Pflanzenschutz - Dr. Neinhaus Verlag AG
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10 <strong>Pflanzenschutz</strong><br />
Welche Mittel stehen zur Verfügung?<br />
Obstbaulicher <strong>Pflanzenschutz</strong> 2009 / § 11-Genehmigungen und Rückstandsfragen<br />
Die diesjährige Obstbausaison<br />
ist gekennzeichnet<br />
durch einen späten<br />
Vegetationsstart mit kompakt<br />
verlaufender Blüte und sehr rascher<br />
Fortentwicklung der Obstgehölze,<br />
durch eine schwierige,<br />
oft nur durch §11-Genehmigungen<br />
zu lösende Mittelsituation<br />
bei einigen Hauptschaderregern<br />
und schließlich durch<br />
die zunehmende Bedeutung der<br />
Rückstandsfrage, die für Beratung<br />
und Praxis die Abwehrstrategien<br />
erschweren.<br />
Mittel für 2009<br />
Durch Zulassungen und § 18a-<br />
Genehmigungen des Arbeitskreises<br />
Lückenindikationen<br />
Obstbau ist in den vergangenen<br />
Jahren die Mittelpalette im<br />
Steinobst, bei Strauchbeeren und<br />
bei Erdbeeren erheblich verbessert<br />
worden (siehe Heft „<strong>Pflanzenschutz</strong><br />
im Erwerbsobstbau<br />
2009“ und die aktualisierten<br />
Tabellen im Internet auf www.<br />
ltz-bw.de „Zulassungssituation<br />
<strong>Pflanzenschutz</strong> im Obstbau“).<br />
Dennoch bleiben im Einzelfall<br />
vor allem im Kernobst Bekämpfungslücken<br />
offen, da hier normalerweise<br />
keine 18a-Genehmigungen<br />
möglich sind.<br />
Für einzelne Bekämpfungsprobleme,<br />
die nicht anders zu lösen<br />
sind, ist die Praxis in diesem<br />
Jahr daher wieder auf Genehmigungen<br />
nach § 11,2,2 <strong>Pflanzenschutz</strong>gesetz<br />
(„Gefahr im Verzuge“)<br />
angewiesen. Das Bundesamt<br />
für Verbraucherschutz und<br />
Lebensmittelsicherheit (BVL)<br />
hat in diesen Frühjahr erfreulicherweise<br />
mit einer Reihe von<br />
Apfelwicklerlarve im Kernhaus.<br />
Blutlausbefall an Holz und Trieb. Fotos und Tabelle : Galli<br />
§ 11-Genehmigungen im Steinobst<br />
(zum Beispiel Mospilan SG<br />
gegen Kirschfruchtfliege), Beerenobst<br />
(zum Beispiel Isonet Z<br />
gegen Johannisbeerglasflügler)<br />
und im Kernobst (Globaryll 100<br />
zur Fruchtausdünnung sowie<br />
die folgenden Indikationen) die<br />
obstbauliche Praxis sehr unterstützt<br />
und Möglichkeiten für<br />
einen sachgerechten <strong>Pflanzenschutz</strong><br />
an die Hand gegeben.<br />
Feuerbrand<br />
Dies gilt insbesondere für den<br />
Feuerbrand und die § 11-Genehmigung<br />
von streptomycinhaltigen<br />
Präparaten (Firewall<br />
17 WP, Strepto) . Ein sicher wirkendes,<br />
alternatives Mittel gibt<br />
es derzeit noch nicht. Die Situation<br />
wurde erschwert durch<br />
die letztjährigen Rückstandsbefunde<br />
in Honig. Entsprechend<br />
restriktiv sind die Bedingungen<br />
für die diesjährigeGenehmigungausgefallen.<br />
Doch<br />
auch wenn die<br />
Anforderungen<br />
mit Berechtigungsschein,<br />
Meldefristen<br />
und Kontrollen,<br />
den Beschränkungen<br />
des<br />
Mitteleinsatzes<br />
auf maximal<br />
zwei Anwendungen in der Blüte<br />
sowie den Festlegungen zum<br />
Honigaufkauf und Fruchtmonitoring<br />
sehr aufwendig sind<br />
— es ist doch erfreulich, dass die<br />
Bemühungen von Bundesbehörden,<br />
<strong>Pflanzenschutz</strong>dienst<br />
und Berufsstand auch für 2009<br />
