidend, wie l<strong>an</strong>ge die Unterweisung oder<br />

das Anlernen dauern muss, um den Arbeits-<br />

platz beherrschen zu können. Die erforder-<br />

liche Dauer der Anlernzeit ist allerdings ein<br />

Wert, der auf Schätzungen und Erfahrung<br />

beruht und nicht objektiv gemessen oder<br />

festgestellt werden k<strong>an</strong>n. Für Frauen ergibt<br />

sich d<strong>an</strong>n ein Nachteil, wenn bei der Berech-<br />

nung der Anlernzeiten bestimmte Kennt-<br />

nisse und Fertigkeiten nicht berücksichtigt<br />

werden, die sie aufgrund ihrer Erziehung<br />

und traditionellen Rollenzuschreibung mit-<br />

bringen. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten,<br />

die Frauen scheinbar »von Hause aus« mit-<br />

bringen, sind beruflich verwertete Qualifika-<br />

tionen: Sie verkürzen die tatsächlich erfor-<br />

derliche Anlernzeit im Betrieb. Dies darf aber<br />

nicht zu einer geringeren Eingruppierung<br />

des Arbeitsplatzes führen, sondern muss als<br />

Qualifikation bei der Bewertung des Arbeits-<br />

platzes und der Eingruppierung <strong>an</strong>gemessen<br />

bewertet werden.<br />

Dieses Argument trifft besonders dort zu,<br />

wo Frauen <strong>an</strong> Arbeitsplätzen arbeiten, die<br />

49<br />

mit der Haus- oder Familienarbeit verw<strong>an</strong>dt<br />

sind. Denn hier bringen Frauen oftmals<br />

Kenntnisse und Erfahrungen mit, die sie<br />

durch ihre Familienarbeit erworben haben.<br />

Um die erforderliche Dauer der Anlernzeit<br />

gerecht einschätzen zu können, ist stets<br />

zu fragen: „Wie l<strong>an</strong>ge wäre die Anlernzeit,<br />

wenn die Frauen dieses oder jenes erst ler-<br />

nen müssten ? “ „Wie l<strong>an</strong>ge würde jem<strong>an</strong>d<br />

<strong>an</strong>gelernt werden müssen, der diese Kennt-<br />

nisse und Erfahrungen nicht hat ? “ Erst wenn<br />

diese Qualifikationen auch berücksichtigt<br />

werden, k<strong>an</strong>n der Arbeitsplatz gerecht be-<br />

wertet werden.<br />

Im <strong>ERA</strong> des Bezirks Thüringen wird hierzu<br />

in § 3 (1) ausdrücklich erwähnt, dass bei der<br />

Bemessung der in den Entgeltgruppen E1<br />

bis E3 notwendigen Zeiten für Einarbeitung,<br />

Übung und Anlernen „von einem Niveau<br />

ohne jegliche berufliche Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten ausgeg<strong>an</strong>gen“ wurde. In den<br />

übrigen <strong>ERA</strong>s wird dies nicht ausdrücklich<br />

erwähnt. Trotzdem k<strong>an</strong>n das Argument bei<br />

der <strong>neue</strong>n Bewertung und Eingruppierung<br />

von Arbeitsplätzen genutzt werden. Der<br />

Spielraum dazu ist vorh<strong>an</strong>den.<br />

Anforderungsarten<br />

Anlernzeit k<strong>an</strong>n nicht<br />

objektiv gemessen<br />

werden. Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten, die<br />

Frauen »von Hause<br />

aus« mitbringen,<br />

verkürzen zwar die<br />

tatsächliche Anlern-<br />

zeit, dürfen aber nicht<br />

zu einer geringeren<br />

Eingruppierung füh-<br />

ren.<br />

Thüringen


Beispiel berufliche Weiterbildung:<br />

In den meisten <strong>ERA</strong>s k<strong>an</strong>n eine erforderliche<br />

Weiterbildung zu einer höheren Eingruppie-<br />

rung des Arbeitsplatzes führen.<br />

Aus den <strong>ERA</strong>s:<br />

Im Bezirk Küste gilt dies ab Entgelt-<br />

gruppe 6, in der unter <strong>an</strong>derem eine<br />

»zusätzliche spezielle Weiterbildung«<br />

erforderlich ist.<br />

Im Bezirk Niedersachsen ist ab Ent-<br />

geltgruppe 7 eine »auf den Betrieb<br />

bezogene Weiterbildung«, ab Entgelt-<br />

gruppe 8 eine »zusätzliche berufliche<br />

Weiterbildung« erforderlich.<br />

In den Bezirken mit <strong>an</strong>alytischen<br />

Arbeitsbewertungsverfahren, also in<br />

Baden-Württemberg und Nordrhein-<br />

Westfalen, finden sich die Anforde-<br />

rungen <strong>an</strong> berufliche Weiterbildung in<br />

den Bewertungen des Anforderungs-<br />

50<br />

merkmals »Können« bzw. »Wissen und<br />

Können«. Hier führt die Anforderung<br />

einer ein- oder zweijährigen Fachaus-<br />

bildung jeweils zu höheren Punkten für<br />

dieses Anforderungsmerkmal.<br />

Für eine diskriminierungsfreie Bewertung<br />

und Eingruppierung von Frauenarbeitsplät-<br />

zen ist es hier wichtig, dass auch Weiterbil-<br />

dungsmaßnahmen berücksichtigt werden,<br />

<strong>an</strong> denen Frauen häufig teilnehmen. Also<br />

z. B. nicht nur der/die MeisterIn oder Tech-<br />

nikerIn, sondern auch der/die Bil<strong>an</strong>zbuch-<br />

halterIn, der/die PersonalfachwirtIn, der/die<br />

Fachkaufm<strong>an</strong>n/-frau für Materialwirtschaft.<br />

Der <strong>ERA</strong> des Bezirks Niedersachsen fördert<br />

dies z. B. dadurch, dass die gen<strong>an</strong>nten Bei-<br />

spiele geschlechtsneutral formuliert wurden<br />

und auch die Assistentin-IHK, die Fachbera-<br />

terin-IHK und die Fachwirtin einschließen.<br />

Anforderungsarten<br />

Bei Eingruppierung<br />

auch Weiterbil-<br />

dungsmaßnahmen<br />

berücksichtigen, <strong>an</strong><br />

denen häufig Frauen<br />

teilnehmen.<br />

Küste<br />

Ba-Wü, NRW<br />

Niedersachsen


Möglichkeit der In<strong>an</strong>spruchnahme von Zusatzstufen<br />

Durch die Einrichtung von Zusatzstufen in<br />

den einzelnen Entgeltgruppen ist es in den<br />

meisten Tarifbezirken möglich geworden,<br />

Anforderungen zu berücksichtigen, die zwar<br />

zu den übertragenen Arbeitsaufgaben ge-<br />

hören, aber für sich alleine nicht zu einer<br />

höheren Eingruppierung führen würden.<br />

Insbesondere für Arbeitsplätze von Frauen<br />

ergibt sich hier eine Ch<strong>an</strong>ce zur Honorierung<br />

bisl<strong>an</strong>g unberücksichtigt gebliebener Anfor-<br />

derungen.<br />

Aus den <strong>ERA</strong>s:<br />

Im Bezirk Baden-Württemberg kön-<br />

nen gemäß § 11 auf Verl<strong>an</strong>gen einer<br />

Betriebspartei Eing<strong>an</strong>gs- und Zusatz-<br />

stufen für die Entgeltgruppen 7 – 17<br />

verabredet werden. Kriterien für das<br />

Erreichen der Zusatzstufe sind spezi-<br />

elle betriebliche Anforderungen <strong>an</strong> das<br />

Wissen und Können, wie z. B. ausge-<br />

prägte betriebliche Spezialkenntnisse<br />

und /oder ausgeprägte aufgabenbezoge-<br />

ne Qualifikationen.<br />

Für den Bezirk Küste regelt § 5, dass<br />

die Voraussetzungen für die Zusatzstu-<br />

fen erfüllt sind, wenn die übertragene<br />

Aufgabe zusätzlich Anforderungen<br />

<strong>an</strong> die Flexibilität, die Ver<strong>an</strong>twortung<br />

und /oder die Kooperation der Beschäf-<br />

tigten stellt. Unter Flexibilität wird die<br />

Anforderung verst<strong>an</strong>den, verschiedene /<br />

verschiedenartige, aber der Wertigkeit<br />

51<br />

der Entgeltgruppe entsprechende Tä-<br />

tigkeiten im Wechsel auszuführen. Ver-<br />

<strong>an</strong>twortung ist hier die Anforderung,<br />

Aufgaben mit Entscheidungsspielraum<br />

zu erledigen. Unter Kooperation wird<br />

die Anforderung wiederkehrender<br />

Abstimmung mit <strong>an</strong>deren verst<strong>an</strong>den.<br />

Je nach Entgeltgruppe und Vorliegen<br />

eines oder mehrerer Kriterien können<br />

zwischen einer und drei Zusatzstufen<br />

erreicht werden. ( siehe auch nächsten<br />

Abschnitt )<br />

Der <strong>ERA</strong> des Bezirks Niedersachsen<br />

bestimmt in § 4 jeweils 3 Entgeltstufen<br />

für die Entgeltgruppen 2 – 13. Da-<br />

bei ist Entgeltstufe A für die Zeit bis<br />

zur selbständigen Arbeitsausführung<br />

vorgesehen. Entgeltstufe B gilt nach<br />

der Einarbeitungszeit, wenn die Tä-<br />

tigkeit selbständig ausgeführt wird.<br />

Darüber hinaus wird ein Arbeitsplatz<br />

in Entgeltstufe C eingestuft, wenn die<br />

übertragene Gesamttätigkeit über das<br />

Anforderungsniveau der Entgeltgruppe<br />

hinausgeht, eine höhere Entgeltgruppe<br />

jedoch nicht rechtfertigt.<br />

· Im <strong>ERA</strong> des Bezirks Thüringen<br />

wird in § 4 für jede Entgeltgruppe<br />

( E1 – E12 ) eine Zusatzstufe ( Z1 – Z12 )<br />

definiert. Die jeweilige Zusatzstufe<br />

wird z. B. d<strong>an</strong>n erreicht, wenn zusätz-<br />

lich tätigkeitsübergreifende Qualifi-<br />

Anforderungsarten<br />

Zusatzstufen nutzen !<br />

Niedersachsen<br />

Ba-Wü<br />

Küste<br />

Thüringen


kationen gefordert werden ( Z1 – Z3 )<br />

oder dispositive Aufgaben und /oder<br />

Aufgaben der Anleitung und Füh-<br />

rung oder zusätzliche Tätigkeiten mit<br />

zusätzlicher Qualifikation dauerhaft<br />

übertragen werden ( ab Z4 ). Ab Z10 ist<br />

G<strong>an</strong>zheitlichere Definition der Anforderungsarten<br />

Durch ein allzu enges Verständnis der An-<br />

forderungsarten besteht die Gefahr, dass<br />

bestimmte Aspekte von Anforderungen<br />

ausgeschlossen – also nicht bewertet – wer-<br />

den, die typischerweise <strong>an</strong> Arbeitsplätzen<br />

52<br />

die dauerhafte ver<strong>an</strong>twortliche Anlei-<br />

tung und Führung von Beschäftigten<br />

einschließlich der Weisungsbefugnis<br />

Voraussetzung für das Erreichen der<br />

jeweiligen Zusatzstufe ( siehe auch<br />

nächsten Abschnitt ).<br />

vorkommen, <strong>an</strong> denen hauptsächlich Frauen<br />

arbeiten. Die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s bieten hier Spiel-<br />

räume, die für eine diskriminierungsfreiere<br />

Bewertung von Frauenarbeitsplätzen genutzt<br />

werden können.<br />

Beispiel »ausdrückliche Erwähnung bestimmter Anforderungsarten«:<br />

Es ist wichtig darauf zu achten, wie die<br />

Anforderungsarten im <strong>ERA</strong> beschrieben,<br />

erläutert und definiert sind. M<strong>an</strong>che Be-<br />

schreibungen ermöglichen die Berücksich-<br />

tigung typischer Anforderungsarten <strong>an</strong><br />

Frauenarbeitsplätzen oder erwähnen sie<br />

sogar ausdrücklich. Diese Möglichkeiten<br />

müssen genutzt werden ! Dabei sollte auch<br />

<strong>an</strong> Routineaufgaben gedacht werden, deren<br />

Anforderungen durch die »Selbstverständ-<br />

lichkeit« der Tätigkeiten oft übersehen<br />

werden.<br />

Anforderungsarten<br />

Anforderungsarten<br />

g<strong>an</strong>zheitlich betrach-<br />

ten und weit ausle-<br />

gen !


