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Leitfaden für die Vorlesung Mikrobiologie und ... - Gudrun Nagl

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FH-MIKROBIOLOGIE UND HYGIENE DR. NAGL<br />

1.1 Mikroorganismen im Dienste des Menschen<br />

Der Unbefangene erkennt <strong>die</strong> praktische Bedeutung der Mikroorganismen zunächst an den<br />

Schäden, <strong>die</strong> sie bei Mensch, Tier <strong>und</strong> Pflanze verursachen. Mit <strong>die</strong>sen krankheitserregenden<br />

oder pathogenen Mikroorganismen <strong>und</strong> ihren speziellen Eigenschaften beschäftigen sich <strong>die</strong><br />

humanmedizinische <strong>und</strong> veterinärmedizinische <strong>Mikrobiologie</strong> sowie <strong>die</strong> Phytopathologie.<br />

Obwohl Mikroorganismen noch in anderen Bereichen der Natur <strong>und</strong> in der Industrie als<br />

Schädlinge auftreten, überwiegt ihre Rolle als Nützlinge bei weitem. Mikroorganismen<br />

haben sich seit langem einen festen Platz im Haushalt <strong>und</strong> in der Industrie erobert; ihre<br />

Leistungen als "Nutzpflanzen" sind nicht zu entbehren. Ihre Verwendung erstreckt sich von<br />

der Veredelung landwirtschaftlicher Primärprodukte bis zur Katalyse diffiziler chemischer<br />

Reaktionsschritte.<br />

Klassische mikrobielle Verfahren. Am Beispiel der Bier- <strong>und</strong> Weinbereitung mittels Hefen,<br />

der Brotbereitung <strong>und</strong> der Herstellung von Milchprodukten mit Hilfe von<br />

Milchsäurebakterien sowie der Herstellung von Speiseessig durch Essigsäurebakterien wird<br />

deutlich, daß Mikroorganismen zu den ältesten "Kulturpflanzen" zählen. In Japan <strong>und</strong><br />

Indonesien werden seit alters her Sojabohnen mit Hilfe von Schimmelpilzen, Hefen <strong>und</strong><br />

Milchsäurebakterien aufbereitet. Abgesehen von der Ethanolproduktion sind<br />

Mikroorganismen in <strong>die</strong> industrielle Produktion reiner Verbindungen erst seit sechs<br />

Jahrzehnten eingeschaltet worden. Bereits im ersten Weltkrieg wurde eine gesteuerte<br />

Hefegärung zur Herstellung von Glycerin ausgenutzt. Die in der Nahrungsmittelindustrie in<br />

großen Mengen benötigte Milchsäure <strong>und</strong> Citronensäure wird mit Hilfe von<br />

Milchsäurebakterien bzw. durch den Schimmelpilz Aspergillus niger hergestellt. Aus billigen<br />

kohlenhydratreichen Abfällen lassen sich durch Gärungen mit Clostri<strong>die</strong>n <strong>und</strong> Bazillen<br />

Aceton, Butanol, 2-Propanol, Butandiol <strong>und</strong> andere Gr<strong>und</strong>chemikalien herstellen.<br />

Antibiotikaproduktion. Eine neue Epoche der medizinischen Therapie <strong>und</strong> der<br />

Heilmittelindustrie hat <strong>die</strong> Auffindung der Antibiotika eingeleitet. Der Entdeckung des<br />

Penicillins <strong>und</strong> anderer Ausscheidungsprodukte von Pilzen, Actinomyceten <strong>und</strong> anderen<br />

Bakterien verdankt <strong>die</strong> Menschheit nahezu unfehlbare Mittel zur Bekämpfung bakterieller<br />

Infektionskrankheiten. Die Suche nach neuen Antibiotika ist noch immer erfolgreich.<br />

Theoretisch erscheint auch <strong>die</strong> Bekämpfung von Viruskrankheiten <strong>und</strong> virusbedingten<br />

Tumoren mit Hilfe von Antibiotika aussichtsreich.<br />

Neue mikrobielle Verfahren. Die klassischen Gärungen werden durch neue mikrobielle<br />

Produktionen <strong>und</strong> Umsetzungen ergänzt. Carotinoide <strong>und</strong> Steroide werden aus Pilzen<br />

gewonnen. Seit der Entdeckung, daß Corynebacterium glutamicum aus Zucker <strong>und</strong><br />

Ammoniumsalz mit hoher Ausbeute Glutaminsäure produziert, sind Mutanten isoliert <strong>und</strong><br />

Verfahren entwickelt worden, nach denen sich viele Aminosäuren, Nucleotide <strong>und</strong><br />

Biochemikalien im großen Maßstab herstellen lassen. Mikroorganismen werden vom<br />

Chemiker zur Katalyse von Teilprozessen in lange Syntheseketten eingeschaltet; mikrobielle<br />

Umsetzungen übertreffen chemische an Spezifität <strong>und</strong> Ausbeute; Amylasen zur<br />

Stärkehydrolyse, Proteinasen zur Lederbereitung, Pectinasen zur Fruchtsaftklärung <strong>und</strong><br />

andere industriell angewandte Enzyme werden aus Mikroorganismenkulturen gewonnen.<br />

Monopolstellung der Mikroorganismen. Es ist hervorzuheben, daß einige in besonders<br />

großen Mengen verfügbare Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas oder Cellulose nur von<br />

Mikroorganismen verwertet <strong>und</strong> entweder zu Zellmaterial (Biomasse) oder<br />

Zwischenprodukten, <strong>die</strong> von den Zellen ausgeschieden werden, umgesetzt werden können.<br />

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