erfolgreich waren.<br />
So konnte zum ersten Infektionstermin<br />
unmittelbar nach<br />
Ostern (14. / 15. April) für Baden<br />
und Nordwürttemberg von der<br />
Zulassungsbehörde die Genehmigung<br />
für 2 600 kg streptomycinhaltigen<br />
Präparaten erteilt<br />
und vom Landwirtschaftlichen<br />
Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg<br />
die Anwendung<br />
freigegeben werden. Rechtzeitig<br />
zum ersten Infektionstermin am<br />
Bodensee am 25. April, wurde<br />
vom BVL eine ergänzende Menge<br />
von 1 680 kg Antibiotikum genehmigt.<br />
In den meisten Gebieten<br />
konnten wegen der rasch<br />
verlaufenden Blüte viele Kernobstanlagen<br />
mit einer Behandlung<br />
auskommen. Die Berechtigungsscheine<br />
sind unter Angabe<br />
der nicht verwendeten<br />
Restmengen bis 29. Mai an das<br />
zuständige Landratsamt zurückzugeben.<br />
Blutlaus<br />
Auch bei der Blutlaus an Apfel<br />
ist der <strong>Pflanzenschutz</strong> auf eine<br />
Genehmigung angewiesen. Die<br />
Landpost 22/2009<br />
Blutlaus hat zwar eine Reihe<br />
von Gegenspielern, insbesondere<br />
die Blutlauszehrwespe. Die<br />
Parasitierungsleistung reicht jedoch<br />
in vielen Fällen nicht aus,<br />
um Schäden am Holz und die<br />
Behinderung bei der Erntearbeit<br />
zu vermeiden. Ein Insektizid<br />
ist gegen diesen Schädling<br />
derzeit nicht ausgewiesen. Das<br />
nützlingsschonende Pirimor hat<br />
eine Nebenwirkung, die ausgenutzt<br />
werden kann. Bei stärkerem<br />
Befallsdruck ist das Mittel<br />
jedoch überfordert.<br />
In Versuchen des <strong>Pflanzenschutz</strong>dienstes<br />
wurde eine sehr<br />
gute Wirkung des Phosphorsäureesters<br />
Reldan 22 gegen die<br />
Blutlaus festgestellt. Der Hersteller<br />
hat daher auf Vorschlag<br />
der Bundesfachgruppe Obstbau<br />
für 2009 eine § 11-Genehmigung<br />
beantragt. Das BVL hat<br />
auch diesem Antrag am 11. Mai<br />
entsprochen und eine einmalige<br />
Anwendung von Reldan<br />
22 gegen die Blutlaus an Apfel<br />
nach der Blüte für 120 Tage<br />
genehmigt (Wartezeit 28 Tage;<br />
bienengefährlich B 1), So kann<br />
dieser Problemschädling in<br />
diesem Jahr ausreichend unter<br />
Kontrolle gehalten werden.<br />
Apfelwickler<br />
Anders ist die Situation beim<br />
Apfelwickler. Deutlicher Populationsanstieg,<br />
klimatische Begünstigung<br />
und zunehmende<br />
Resistenzerscheinungen haben<br />
diesen Schädling in Baden-<br />
Württemberg wieder zu einem<br />
zentralen Problem werden lassen.<br />
Die in einigen Regionen<br />
sehr kritische Befalls- und Bekämpfungssituation<br />
konnte in<br />
den Jahren 2007 und 2008 dank<br />
der § 11-Genehmigung von<br />
Reldan 22 bewältigt werden.<br />
Für 2009 wird es keine weitere<br />
Genehmigung dieses Mittels geben,<br />
da inzwischen mit Coragen<br />
ein neues und nach bisherigen<br />
Versuchsergebnissen sehr wirksames<br />
Insektizid zugelassen<br />
wurde (siehe Tabelle). Obwohl<br />
dessen Wirkstoff Rynaxypyr<br />
auf die gleichen Entwicklungsstadien<br />
wie andere Insektizide<br />
wirkt (Eier und Larven), verbessert<br />
die hohe Wirksamkeit des<br />
Mittels die Apfelwickler-Bekämpfungsstrategie.<br />
Vorteilhaft ist, dass Coragen<br />
zu einer neuen Wirkstoffklasse<br />
gehört und daher keine Gefahr
Landpost 22/2009 <strong>Pflanzenschutz</strong> 11<br />