Aus den <strong>ERA</strong>s:<br />

Im Bezirk Baden-Württemberg<br />

werden z.B. in Anlage 1, Punkt 1 zu<br />

der Anforderungsart »Wissen und<br />

Können« ausdrücklich auch Geschick-<br />

lichkeit, sensomotorische Fähigkeiten,<br />

Konflikt-, Moderations- und Präsenta-<br />

tionstechniken gezählt. Dies sind An-<br />

forderungsarten, die <strong>an</strong> vielen Arbeits-<br />

plätzen vorkommen, <strong>an</strong> denen Frauen<br />

arbeiten. Ihre Berücksichtigung wird<br />

zu einer gerechteren Bewertung und<br />

Eingruppierung dieser Arbeitsplätze<br />

führen.<br />

Im Bezirk Nordrhein-Westfalen geht<br />

das Anforderungsmerkmal Kooperati-<br />

on mit maximal 20 von insgesamt 170<br />

möglichen Punkten in die Bewertung<br />

ein. Mit diesem Merkmal wird die An-<br />

forderung beschrieben, „zur Erfüllung<br />

der Arbeitsaufgabe mit <strong>an</strong>deren sach-<br />

gerecht zu kommunizieren, zusammen-<br />

zuarbeiten und /oder in vorgegebenem<br />

Rahmen die Arbeit mit der Arbeit <strong>an</strong>de-<br />

rer abzustimmen“. Diese Anforderung<br />

dürfte <strong>an</strong> vielen Arbeitsplätzen vorlie-<br />

gen, die von Frauen ausgeübt werden.<br />

Im Bezirk Küste müssen für die Errei-<br />

chung einer der Zusatzstufen <strong>an</strong> dem<br />

Arbeitsplatz die Kriterien Flexibilität,<br />

53<br />

Ver<strong>an</strong>twortung und /oder Kooperation<br />

erfüllt sein. Die Anforderungsart liegt<br />

hier vor <strong>an</strong> Arbeitsplätzen, „deren<br />

Erledigung wiederkehrend die Abstim-<br />

mung mit <strong>an</strong>deren notwendig macht“.<br />

Auch Flexibilität, definiert als „die<br />

Anforderung, verschiedene/ verschie-<br />

denartige, aber der Wertigkeit der<br />

Entgeltgruppe entsprechende Arbeiten<br />

im Wechsel auszuführen“, ist <strong>an</strong> vielen<br />

Frauenarbeitsplätzen erforderlich und<br />

k<strong>an</strong>n nun zur Eingruppierung in eine<br />

der Zusatzstufen führen.<br />

Für das Erreichen einer Zusatzstufe<br />

im <strong>ERA</strong> des Bezirks Thüringen wird<br />

die Notwendigkeit einer „tätigkeitsü-<br />

bergreifenden Qualifikation“ gefordert<br />

bzw. die Übertragung von zusätzlichen<br />

Tätigkeiten, die wesentlich über die<br />

Anforderungen der jeweils vor<strong>an</strong>ge-<br />

g<strong>an</strong>genen Entgeltgruppen „hinaus-<br />

gehen und deshalb eine zusätzliche<br />

Qualifikation erfordern“. Was tätig-<br />

keitsübergreifende oder zusätzliche<br />

Qualifikationen im einzelnen sind, wird<br />

nicht näher definiert. Fähigkeiten der<br />

Kommunikation oder Kooperation und<br />

Abstimmung könnten bei entsprechen-<br />

der betrieblicher Verh<strong>an</strong>dlung zu Bei-<br />

spielen dafür werden.<br />

Anforderungsarten<br />

Ba-Wü<br />

NRW<br />

Thüringen<br />

Küste


Beispiel »vage Formulierungen«:<br />

In allen <strong>ERA</strong>s werden bei der Beschreibung<br />

der Entgeltgruppen oder der Anforde-<br />

rungsarten auch solche Formulierungen<br />

verwendet, die als Kompromiss in den Tarif-<br />

verh<strong>an</strong>dlungen entst<strong>an</strong>den sind und nicht<br />

eindeutig definiert und verständlich sind,<br />

sondern Interpretationsspielräume lassen.<br />

Solche eher ungenauen Formulierungen<br />

Aus den <strong>ERA</strong>s:<br />

Im <strong>ERA</strong> des Bezirks Baden-Württem-<br />

berg wird z. B. die Anforderungsart<br />

»H<strong>an</strong>dlungsspielraum« in Anlage 1<br />

Punkt 3 durch die Komplexität und den<br />

Umf<strong>an</strong>g des Aufgabengebietes beschrie-<br />

ben. Für die Steigerungen zwischen den<br />

einzelnen Stufen werden Formulierungen<br />

verwendet wie<br />

„geringer H<strong>an</strong>dlungsspielraum – H<strong>an</strong>d-<br />

lungsspielraum – erweiterter H<strong>an</strong>dlungs-<br />

spielraum“<br />

oder auch<br />

„Arbeitsverrichtung – Teilaufgabe – Ar-<br />

beitsaufgabe – Aufgabengebiet – kom-<br />

plexes Aufgabengebiet – umf<strong>an</strong>greiches<br />

Aufgabengebiet“.<br />

Diese Formulierungen lassen Interpre-<br />

tationsspielräume offen. Denn es ist<br />

nicht eindeutig zu unterscheiden, was<br />

ein „geringer H<strong>an</strong>dlungsspielraum“ im<br />

Vergleich zu „H<strong>an</strong>dlungsspielraum“ ist<br />

54<br />

dürfen nicht zu Ungunsten von Frauen inter-<br />

pretiert werden. Sondern sie müssen unbe-<br />

dingt als Spielräume genutzt werden, um<br />

den Wert von frauendominierten Arbeits-<br />

plätzen zu verdeutlichen und bei der Ein-<br />

gruppierung zu berücksichtigen. Das Motto<br />

heißt hier: Keine falsche Bescheidenheit <strong>an</strong><br />

dieser Stelle!<br />

und w<strong>an</strong>n von „erweitertem H<strong>an</strong>dlungs-<br />

spielraum“ gesprochen werden k<strong>an</strong>n.<br />

Ebenso wenig ist eine Arbeitsaufgabe<br />

eindeutig von einem Aufgabengebiet zu<br />

unterscheiden. Und w<strong>an</strong>n ein komplexes<br />

Aufgabengebiet zu einem umf<strong>an</strong>greichen<br />

Aufgabengebiet wird, muss auch im Ein-<br />

zelfall entschieden werden.<br />

Bei der Bewertung der einzelnen Arbeits-<br />

plätze muss deshalb darauf geachtet wer-<br />

den, dass durch die notwendige Interpre-<br />

tation dieser Formulierungen nicht unbe-<br />

merkt ( und auch unbeabsichtigt ) traditi-<br />

onelle Vorstellungen über den geringeren<br />

Wert von Frauenarbeitsplätzen Einfluss<br />

gewinnen und Arbeitsplätzen von Frauen<br />

nicht »automatisch« das komplexe oder<br />

umf<strong>an</strong>greiche Aufgabengebiet und der<br />

erweiterte H<strong>an</strong>dlungsspielraum abgespro-<br />

chen werden. Stattdessen muss es in den<br />

Köpfen und in den Vorstellungen der Be-<br />

werterInnen selbstverständlich werden,<br />

Anforderungsarten<br />

Interpretationsspiel-<br />

räume nutzen !<br />

Ba-Wü


dass auch <strong>an</strong> Frauenarbeitsplätzen höhere<br />

Anforderungen vorliegen.<br />

Ein ähnliches Argument trifft auch für<br />

die Beschreibung der Bewertungsstufen<br />

des Anforderungsmerkmals „H<strong>an</strong>d-<br />

lungs- und Entscheidungsspielraum“ im<br />

Bezirk Nordrhein-Westfalen zu. Hier<br />

wird unterschieden, ob die Erfüllung der<br />

Arbeitsaufgabe im Einzelnen, weitge-<br />

hend oder teilweise vorgegeben ist bzw.<br />

ob die Erfüllung der Arbeitsaufgabe<br />

überwiegend ohne Vorgaben weitgehend<br />

selbständig oder weitgehend ohne Vor-<br />

gaben selbständig erfolgt. Diese Formu-<br />

lierungen lassen bei der Bewertung der<br />

einzelnen Arbeitsplätze einen Spielraum<br />

offen, der nicht in eine Unterbewertung<br />

von Frauenarbeitsplätzen münden darf.<br />

Die Beschreibungen der Bewertungsstu-<br />

fen des Anforderungsmerkmals Koope-<br />

ration ermöglichen ebenfalls Spielräu-<br />

me.<br />

Im <strong>ERA</strong> des Bezirks Küste werden die<br />

Unterschiede zwischen den Entgeltgrup-<br />

pen unter <strong>an</strong>derem durch folgende Be-<br />

griffe beschrieben:<br />

„Tätigkeiten – sachbearbeitende Aufga-<br />

ben und /oder Facharbeiten – schwierige<br />

sachbearbeitende Aufgaben und /oder<br />

schwierige Facharbeiten – umfassende<br />

sachbearbeitende Aufgaben und /oder<br />

umfassende Fachaufgaben – fachgebiets-<br />

übergreifende Aufgabengebiete – komple-<br />

55<br />

xe Aufgabengebiete – Aufgabenbereiche<br />

– komplexe Aufgabenbereiche.“<br />

Auch hier sind die Unterschiede zwi-<br />

schen den einzelnen Begriffen nicht ein-<br />

deutig festgelegt, sondern interpretierbar.<br />

Dabei muss darauf geachtet werden,<br />

dass <strong>an</strong> Frauenarbeitsplätzen nicht von<br />

vornherein ausschließlich „Tätigkeiten“<br />

verrichtet (dies wäre Entgeltgruppe 2<br />

bis 4 ) oder „sachbearbeitende Aufgaben<br />

und /oder Facharbeiten“ erledigt werden<br />

( Entgeltgruppe E5 ), sondern dass <strong>an</strong><br />

Frauenarbeitsplätzen auch „schwierige“<br />

oder „umfassende“ Aufgaben <strong>an</strong>stehen<br />

( Entgeltgruppen E6 und E7 ) bzw. Aufga-<br />

bengebiete oder Aufgabenbereiche bear-<br />

beitet werden können ( Entgeltgruppen 8<br />

bis 11 ).<br />

<strong>Eine</strong> ähnliche Begriffsreihe wird im <strong>ERA</strong><br />

des Bezirks Thüringen verwendet, so<br />

dass hier dasselbe Argument gilt.<br />

Der <strong>ERA</strong> des Bezirks Niedersachsen<br />

verwendet in allen Entgeltgruppen<br />

den Begriff „Tätigkeiten“ und lässt<br />

somit <strong>an</strong> dieser Stelle keine Interpre-<br />

tationsspielräume offen, die zu einer<br />

Unterbewertung von frauendominierten<br />

Arbeitsplätzen führen könnten.<br />

Allerdings werden hier die Begriffe<br />

„mehrjährige Erfahrung“ bzw. „mehr-<br />

jährige Berufserfahrung“ sowie „erwei-<br />

terte berufliche Fertigkeiten“ verwen-<br />

det, um zwischen den Entgeltgruppen<br />

Anforderungsarten<br />

NRW<br />

Thüringen<br />

Niedersachsen<br />

Küste


zu differenzieren. Wie viele Jahre einer<br />

„mehrjährigen Erfahrung“ entspre-<br />

chen, wird nicht definiert. Auch nicht,<br />

w<strong>an</strong>n genau ein Arbeitsplatz „erweiterte<br />

berufliche Fertigkeiten“ erfordert. Wäh-<br />

rend des Bewertungsverfahrens muss<br />

56<br />

deshalb Wert darauf gelegt werden,<br />

dass jene erhöhten Anforderungen auch<br />

<strong>an</strong> Frauenarbeitsplätzen erk<strong>an</strong>nt und<br />

berücksichtigt werden. Entsprechende<br />

Hinweise und Argumente liefern auch<br />

hier die Arbeitsbeschreibungen.<br />

Anforderungsarten


4.5. Wenn etwas nicht stimmt: Reklamationsverfahren<br />

Für eine gerechtere Eingruppierung von<br />

Frauen sind die Reklamationsverfahren<br />

besonders wichtig und müssen offensiv ge-<br />

nutzt werden, wenn die Vermutung besteht,<br />

dass Anforderungen <strong>an</strong> Arbeitsplätzen von<br />

Frauen nicht berücksichtigt wurden oder auf<br />

<strong>an</strong>dere Weise ihre Arbeitsplätze zu niedrig<br />

eingruppiert wurden. Gerade während der<br />

Einführungsphase der <strong>ERA</strong>s werden wichtige<br />

Weichen für die Zukunft gestellt, die später<br />

nur mit größerer Anstrengung wieder verän-<br />

dert können.<br />

Dies zeigt sich auch am Beispiel der fol-<br />

genden Regelungen für die Bezirke Baden-<br />

Württemberg und Küste: „Ist eine Erstein-<br />

gruppierung wirksam geworden, so k<strong>an</strong>n sie<br />

für einen Zeitraum von drei Jahren d<strong>an</strong>ach<br />

nur mit der Begründung reklamiert werden,<br />

dass <strong>an</strong>dere Arbeitsaufgaben als die bewer-<br />

57<br />

teten ausgeführt werden“ (§ 3 Einführungs-<br />

TV Baden-Württemberg, § 10 Einführungs-TV<br />

Küste)<br />

In allen <strong>ERA</strong>s sind mitbestimmte Reklamati-<br />

onsverfahren geregelt worden, die zum Teil<br />

sogar über die bestehenden Einspruchsmög-<br />

lichkeiten hinaus verbessert werden konn-<br />

ten. Wenn Beschäftigte ihre Eingruppierung<br />

für nicht gerechtfertigt halten, können sie<br />

und /oder der Betriebsrat gegen die Eingrup-<br />

pierung Einspruch einlegen. Die Details der<br />

Reklamationsverfahren unterscheiden sich<br />

in den <strong>ERA</strong>s der einzelnen Tarifbezirke. Auch<br />

gibt es unterschiedliche Regelungen für die<br />

Phase der Ersteingruppierung und die Zeit<br />

d<strong>an</strong>ach.<br />

Deshalb werden die Regelungen zu Rekla-<br />

mationen der Eingruppierung im folgenden<br />

kurz dargestellt.<br />

Reklamationsverfahren<br />

Wichtig:<br />

Reklamationsverfah-<br />

ren nutzen !


