Pflanzengentechnik - Dr. Neinhaus Verlag AG
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12<br />
Pfl anzenbau<br />
<strong>Pflanzengentechnik</strong> —<br />
nachhaltig und Ernährung sichern<br />
Gentechnisch angepasste Kulturpflanzen tragen dazu bei,<br />
die weltweite Nahrungsmittelproduktion nachhaltig zu gestalten<br />
Eine Möglichkeit, um die<br />
Evolution der Resistenz<br />
gegen Bt-Toxin zu verzögern,<br />
bietet die „Zuflucht-<br />
Strategie“. Dabei wird zum Beispiel<br />
Bt-Baumwolle, die hochdosiertes<br />
Bt-Toxin produziert,<br />
in Nachbarschaft zu konventioneller<br />
Baumwolle angebaut.<br />
Dadurch soll erreicht werden,<br />
dass sich die resistenten Schädlinge,<br />
die auf Bt-Pflanzen überleben,<br />
mit den Bt-Toxin empfindlichen<br />
Schädlingen aus der<br />
„Zufluchtzone“ ohne Bt-Toxin<br />
paaren. Die heterozygoten<br />
Nachkommen werden auf diese<br />
Weise weiterhin durch den Anbau<br />
von Bt-Pflanzen kontrolliert<br />
und die Entstehung neuer<br />
Resistenzen wird so deutlich<br />
verlangsamt. Werden aber die<br />
der Strategie zu Grunde liegenden<br />
Kriterien der Hochdosierung<br />
des Bt-Toxins und der<br />
„Zufluchtzonen“ nicht hinreichend<br />
erfüllt, können sich<br />
Resistenzen schnell weiterentwickeln.<br />
Zum Beispiel ist die<br />
Resistenz gegen das Bt -Toxin<br />
Cry1Ac in transgenen Baumwollpflanzen<br />
in US-Populationen<br />
der Baumwoll-Kapseleule<br />
(Helicoverpa zea) sehr schnell<br />
angewachsen, weil die Konzentration<br />
von Cry1Ac in den<br />
Bt-Baumwollpflanzen nicht<br />
hoch genug war, um die hybriden<br />
Nachkommen, die aus der<br />
Paarung von Bt-empfindlichen<br />
und Bt-resistenten Baumwoll-<br />
Maispfl anze. Foto: Michael Bührke / pixelio.de<br />
Kapseleulen hervorgegangen<br />
sind, zu töten. In einem anderen<br />
Fall hat in Indien der unzureichende<br />
Anbau von konventioneller<br />
Baumwolle als „Zufluchtzone“<br />
die Resistenz des<br />
Roten Baumwollkapselwurms<br />
(Pectinophora gossypiella) gegen<br />
das Bt-Toxin beschleunigt.<br />
In Arizona haben dagegen die<br />
Baumwollbauern von 1996<br />
bis 2005 alles richtig gemacht<br />
und es ist keine Erhöhung der<br />
Resistenz beim Roten Baumwollkapselwurm<br />
(Pectinophora<br />
gossypiella) aufgetreten.<br />
Trotz der Erfolge der „Zuflucht-Strategie“<br />
bei der Verzögerung<br />
der Insekten-Resistenz<br />
gegen Bt-Toxin stösst auch<br />
dieser Ansatz an seine Grenzen,<br />
vor allem, weil die „Zufluchtzonen“<br />
nicht konsequent<br />
umgesetzt werden. Bei einer<br />
alternativen Strategie, die ohne<br />
oder nur mit wenigen „Zufluchtzonen“<br />
auskommt, wer-<br />
den sterile Insekten ausgesetzt,<br />
damit sie sich mit resistenten<br />
Insekten paaren. Durch die<br />
Einbeziehung dieser Strategie<br />
in ein umfassendes Pflanzenschutzprogramm<br />
in Arizona<br />
wurde von 2006 bis 2009 der<br />
Roten Baumwollkapselwurm<br />
(Pectinophora gossypiella) zu<br />
99 Prozent reduziert. Dadurch<br />
kann der Einsatz von Insektiziden<br />
gegen diesen Schädling<br />
in Zukunft vermieden werden.<br />
Der Erfolg solcher kreativen<br />