Feuerbrandbefall am Apfel.<br />
von Kreuzresistenz besteht. Es<br />
wird empfohlen, die Apfelwicklerbekämpfungschwerpunktmäßig<br />
auf die erste Generation<br />
auszurichten und in Anlagen<br />
mit starkem Befallsdruck ein-<br />
oder zweimal Coragen gegen<br />
die schlüpfenden Larven einzusetzen.<br />
Das Mittel ist als nicht<br />
bienengefährlich (B 4) und<br />
raubmilbenschonend eingestuft.<br />
Nach der Entscheidung<br />
der Bundesfachgruppe Obstbau<br />
kann Coragen im Rahmen der<br />
Integrierten Produktion eingesetzt<br />
werden.<br />
In Anlagen, in denen Misserfolge<br />
bei der Bekämpfung des Apfelwicklers<br />
mit granulosevirusresistentenApfelwicklerpopulationen<br />
aufgetreten sind, ist das<br />
Granuloseviruspräparat Madex<br />
Max eine Alternative. Es beruht<br />
Die Situation ist ähnlich<br />
wie im vergangenen<br />
Jahr: auch 2009 ist gegen<br />
die Kirschfruchtfliege kein<br />
Insektizid zugelassen oder dauerhaft<br />
genehmigt. Da vermadete<br />
Früchte nicht handelsfähig<br />
sind, der Befallsdruck aber voraussichtlich<br />
unverändert hoch<br />
bleiben wird, ist der Konflikt<br />
für die Kirschenbetriebe offenkundig.<br />
Eine planbare Bekämpfungsgrundlage<br />
fehlt, und ohne<br />
Bekämpfung besteht die Gefahr,<br />
dass die Ware vermadet ist und<br />
zurückgewiesen wird.<br />
auf einem neuenresistenzbrechenden<br />
Isolat und erhielt<br />
ab 01. Mai<br />
für 120 Tage eine§11-Genehmigung.<br />
Mit<br />
diesen beiden<br />
neuen Insektiziden<br />
sollte der<br />
Apfelwickler<br />
in der Saison<br />
2009 besser bekämpfbar<br />
sein.<br />
Fast noch mehr<br />
als die Schaderreger betrifft die<br />
Obstbaubetriebe derzeit die Frage<br />
der <strong>Pflanzenschutz</strong>mittelrückstände,<br />
und zwar in zweierlei<br />
Hinsicht.<br />
EU-Verordnung<br />
Seit 01. September 2008 ersetzt<br />
eine einheitliche EU-Höchstmengenverordnung<br />
die bisherigen<br />
nationalen Regelungen. Als<br />
Folge dieser Vereinheitlichung<br />
gelten in Deutschland jetzt für<br />
mehrere Mittel höhere Höchstmengen<br />
als bisher. Dadurch ändert<br />
sich für die Praxis zunächst<br />
nichts, doch ist hierdurch die<br />
Gefahr einzelner Überschreitungen<br />
geringer. Außerdem wurden<br />
im Zuge dieser EU-Harmonisierung<br />
für einige Wirkstoffe erstmals<br />
Höchstmengen festgesetzt.<br />
So stehen dem Obstbau endlich<br />
Nachdem die Aufbrauchfrist für<br />
das Dimethoat-Mittel Danadim<br />
einige weitere rückstandsrelevante<br />
Indikationen zur Verfügung,<br />
die bisher wegen fehlender<br />
Höchstmengen nicht genehmigt<br />
werden konnten (zum<br />
Beispiel Switch und Score in<br />
Steinobst).<br />
Rückstandsanforderungen<br />
Im Unterschied zu diesen günstigen<br />
gesetzlichen Änderungen<br />
wirken sich die über die gesetzlichen<br />
Vorgaben hinausgehenden<br />
Rückstandsanforderungen<br />
des Lebensmitteleinzelhandels<br />
für Beratung und Praxis sehr<br />
produktionserschwerend aus.<br />
Rückstandsrelevante Anwendungen<br />
insbesondere im Spätsommer,<br />
der erforderliche Wirkstoffwechsel<br />
oder der fachlich<br />
zweckmäßige Einsatz von Präparaten<br />
mit Doppelwirkstoffen<br />
Tabelle: Informationskasten zu Coragen<br />
Coragen<br />
Zugelassen bis 02.03.2012<br />
Wie geht es weiter mit der<br />