Aus den <strong>ERA</strong>s:<br />

Der <strong>ERA</strong> des Bezirks Baden-<br />

Württemberg ermöglicht Beschäftig-<br />

ten wie Betriebsrat eine Reklamation<br />

der vom Arbeitgeber mitgeteilten<br />

Eingruppierung. Der Arbeitgeber<br />

muss die Eingruppierung innerhalb<br />

von zwei Monaten überprüfen und das<br />

Ergebnis dem /der Beschäftigten und<br />

dem Betriebsrat schriftlich mitteilen.<br />

Falls über dieses Ergebnis kein Ein-<br />

verständnis erzielt wird, erfolgt eine<br />

weitere Überprüfung durch die Paritä-<br />

tische Kommission ( § 10 ). Spätestens<br />

hier ist der Arbeitgeber verpflichtet,<br />

eine Aufgabenbeschreibung vorzule-<br />

gen. Kommt es zu keiner Einigung,<br />

wird die weitere Entscheidungsfin-<br />

dung einer erweiterten Paritätischen<br />

Kommission und d<strong>an</strong>n einer Schieds-<br />

stelle übergeben (§ 7 ( 3.3 ) ff).<br />

Für den Bezirk Küste regelt § 2, dass<br />

Beschäftigte gegen ihre Eingruppie-<br />

rung Einspruch einlegen können. Hilft<br />

der Arbeitgeber dem Einspruch nicht<br />

ab, muss er dies mit Hilfe der Arbeits-<br />

beschreibung begründen. Anschließend<br />

sollen Arbeitgeber und Betriebsrat den<br />

Streitfall beh<strong>an</strong>deln. Gelingt auch hier<br />

keine Einigung, steht dem /der Beschäf-<br />

tigten der Rechtsweg offen.<br />

Für die Phase der Ersteingruppierung<br />

werden Streitfälle gemäß § 10 Einfüh-<br />

58<br />

rungs-TV der Paritätischen Kommissi-<br />

on zur Entscheidung vorgelegt. Kommt<br />

keine Einigung zust<strong>an</strong>de, werden zu-<br />

nächst erneut Arbeitgeber und Betriebs-<br />

rat tätig, d<strong>an</strong>n die Tarifvertragsparteien,<br />

d<strong>an</strong>n die Einigungsstelle.<br />

· Im Bezirk Niedersachsen ist bei Ein-<br />

zelstreitigkeiten in Betrieben mit über<br />

200 Beschäftigten eine Paritätische<br />

Entgeltkommission vorgesehen, die<br />

diese Einzelstreitigkeiten beilegt. Ge-<br />

lingt dies nicht, verh<strong>an</strong>deln Arbeitgeber<br />

und Betriebsrat mitein<strong>an</strong>der. In Betrie-<br />

ben mit weniger als 200 Beschäftigten<br />

geschieht dies von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong>. Wenn<br />

keine Einigung erzielt werden k<strong>an</strong>n,<br />

sind die Tarifvertragsparteien hinzu-<br />

zuziehen. Im Falle von Streitigkeiten<br />

über die Anwendung der tariflichen<br />

Entgeltgruppen oder Entgeltstufen steht<br />

<strong>an</strong>schließend der Rechtsweg offen.<br />

In der Phase der Ersteingruppierung<br />

ist für Streitigkeiten hierüber, die nicht<br />

von der Entgeltkommission beigelegt<br />

werden können, eine besondere tarif-<br />

liche Schlichtungsstelle vorgesehen<br />

( § 3 (5) Überleitungs-Tarifvertrag ).<br />

· Für den Bezirk Thüringen regelt<br />

§ 3 (8), dass Beschäftigte gegen ihre<br />

Eingruppierung Einspruch einlegen<br />

können. Hilft der Arbeitgeber dem Ein-<br />

spruch nicht ab, muss er dies schriftlich<br />

Reklamationsverfahren<br />

Ba-Wü<br />

Niedersachsen<br />

Küste<br />

Thüringen


egründen. Anschließend sollen Ar-<br />

beitgeber und Betriebsrat den Streitfall<br />

beh<strong>an</strong>deln. Gelingt auch hier keine<br />

Einigung, steht dem /der Beschäftigten<br />

der Rechtsweg offen.<br />

Für die Phase der Ersteingruppierung<br />

werden Widersprüche der Beschäf-<br />

tigten und Fälle einer Verweigerung<br />

der Zustimmung zur Eingruppierung<br />

durch den Betriebsrat gemäß § 5 Ein-<br />

führungs-TV der Paritätischen Kom-<br />

mission zur Entscheidung vorgelegt.<br />

Kommt keine Einigung zust<strong>an</strong>de, wer-<br />

den die Tarifvertragsparteien hinzuge-<br />

zogen.<br />

Im Bezirk Nordrhein-Westfalen kön-<br />

nen Beschäftigte ihre Eingruppierung<br />

beim Arbeitgeber be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>den, der die-<br />

se zu prüfen hat. Ist der /die Beschäf-<br />

tigte mit diesem Ergebnis nicht einver-<br />

st<strong>an</strong>den, wird eine von Arbeitgeber und<br />

Betriebsrat paritätisch besetzte Kom-<br />

mission tätig. Unabhängig davon steht<br />

59<br />

den Beschäftigten der Rechtsweg offen<br />

( § 4 ). Außerdem können Betriebsrat<br />

und Beschäftigte eine Überprüfung der<br />

Eingruppierung schriftlich be<strong>an</strong>tra-<br />

gen, wenn sich die Anforderungen der<br />

Arbeitsaufgabe maßgeblich geändert<br />

haben. Auch hier wird eine paritätisch<br />

besetzte Kommission gebildet, die sich<br />

mit dem Antrag befasst, wenn die An-<br />

tragstellenden mit dem Ergebnis nicht<br />

zufrieden sind.<br />

Für die Phase der betrieblichen Einfüh-<br />

rung des <strong>ERA</strong> können die Betriebspar-<br />

teien ein besonderes Verfahren nach den<br />

Bestimmungen des § 7 Einführungs-TV<br />

vereinbaren. Dieses besondere Verfah-<br />

ren sieht eine Paritätische Kommission<br />

vor, die auf schriftlichen Antrag des<br />

Betriebsrats tätig wird, wenn sich die<br />

Betriebsparteien nicht über die Eingrup-<br />

pierung einigen können. Wird auch hier<br />

keine Einigung erzielt, entscheidet die<br />

tarifliche Einigungsstelle.<br />

Reklamationsverfahren<br />

NRW


5. Die Schwere der Arbeit:<br />

belastende Faktoren und Belastungszulagen<br />

5.1. <strong>Eine</strong> alte Forderung ist umgesetzt: Hohe gesundheitliche Belastungen<br />

beeinflussen nicht mehr die Findung des Grundentgelts<br />

In der Verg<strong>an</strong>genheit saßen Gewerkschafte-<br />

rInnen, BRInnen und auch die Beschäftigten<br />

selbst oft in einer Zwickmühle, wenn es um<br />

die Bezahlung besonders belastender Tätig-<br />

keiten ging: <strong>Eine</strong>rseits sollte es einen fin<strong>an</strong>zi-<br />

ellen Ausgleich für die besonderen Belastun-<br />

gen geben, denen die Beschäftigten ausge-<br />

setzt waren. Andererseits führte die höhere<br />

Bezahlung dazu, dass bei der Einführung von<br />

Maßnahmen zur Hum<strong>an</strong>isierung der Arbeit<br />

Beschäftigte Einkommensverzicht befürchte-<br />

ten und die Arbeitserleichterungen weniger<br />

begeistert aufnahmen als erwartet. Das hö-<br />

here Einkommen hatte kurzfristig einen grö-<br />

ßeren Reiz als die Schonung der Gesundheit.<br />

Aber es konnte doch nicht <strong>an</strong>gehen, dass sich<br />

die Beschäftigten »ihre Gesundheit abkaufen<br />

ließen«, so das häufig gehörte Argument.<br />

5.2. Welche rechtlichen Anforderungen sind <strong>an</strong> eine diskriminierungsfreie<br />

Bemessung von Belastungszulagen zu stellen?<br />

Für Frauen ist mit der Entfernung des Merk-<br />

mals »Belastungen« aus den Eingruppie-<br />

rungskatalogen und Arbeitsbewertungsver-<br />

fahren ein wichtiger Schritt in Richtung auf<br />

Entgeltgerechtigkeit get<strong>an</strong> worden. Denn<br />

das Merkmal »geringe körperliche Belas-<br />

tung« führte in der Verg<strong>an</strong>genheit zu den<br />

sogen<strong>an</strong>nten Leichtlohngruppen, in denen<br />

sich hauptsächlich Frauen wiederf<strong>an</strong>den<br />

( ►auch Kapitel 2.1 ). Sie verrichteten nach<br />

der damals üblichen Definition eben keine<br />

60<br />

Als Ausweg aus dieser verzwickten Lage<br />

wurde die Forderung aufgestellt, dass Be-<br />

lastungen zumindest aus der Bemessung<br />

des Grundentgeltes herausgenommen und<br />

nur noch über Zulagen bezahlt werden soll-<br />

ten.<br />

Dies ist nun in allen <strong>ERA</strong>s umgesetzt!<br />

Mit dem Grundentgelt ist eine »normale«<br />

oder »mittlere« Belastung abgegolten, die<br />

gesundheitlich unschädlich ist. Höhere<br />

Belastungen sollen möglichst vermieden<br />

werden. Nur dort, wo sie unumgänglich sind,<br />

soll eine Zulage einen Ausgleich schaffen.<br />

M<strong>an</strong>che <strong>ERA</strong>s schaffen die Möglichkeit,<br />

diesen Ausgleich durch mehr Freizeit zu ge-<br />

währleisten. Auf jeden Fall sind Belastungen<br />

nun nicht mehr eingruppierungsrelev<strong>an</strong>t.<br />

»körperlich schwere Arbeit«, auch wenn sie<br />

durchaus als belastend empfunden wurde.<br />

<strong>Eine</strong> Reihe von Leichtlohnklagen und Höher-<br />

gruppierungsaktionen in den achtziger Jah-<br />

ren war die Folge. Sie führten zu wichtigen<br />

Gerichtsurteilen, die eine Veränderung des<br />

Verständnisses der körperlichen Schwere<br />

von Arbeit bewirkt und Kriterien zur dis-<br />

kriminierungsfreien Berücksichtigung von<br />

Belastungen aufgestellt haben. Dieses ver-<br />

änderte Verständnis konnte nun endlich mit<br />

Belastungen<br />

Hohe Belastungen<br />

erhöhen nicht mehr<br />

das Grundentgelt.<br />

Bei unumgänglichen<br />

Belastungen werden<br />

Zulagen gezahlt<br />

»<strong>neue</strong>s« Verständnis<br />

der körperlichen<br />

Schwere von Arbeit<br />

ermöglicht gerechtere<br />

Bewertung von<br />

Frauenarbeitsplätzen


den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s tariflich festgeschrieben<br />