multidisziplinären integrierten<br />
Ansätze unter Beteiligung<br />
von Entomologen, Genetikern,<br />
Physiologen, Biochemikern<br />
und Ökologen setzt neue Maßstäbe<br />
für die Zukunft der landwirtschaftlichen<br />
Produktion.<br />
Entstehung<br />
von Resistenzen<br />
Um die Entstehung von Resistenzen<br />
aufzuhalten und um<br />
so ein breiteres Spektrum von<br />
Schadinsekten zu kontrollieren,<br />
wurden mittlerweile Bt-Baumwolle<br />
und Bt-Mais, die nur ein<br />
Toxin produzieren, durch neue<br />
multitoxine Sorten ersetzt, die<br />
zwei oder mehr Toxine synthetisieren<br />
können. So produziert<br />
zum Beispiel eine dieser multitoxinen<br />
Bt-Mais Sorten fünf<br />
Bt -Toxine, drei um Raupen und<br />
zwei um Käfer gezielt zu bekämpfen.<br />
Unkräuter<br />
weltweit eingeschränkt<br />
Eine weitere weltweite Einschränkung<br />
in der Pflanzenproduktion<br />
sind Unkräuter. Sie<br />
konkurrieren mit unseren Kulturpflanzen<br />
um Nährstoffe und<br />
Sonnenlicht. Eine Methode,<br />
um Unkräuter zu kontrollieren<br />
ist das Spritzen von Herbiziden.<br />
Viele der in den letzten<br />
50 Jahren verwendeten Herbizide<br />
werden als giftig für<br />
Tiere und Menschen eingestuft.<br />
Einige neuere Herbizide<br />
sind jedoch nicht toxisch. Ein<br />
Beispiel für ein solches nicht<br />
Landpost 05/2013<br />
toxisches Herbizid ist Glyphosat<br />
(Handelsname Roundup).<br />
Glyphosat ist eine modifizierte<br />
Aminosäure, die das Chloroplastenenzym<br />
5 Enolpyruvylshikimat-3-Phosphat-Synthase<br />
(EPSPS) blockiert. Dieser massive<br />
Eingriff in den Pflanzenstoffwechsel<br />
hat das Absterben<br />
der Pflanze zur Folge. Tieren<br />
und Menschen werden jedoch<br />
von Glyphosat nicht beeinträchtigt.<br />
Glyphosat hat eine<br />
sehr niedrige akute Toxizität,<br />
ist nicht krebserregend, zerfällt<br />
schnell in der Umwelt<br />
und belastet somit nicht das<br />
Grundwasser. Um die Vorteile<br />
von Glyphosat in der Pflanzenproduktion<br />
nutzen zu können,<br />
mussten Kulturpflanzen<br />
gezüchtet werden, die eine<br />
Glyphosat-Toleranz aufweisen.<br />
Mit Hilfe gentechnischer<br />
Methoden war es möglich ein<br />
Gen aus Agrobacterium tumefaciens,<br />
das für ein EPSPS-Protein<br />
kodiert, welches nicht von<br />
Glyphosat blockiert wird, in<br />
Kulturpflanzen zu übertragen.<br />
So können Landwirte, die herbizidtolerante<br />
Kulturen anbauen,<br />
Glyphosat spritzen, um<br />
Unkräuter zu kontrollieren,<br />
ohne dass die Kulturpflanzen<br />
schaden nehmen. Ein wichtiger<br />
Vorteil für die Umwelt ist, dass<br />
durch den Einsatz von Glyphosat<br />
die Verwendung von giftigen<br />
Herbiziden eingeschränkt<br />
werden konnte. So wurde in Argentinien<br />
der Einsatz von giftigen<br />
Herbizide in herbizidtolerante<br />
Soja-Kulturen zwischen<br />
83 bis 100 Prozent reduziert.<br />
In den USA gelangten in herbizidtolerantenBaumwollkulturen<br />
25 Prozent weniger<br />
Pestizide ins Grundwasser als<br />
in vergleichbaren konventionellen<br />
Baumwollkulturen.<br />
Somit tragen gentechnisch<br />
veränderte Pflanzen auch zum<br />
Grundwasserschutz bei. Durch<br />
