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Leitfaden für die Vorlesung Mikrobiologie und ... - Gudrun Nagl

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FH-MIKROBIOLOGIE UND HYGIENE DR. NAGL<br />

ermöglichen, ein Mechanismus, bei dem genetische Information in Form von DNS der pilustragenden<br />

Donorzellen in eine pilus-negative Rezipientenzelle übertritt.<br />

Schleime <strong>und</strong> Kapseln<br />

Zahlreiche Bakterienarten sind in der Lage, Schleimsubstanzen zu bilden. Diese haften auf<br />

der äußeren Zellwand als mehr oder weniger dicke, wasserreiche gallertige Schicht, <strong>die</strong><br />

Kapsel, <strong>und</strong> werden teilweise auch in <strong>die</strong> umgebende Nährlösung abgegeben.<br />

Bakterienkapseln bestehen entweder aus hochmolekularen Polysacchariden oder Polypeptiden<br />

bzw. aus beiden Substanzen zugleich. Stark schleimbildende Bakterien sind mit bloßem Auge<br />

an Hand des Koloniebildes zu erkennen.<br />

Bei Leuconostoc mesenteroides, das besonders große Kapseln aus Dextran, einem Glucose-<br />

Polymer aus α-D-Glucose in 1,6-Bindung bildet, kann der Durchmesser der Schleimschicht<br />

größer als der Zelldurchmesser sein. Das Bakterium wird zur industriellen Dextrangewinnung<br />

eingesetzt. Der Karieserreger Streptococcus salivarius bildet Laevan, eine Polyfructose, <strong>die</strong><br />

auf den Zähnen haftet <strong>und</strong> in der sich Stoffwechselprodukte, wie Milchsäure, anreichern.<br />

Acetobacter-Arten können große Mengen Cellulose bilden, wie sie sonst bei Bakterien kaum<br />

vorkommen. Schleimschichten aus Polypeptiden sind vor allem bei einigen Bacillus-Arten<br />

verbreitet. Außer von der Mikroorganismenart hängt <strong>die</strong> Kapselbildung in starkem Maße von<br />

der chemischen Zusammensetzung des Nährmediums ab, z.B. bildet Leu. mesenteroides nur<br />

in saccharosehaltigen Me<strong>die</strong>n Dextran, dagegen nicht in glucosehaltigen. In der<br />

Zuckerindustrie kann das Aufkommen von Dextranbildnern zu hohen Saccharoseverlusten<br />

<strong>und</strong> zur Verstopfung von Filtern <strong>und</strong> Rohrleitungen führen.<br />

Kapseln bieten den Bakterien besonderen Schutz gegen physikalische <strong>und</strong> chemische äußere<br />

Einflüsse. Das relativ gehäufte Vorkommen von kapselbildenden Bakterien im Erdboden <strong>und</strong><br />

anderen natürlichen Standorten wird u.a. auf <strong>die</strong> hohe Resistenz gegen Austrocknen <strong>und</strong><br />

gegen <strong>die</strong> chemischen Abwehrsysteme höherer Pflanzen <strong>und</strong> niederer Organismen, z.B.<br />

Antibiotika zurückgeführt. Interessant ist <strong>die</strong> Tatsache, daß kapsellose Mutanten einiger<br />

humanpathogener Bakterien avirulent sind, da sie im Gegensatz zu den bekapselten Stämmen<br />

von den weißen Blutkörperchen (Phagocyten) vernichtet werden.<br />

Schleimbildende Bakterien neigen zur Bildung von Zellketten. Durch Färbetechniken mit<br />

Tusche können <strong>die</strong> Bakterienkapseln im Mikroskop sichtbar gemacht werden.<br />

Sporen<br />

Gewisse Keime sind zur Bildung einer Endospore befähigt, <strong>die</strong> dem Organismus eine stark<br />

erhöhte Überlebenszeit unter erschwerten Umständen garantiert. Im Gegensatz zu den<br />

Pilzsporen sind Bakteriensporen nicht Fruktifikationsorgane, sondern Resistenzorganellen. Zu<br />

den Sporenbildnern gehört <strong>die</strong> Gattung der aeroben Bazillen (einziger pathogener Vertreter<br />

Bac. anthracis, allenfalls B. cereus als Lebensmittelvergifter) <strong>und</strong> der anaeroben Clostri<strong>die</strong>n<br />

(Erreger von Gasbrand, Tetanus, Botulismus, ferner Fäulniskeime).<br />

Es wird oft behauptet, <strong>die</strong> Umwandlung des vegetativen Keimes zum versporten Organismus<br />

erfolge "unter ungünstigen Lebensbedingungen", bzw. werde durch <strong>die</strong>se ausgelöst. Dies<br />

scheint eine unzulässige Verallgemeinerung zu sein, z.B. versport B. anthracis, der Erreger<br />

des Milzbrandes, innerhalb des Kadavers nicht, sondern erst außerhalb bei Luftzutritt. Auch<br />

Austrocknung führt nicht zur Sporulierung. Die Bedingungen der Sporenbildung müssen <strong>für</strong><br />

jede Bakterienspecies gesondert stu<strong>die</strong>rt werden. Eine vorsichtigere Formulierung müßte<br />

deshalb lauten: Die Sporenbildung erfolgt unter bestimmten, <strong>für</strong> <strong>die</strong> betreffende Species<br />

charakteristischen Bedingungen. Die oben zitierte Eigenart von B. anthracis hat übrigens<br />

erhebliche Konsequenzen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Epidemologie <strong>und</strong> Desinfektion: Bleibt der Kadaver des<br />

toten Tieres ungeöffnet, so können <strong>die</strong> vegetativen Bazillen mitsamt dem Tier leicht<br />

vernichtet werden. Tritt aber ante oder post mortem Blut aus <strong>und</strong> imprägniert <strong>die</strong> Umgebung,<br />

so wird man nach eingetretener Versporung mit der Desinfektion Mühe haben.<br />

01FH.DOC 20

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