werden.<br />

Die Gerichtsurteile sind dennoch auch<br />

heute von großer Bedeutung. Denn auch<br />

wenn Belastungen die Eingruppierung nun<br />

nicht mehr beeinflussen, ist die Gefahr<br />

der Diskriminierung beim Ausgleich von<br />

Belastungen nicht automatisch geb<strong>an</strong>nt.<br />

Die Kriterien und Anforderungen <strong>an</strong> eine<br />

diskriminierungsfreie Berücksichtigung von<br />

Belastungen müssen auf Belastungszulagen<br />

sinngemäß ebenso <strong>an</strong>gewendet werden wie<br />

auf Grundentgelte.<br />

Das erste Urteil hierzu stammt vom Europä-<br />

ischen Gerichtshof ( EuGH ) aus dem Jahre<br />

1986 ( EuGH vom 01.07.1986 – Rs 237/85 ).<br />

Der EuGH nimmt in diesem Urteil Stellung<br />

zur Verwendung von Kriterien der körperli-<br />

chen Belastung von Arbeit ( muskelmäßige<br />

Be<strong>an</strong>spruchung oder Belastung oder Grad<br />

der Schwere der Arbeit ). Er legt fest, dass<br />

solche Kriterien selbst d<strong>an</strong>n verwendet<br />

werden dürfen, wenn Angehörige eines Ge-<br />

schlechts von ihnen bevorzugt werden.<br />

Allerdings muss d<strong>an</strong>n durch die Verwendung<br />

<strong>an</strong>derer Kriterien, die das <strong>an</strong>dere Geschlecht<br />

bevorzugen, ein Ausgleich hergestellt<br />

werden. Insgesamt darf also das Eingrup-<br />

pierungssystem durch die Auswahl der An-<br />

forderungsarten bzw. Belastungsarten nicht<br />

diskriminieren.<br />

61<br />

Im Zuge der Leichtlohnklagen und Hö-<br />

hergruppierungsaktionen der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

in den achtziger Jahren entschied das<br />

Bundesarbeitsgericht ( BAG ) in der Sache<br />

der Kabelarbeiterinnen der Firma Kroschu<br />

aus Witten ( »Kroschu-Frauen« ) ( BAG vom<br />

27.04.1988 – 4 AZR 707/97 ). Mit diesem<br />

Urteil wurde der Begriff der körperlichen<br />

Schwere von Arbeiten neu und erweitert<br />

definiert. Körperlich schwer ist eine Arbeit<br />

demnach nicht mehr nur bei hoher Mus-<br />

kelbe<strong>an</strong>spruchung, die hauptsächlich <strong>an</strong><br />

Männerarbeitsplätzen für eine höhere Ein-<br />

gruppierung sorgte. Sondern es müssen<br />

alle Faktoren berücksichtigt werden, die auf<br />

den Menschen belastend einwirken können,<br />

wie z. B. ausschließlich stehende Tätigkeit,<br />

notwendige Körperhaltung, taktgebundene<br />

und /oder repetitive Arbeit, nervliche Belas-<br />

tung und Lärm. Dies sind Belastungsfakto-<br />

ren, die häufig <strong>an</strong> Frauenarbeitsplätzen auf-<br />

treten und nun auch zu einer Eingruppierung<br />

in höhere Entgeltgruppen führten. In der<br />

späteren Diskussion ist diese Liste noch um<br />

psychosoziale Belastungsfaktoren ergänzt<br />

worden, wie z. B. erschwerte Möglichkeiten<br />

der Kommunikation, erschwerte Beeinfluss-<br />

barkeit des zeitlichen Ablaufs oder Konfron-<br />

tation mit ekelerregenden Situationen.<br />

Welche Belastungszulagen die <strong>ERA</strong>s im ein-<br />

zelnen vorsehen, könnt ihr wieder der Tabel-<br />

le im Anh<strong>an</strong>g entnehmen.<br />

Belastungen


5.3. Worauf muss in den Betrieben geachtet werden ?<br />

Was ist zu tun?<br />

Nicht alle Belastungen, die typischerweise<br />

<strong>an</strong> Frauenarbeitsplätzen auftreten, vor allem<br />

die psychosozialen Belastungen, konnten in<br />

den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s erwähnt und in die Belas-<br />

tungszulagen einbezogen werden. Dennoch<br />

wurde ein großer Erfolg erzielt: Die Anforde-<br />

rungen der Rechtsprechung aus den Jahren<br />

1986 und 1988 <strong>an</strong> die Definition des Begrif-<br />

fes der körperlichen Schwere von Arbeiten<br />

„Der Begriff »körperliche Belastungen« berücksichtigt alle sich aus der<br />

Tätigkeit ergebenden Umstände, die auf den Beschäftigten belastend<br />

einwirken und zu körperlichen Reaktionen führen können.“<br />

„Unter normalen Belastungen und Erschwernissen werden solche ver-<br />

st<strong>an</strong>den, die sich aus der Tätigkeit ergeben und die für den Beschäftigten<br />

auf Dauer nicht zu erhöhten Anstrengungen und zu keinen Gesundheits-<br />

schädigungen führen.“<br />

Es gilt also, in den Betrieben darauf zu<br />

achten, dass die erweiterten tariflichen<br />

Definitionen <strong>an</strong>gewendet werden. Dort, wo<br />

in den <strong>ERA</strong>s keine detaillierten Definitionen<br />

vorgenommen werden, muss in den be-<br />

62<br />

konnten in den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s nun endlich<br />

umgesetzt werden (►Abschnitt 5.2 ).<br />

Damit setzt sich die sog. »geänderte Ver-<br />

kehrs<strong>an</strong>schauung« des Begriffes der körper-<br />

lichen Belastung nun tariflich und betrieb-<br />

lich durch. Im <strong>ERA</strong> des Bezirks Thüringen<br />

wird die <strong>neue</strong> Definition des Belastungsbe-<br />

griffs in Protokollnotizen zu § 12 ausführlich<br />

zitiert. Es heißt:<br />

trieblichen Verh<strong>an</strong>dlungen darauf geachtet<br />

werden, dass die abzuschließenden Be-<br />

triebsvereinbarungen der geänderten Ver-<br />

kehrs<strong>an</strong>schauung entsprechen und nicht<br />

diskriminieren.<br />

Thüringen<br />

Belastungen<br />

»geänderte Verkehrs-<br />

<strong>an</strong>schauung« setzt<br />

sich endlich auch<br />

tarifvertraglich durch<br />

Auf korrekte betrieb-<br />

liche Umsetzung<br />

achten !


Beispiel Belastung der Muskeln:<br />

In den <strong>ERA</strong>s von Baden-Württemberg, Küste<br />

und Niedersachsen wird Belastung der Mus-<br />

keln definiert als dynamische und statische<br />

bzw. einseitige Muskelbelastung.<br />

Für Baden-Württemberg wird in Anlage 2<br />

genauer definiert, dass die Belastung davon<br />

abhängt,<br />

• welchen Kraftaufw<strong>an</strong>d die zu bewegen-<br />

den Werkstücke, Werkzeuge oder Ar-<br />

beitsmittel erfordern,<br />

• inwieweit die zur Arbeitsverrichtung not-<br />

wendige Haltung des Körpers belastend<br />

wirkt,<br />

63<br />

• ob während der täglichen Arbeitszeit ein<br />

►<br />

Wechsel der Belastung vorliegt,<br />

• ob sie auf die gleichen Muskelgruppen<br />

wirkt oder ob sie verschiedene Muskel-<br />

gruppen abwechselnd be<strong>an</strong>sprucht,<br />

• ob sie stoßartig auftritt.<br />

In den Tarifbezirken Küste und Niedersach-<br />

sen wird Belastung der Muskeln definiert<br />

als durch die bei der Arbeit aufzuwendende<br />

Kraft<strong>an</strong>strengung, durch die wechselnde Be-<br />

lastungsart, durch die Belastungsdauer und<br />

die zeitliche Verteilung der Belastung auf die<br />

tägliche Arbeitszeit.<br />

► Was ist zu tun ?<br />

Alle Beschreibungen müssen genau und<br />

vollständig beachtet werden, damit Frau-<br />

enarbeitsplätze von ihren Belastungen<br />

her gerecht eingeschätzt werden können.<br />

Die alte, engere Definition von Muskelbe-<br />

lastung darf keinen Einfluss mehr haben.<br />

Belastungen<br />

Ba-Wü, Küste,<br />

Niedersachsen


Beispiel Belastung durch Reizarmut:<br />

Diese Belastungsart wird ausschließlich im<br />

<strong>ERA</strong> von Baden-Württemberg geregelt. Sie<br />

liegt d<strong>an</strong>n vor, wenn inhaltlich einförmige,<br />

monotone, sich ständig wiederholende Ar-<br />

64<br />

beiten mit geringer Kraft<strong>an</strong>strengung und<br />

hoher Reizarmut Arbeit geleistet wird und /<br />

oder wenn am Arbeitsplatz die Möglichkeit<br />

zu sozialen Kontakten fehlt.<br />

► Was ist zu tun ?<br />

►<br />

Diese Belastungsart muss besonders<br />

beachtet werden, da sie <strong>an</strong> vielen Frau-<br />

enarbeitsplätzen vorliegen dürfte ( z. B.<br />

Montagearbeiten, Akkordarbeit am<br />

B<strong>an</strong>d ... ).<br />

Ba-Wü<br />

Belastungen


Belastungen durch Umgebungseinflüsse:<br />

In den <strong>ERA</strong>s von Baden-Württemberg, Küs-<br />

te und Niedersachsen werden eine Reihe<br />

von Umgebungseinflüssen als Belastungs-<br />

Baden-Würtemberg Küste Niedersachsen<br />

Lärm Lärm Lärm<br />

Schmutz Verschmutzung Verschmutzung<br />

65<br />

Öl Öl Öl<br />

Fett Fett Fett<br />

Hitze, Kälte Temperatur Temperatur<br />

Zugluft Zugluft<br />

Wasser Nässe Nässe<br />

Säure, Lauge Säure Säure<br />

Gase, Dämpfe Gase und Dämpfe Gase und Dämpfe<br />

Staub Staub Staub<br />

Blendung und Lichtm<strong>an</strong>gel Blendung oder Lichtm<strong>an</strong>gel Blendung oder Lichtm<strong>an</strong>gel<br />

Unfallgefahr, Schutzkleidung hinderliche Schutzkleidung<br />

und Unfallgefährdung<br />

faktoren aufgezählt. Die folgende Tabelle<br />

zeigt die Umgebungseinflüsse im einzel-<br />

nen:<br />

hinderliche Schutzkleidung<br />

und Unfallgefährdung<br />

Erkältungsgefahr Erkältungsgefahr<br />

Erschütterung, Vibration Erschütterung<br />

► Was ist zu tun ?<br />

►<br />

Auch bei den Belastungen durch Umge-<br />

bungseinflüsse muss darauf geachtet<br />

werden, dass alle Belastungsarten <strong>an</strong><br />

Frauenarbeitsplätzen geprüft werden.<br />

M<strong>an</strong>che Belastungen könnten <strong>an</strong> Frauen-<br />

arbeitsplätzen häufiger vorkommen und<br />

dürfen deshalb nicht übersehen werden.<br />

Belastungen<br />

Ba-Wü, Küste,<br />

Niedersachsen


Beispiel Belastung der Sinne und Nerven:<br />

Diese Belastungsart kommt in den <strong>ERA</strong>s<br />

von Küste und Niedersachsen vor und<br />

wird dort wie folgt definiert:<br />

Belastungen der Sinne und Nerven entstehen durch aufmerksames Wahr-<br />

nehmen ( Sehen, Hören, Fühlen, Tasten ) und die <strong>an</strong>gesp<strong>an</strong>nte Bereit-<br />

schaft zum notwendigen Eingreifen bei der Beobachtung, Überwachung<br />

und Steuerung von Arbeitsabläufen. Sie können beispielsweise auftreten<br />

bei Arbeiten, bei denen höchste Konzentration oder eine besondere Be-<br />

<strong>an</strong>spruchung der Sehnerven erforderlich ist. Sie werden durch die bei der<br />