die Einführung gentechnisch<br />
veränderter Sojabohnen in den<br />
Vereinigten Staaten konnte das<br />
sehr giftige und Grundwasser<br />
belastende Herbizid Metolachlor<br />
durch Glyphosat ersetzt<br />
werden. Das brachte nicht nur<br />
eine Entlastung für die Umwelt<br />
mit sich, sondern verringerte<br />
auch die gesundheitsschädigenden<br />
Auswirkungen<br />
für die Landwirte. Auch durch<br />
den Anbau herbizidtoleranter
Landpost 05/2013 Pfl anzenbau 13<br />
Luzerne-Sorten in den USA<br />
konnte auf den Einsatz des<br />
sehr giftigen Herbizids Diuron<br />
zur Kontrolle von Unkräutern<br />
verzichtet werden. Diuron belastet<br />
nicht nur das Grundwasser,<br />
sondern ist auch sehr giftig<br />
für wirbellose Wassertiere. Vom<br />
Anbau herbizidtoleranter Luzerne-Sorten<br />
wird daher eine<br />
Verbesserung der Wasserqualität<br />
sowie ein Anstieg der Biodiversität<br />
erwartet. Das zeigt<br />
erneut, dass sich <strong>Pflanzengentechnik</strong><br />
und nachhaltige<br />
Landwirtschaft nicht ausschliessen.<br />
Ein weiterer Vorteil<br />
im Hinblick auf eine nachhaltige<br />
Landwirtschaft ist, dass<br />
herbizidtolerante Mais- und<br />
Soja-Pflanzen einen Beitrag<br />
zur Förderung der Direktsaat<br />
geleistet haben, bei der<br />
der fruchtbare Mutterboden<br />
intakt gelassen und so wirkungsvoll<br />
vor Erosion geschützt<br />
wird. Denn durch den<br />
Einsatz von umweltverträglichen<br />
Herbiziden in herbizidtoleranten<br />
Kulturen kann auf<br />
eine Bodenbearbeitung zum<br />
Umpflügen von Umkräutern<br />
verzichtet werden. So kann<br />
Direktsaat in Kombination mit<br />
umweltverträglichen Herbiziden<br />
und herbizidtoleranten<br />
Kulturen die Wasserqualität<br />
verbessern und die Bodenerosion<br />
vermindern. Durch eine<br />
verminderte Bodenbearbeitung<br />
wird aber auch weniger Kraftstoff<br />
verbraucht, sodass dadurch<br />
die Treibhausgas-Emissionen<br />
reduziert werden.<br />
In Argentinien und in den Vereinigten<br />
Staaten bewirkte der<br />
Anbau von herbizidtoleranten<br />
Sojabohnen 25 bis 58 Prozent<br />
weniger Bodenbearbeitung und<br />
führte somit zu mehr Erosionsschutz.<br />
Die reduzierte Bodenbearbeitung<br />
korreliert mit einer<br />
signifikanten Reduktion von<br />
Treibhausgas-Emissionen, die<br />
im Jahr 2005 einer Abmeldung<br />
von vier Mio. Autos entsprach.<br />
Nachteil des<br />
Herbizid-Einsatzes<br />
Der Nachteil des Herbizid-<br />
Einsatzes ist jedoch, dass eine<br />
sehr häufige Anwendung des<br />
gleichen Herbizids zu der Entwicklung<br />
von Resistenzen gegen<br />
dieses Herbizid bei den Unkräutern<br />
führen kann. Um die<br />
Entwicklung von Resistenzen<br />
bei Unkräutern zu reduzieren<br />
und um die Nutzung herbizidtoleranter<br />
Kulturen zu maximieren,<br />
wird ein nachhaltiges<br />
Management -System benötigt.<br />
Solche Ansätze erfordern den<br />
Wechsel zu einem anderen Herbizid,<br />
den Einsatz verschiedener<br />
Herbizide im Wechsel oder den<br />
Einsatz alternativer Methoden<br />
zur Unkrautbekämpfung. Die<br />
Umsetzung einer gesetzlich<br />
verbindlichen Fruchtfolge-<br />
Strategie würde ebenfalls zur<br />