Bekämpfung der Kirschfruchtfliege?<br />
Mospilan SG und Perfekthion wieder mit § 11-Genehmigung einsetzbar<br />
Von Kirschfruchtfliegen übersäte Gelbtafel.<br />
Fotos und Tabellen: Galli<br />
Progress Ende 2007 ausgelaufen<br />
war, stand 2008 zur Kirschfruchtfliegenbekämpfung<br />
als einziges<br />
Mittel Mospilan<br />
SG durch eine<br />
§ 11,2,2-Genehmigung<br />
(„Gefahr im<br />
Verzuge“) mit zwei<br />
Anwendungen und<br />
14 Tagen Wartezeit<br />
zur Verfügung.<br />
Mospilan SG hatte<br />
im Rahmen des ArbeitskreisLückenindikationen<br />
Obst-<br />
können zu einer stärkeren Auslastung<br />
der Rückstandshöchstmenge<br />
oder zu Mehrfachrückständen<br />
führen und die Absatzchancen<br />
gefährden. Dies erfordert<br />
angepasste Bekämpfungsstrategien,<br />
wie sie in den Anbauregionen<br />
derzeit diskutiert und<br />
soweit möglich entwickelt werden.<br />
Ferner ist unbedingt darauf<br />
zu achten, dass die Anwendungsbestimmungeneingehalten<br />
und keine Wirkstoffe durch<br />
Spritzmittelreste oder Abdrift<br />
in andere Kulturen verschleppt<br />
werden. Die heutige breite Mittelpalette<br />
sollte auch unter diesen<br />
erschwerten Bedingungen einen<br />
korrekten und fachgerechten<br />
obstbaulichen <strong>Pflanzenschutz</strong><br />
ermöglichen.<br />
Peter Galli<br />
LTZ Augustenberg<br />
Wirkstoffgehalt: 200 g/l Rynaxypyr<br />
Formulierung: Suspensionskonzentrat<br />
Schadorganismus: Apfelwickler (Eier und Larven)<br />
Kultur: Kernobst<br />
Einsatzstadien Ab BBCH 71<br />
Maximale Zahl der Behandlungen: 2<br />
Mittelaufwand: 87,5 ml/ha und je m Kronenhöhe<br />
Wartezeit: 14 Tage<br />
Bienenschutz: B 4<br />
Gewässerschutz: NW 468, NW 607 (50% - 20 m, 75% - 15 m,<br />
90% - 5 m), NW 264 (giftig für Fische und<br />
Fischnährtiere)<br />
Weitere Auflagen: NT 104 (Saumstrukturen),<br />
siehe auch Gebrauchsanleitung<br />
bau in zahlreichen Versuchen<br />
unter definierten Versuchsbedingungen<br />
sehr gute Ergebnisse<br />
erzielt. Im Praxiseinsatz 2008<br />
gab es in den meisten Anlagen<br />
auch bei hohem Befallsdruck<br />
eine gute Wirkung, daneben<br />
jedoch auch einzelne Problemfälle.<br />
Erfahrungen<br />
und Beobachtungen<br />
Der <strong>Pflanzenschutz</strong>dienst Baden-Württemberg<br />
hat daher<br />
im vergangenen Sommer bei<br />
verschiedenen Kirschenbetrieben<br />
in Mittelbaden, Südbaden<br />
und am Bodensee Erfahrungen<br />
und Beobachtungen zum Bekämpfungserfolg<br />
mit Mospilan<br />
SG abgefragt. Auch wenn diese<br />
Erhebungen nicht repräsentativ<br />
sind, können daraus doch<br />
einige Hinweise auf den effektiven<br />
Einsatz von Mospilan SG
12<br />
<strong>Pflanzenschutz</strong><br />
gewonnen werden. Eine Rolle<br />
für die Wirksamkeit des Mittels<br />
spielen vor allem folgende Gesichtspunkte:<br />
❚ Bei stärkerem Befallsdruck<br />
sind zumindest bei mittelspäten<br />
und späten Reifegruppen<br />
unbedingt zwei Anwendungen<br />
erforderlich.<br />
❚ Befall wurde vor allem im<br />
oberen Kronenbereich an hohen<br />
Bäumen festgestellt. Daher ist<br />
auf eine angepasste Dosierung<br />
(0,125 kg / ha und m Kronenhöhe)<br />
und eine geeignete Applikationstechnik<br />
zu achten.<br />
❚ Spätsorten sind am meisten<br />
gefährdet. Vor allem bei längerem<br />
Erntefenster kann es trotz<br />