Arbeit auftretende Ansp<strong>an</strong>nung, durch die wechselnde oder gleichförmi-<br />

ge Belastungsart, durch die Belastungsdauer und die zeitliche Verteilung<br />

der Belastung auf die tägliche Arbeitszeit bestimmt.<br />

66<br />

► Was ist zu tun ?<br />

►<br />

Belastungen der Sinne und Nerven kom-<br />

men <strong>an</strong> Frauenarbeitsplätzen häufig vor.<br />

Deshalb muss auf eine korrekte Ermitt-<br />

lung dieser Belastungsart besonders<br />

geachtet werden, damit Frauen bei der<br />

Gewährung von Belastungszulagen ge-<br />

recht beh<strong>an</strong>delt werden.<br />

Belastungen<br />

Küste, Niedersachsen


Beispiel vage Formulierungen der Belastungsstufen:<br />

Nur bei der Belastungsart Lärm gibt es<br />

Messwerte, die eine objektive Zuordnung<br />

von Belastungsstufen ermöglichen. Bei<br />

allen <strong>an</strong>deren Belastungsarten gilt, dass<br />

die Beschreibung für die einzelnen Belas-<br />

tungsstufen vage formuliert sind bzw. noch<br />

betrieblich vereinbart werden müssen. So<br />

heißt es z. B. im <strong>ERA</strong> von Baden-Württem-<br />

berg zu den Stufen bei der Belastung der<br />

Muskeln:<br />

Stufe 1: höhere Belastung der Muskeln:<br />

schwere Arbeiten, mittelschwere Arbei-<br />

ten in ungünstiger Körperhaltung ( z. B.<br />

Bücken, Knien, über Kopf )<br />

67<br />

Stufe 2: hohe Belastung der Muskeln: beson-<br />

ders schwere Arbeiten in ungünstiger Kör-<br />

perhaltung ( z. B. Bücken, Knien, über Kopf )<br />

Was eine höhere und was eine hohe Belas-<br />

tung ist, bzw. was schwere, mittelschwere<br />

oder besonders schwere Arbeiten sind, wird<br />

nicht näher beschrieben, sondern liegt in der<br />

subjektiven Einschätzung der betrieblichen<br />

EntscheiderInnen. Bei der Suche nach Defini-<br />

tionen und Begründungen für das Vorliegen<br />

bestimmter Belastungsstufen können Ar-<br />

beitssicherheits- und Arbeitsschutzgesetze<br />

sowie Richtlinien der Berufsgenossenschaf-<br />

ten wertvolle Hinweise liefern.<br />

► Was ist zu tun ?<br />

►<br />

Bei der Formulierung von Belastungsstu-<br />

fen im Betrieb und bei der Auslegung der<br />

entsprechenden tariflichen Regelungen<br />

muss darauf geachtet werden, dass über-<br />

kommene Vorstellungen über körperlich<br />

schwere und belastende Arbeit von Män-<br />

nern und leichte Arbeit von Frauen nicht<br />

wieder Eing<strong>an</strong>g finden.<br />

Ba-Wü<br />

Belastungen


6. Mehr Leistung – mehr Geld:<br />

Tariflich vereinbarte Leistungsentgelte<br />

6.1. Leistungsentgelte in den <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s<br />

Die <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong>s sehen eine Reihe verschie-<br />

dener Modelle zur Leistungsvergütung vor,<br />

die teils im <strong>ERA</strong> geregelt sind, teils betrieb-<br />

lich ausdifferenziert werden können und<br />

müssen:<br />

• Es gibt Regelungen zu Akkordentgelten,<br />

zu Prämien- und Provisionsentgelten.<br />

• In einigen Tarifverträgen werden Kenn-<br />

zahlenvergleiche beschrieben.<br />

• Es werden Zielvereinbarungssysteme<br />

beschrieben.<br />

• Im Zeitentgelt werden Beurteilungsver-<br />

fahren geregelt, die zur Zahlung einer<br />

Leistungszulage führen.<br />

Jedes dieser Systeme hat seine Eigenarten,<br />

seine Anwendungsgebiete und auch seine<br />

Vor- und Nachteile. Darauf k<strong>an</strong>n in dieser<br />

H<strong>an</strong>dlungshilfe nicht im einzelnen einge-<br />

g<strong>an</strong>gen werden. Wer sich dafür interessiert,<br />

sollte sich die bezirklichen Arbeitshilfen zu<br />

diesem Thema besorgen. Was uns hier inte-<br />

ressiert ist, wie Leistungsvergütungssysteme<br />

68<br />

in den noch abzuschließenden Betriebsver-<br />

einbarungen diskriminierungsfrei gestaltet<br />

werden können.<br />

Grundsätzlich gilt, dass auch Leistungszula-<br />

gen und <strong>an</strong>dere leistungsbezogene Entgelt-<br />

best<strong>an</strong>dteile den gesetzlichen Diskriminie-<br />

rungsverboten unterliegen. Artikel 141 des<br />

EG-Vertrages und die Lohngleichheitsricht-<br />

linie der EU beziehen sich ausdrücklich auf<br />

sämtliche Entgeltbest<strong>an</strong>dteile ( vgl. hierzu<br />

Kapitel 2 ). Das Diskriminierungsverbot des<br />

§ 612 BGB in Deutschl<strong>an</strong>d ist also entspre-<br />

chend weit auszulegen.<br />

Allgemein k<strong>an</strong>n gesagt werden, dass Leis-<br />

tungsentgelte desto weniger <strong>an</strong>fällig für<br />

Diskriminierungen sind, je mehr sie auf<br />

objektiven Messungen oder Zählungen der<br />

geleisteten Arbeit beruhen. Aber dies alleine<br />

ist noch keine Gar<strong>an</strong>tie für völlige Diskrimi-<br />

nierungsfreiheit. Im Abschnitt 6.2 werden<br />

deshalb einige Hinweise für eine diskriminie-<br />

rungsfreie Gestaltung von Leistungsvergü-<br />

tungssystemen in Betriebsvereinbarungen<br />

gegeben.<br />

Leistungsentgelte<br />

Auch beim Leistungs-<br />

entgelt darf nicht<br />

diskriminiert werden.<br />

Messen oder Zählen<br />

ist weniger diskri-<br />

minierungs<strong>an</strong>fällig<br />

als Beurteilen oder<br />

Schätzen.


►6.2. Worauf muss in den Betrieben geachtet werden?<br />

Was ist zu tun?<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Leistungskriterien müssen von beiden<br />

Geschlechtern gleich gut erfüllbar sein.<br />

Sie dürfen nicht ein Geschlecht begüns-<br />

tigen.<br />

Erläuterung: M<strong>an</strong>che Leistungskriterien<br />

können aufgrund der tradierten Rollen-<br />

und Arbeitsteilung in der Familie von<br />

Frauen schlechter erfüllt werden als von<br />

Männern. Sol<strong>an</strong>ge die Rollenteilung in<br />

unserer Gesellschaft noch so ist, benach-<br />

teiligen diese Kriterien Frauen bei der<br />

Leistungsvergütung.<br />

Leistungskriterien müssen diskriminie-<br />

rungsfrei ausgelegt werden.<br />

Erläuterung: Wenn z. B. das Kriterium<br />

Weiterbildungsbereitschaft so ausgelegt<br />

wird, dass damit Weiterbildung in der<br />

Freizeit gemeint ist, sind Frauen aufgrund<br />

der herkömmlichen Rollenteilung be-<br />

nachteiligt.<br />

Der Maßstab für die Leistung muss glei-<br />

che Verdienstch<strong>an</strong>cen für Frauen und<br />

Männer ermöglichen.<br />

Erläuterung: Wenn Frauen und Männer<br />

unterschiedliche, aber gleichwertige Ar-<br />

beiten verrichten und Leistungsentgelt<br />

69<br />

►<br />

erhalten sollen, d<strong>an</strong>n muss das Leis-<br />

tungsentgeltsystem so gestaltet sein,<br />

dass es Männern und Frauen eine gleich<br />

hohe Gesamtvergütung ermöglicht. So-<br />

wohl Frauen als auch Männer müssen<br />

also bei vergleichbarer Leistung dieselbe<br />

Leistungszulage erhalten können, z. B.<br />

10 Prozent. Dies entschied der EuGH in<br />

einem Urteil von 1995 ( ‚Royal Copenha-<br />

gen‘, EuGH 31.05.1995, Rs C–400 /93 ).<br />

Das System zur Leistungsvergütung muss<br />

allen Beschäftigten offenstehen. Keine<br />

Beschäftigtengruppe darf ausgeschlos-<br />

sen sein, vor allem d<strong>an</strong>n nicht, wenn ihr<br />

mehrheitlich Personen eines Geschlechts<br />

<strong>an</strong>gehören.<br />

Erläuterung: Diese Forderung ergibt sich<br />

aus der Regel, dass alle Beschäftigten<br />

die gleiche Ch<strong>an</strong>ce auf ein gleich hohes<br />

Leistungs- und Gesamtentgelt haben<br />

müssen ( siehe oben. ) Würden bestimmte<br />

Beschäftigtengruppen ausgeschlossen,<br />

hätten ihre Mitglieder keine Möglichkeit<br />

auf ein Leistungsentgelt. Wenn dieser<br />

Beschäftigtengruppe hauptsächlich Frau-<br />

en <strong>an</strong>gehören, z.B. Reinigungskräfte oder<br />

Sekretärinnen, d<strong>an</strong>n liegt mittelbare Dis-<br />

kriminierung vor.<br />

Leistungsentgelte


7. Konfliktpunkte bei der Umsetzung<br />

der tariflichen Eingruppierungsbestimmungen *<br />

70<br />

Unternehmen Betriebsrat – <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

– ArbeitnehmerInnen<br />

Es wird nur die »offizielle« Arbeitsaufgabe,<br />

z. T. unvollständig beschrieben. Zusätzliche,<br />

qualifizierte Tätigkeiten fallen<br />

damit unter den Tisch<br />

Bei der Bewertung der erforderlichen<br />

Qualifikation werden viele Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten nicht erwähnt oder als<br />

»selbstverständlich« vorausgesetzt. Die<br />

betriebliche Grundqualifikation, die durch<br />

l<strong>an</strong>gjährige betriebliche Erfahrungen erworben<br />

wurden, werden bei der Eingruppierung<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Bewertet wird jeweils nur der einzelne<br />

Arbeitsplatz ( Arbeitsaufgabe ), obwohl die<br />

Kolleginnen viele Arbeitsplätze ausfüllen<br />

können und vielseitig belastbar sind<br />

( 10 Arbeitsplätze mit Lohngruppe 2 ergeben<br />

d<strong>an</strong>ach Lohngruppe 2 )<br />

Da die Tätigkeiten Maßstab für die Eingruppierung<br />

sind, können die Unternehmer<br />

durch Arbeitsteilung niedrigere Lohngruppen<br />

erreichen ( z. B. Maschinenarbeiter:<br />

Lohngruppe 6, Einrichter: Lohngruppe<br />

8 oder Fließb<strong>an</strong>darbeit: Lohngruppe 2 )<br />

Arbeitsplatzbeschreibung<br />

Qualifikations<strong>an</strong>forderungen<br />

Vielseitigkeit<br />

Arbeitsorg<strong>an</strong>isation<br />

* aus einer Lehreinheit des <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Bildungszentrums Sprockhövel<br />

Umfassende, vollständige Arbeitsplatzbeschreibung<br />

mit allen ausführlichen Tätigkeiten<br />

erstellen und als Grundlage für die<br />

Eingruppierung verwenden<br />

Alle erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten,<br />

»Tricks«, Erfahrungen vollständig<br />

<strong>an</strong>führen und entsprechend bewerten.<br />

Alle abgeforderten Qualifikationen müssen<br />

auch bezahlt werden.<br />

Wenn die Kolleginnen vielseitig einsetzbar<br />

sind und nachweislich <strong>an</strong> mehreren<br />

unterschiedlichen Arbeitsplätzen arbeiten,<br />

sollte nicht die Einzelaufgabe, sondern<br />

der Arbeitsbereich als Grundlage für<br />

die Eingruppierung verwendet werden<br />

( 10 Arbeitsplätze mit Lohngruppe 2 sind<br />

höherwertig als Lohngruppe 2 )<br />

G<strong>an</strong>zheitliche, umf<strong>an</strong>greiche Arbeitsinhalte<br />

führen zu höheren Qualifikationen und<br />

Eingruppierungen. Die Gewerkschaften<br />

fordern daher eine Verringerung der Arbeitsteilung<br />

bei entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen.<br />

Konfliktpunkte


Die Entgelt-Säule *<br />

Die Entgelt-Säule<br />

71<br />

Tarifparteien:<br />

• legen durch Gestaltung der Tarifverträge<br />

indirekt fest, was für ÜT übrig bleibt<br />

Unternehmer:<br />

• ob ÜT-Leistungen gezahlt werden<br />

Betriebsparteien:<br />

• wenn ÜT-Leistungen gezahlt werden:<br />

Grundsätze ihrer Ausgestaltung<br />

übertariflich<br />

Ohne tarifliche Absicherung bzw.<br />

jenseits tariflicher Regelungen<br />

( nach Art und Höhe )<br />

Tarifparteien:<br />

• Kriterien für tarifliche Ansprüche<br />

Betriebsparteien:<br />

• Anwendung dieser Kriterien<br />

• teilweise Regulierung der Bedingungen<br />

( z. B. Arbeitszeitgestaltung )<br />

Wie schwer ist die Arbeit ?<br />

( wenn dies nicht bereits bei der Eingruppierung<br />

abgegolten wurde )<br />

Zulagen / Zuschläge<br />

Welche besonderen Bedingungen herrschen ?<br />

( z. B. Nachtarbeit )<br />

* aus einer Lehreinheit des <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Bildungszentrums Sprockhövel<br />