Reduzierung der Unkrautresistenzen<br />
beitragen. Neue herbizidtolerante<br />
Sorten werden<br />
Resistenzen gegenüber mehr als<br />
einem Herbizid aufweisen, was<br />
den wechselnden Einsatz von<br />
Herbiziden oder den Einsatz<br />
von Herbizidmischungen erleichtern<br />
und ihre Wirksamkeit,<br />
im Bezug auf resistente Unkräuter,<br />
verlängern wird.<br />
Neben Bt- und herbizidtoleranten<br />
Pflanzen tragen auch<br />
virusresistente Pflanzen zur<br />
Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft<br />
bei. So konnte zum<br />
Beispiel der Befall der Papaya-Plantagen<br />
auf Hawaii mit<br />
dem Papayaringfleckenvirus<br />
(Papaya ringspot virus, PRSV)<br />
erst nach der Einführung gentechnisch<br />
verändertem, virusresistentem<br />
Saatgut im September<br />
1999 unter Kontrolle<br />
gebracht werden — denn bis<br />
heute existieren weder konventionelle<br />
noch organische<br />
Methoden zur Kontrolle des<br />
Papayaringfleckenvirus. Die<br />
gentechnisch veränderten Papayas<br />
erbringen nach einer Infektion<br />
einen 20-mal höheren<br />
Ertrag als konventionelle<br />
Sorten. Nach der Einführung<br />
der gentechnisch veränderten<br />
Papayas hat die Produktion<br />
von circa 13 Mio. kg im Jahr<br />
1998 auf einen Rekordstand<br />
von circa 20 Mio. kg im Jahr<br />
2001 zugenommen. Heute sind<br />
80 bis 90 Prozent der hawaiianischen<br />
Papayas gentechnisch<br />
verändert. Die Kosten zur Bekämpfung<br />
des Papayaringfleckenvirus<br />
beliefen sich auf<br />
60 000 $, eine kleine Summe<br />
im Vergleich zu den Verlusten<br />
die der Papayaringfleckenvirus<br />
zwischen 1997 und 1998, vor<br />
die Einführung der gentechnisch<br />
veränderten Papaya, verursacht<br />
hat.<br />
Wunschliste der<br />
neuen Eigenschaften<br />
Die Wunschliste für neue Eigenschaften<br />
unserer Kulturpflanzen<br />
ist lang. So würden<br />
gentechnisch veränderte Kulturpflanzen<br />
mit einer verbes-<br />
12. bis 14. April<br />
serten Stickstoffverwertung<br />
nicht nur zu einer verminderten<br />
Stickstoffdüngung und<br />
somit zu einer Verringerung<br />
der Eutrophierung (Nährstoffeintrag)<br />
von Gewässern<br />
durch Stickstoffverbindungen<br />
in Düngemitteln beitragen,<br />
sondern ebenfalls helfen, dem<br />
Landwirt Kosten für Düngemittel<br />
einzusparen. Ein geringerer<br />
Bedarf an Düngemitteln<br />
würden aber auch zu<br />
einer Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen,<br />
die bei<br />
der Erzeugung von Düngemitteln<br />
entstehen, führen.<br />
Gentechnisch<br />
veränderte Pfl anzen<br />
Gentechnisch veränderte<br />
Pflanzen werden aber auch als<br />
Schutz gegen eine drohende<br />
großflächige Ausbreitung von<br />
Pflanzenkrankheiten gezüchtet.<br />
So wurde in den USA die<br />
Pflaumensorte „Honey Sweet“,<br />
die resistent gegen das Scharka-<br />
Virus (plum pox virus) ist, eine<br />
Pflanzenkrankheit, die nicht nur<br />
Pflaumen sondern auch andere<br />
Steinobstgehölze, einschließlich<br />
Pfirsich, Nektarine, Aprikose<br />
und Kirschen befällt, als Vorsichtsmaßnahme<br />
gezüchtet, um<br />
die Verfügbarkeit von Pflaumen<br />