Mospilan-Einsatz noch zu sichtbarem<br />
Kirschfruchtfliegenbefall<br />
kommen.<br />
❚ Der Behandlungstermin sollte<br />
möglichst auf die Reifegruppen<br />
abgestimmt werden, um die<br />
Wirkungsdauer nicht zu überfordern<br />
(14 Tage). Pflanzungen<br />
mit gemischten Reifegruppen<br />
sind generell für die Kirschfruchtfliegenbekämpfungungünstig.<br />
Möglichkeiten der<br />
Bekämpfung 2009<br />
Für 2009 ist inzwischen wieder<br />
eine §11-Genehmigung<br />
für Mospilan SG bei Süß- und<br />
Sauerkirschen gegen die Kirschfruchtfliege<br />
erteilt worden, allerdings<br />
mit einer Wartezeit<br />
von 21 Tagen (siehe Tabelle1).<br />
Ob es gelingt, die Wartezeit auf<br />
14 Tage zu verkürzen, ist sehr<br />
fraglich. Die endgültige Entscheidung<br />
steht aber noch aus.<br />
Beim Einsatz von Mospilan SG<br />
wird empfohlen, die Hinweise<br />
des Herstellers und die erwähnten<br />
Erfahrungen von 2008 zu<br />
berücksichtigen, um die Wirksamkeit<br />
des Mittels besser auszuschöpfen.<br />
Das gegen Blattläuse bei Süßund<br />
Sauerkirschen zugelassene<br />
Calypso hat eine Nebenwirkung<br />
gegen die Kirschfruchtfliege<br />
und kann ergänzend zur Befallsminderung<br />
eingesetzt werden.<br />
Allerdings gehört Calypso<br />
zur gleichen Wirkstoffgruppe<br />
wie Mospilan SG.<br />
Zusätzlicher<br />
Dimethoat-Wirkstoff<br />
Aus Wirksamkeits- und Resistenzgründen<br />
wird in Baden-Württemberg<br />
wie auch in<br />
anderen Anbaugebieten zusätzlich<br />
zu Mospilan SG ein<br />
anderer Wirkstoff (Dimethoat)<br />
dringend benötigt. Daher wurde<br />
seitens der Bundesfachgruppe<br />
Obstbau für 2009 ein<br />
erfolgreicher Antrag auf eine<br />
§11,2,2-Genehmigung für das<br />
Dimethoat-Mittel Perfekthion<br />
gestellt. Ab dem 20. Mai wurde<br />
Perfekthion für eine einmalige<br />
Anwendung für 120 Tage gegen<br />
die Kirschfruchtfliege bei<br />
Süß- und Sauerkirschen genehmigt<br />
(Wartezeit 21 Tage). Der<br />
begrenzte Mittelaufwand (maximal<br />
1,25 l / ha) und die Auflagen<br />
zum Bienenschutz, Wasserschutz,<br />
Anwenderschutz und<br />
andere strenge Vorgaben sind<br />
Tabelle 1: Informationskasten Mospilan SG<br />
Mospilan SG<br />
genehmigt nach § 11,2,2 (Gefahr im Verzuge) ab dem 06.05.2009 bis zum 02.09.2009<br />
für 120 Tage<br />
Wirkstoffgehalt: 200 g/kg Acetamiprid<br />
Formulierung: Wasserlösliches Granulat<br />
Schadorganismus: Kirschfruchtfliege<br />
Kultur: Süß- und Sauerkirschen<br />
Maximale Zahl der Behandlungen: 2<br />
Mittelaufwand: 0,125 kg/ha und je m Kronenhöhe<br />
Wartezeit: 21 Tage<br />
Bienenschutz: B 4<br />
Gewässerschutz: NW 468, NW 607 (50% - 20 m, 75% - 15 m,<br />
90% - 10 m)<br />
Weitere Auflagen: NT 103 (Saumstrukturen),<br />
siehe auch Gebrauchsanleitung<br />
Perfekthion<br />
Das wünscht sich jeder Anbauer: Madenfreies Erntegut.<br />
Tabelle 2: Informationskasten Perfekthion<br />
einzuhalten (siehe Tabelle 2).<br />
Insbesondere verlangt die Auflage<br />
SB 198 Schutzmaßnahmen<br />
bei der Ausbringung und eine<br />
Vorerntebeprobung der Früchte<br />
auf Rückstände, um die Einhaltung<br />
des Rückstandshöchstgehalts<br />
von 0,2 mg / kg sicherzustellen.<br />
Wegen<br />
dieser Auflage<br />
wird von Seiten<br />
der Firma<br />
der Einsatz von<br />
Perfekthion in<br />
Sauerkirschen<br />
nicht empfohlen.<br />