Tarifparteien:<br />

• Entgeltgrundsätze ( ggf. inkl. Vari<strong>an</strong>ten )<br />

Betriebsparteien:<br />

• Auswahl<br />

• Anwendung bzw. Ausgestaltung<br />

Wie viel mache ich bzw.<br />

Leistungs<strong>an</strong>teile /<br />

wie schnell arbeite ich ?<br />

Zulagen<br />

Wie gut arbeite ich ?<br />

Tarifparteien:<br />

• Eingruppierung<br />

• Umgruppierung<br />

• Richtbeispiele ( ggf. )<br />

Betriebsparteien:<br />

• Eingruppierungskriterien<br />

• Richtbeispiele ( ggf. )<br />

Grundentgelt-<br />

Was tue ich ?<br />

differenzierung<br />

(Eingruppierung)<br />

Wie schwer ist die Arbeit ?<br />

( bei <strong>ERA</strong> kein Eingruppierungsmerkmal mehr )<br />

Konfliktpunkte


8. Glossar:<br />

Die wichtigsten Fachbegriffe<br />

Analytik<br />

Die Analytik ist eine Methode, um die Ar-<br />

beitsaufgabe von Beschäftigten tariflich zu<br />

bewerten. Das geschieht <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d verschie-<br />

dener Kriterien. Dazu gehören zum Beispiel<br />

die benötigten Arbeits- und Fachkenntnisse<br />

oder die mit der Arbeitsaufgabe verbundene<br />

Ver<strong>an</strong>twortung. Für jedes Kriterium wird je-<br />

weils eine Anzahl von Punkten vergeben. Die<br />

insgesamt erzielte Punktzahl bestimmt die<br />

Einstufung in eine Entgeltgruppe und damit<br />

über die Höhe des Grundentgelts.<br />

Die Analytik wird nur in wenigen Tarifgebie-<br />

ten <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt. In Nordrhein-Westfalen und<br />

Baden-Württemberg wurde im Rahmen von<br />

<strong>ERA</strong> ein Stufenwertzahlverfahren entwickelt.<br />

Arbeitsbewertung<br />

Es gibt zwei Methoden der Arbeitsbewer-<br />

tung: die Analytik und die Summarik. Die<br />

Arbeitsbewertung ist Grundlage für die Ein-<br />

gruppierung eines Beschäftigten.<br />

Ausbildungsvergütung<br />

Damit die Auszubildenden <strong>an</strong> der allgemei-<br />

nen Entgeltentwicklung teilhaben, wird im<br />

Rahmen von <strong>ERA</strong> die Ausbildungsvergütung<br />

in die Entgelttabelle mit aufgenommen. In<br />

der baden-württembergischen <strong>Metall</strong>- und<br />

Elektroindustrie waren die Ausbildungsver-<br />

gütungen bereits vor dem <strong>ERA</strong>-Abschluss<br />

prozentual <strong>an</strong> den Ecklohn <strong>an</strong>gekoppelt.<br />

72<br />

Außertariflich Beschäftigte<br />

Außertariflich Beschäftigte fallen durch<br />

ihre Einkommenshöhe, ihren Arbeitsvertrag<br />

und durch höhere Anforderungen als im<br />

Tarifvertrag geregelt aus dem persönlichen<br />

Geltungsbereich des Tarifvertrages heraus.<br />

Dieses höhere Einkommen hat für diese Be-<br />

schäftigten allerdings auch eine Kehrseite:<br />

Sie verlieren den gesamten Schutz des Tarif-<br />

vertrages ( Urlaubs<strong>an</strong>spruch, Mehrarbeitszu-<br />

schläge etc. ).<br />

Belastung<br />

Im <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> gilt der Grundsatz: „Belas-<br />

tungen sind zu vermeiden“. Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />

will nicht, dass Gesundheitsschutz durch<br />

Zuschläge abgekauft wird. Deshalb sind Ar-<br />

beitsorg<strong>an</strong>isation und Arbeitsinhalte so zu<br />

gestalten, dass Belastungen vermieden wer-<br />

den. Wenn sich Belastungen nicht vermeiden<br />

lassen, wird eine Belastungszulage gezahlt.<br />

Beteiligungsrechte<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> will die betriebliche Mitbe-<br />

stimmung des Betriebsrats ergänzen. Die<br />

individuellen Beteiligungsrechte der Be-<br />

schäftigten bei der Gestaltung ihrer Arbeits-,<br />

Leistungs- und Entgeltbedingungen sollen<br />

durch tarifliche Regelungen gestärkt werden,<br />

zum Beispiel durch Gestaltungs- und Rekla-<br />

mationsrechte.<br />

Weiterführende<br />

Glossar<br />

Informationen auch<br />

im Internet unter:<br />

www.igmetall.de/<br />

tarife/nachrichten/<br />

entgeltrahmen/<br />

lexikon.html


Besitzst<strong>an</strong>dswahrung<br />

Durch <strong>ERA</strong> soll niem<strong>an</strong>d schlechter gestellt<br />

werden als bisher; das bisherige individuelle<br />

Einkommen bleibt in jedem Fall erhalten.<br />

Daher ist im Entgeltrahmenabkommen eine<br />

Besitzst<strong>an</strong>dswahrung vorgesehen, die die<br />

bestehende Entgelthöhe absichert.<br />

Diskriminierung<br />

Mit dem <strong>ERA</strong> ist die indirekte Diskriminie-<br />

rung von Frauen bei der Eingruppierung<br />

beseitigt. Die Anforderungsprofile berück-<br />

sichtigen – <strong>an</strong>ders als früher – gleiche bzw.<br />

gleichwertige Anforderungen <strong>an</strong> Männer<br />

und Frauen und bewerten sie entsprechend<br />

gleich. Deswegen gibt es auch nicht mehr<br />

das Kriterium „körperlich schwere Arbeit“,<br />

das immer mit Muskelkraft verbunden wur-<br />

de.<br />

Eckentgelt<br />

Mit dem sogen<strong>an</strong>nten Eckentgelt ist die Ein-<br />

gruppierung in die Entgeltgruppe gemeint,<br />

die Anforderungen <strong>an</strong> die Tätigkeit beschrei-<br />

ben, die üblicherweise mit einer fachspezifi-<br />

schen Ausbildung erfüllt werden.<br />

Eingruppierung<br />

Bei der betrieblichen Einführung von <strong>ERA</strong><br />

müssen die Beschäftigten neu eingruppiert<br />

werden. Der Arbeitgeber macht dazu einen<br />

Vorschlag. Die Eingruppierung soll durch Ar-<br />

beitnehmer und Betriebsrat reklamierbar sein.<br />

73<br />

<strong>ERA</strong>-Anpassungsfonds<br />

Die Tarifverträge aus dem Jahr 2002 sehen<br />

für die meisten Tarifgebiete vor, das Geld<br />

aus der <strong>ERA</strong>-Strukturkomponente in betrieb-<br />

lichen <strong>ERA</strong>-Anpassungsfonds zu sammeln.<br />

Aus diesen Anpassungsfonds werden d<strong>an</strong>n<br />

die höheren Einkommen für diejenigen fi-<br />

n<strong>an</strong>ziert, die sich aus den <strong>neue</strong>n Entgelten<br />

nach der <strong>ERA</strong>-Einführung ergeben.<br />

<strong>ERA</strong>-Strukturkomponente<br />

Die <strong>ERA</strong>-Strukturkomponente dient dazu, die<br />

<strong>ERA</strong>-Einführung zu fin<strong>an</strong>zieren. Grundged<strong>an</strong>-<br />

ke: Ein Teil des Volumens von Tariferhöhun-<br />

gen wird genutzt, damit die Beschäftigten<br />

mehr Geld erhalten, deren Entgelte durch<br />

<strong>ERA</strong> steigen werden. Da es noch keinen <strong>ERA</strong><br />

gibt, wurde die Strukturkomponente in den<br />

Jahren 2002 und 2003 in vollem Umf<strong>an</strong>g <strong>an</strong><br />

die Beschäftigten weitergegeben.<br />

Tabellenwirksam – also Grundlage für Tarif-<br />

erhöhungen ab 2004 – waren für 2002 und<br />

2003 nur die Erhöhungen ohne die <strong>ERA</strong>-<br />

Strukturkomponente. Das sind 3,1 Prozent<br />

für 2002 und 2,6 Prozent für 2003. Von die-<br />

ser Basis aus werden künftige Tariferhöhun-<br />

gen berechnet.<br />

Der Rest ( also 0,9 Prozent für 2002 und<br />

0,5 Prozent für 2003 ) wird nicht tabellen-<br />

wirksam, sondern wird in den Betrieben in<br />

<strong>ERA</strong>-Anpassungsfonds eingestellt, die später<br />

zur <strong>ERA</strong>-Fin<strong>an</strong>zierung dienen.<br />

Glossar


Im Hintergrund werden in einigen Tarifgebie-<br />

ten Lohn- und Gehaltstabellen mitgeführt,<br />

bei denen die Strukturkomponente berück-<br />

sichtigt ist. Auch aus künftigen Tarifrunden<br />

wird ein Teil für die <strong>ERA</strong>-Strukturkomponen-<br />

te benötigt – bisher aufgebracht sind 1,4 Pro-<br />

zent. <strong>ERA</strong> wird eingeführt, sobald 2,79 Pro-<br />

zent aus den allgemeinen Tariferhöhungen<br />

aufgebracht sind. D<strong>an</strong>n gelten die <strong>neue</strong>n<br />

Entgelt-Tabellen.<br />

In <strong>an</strong>deren Tarifgebieten steht die <strong>neue</strong> Ent-<br />

gelt-Tabelle schon fest. Dort wird das Geld<br />

aus der <strong>ERA</strong>-Strukturkomponente unmittel-<br />

bar zur schrittweisen betrieblichen Einfüh-<br />

rung der <strong>neue</strong>n Entgelt-Tabellen eingesetzt.<br />

Fahrpl<strong>an</strong><br />

Bei den Tarifverh<strong>an</strong>dlungen im Frühjahr 2002<br />

haben sich <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> und <strong>Metall</strong>-Arbeitgeber<br />

auf einen Fahrpl<strong>an</strong> zur <strong>ERA</strong>-Einführung geei-<br />

nigt. Festgelegt sind<br />

• ein Zeitpunkt, zu dem die <strong>ERA</strong>-Verh<strong>an</strong>d-<br />

lungen abgeschlossen sein müssen<br />

• ein Zeitraum, in dem sich die Betriebe auf<br />

die <strong>ERA</strong>-Einführung vorbereiten können<br />

• ein Zeitraum, in dem <strong>ERA</strong> betrieblich ein-<br />

geführt wird<br />

• ein Zeitpunkt, bis zu dem <strong>ERA</strong> betrieblich<br />

eingeführt sein muss.<br />

Die Fahrpläne in den Tarifgebieten unter-<br />

scheiden sich leicht.<br />

74<br />

Gehalt<br />

Als Gehalt wird – bisher – das Entgelt für An-<br />

gestellte bezeichnet. Arbeiter erhalten Lohn.<br />

Durch <strong>ERA</strong> wird die Trennung zwischen Lohn<br />

und Gehalt zugunsten eines gemeinsamen<br />

Entgelts aufgehoben.<br />

Kostenneutralität<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> hat sich mit den Arbeitgebern<br />

verständigt, dass die Umstellung auf das<br />

<strong>neue</strong> <strong>ERA</strong>-Entgeltsystem kostenneutral sein<br />

soll. Anh<strong>an</strong>d von Berechnungen in Muster-<br />

betrieben haben <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> und Arbeitgeber<br />