und anderen Steinfrüchten aufrecht<br />
zu erhalten, sollte sich das<br />
Scharka-Virus großflächig ausbreiten,<br />
wie es bereits in Europa<br />
der Fall ist.<br />
Andere gentechnische Veränderungen<br />
bei Kulturpflanzen<br />
machen die Bedeutung<br />
der <strong>Pflanzengentechnik</strong> für<br />
die globale Ernährungs- und<br />
Gesundheitssicherung noch<br />
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14<br />
Pfl anzenbau<br />
Unkraut als ökologisch wichtiger Aspekt im angepassten Kulturmaisfeld.<br />
deutlicher. In Ländern, wo<br />
Reis das Grundnahrungsmittel<br />
ist, ist es häufig der Hauptbestandteil<br />
einer jeden Mahlzeit.<br />
Somit können die geringsten<br />
Veränderungen in der Toleranz<br />
gegenüber Umweltstress<br />
oder ein verbesserter Nährwert<br />
große Auswirkungen auf<br />
das Leben, vor allem das der<br />
ärmeren Bevölkerungsschichten,<br />
haben. So sind in über<br />
100 Ländern, vor allem in Afrika<br />
und Südostasien, besonders<br />
Kinder und Schwangere von<br />
Vitamin A-Mangel betroffen.<br />
Weltweit leiden schätzungsweise<br />
über 124 Mio. Kinder an<br />
Vitamin A-Mangel. Viele dieser<br />
Kinder erblinden oder erkranken<br />
an Durchfall und fast<br />
acht Mio. Kinder im Vorschulalter<br />
sterben jedes Jahr<br />
an den Folgen von Vitamin<br />
A-Mangel. Täglich sterben<br />
schätzungsweise 6 000 Kinder<br />
und junge Mütter an Vitamin<br />
A-Mangel-Erkrankungen. Die<br />
Weltgesundheitsorganisation<br />
schätzt, dass pro Jahr durch<br />
eine verbesserte Vitamin A-<br />
Versorgung der Tod von 1,3<br />
bis 2,5 Mio. Säuglingen und<br />
Kindern im Vorschulalter verhindern<br />
werden könnte. Um<br />
Vitamin A-Mangel zu bekämpfen<br />
wurden gentechnisch<br />
veränderte Reispflanzen mit<br />
einem höheren Anteil an Karotinoiden,<br />
den Vorläufern von<br />
Vitamin A, gezüchtet. Dieser<br />
goldfarbene und mit Karotinoiden<br />
angereicherte Reis wurde<br />
auf den Namen „Golden Rice“<br />
getauft. Eine Tasse gekochten<br />
„Golden Rice“ enthält circa<br />
450 µg Retinol, das entspricht<br />
50 bis 60 Prozent der für Erwachsene<br />
empfohlenen Tagesdosis<br />
an Vitamin A. Eine<br />
flächendeckende Versorgung<br />
mit „Golden Rice“ könnte so<br />
den Vitamin A-Mangel weltweit<br />
verringern und tausende<br />
von Menschenleben retten.<br />
Von den positiven Eigenschaften<br />
des „Golden Rice“ würden<br />
gerade die ärmsten Bevölkerungsschichten,<br />
zu einem<br />
Bruchteil der Kosten des aktuellen<br />
Vitamin A-Supplementierungsprogramms,profitieren.<br />
Die Züchtung gentechnisch<br />
veränderter Pflanzen, die gegenüber<br />
Umwelteinflüssen Toleranz<br />
aufweisen, wird voraussichtlich<br />
die lokale Ernährungssicherung,<br />
vor allem in<br />
Entwicklungsländern, die von<br />
der Versorgung mit Grundnahrungsmittel<br />
abhängig sind,<br />
deutlich verbessern. Die Züchtung<br />
von überflutungstolerantem<br />
Reis (SUB1 rice) zeigt<br />
sehr eindrucksvoll die Vorteile<br />
der <strong>Pflanzengentechnik</strong>, um<br />
die Toleranz von Kulturpflanzen<br />
gegenüber Umwelteinflüssen<br />
wie Überschwemmungen,<br />
ein limitierender<br />