Mit dieser<br />
Genehmigung<br />
besteht bei<br />
Einhaltung der<br />
strikten Bedingungen<br />
die<br />
Möglichkeit, in<br />
einer kritischen<br />
Situation ergänzend<br />
zum Mospilan SG das<br />
Dimethoat-Mittel Perfekthion<br />
einzusetzen.<br />
Ausblick für<br />
den Kirschanbau<br />
Eine dauerhafte Mittelverfügbarkeit<br />
ist für die Planungssicherheit<br />
der Kirschenbetriebe<br />
dringend erforderlich. Nach<br />
dem jetzigen Stand ist von folgenden<br />
Möglichkeiten für die<br />
zukünftige Kirschfruchtfliegenbekämpfung<br />
auszugehen:<br />
❚ Eine baldige 18a-Genehmigung<br />
für Mospilan SG wird<br />
angestrebt. Der Arbeitskreis<br />
Lückenindikationen Obstbau<br />
hat bereits einen entsprechenden<br />
Antrag gestellt. Die Genehmigung<br />
wird wegen einzelner<br />
uneinheitlicher Rückstandsdaten<br />
jedoch noch nicht für<br />
die Saison 2009 erfolgen, da<br />
zuerst die bestehende Höchst-<br />
Landpost 22/2009<br />
genehmigt nach § 11,2,2 (Gefahr im Verzuge) ab dem 20.05.2009 bis zum 16.09.2009<br />
für 120 Tage<br />
Wirkstoffgehalt: 400 g/l Dimethoat<br />
Formulierung: Emulgierbares Konzentrat<br />
Schadorganismus: Kirschfruchtfliege<br />
Kultur: Süß- und Sauerkirschen<br />
Maximale Zahl der Behandlungen: 1<br />
Mittelaufwand: 0,5 l/ha und je m Kronenhöhe insgesamt<br />
nicht mehr als 1,25 l/ha<br />
Wartezeit: 21 Tage<br />
Bienenschutz: B 1<br />
Gewässerschutz: NW 468, NW 605 (50% - 10 m, 75% - 5 m,<br />
90% -* NW 606 (15 m)<br />
Saumstrukturen: NT 110<br />
(siehe auch Gebrauchsanleitung)<br />
Weitere Auflagen: SB 198, SF 1891, SS 2101 u.a.<br />
(siehe auch Gebrauchsanleitung)<br />
menge durch eine neue EU-<br />
Rückstandshöchstmenge ersetzt<br />
werden muß.<br />
❚ Aus diesem Grund wird für<br />
Mospilan SG in diesem und<br />
vielleicht auch noch im nächsten<br />
Jahr nur eine Genehmigung<br />
nach § 11 <strong>Pflanzenschutz</strong>gesetz<br />
für Süß- und Sauerkirschen erteilt<br />
werden können.<br />
❚ <strong>Pflanzenschutz</strong>dienst, Bundesfachgruppe<br />
und Herstellerfirmen<br />
haben bundesweit Anstrengungen<br />
unternommen, um<br />
für Süß- und Sauerkirschen eine<br />
18a-Genehmigung für zumindest<br />
eine Behandlung mit einem<br />
Dimethoat-Mittel zu erwirken.<br />
Dazu wurden neue Rückstandsdaten<br />
zur Klärung bestimmter<br />
toxikologischer Fragen erarbeitet.<br />
Nach derzeitiger Datenlage<br />
hat Dimethoat — wenn überhaupt<br />
— nur in Süßkirschen eine<br />
Chance, keinesfalls in Sauerkirschen.<br />
Dazu sind jedoch weitere<br />
Rückstandsuntersuchungen und<br />
eine Änderung der einschlägigen<br />
EU-Verordnung notwendig.<br />
Der Erfolg dieser Initiativen ist<br />
ungewiß.<br />
❚ In Versuchen des Arbeitskreis<br />
Lückenindikationen Obstbau<br />
werden regelmäßig weitere potentielle<br />
Mittel gegen die Kirschfruchtfliege<br />
vorgeschlagen<br />
und geprüft. Bisher sind von<br />
den Kollegen der <strong>Pflanzenschutz</strong>dienste<br />
der Länder über<br />
50 Wirkungsversuche durchgeführt<br />
worden. Außerdem werden<br />
in verschiedenen wissenschaftlichenForschungsprojekten<br />
mögliche Alternativen zu<br />
chemischen Insektiziden untersucht.<br />
Peter Galli und<br />
Hans-Georg Funke<br />
Landwirtschaftliches<br />
Technologiezentrum (LTZ)<br />
Augustenberg