gemeinsam ermittelt, dass diese systembe-<br />

dingten Mehrkosten sich auf 2,79 Prozent<br />

belaufen. Davon sind durch die Tarifab-<br />

schlüsse des Jahres 2002 bereits 1,4 Prozent<br />

abgedeckt; der Rest wird Best<strong>an</strong>dteil künfti-<br />

ger Tarifverträge sein.<br />

Die systembedingten Kosten sind ein Durch-<br />

schnittswert über alle Beschäftigten und alle<br />

Betriebe. In einzelnen Betrieben können die<br />

Kosten darüber oder darunter liegen. Falls<br />

die Kosten darunter liegen, wird das Geld,<br />

das nicht für die <strong>ERA</strong>-Einführung benötigt<br />

wird, <strong>an</strong> die Beschäftigten ausgeschüttet.<br />

Falls die Kosten darüber liegen, sind in den<br />

Tarifverträgen weitere Möglichkeiten zur<br />

Kompensation vereinbart.<br />

Glossar


Lohn<br />

Als Lohn wird – bisher – das Entgelt für Ar-<br />

beiter bezeichnet. Angestellte erhalten Ge-<br />

halt. Durch <strong>ERA</strong> wird die Trennung zwischen<br />

Lohn und Gehalt zugunsten eines gemeinsa-<br />

men Entgelts aufgehoben.<br />

Mitbestimmung<br />

Nach Paragraf 87 des Betriebsverfassungs-<br />

gesetzes ( BetrVG ) hat der Betriebsrat bei der<br />

Entgeltgestaltung Mitbestimmungsrechte,<br />

zum Beispiel bei der Auswahl der Entgelt-<br />

grundsätze und -methoden und bei der Fest-<br />

setzung der leistungsbezogenen Entgelte<br />

( Akkord, Prämie und sonstige vergleichbare<br />

Leistungsentgeltformen ). Einzelheiten der<br />

Mitbestimmung werden durch das Gesetz<br />

aber nicht geregelt.<br />

Paritätische Kommission<br />

So wird ein betrieblicher Ausschuss bezeich-<br />

net, der sich mit einer bestimmten betriebli-<br />

chen Angelegenheit befasst. Die Mitglieder<br />

der Kommission werden – je zur Hälfte – vom<br />

Betriebsrat und vom Arbeitgeber ben<strong>an</strong>nt.<br />

Um eine paritätische Kommission h<strong>an</strong>delt es<br />

sich zum Beispiel beim „Akkordausschuss“<br />

bzw. bei der „Akkordkommission“ nach den<br />

Lohnrahmentarifverträgen. Die Aufgabe<br />

dieser Ausschüsse oder Kommissionen ist<br />

es, strittige ( reklamierte ) Akkorde zu über-<br />

prüfen.<br />

75<br />

Qualifizierung<br />

Qualifizierung wird immer wichtiger, um die<br />

Arbeitsplätze sicherer zu machen. Sie k<strong>an</strong>n<br />

auch dazu beitragen, dass die Beschäftigten<br />

mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Deswegen<br />

fordert die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> einen individuellen<br />

Rechts<strong>an</strong>spruch auf Weiterbildung. In der<br />

baden-württembergischen <strong>Metall</strong>- und Elek-<br />

troindustrie ist im Jahr 2001 bereits ein ent-<br />

sprechender Tarifvertrag zur Qualifizierung<br />

vereinbart worden.<br />

Reklamationen<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> will im <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> Reklamati-<br />

onsrechte der Beschäftigten regeln. Einzelne<br />

Beschäftigte sollen beispielsweise das Recht<br />

haben, ihrer Eingruppierung zu widerspre-<br />

chen, wenn sie der Ansicht sind, falsch ein-<br />

gruppiert zu sein. Außerdem sollen sie einen<br />

Anspruch auf Überprüfung haben, wenn sie<br />

meinen, dass die vereinbarten Leistungs-<br />

bedingungen unzutreffend sind. Auch der<br />

Betriebsrat soll die tarifvertragliche Möglich-<br />

keit haben, Eingruppierung und Leistungs-<br />

bedingungen zu be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>den.<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Mitglieder, die ihre Eingruppierung<br />

reklamieren wollen, erhalten bei der örtli-<br />

chen <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Ratschläge und Hilfe.<br />

Glossar


Schiedsverfahren<br />

Die Beilegung von Streitigkeiten über die<br />

Auslegung und Anwendung von Tarifverträ-<br />

gen wird häufig über tarifliche Schieds- bzw.<br />

Schlichtungsstellen abgewickelt. Zuständig-<br />

keit, Zusammensetzung und Arbeitsweise<br />

dieser Inst<strong>an</strong>zen sind im <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Bezirk<br />

Küste im Tarifvertrag über Tarifschiedsge-<br />

richt, Einigungsstelle und Schnellschlichtung<br />

geregelt ( siehe auch Paritätische Kommissi-<br />

on ).<br />

Stufenwertzahlverfahren<br />

In Nordrhein-Westfalen und Baden-<br />

Württemberg wurde im Rahmen von <strong>ERA</strong> ein<br />

Stufenwertzahlverfahren entwickelt. Dabei<br />

gibt es – zum Beispiel in Nordrhein-Westfa-<br />

len – vier Anforderungsmerkmale ( Können,<br />

H<strong>an</strong>dlungs- und Entscheidungsspielraum,<br />

Kooperation und Mitarbeiterführung ). Die<br />

Arbeitsaufgabe jedes Beschäftigten wird<br />

darauf geprüft, welche Anforderungsmerk-<br />

male erfüllt sind. Dafür gibt es d<strong>an</strong>n jeweils<br />

Punkte, die am Ende addiert werden. Aus der<br />

Gesamtpunktzahl ergibt sich die Eingruppie-<br />

rung – und entsprechend die Bezahlung.<br />

76<br />

Summarik<br />

Die Summarik ist eine Methode, um die Ar-<br />

beitsaufgabe von Beschäftigten tariflich zu<br />

bewerten. Das geschieht <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d von weni-<br />

gen Anforderungsmerkmalen, bei denen die<br />

Unterweisungs-, Anlern- oder Ausbildungs-<br />

zeit im Vordergrund steht. D<strong>an</strong>eben spielen<br />

Berufserfahrung oder auch der Grad <strong>an</strong><br />

Selbstständigkeit eine Rolle.<br />

In den meisten Tarifgebieten wird die Sum-<br />

marik <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt.<br />

Glossar


Zusammenstellung von Definitionen der Begriffe, die in den Tarifverträgen<br />

der <strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie des Bezirks Fr<strong>an</strong>kfurt verwendet werden<br />

Anlernen<br />

Ist das systematische Vermitteln von ver-<br />

schiedenen Grundfertigkeiten ( § 3.2 LRTV<br />

Hessen )<br />

Disposition<br />

Pl<strong>an</strong>, Einteilung, Gliederung Anordnung von<br />

gesammeltem Material ( Wahrig, Deutsches<br />

Wörterbuch, S. 351 )<br />

Einführen<br />

Jem<strong>an</strong>den <strong>an</strong>leiten, unterweisen, vertraut<br />

machen mit; in offizieller Form bek<strong>an</strong>nt ma-<br />

chen, vorstellen; zum ersten Mal auftreten<br />

( Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 386 )<br />

Geschäftsvorg<strong>an</strong>g<br />

Im Geschäftsbuch belegtes geschäftliches<br />

Ereignis ( Wahrig, Deutsches Wörterbuch,<br />

S. 550 )<br />

Kenntnisse<br />

Wissen, Erfahrung ( Wahrig, Deutsches Wör-<br />

terbuch, S. 736 )<br />

77<br />

Können<br />

Vermögen, fähig sein, imst<strong>an</strong>de sein, in der<br />

Lage sein; dürfen, berechtigt sein; Grund ha-<br />

ben; gelernt haben, verstehen, beherrschen<br />

( Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 772 )<br />

Selbständig<br />

Unabhängig, nicht fest <strong>an</strong>gestellt; ohne Hil-<br />

fe, allein, ohne Anleitung, Antrieb von außen<br />

( Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 1170 )<br />

Ver<strong>an</strong>twortung<br />

Pflicht, Bereitschaft, für seinen H<strong>an</strong>dlungen<br />

einzustehen, ihre Folgen zu tragen; Rechtfer-<br />

tigung, Verteidigung; Rechenschaft ( Wahrig,<br />

Deutsches Wörterbuch, S. 1351 )<br />

Wissen<br />

Kenntnis von etwas haben ( Wahrig, Deut-<br />

sches Wörterbuch, S. 1440)<br />

Zweckausbildung<br />

Ist die Ausbildung für bestimmte Arbeitsver-<br />

richtungen, die nicht nur nach Anweisung<br />

ausgeführt werden können ( § 3.2 LRTV<br />

Hessen )<br />

Glossar<br />

»Wahrig« ist das <strong>an</strong>-<br />

erk<strong>an</strong>nte Lexikon für<br />

tarifrechtliche Fragen


9. Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung:<br />

a) Baden-Würtemberg<br />

Baden-Würtemberg<br />

Werden Schulungen zur Umsetzung<br />

des <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> erwähnt ?<br />

Welche Widerspruchsfristen und<br />

-formen sind vorgesehen ?<br />

Wird eine Paritätische<br />

Kommission gebildet ?<br />

78<br />

Wie ist sie zusammengesetzt ?<br />

• Ja, für Mitglieder und StellvertreterInnen<br />

der Paritätischen<br />

Kommission ( § 7.1.6 <strong>ERA</strong>-TV )<br />

• Einspruchsfrist 8 Wochen, bei<br />

fehlender Einigung tritt erweiterte<br />

Paritätische Kommission<br />

zusammen, d<strong>an</strong>ach Schiedsstelle<br />

(§ 7.3 <strong>ERA</strong>-TV)<br />

• Jede Seite k<strong>an</strong>n unter Angabe<br />

von Gründen eine Überprüfung<br />

der Arbeitsbeschreibung verl<strong>an</strong>gen<br />

(§ 7.3 <strong>ERA</strong>-TV)<br />

• Ja, in Betrieben ab 500 Beschäftigten<br />

und konzernabhängigen<br />

Betrieben ab 300 Beschäftigten,<br />

in kleineren Betrieben gilt<br />

das vereinfachte Einstufungsverfahren,<br />

in dem eine Paritätische<br />

Kommission erst im Reklamationsverfahren<br />

gebildet ( § 7<br />

und 8 <strong>ERA</strong>-TV ) wird<br />

• 3 Vertreter des AG, 3 Vertreter<br />

der Beschäftigten, davon mind.<br />

1 BR, BR entscheidet über die<br />

Vertreter der Beschäftigten,<br />

jede Seite k<strong>an</strong>n ausgewählte<br />

Berater aus dem Unternehmen<br />

hinzuziehen ( § 7.1 )<br />

• keine <strong>an</strong>ders lautenden Regelungen<br />

für die Einführung des<br />

<strong>ERA</strong>-TV<br />

Ersteingruppierung


9. Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung:<br />

b) Küste<br />

Küste<br />

Werden Schulungen<br />

zur Umsetzung des<br />

<strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> erwähnt ?<br />

Welche Widerspruchsfristen und<br />

-formen sind vorgesehen ?<br />

Wird eine Paritätische<br />

Kommission gebildet ?<br />

Wie ist sie zusammengesetzt<br />

?<br />

79<br />

• Nein. Es gilt also<br />

das BetrVG. Schulungsver<strong>an</strong>staltungen<br />

werden<br />

<strong>an</strong>geboten. Frauen<br />

sollten sich<br />

dar<strong>an</strong> beteiligen.<br />

• Einspruchsfrist 8 Wochen, bei fehlender Einigung tritt<br />

erweiterte Paritätische Kommission zusammen, d<strong>an</strong>ach<br />

Schiedsstelle ( § 7.3 <strong>ERA</strong>-TV )<br />

• Ja, im Rahmen der<br />

Einführung des <strong>ERA</strong><br />

( § 10 Einführungs-TV )<br />

• Jede Seite k<strong>an</strong>n unter Angabe von Gründen eine Überprüfung<br />

der Arbeitsbeschreibung verl<strong>an</strong>gen ( § 7.3<br />

<strong>ERA</strong>-TV )<br />

• 4 – 6 Betriebs<strong>an</strong>gehörige,<br />

davon je die<br />

Hälfte vom AG und<br />

vom BR zu benennen.<br />

• Einspruchsfrist während der Einführung des <strong>ERA</strong><br />

4 Wochen ( § 10 Einführungs-TV ), Entscheidung durch<br />

Paritätische Kommission, d<strong>an</strong>n Einigungsversuch<br />

AG – BR, bei Nichteinigung Hinzuziehen der Tarifparteien,<br />

d<strong>an</strong>n tarifliche Einigungsstelle<br />

• Anschließend gilt<br />

§ 99 BetrVG i.V.m. § 2<br />

Ziff. 4,5<br />

• Einspruch muss schriftlich erfolgen ( § 10 Einführungs-TV )<br />

• Anschließend gelten § 2 ( 4 und 5 ) <strong>ERA</strong>: Einspruchsrecht<br />