Faktor in der<br />
Reisproduktion<br />
in Süd-und<br />
Südostasien, zu<br />
verbessern. In<br />
Bangladesch und<br />
Indien fallen pro<br />
Jahr 4 Mio. t Reis,<br />
genug um 30<br />
Mio. Menschen zu<br />
ernähren, Überschwemmungen<br />
zum Opfer. Der<br />
Anbau von Sub1<br />
Reis hat zu einer<br />
drei- bis vierfachenErtragssteigerungwährend<br />
der Überschwemmungen,<br />
im Vergleich zu<br />
herkömmlichen<br />
Sorten, geführt.<br />
Obwohl die Sub1<br />
Foto: Fiedler<br />
Reissorten eine<br />
ausgezeichnete<br />
Sofortmaßnahme für die meisten<br />
überflutungsgefährdeten<br />
Gebiete darstellen, ist eine<br />
größere Bandbreite von Toleranzen<br />
für extreme Umweltbedingungen<br />
und längere Überschwemmungen<br />
erforderlich.<br />
Mit zunehmender globaler Erwärmung<br />
werden ungewöhnlich<br />
heftige Niederschlägen<br />
erwartet. Aus diesen Gründen<br />
werden neue Gene erforscht,<br />
die die Überschwemmungstoleranz<br />
verbessern. Solche Gene<br />
werden für die Züchtung von<br />
„Sub1plus“ Sorten nützlich<br />
sein. Das andere Umweltextrem,<br />
das es gilt mit Hilfe der<br />
<strong>Pflanzengentechnik</strong> zu bewältigen<br />
ist, Trockenheit. In Afrika<br />
haben sich in den letzten<br />
zehn Jahren drei Viertel der<br />
weltweit schwersten Dürren<br />
ereignet. Die Einführung von<br />
gentechnisch gezüchtetem,<br />
trockenheitstolerantem Mais,<br />
dem wichtigsten Grundnahrungsmittel<br />
in Afrika, wird zur<br />
enormen Steigerung der Ernteerträge<br />
beitragen. Zusätzlich<br />
zu den Umweltbelastungen<br />
bedrohen Pflanzenkrankheiten<br />
die weltweite landwirtschaftliche<br />
Produktion. So<br />
bedroht eine Getreideschwarzrost-<br />
Epidemie den Weizen,<br />
ein Getreide, das zu 20 Prozent<br />
die weltweite Ernährung<br />
sicherstellt. Weil Pilzsporen<br />
durch den Wind verbreitet<br />
Landpost 05/2013<br />
werden, kann sich eine Infektion<br />
schnell ausdehnen. Getreideschwarzrost<br />
hat bereits<br />
in der Vergangenheit große<br />
Hungersnöte verursacht. In<br />
Nord-Amerika kam es bereits<br />
infolge von Getreideschwarzrost<br />
1903 und 1905<br />
sowie von 1950 bis 1954 zu<br />
enormen Ertragsausfällen.<br />
Deshalb wurden bereits in den<br />
1950er Jahren Hochleistungs-<br />
Weizensorten gezüchtet, die<br />
widerstandsfähig gegen Getreideschwarzrost<br />
und andere<br />
Krankheiten waren.<br />
Diese verbesserten Sorten<br />
ermöglichten nicht nur den<br />
Landwirten auf der ganzen<br />
Welt den Getreideschwarzrost<br />
für über 50 Jahre in Schach zu<br />
halten, sondern garantierten<br />
auch höhere und zuverlässigere<br />
Ernteerträge. Allerdings<br />
sind neu entdeckte Stämme<br />
des Getreideschwarzrost, Ug99<br />
genannt, weil sie 1999 in Uganda<br />
entdeckt wurden, sehr<br />
viel gefährlich als die, die vor<br />
60 Jahren bis zu 20 Prozent<br />
der amerikanischen Weizenernte<br />
zerstörten. Gegenwärtig<br />
breitet sich Ug99 in Afrika<br />
aus hat schon den Orient erreicht.<br />
Effektive Resistenzen<br />
wurde aber bereits entdeckt<br />
und werden der modernen<br />
Pflanzenzüchtung verfügbar<br />
gemacht.<br />
