Leitfaden für die Vorlesung Mikrobiologie und ... - Gudrun Nagl
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FH-MIKROBIOLOGIE UND HYGIENE DR. NAGL<br />
Unterschiedliche Zellwandtypen<br />
Bei gramnegativen Bakterienfamilien ist das Mureinnetz ein- oder maximal zweischichtig;<br />
auf dem Mureinnetz sind aber noch weitere Schichten aufgelagert. Diese Schichten können<br />
bis zu 90% der Trockenmasse (10% der TS ist Mureinanteil) der gesamten Zellwand<br />
ausmachen. Sie enthalten in relevanten Mengen das diagnostisch wichtige Lipopolysaccharid.<br />
Die äußeren Schichten der Zellwand ähneln in Aufbau <strong>und</strong> Funktion einer Membran, so daß<br />
sie auch als "äußere Membran" bezeichnet wird. Bei grampositiven Bakterienfamilien ist das<br />
Mureinnetz vielschichtig (bis zu 40 Schichten; 30-70% der TS ist Mureinanteil). Eine äußere<br />
Membran fehlt.<br />
Da der Aufbau der Zellwand erblich ist, können <strong>die</strong> angeführten Unterschiede zum<br />
Differenzieren (= Unterscheiden) von Bakterien genutzt werden.<br />
Vergleiche: Gramfärbung; KOH-Test; LAP-Test; Test auf Lipopolysaccharide.<br />
Die Zellwand als Ansatzpunkt zum Bekämpfen (Abtöten) von Bakterien<br />
Die Zellwand von Prokaryoten (Bakterien <strong>und</strong> Cyanobakterien) bietet Angriffspunkte <strong>die</strong> bei<br />
Eukaryoten fehlen. Substanzen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Bakterienzellwand zerstören oder ihren Aufbau<br />
behindern, sollten <strong>für</strong> Eukaryoten unschädlich wirken.<br />
Lysozym: Lysozym (z.B. im Eiklar, Tränenflüssigkeit, Speichel) löst <strong>die</strong> Verbindung<br />
Muraminsäure – Glucosamin <strong>und</strong> spaltet so <strong>die</strong> Polysaccharidketten zu Disacchariden (AMS-<br />
AGA).<br />
Penicillin: Penicillin verhindert bei wachsenden Bakterien eine peptidische Quervernetzung<br />
der Peptidseitenketten. Dadurch wird das Längen- <strong>und</strong> Seitenwachstum der<br />
Bakterienzellwand gestört <strong>und</strong> es entstehen unregelmäßig geformte Riesenzellen.<br />
Beide Substanzen wirken erheblich stärker auf grampositive Bakterien. Das Murein gramnegativer<br />
Bakterien scheint durch <strong>die</strong> "äußere Membran" weitestgehend abgeschirmt zu sein.<br />
Dagegen erweisen sich Gramnegative in der Regel empfindlicher gegen Hitzeeinwirkung.<br />
Geißeln<br />
Zahlreiche Bakterien haben Geißeln. Sie <strong>die</strong>nen der Fortbewegung in flüssigen oder halbflüssigen<br />
Me<strong>die</strong>n. Es sind monomolekulare Proteinfäden (Flagellin) mit einer Dicke von etwa<br />
20 nm. Der Geißelfaden ist hohl. Man kann drei Teile des Geißelapparates unterscheiden:<br />
Basalkörper, Geißelhaken <strong>und</strong> Geißelfilament.<br />
Der Basalkörper ist in der Zelle verankert <strong>und</strong> reicht bis an <strong>die</strong> Cytoplasmamembran heran.<br />
Er besteht aus mehreren Ringen, wobei gramnegative Bakterien ein zusätzliches Ringpaar<br />
haben.<br />
Als Geißelhaken bezeichnet man den gekrümmten Teil, der sich unmittelbar an den<br />
Basalkörper anschließt <strong>und</strong> aus der Zelle herausragt. Er besteht, wie <strong>die</strong> Geißel selbst, aus<br />
Protein. Der Geißelhaken geht direkt in das Geißelfilament über.<br />
Das Geißelfilament besteht aus mehreren Flagellinsträngen, <strong>die</strong> in gew<strong>und</strong>ener Anordnung<br />
einen Hohlzylinder bilden.<br />
Die helikalen Geißelfilamente können mit etwa 3000 U/min um <strong>die</strong> eigene Achse rotieren. Sie<br />
wirken ähnlich wie eine Schiffsschraube, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Bakterienzellen schwimmen wie ein Schiff.<br />
Außer schnellen Schubbewegungen sind durch Umkehr der Rotationsrichtung der Geißeln<br />
auch langsame, taumelnde Zugbewegungen möglich. Bei polytrich begeißelten Bakterien ist<br />
eine koordinierte Geißelrotation unerläßlich. Die Bakterienzellen selbst rotieren ebenfalls um<br />
<strong>die</strong> eigene Achse, aber langsamer als <strong>die</strong> Geißelfilamente <strong>und</strong> in einer der Geißelrotation<br />
entgegengesetzten Richtung. Die Fortbewegung erreicht Geschwindigkeiten von 20 - 200 µm<br />
je Sek<strong>und</strong>e. Bei der lokalen Verbreitung in flüssigen oder halbflüssigen Me<strong>die</strong>n, z.B. auf mit<br />
01FH.DOC 18