des BR innerhalb einer Woche schriftlich, bei Nichteinigung<br />

Rechtsweg; Einspruchsrecht der Beschäftigten,<br />

Ablehnung muss vom AG schriftlich begründet werden,<br />

bei Nichteinigung Verh<strong>an</strong>dlung zwischen AG und BR,<br />

bei erneuter Nichteinigung Rechtsweg<br />

Ersteingruppierung


9. Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung:<br />

c) Niedersachsen<br />

Niedersachsen<br />

Werden Schulungen zur Umsetzung<br />

des <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> erwähnt ?<br />

Welche Widerspruchsfristen und<br />

-formen sind vorgesehen ?<br />

Wird eine Paritätische<br />

Kommission gebildet ?<br />

80<br />

Wie ist sie zusammengesetzt ?<br />

• Nein. Es gilt also das BetrVG.<br />

• Allerdings wird in § 2 Überleitungs-TV<br />

eine Vorbereitungsphase<br />

definiert, in der sich<br />

AG und BR auf die Einführung<br />

vorbereiten. Dies könnte Schulungsmaßnahmeneinschließen.<br />

• Einspruchsfrist für den BR während<br />

der Einführung des <strong>ERA</strong><br />

3 Wochen. Entscheidung durch<br />

Paritätische Entgeltkommission,<br />

bei Nichteinigung Hinzuziehen<br />

der Tarifvertragsparteien,<br />

d<strong>an</strong>n tarifliche Schlichtungsstelle<br />

( § 3 Überleitungs-TV )<br />

• Ja, für Einzelstreitigkeiten. In<br />

Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten<br />

sowohl bei der<br />

Einführung des <strong>ERA</strong> als auch<br />

später. In kleineren Betrieben<br />

verh<strong>an</strong>deln AG und BR ( § 15<br />

<strong>ERA</strong>-TV, sowie § 3 Überleitungs-<br />

TV )<br />

• Nach der Einführung des <strong>ERA</strong><br />

steht nach der Nichteinigung<br />

über die Eingruppierung der Tarifvertragsparteien<br />

der Rechtsweg<br />

offen. ( § 15 ( 5 ) <strong>ERA</strong>-TV )<br />

• Je 2 – 3 sachkundige Beschäftigte,<br />

die jeweils vom AG bzw.<br />

BR ben<strong>an</strong>nt werden ( § 15 <strong>ERA</strong>-<br />

TV )<br />

Ersteingruppierung


9. Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung:<br />

d) Nordrhein-Westfalen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Werden Schulungen zur<br />

Umsetzung des <strong>neue</strong>n<br />

Welche Widerspruchsfristen und<br />

-formen sind vorgesehen ?<br />

Wird eine Paritätische Kommission<br />

gebildet ?<br />

81<br />

<strong>ERA</strong> erwähnt ?<br />

Wie ist sie zusammengesetzt ?<br />

• Nein. Es gilt also das<br />

BetrVG.<br />

• Fall 1: Einspruchsfrist für den BR<br />

während der Einführung des <strong>ERA</strong> 4<br />

Wochen nach Vorlage der vorläufigen.<br />

Eingruppierung durch den AG; d<strong>an</strong>ach<br />

2 Wochen nach Zug<strong>an</strong>g der Eingruppierungsunterlagen<br />

( § 7 ( 6 ) <strong>ERA</strong>-ETV ).<br />

Beratung in der Paritätische Kommission<br />

8 Wochen, d<strong>an</strong>ach entscheidet die<br />

Einigungsstelle ( § 7 ( 4 ) <strong>ERA</strong>-ETV )<br />

• Fall 1: Ja, im Rahmen der Einführung<br />

des <strong>ERA</strong>, wenn betrieblich<br />

freiwillig das besondere Eingruppierungs-<br />

und Reklamationsverfahren<br />

gemäß § 7 <strong>ERA</strong>-ETV<br />

vereinbart wird. Sie wird tätig,<br />

wenn BR und AG sich <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der<br />

Unterlagen über eine Eingruppierung<br />

des Arbeitsplatzes nicht<br />

einigen können.<br />

• Fall 2: Individuelle Reklamation durch<br />

Beschäftigte/n innerhalb von 4 Wochen<br />

nach Mitteilung der beabsichtigten<br />

Eingruppierung ( § 4 ( 1 ) <strong>ERA</strong> ),<br />

d<strong>an</strong>ach: Prüfung durch AG, d<strong>an</strong>n<br />

Paritätische Kommission, Rechtsweg.<br />

Beschäftigte/r und BR können bei Änderung<br />

der Arbeitsaufgabe eine Änderung<br />

der Eingruppierung von sich aus<br />

be<strong>an</strong>tragen. ( § 4 ( 2 ) <strong>ERA</strong> )<br />

• Je 2 von AG und BR bestellte<br />

Betriebs<strong>an</strong>gehörige ( § 7 ( 2 ) <strong>ERA</strong>-<br />

ETV )<br />

• Fall 2: Grundsätzlich gelten die<br />

Mitwirkungsrechte des BR nach<br />

§ 99 BetrVG und § 4 <strong>ERA</strong>. ( § 2 ( 7 )<br />

<strong>ERA</strong> ). Bei Reklamationen wird<br />

auch hier eine paritätische Kommission<br />

gebildet.<br />

Ersteingruppierung


9. Regelungen zu den Verfahren der Ersteingruppierung:<br />

e) Thüringen<br />

Thüringen<br />

Werden Schulungen zur Umsetzung<br />

des <strong>neue</strong>n <strong>ERA</strong> erwähnt ?<br />

Welche Widerspruchsfristen und<br />

-formen sind vorgesehen ?<br />

Wird eine Paritätische<br />

Kommission gebildet ?<br />

82<br />

Wie ist sie zusammengesetzt ?<br />

• Nein. Es gilt also das BetrVG.<br />

• Einspruchsfrist für BR und Beschäftigte<br />

während der Einführung<br />

des <strong>ERA</strong> 3 Wochen ( § 3 ( 3 )<br />

Einführungs-TV )<br />

• Ja, für die Einführung des <strong>ERA</strong><br />

( § 5 Einführungs-TV )<br />

• Allerdings wird in § 2 Überleitungs-TV<br />

eine Vorbereitungsphase<br />

definiert, in der sich<br />

AG und BR auf die Einführung<br />

vorbereiten. Dies könnte Schulungsmaßnahmeneinschließen.<br />

• Je 2 von AG und BR bestellte<br />

Betriebs<strong>an</strong>gehörige ( § 5 ( 2 )<br />

Einführungs-TV )<br />

• Einspruch muss schriftlich erfolgen.<br />

(ebenda)<br />

• Anschließend gilt § 99 BetrVG<br />

• Paritätische Kommission entscheidet<br />

den Widerspruchsfall,<br />

bei Nichteinigung Hinzuziehen<br />

der Tarifvertragsparteien, d<strong>an</strong>ach<br />

Verfahren gemäß § 26<br />

MTV<br />

• Anschließend gilt § 3 ( 8 ) <strong>ERA</strong>:<br />

Einspruchsrecht der Beschäftigten,<br />

Ablehnung muss vom<br />

AG schriftlich begründet<br />

werden, bei Nichteinigung<br />

Verh<strong>an</strong>dlung zwischen AG und<br />

BR, bei erneuter Nichteinigung<br />

Rechtsweg<br />

Ersteingruppierung


10. Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen<br />

Baden-Würtemberg<br />

a) Baden-Würtemberg<br />

Werden die tariflichen Richt- oder<br />

Niveaubeispiele überarbeitet ?<br />

Wie ist die Mitbestimmung bei der<br />

Erarbeitung der Ergänzungsbei-<br />

Sind betriebliche<br />

Ergänzungsbeispiele möglich ?<br />

83<br />

spiele geregelt ?<br />

• § 5 ( 2.3 ): Katalog wird aufgrund<br />

der technischen und org<strong>an</strong>isatorischen<br />

Entwicklung überprüft<br />

und „möglichst unverzüglich“<br />

ergänzt.<br />

• § 6 ( 4.3 ): Ja, einvernehmlich. • § 6 ( 4.3 ): Paritätische Kommission<br />

auf Betriebs- oder Unternehmensebene<br />

Richt- und Niveaubeipiele


10. Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen<br />

Küste<br />

b) Küste<br />

Werden die tariflichen Richt- oder<br />

Niveaubeispiele überarbeitet ?<br />

Wie ist die Mitbestimmung bei der<br />

Erarbeitung der Ergänzungsbei-<br />

Sind betriebliche<br />

Ergänzungsbeispiele möglich ?<br />

84<br />

spiele geregelt ?<br />

• <strong>ERA</strong> sagt nichts dazu aus.<br />

• <strong>ERA</strong> sagt nichts dazu aus, laut<br />

Ziffer 5 des Verh<strong>an</strong>dlungsergebnisses<br />

vom 11.09.03 wird<br />

weiter darüber verh<strong>an</strong>delt<br />

• § 3 ( 9 ): Ja, freiwillig.<br />

• Ab 1.1.08 gemäß § 87 ( 1.10 )<br />

BetrVG<br />

Richt- und Niveaubeipiele


10. Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen<br />

Niedersachsen<br />

c) Niedersachsen<br />

Werden die tariflichen Richt- oder<br />

Niveaubeispiele überarbeitet ?<br />

Wie ist die Mitbestimmung bei der<br />

Erarbeitung der Ergänzungsbei-<br />

Sind betriebliche<br />

Ergänzungsbeispiele möglich ?<br />

85<br />

spiele geregelt ?<br />

• Ziffer 2 des Verh<strong>an</strong>dlungsergebnisses<br />

vom 20.11.03 verpflichtet<br />

zur Vereinbarung von tariflichen<br />

Richtbeispielen für 10 Tätigkeitsfelder<br />

bis 30.06.04.<br />

Bisl<strong>an</strong>g sind erst Richtbeispiele<br />

für ein Tätigkeitsfeld ( Zersp<strong>an</strong>ung<br />

) vereinbart worden. ( Anlage<br />

zu § 3 )<br />

• § 2 ( 3 ): Paritätische Kommission<br />

• § 2 ( 3 ): Ja, freiwillig.<br />

• Ab 2013 d<strong>an</strong>n, wenn <strong>neue</strong><br />

Technologien, Produkte oder<br />

Org<strong>an</strong>isationsformen zu wesentlichen<br />

Änderungen geführt<br />

haben.<br />

• § 2 (2 ): Ja, bei Bedarf<br />

• und mindestens alle 5 Jahre<br />

• § 3 ( 7 ) Überleitungs-TV: Bei<br />

der erstmaligen Eingruppierung<br />

können Betriebsrat und<br />

Arbeitgeber den Abschluss<br />

von ergänzenden betrieblichen<br />

Richtbeispielen verl<strong>an</strong>gen.<br />

• und Aktualisierung der Berufsbezeichnungen<br />

bei Neuordnungen<br />

der Berufsbilder<br />

Richt- und Niveaubeipiele


10. Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

d) Nordrhein-Westfalen<br />

Werden die tariflichen Richt- oder<br />

Niveaubeispiele überarbeitet ?<br />

Wie ist die Mitbestimmung bei der<br />

Erarbeitung der Ergänzungsbeispiele<br />

geregelt ?<br />

Sind betriebliche<br />

Ergänzungsbeispiele möglich ?<br />

86<br />

• Keine Aussage dazu in den<br />

<strong>ERA</strong>s<br />

• Entfällt gemäß der Idee in<br />

§ 3 (4 ) <strong>ERA</strong><br />

• Die Niveaubeispiele sind von<br />

den Tarifvertragsparteien<br />

gemeinsam bewertet und eingruppiert<br />

worden. Sie gelten<br />

als Orientierungshilfe. Maßgebend<br />

für die Eingruppierung<br />

der /des Beschäftigten ist<br />

seine/ihre konkrete Arbeitsaufgabe<br />

Richt- und Niveaubeipiele


10. Regelungen zu Richt- und Niveaubeispielen<br />

Thüringen<br />

e) Thüringen<br />

Werden die tariflichen Richt- oder<br />

Niveaubeispiele überarbeitet ?<br />

Wie ist die Mitbestimmung bei der<br />

Erarbeitung der Ergänzungsbei-<br />

Sind betriebliche<br />

Ergänzungsbeispiele möglich ?<br />

87<br />

spiele geregelt ?<br />

• § 3 ( 7 ): Ja, freiwillig. • § 3 ( 7 ): Betriebsparteien • Ja, gemäß Protokollnotiz zu<br />

§ 3 ( 6 ) bei Bedarf, mindestens<br />

aber alle 5 Jahre und bei Neuordnung<br />

der Berufsbilder<br />

Richt- und Niveaubeipiele

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