Eine der wichtigsten<br />
Nahrungspfl anzen<br />
Nach Reis, Weizen und Mais<br />
sind Bananen weltweit eine der<br />
wichtigsten Nahrungspflanze.<br />
Allein in Ostafrika trägt die Banane<br />
mit über 25 Prozent zur<br />
Ernährungssicherung von über<br />
100 Mio. Menschen bei. Aber<br />
auch die Bananenplantagen<br />
werden von Krankheiten wie<br />
der Bananenwelkkrankheit,<br />
auch Xanthomonas-Welke<br />
genannt, der Fusarium-Welke<br />
oder der Blattfleckenkrankheit<br />
Schwarze Sigatoka-Krankheit,<br />
verursacht durch Bakterien und<br />
Pilze, bedroht. Diese Krankheiten<br />
stellen nicht nur eine<br />
Bedrohung der Ernährungssicherung<br />
von Mio. von Menschen<br />
dar, sondern verursachen<br />
auch erhebliche wirtschaftliche<br />
Verluste. Gentechnische Ansätze<br />
werden dazu beitragen auch<br />
diese Krankheiten zu kontrollieren.
Landpost 05/2013 Pfl anzenbau 15<br />
Verbesserung<br />
der Nachhaltigkeit<br />
Die Experten sind sich einig,<br />
dass die gegenwärtig auf dem<br />
Markt verfügbaren gentechnisch<br />
veränderten Pflanzen<br />
weltweit zur Verbesserung der<br />
Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft<br />
beigetragen haben.<br />
Durch den Anbau gentechnisch<br />
veränderter Pflanzen<br />
ist die Belastung der Umwelt<br />
durch Insektizide weltweit zurückgegangen.<br />
Infolge des verminderten<br />
Einsatzes aggressiver<br />
Chemikalien hat sich die<br />
gesundheitliche Situation der<br />
Landwirte und ihrer Familien<br />
deutlich verbessert. Auch die<br />
Grundwasser-und Bodenqualität<br />
konnten verbessert und die<br />
Bodenerosion verringert werden.<br />
Der Anstieg der Artenvielfalt<br />
und die Reduzierung<br />
von Schädlingen, infolge kumulativer<br />
Effekte auch auf benachbarte<br />
konventionelle und<br />
ökologische Kulturen, konnte<br />
in Kombination von gentechnisch<br />
veränderten Pflanzen mit<br />
krea-tiven, multidisziplinären<br />
integrierten Pflanzenschutzstrategien<br />
umgesetzt werden.<br />
Die Verhinderung der Vernichtung<br />
der hawaiianischen Papaya-Industrie<br />
war ebenfalls nur<br />
durch den Anbau gentechnisch<br />
veränderter, virusresistenter<br />
Sorten möglich. Und nicht<br />
zuletzt sind drastisch erhöhte<br />
Ernteerträge, in einigen Fällen<br />
für genetisch verändertes<br />
Getreide von über 30 Prozent,<br />
sowie eine erhöhte Gewinnsteigerung<br />
für die Landwirte,<br />
Effekte des Anbaus gentechnisch<br />
veränderter Pflanzen.<br />
Die Kombination innovativer<br />
landwirtschaftlicher<br />
Praktiken mit dem Anbau gentechnisch<br />
veränderter Pflanzen<br />
hat einen größeren Kosten-<br />
Nutzen-Effekt, als nur innovative<br />
landwirtschaftliche Praktiken<br />
oder nur der Anbau gentechnisch<br />
veränderten Pflanzen.<br />
Das Kosten-Nutzen -Verhältnis<br />
von Bt-Pflanzen ist<br />
jedoch das höchste aller landwirtschaftlicher<br />
Innovation der<br />
vergangenen 100 Jahren.<br />
Vertrauen<br />
seit Jahrtausenden<br />
Seit Jahrtausenden vertrauen<br />
Landwirte auf genetisch verbessertes<br />
Saatgut zur Ertrags-<br />
steigerung. Ohne<br />
die Entwicklung<br />
ertragreicher Sorten<br />
in den letzten<br />
Jahrzehnten würde<br />
eine bis zu viermal<br />
größere landwirtschaftlicheNutzfläche<br />
benötigt<br />
werde, um die gleiche<br />
Menge an Lebensmitteln<br />
zu erzeugen.<br />
Ohne zusätzlicheErtragssteigerung<br />
müsste<br />
die weltweite<br />
landwirtschaftliche<br />
Anbaufläche<br />
bis zum Jahr 2050<br />
verdoppelt werden,<br />
um die Welternährung<br />
sicher zu<br />
stellen. Durch eine<br />
weltweite Steigerung<br />
der Durchschnittsernteerträge<br />
könnte in einem<br />
sehr erheblichen<br />
Maße Boden geschont<br />
werden.<br />
Weil erhebliche<br />
Mengen an Treibhausgasen<br />
durch<br />
die landwirtschaftliche<br />
Produktion<br />
freigesetzt werden<br />
und weil der Netto-Effekt<br />
höherer<br />
Erträgen zu einer<br />
drastischen Reduzierung<br />
des Kohlendioxid-Ausstoßes<br />
beiträgt, ist<br />
die Züchtung von<br />
Hochleistungssorten<br />
ein wichtiger Beitrag zu<br />
einer nachhaltigen Landwirtschaft.<br />
So besteht eine zentrale<br />
Herausforderung darin die globalen<br />
Ernteerträge zu steigern,<br />
ohne neue Anbauflächen zu<br />
erschiessen. Es ist notwendig,<br />
die genetische Variabilität in<br />
unseren Nahrungspflanzen zu<br />
erforschen, um neue genetische<br />
Lösungen bereitzustellen, die<br />
zur Verbesserung umweltverträglicher<br />
Anbaumethoden beitragen<br />
können.<br />
Verbessertes Saatgut<br />
löst nicht alle Probleme<br />
Trotz der nachgewiesenen<br />
Bedeutung gentechnisch verbesserten<br />
Saatgutes, gibt es<br />
immer noch Probleme in der<br />
Landwirtschaft, die nicht<br />
Keimende Maispfl änzchen. Foto: Wilhelmine Wulff / pixelio.de<br />
durch gentechnisch verbessertes<br />
Saatgut allein gelöst<br />
werden können, sondern nur<br />
in Kombination mit innovativen<br />
Anbaumethoden. Ökologische<br />
Anbaumethoden sind<br />
dafür genauso notwendig wie<br />
technischer Fortschritt und eine<br />
angepasste Gesetzgebung.<br />
Eine Grundvoraussetzung für<br />
alle landwirtschaftlichen Anbausysteme,<br />
ob nun konventionell<br />
oder ökologisch, ist und<br />
bleibt aber das Saatgut. 16<br />
Jahre umfangreicher Feldstudien<br />
haben gezeigt, dass gentechnisch<br />
veränderte Kulturpflanzen,<br />
integriert in ein optimiertes<br />
Management, dazu<br />
beitragen, die weltweite Nahrungsmittelproduktion<br />
noch<br />
nachhaltiger zu gestalten. Die<br />
Vorteile für Landwirte, Umwelt<br />
und Verbraucher erklären<br />
die weit verbreitete Popularität<br />
dieser gentechnisch verbesserter<br />
Kulturpflanzen in vielen<br />
Regionen der Welt. Der Weg<br />
zu einer zukünftigen nachhaltigen<br />
Landwirtschaft liegt in<br />
der Nutzung der besten aller<br />
landwirtschaftlichen Technologien,<br />
einschließlich der Verwendung<br />
von gentechnisch<br />
veränderten Saatgut, im Rahmen<br />
des ökologischen Landbaus.<br />
Deshalb ist und bleibt<br />
die <strong>Pflanzengentechnik</strong>, auch<br />
in absehbarer Zeit, ein wesentlicher<br />
Bestandteil der globalen<br />
Ernährungssicherung sowie<br />
einer modernen nachhaltigen<br />
Landwirtschaft.<br />
<strong>Dr</strong>. Christian-Robert Fiedler