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Die Anwaltswoche Daten für Anwalt - Anwalt-Suchservice

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8<br />

THEMA<br />

Länder mit überprüfbarer Fortbildungspflicht<br />

Belgien<br />

In Wallonien existiert ein Kreditpunktesystem. <strong>Die</strong> Pflichtfortbildung umfasst 20<br />

Fortbildungspunkte pro Kalenderjahr, den die Anwälte innerhalb von 3 Jahren erreichen<br />

müssen. Eine Stunde als Zuhörer eines Fortbildungskurses entspricht einem<br />

Punkt. Wer juristische Fachtexte veröffentlicht, bekommt 4 Punkte gutgeschrieben, <strong>für</strong> Lehr- und Vortragstätigkeiten<br />

gibt es jeweils 2 Punkte. Auch E-Learning und Fernunterricht sind möglich. Der<br />

Kammerpräsident überwacht die Einhaltung der Fortbildungspflicht. Neben dieser individuellen Kontrolle<br />

werden jährlich bis zu 10 Prozent der Anwälte einer Kammer überprüft. Bei Verstoß gegen die<br />

Regeln müssen die Anwälte vor einer Anerkennungskommission Rede und Antwort stehen. Danach<br />

kann ein Aufschub von maximal einem Jahr gewährt werden. Auch in Flandern existiert ein Kreditpunktesystem:<br />

16 Punkte in einem Jahr muss der <strong>Anwalt</strong> erreichen, wovon die Hälfte aus rein juristischen<br />

Themenbereichen stammen muss.<br />

England und Wales<br />

Besonders streng geht man auf der Insel mit den Prozessanwälten,<br />

den Barristern um. Innerhalb der ersten drei Berufsjahre müssen<br />

sie 45 Stunden Fortbildung nachweisen, davon mindestens neun<br />

Stunden Prozessrecht und drei Stunden Berufsethik. Wer länger als drei Jahre dabei ist, muss sich<br />

jährlich 12 Stunden fortbilden. Das müssen sie dem Counsel jährlich über Nachweiskarten belegen.<br />

Wer nicht mitzieht, muss ein Bußgeld gegen sich ergehen lassen. Fristverlängerungen werden aber<br />

gewährt, soweit die Advokaten rechtzeitig einen Antrag stellen. <strong>Die</strong> Solicitors, die der Law Society<br />

unterstehen, müssen dagegen jährlich 16 Stunden Fortbildung absolvieren. Eine Übertragung überschüssiger<br />

Punkte in das Folgejahr ist nicht möglich. Auch die Solicitors müssen sich hierzu jährlich<br />

schriftlich erklären. Da die Zulassung ohnehin jährlich neu erteilt wird, kann es bei Nichteinhaltung<br />

der Fortbildungspflicht zu einer Verzögerung der Neuzulassung kommen. Im Extremfall droht gar der<br />

Entzug der Zulassung, was aber wohl in der Praxis nur äußerst selten vorkommt.<br />

Finnland<br />

<strong>Die</strong> Finnen müssen sich jährlich 3 Tage fortbilden – ein Kreditpunktesystem gibt es<br />

nicht. Gegen säumige Anwälte können Disziplinarmaßnahmen verhängt werden.<br />

Frankreich<br />

Seit Anfang dieses Jahres müssen auch die französischen Anwälte 20 Stunden<br />

jährlich zwangsweise die Schulbank drücken. <strong>Die</strong> Fortbildungsveranstaltungen müssen<br />

eine Mindestdauer von 2 Stunden haben. Je nach Art der Veranstaltung dürfen<br />

die Teilnehmerzahlen von 8 bzw. 20 Anwälten nicht unterschritten werden; ansonsten wird die Fortbildung<br />

nicht anerkannt. Anwälte, die Kollegen ausbilden, bekommen pro Unterrichtsstunde selbst<br />

vier Stunden gutgeschrieben. Und wer einen juristischen Text mit mindestens 10.000 Wörtern veröffentlicht,<br />

kann sich drei Stunden eigene Fortbildung sparen. Jeder <strong>Anwalt</strong> muss sich bis zum 31.<br />

Januar eines Jahres gegenüber der Kammer hinsichtlich seines Fortbildungsstandes erklären. Disziplinarmaßnahmen<br />

der Kammern sind möglich.<br />

Litauen<br />

Hier müssen sich die Anwälte seit 2004 fortbilden – allerdings auf niedrigem Kreditpunkte-Niveau:<br />

Junganwälte müssen jährlich sechs Kreditpunkte nachweisen,<br />

wohingegen Anwälte mit mehr als drei Jahren Zulassung drei Kreditpunkte benötigen.<br />

Schon <strong>für</strong> 4 Unterrichtsstunden gibt es 2 Punkte. Zur Überwachung wurde eine elektronische<br />

<strong>Daten</strong>bank eingerichtet, in welcher jeder <strong>Anwalt</strong> seine Punkte selbst eintragen kann. Wer schummelt<br />

oder schwänzt, muss mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen.<br />

Niederlande<br />

<strong>Die</strong> niederländischen Anwälte müssen pro Jahr 16 Fortbildungspunkte erreichen.<br />

Eine einstündige Teilnahme entspricht dabei einem Punkt. Neben von der Kammer<br />

anerkannten Seminaren kann die Hälfte der Kreditpunkte auch auf andere Weise<br />

erreicht werden. So kann zum Beispiel <strong>für</strong> Fortbildungen über Kanzleimanagement, die von nicht<br />

anerkannten Instituten angeboten werden, ein Punkt pro halbem Tag vergeben werden, wobei ein halber<br />

Tag mit drei Stunden gerechnet wird. <strong>Die</strong> niederländischen Anwälte müssen der Kammer jährlich<br />

Rechenschaft über ihren Fortbildungsstand ablegen – Schlendrianen drohen auch hier Disziplinarmaßnahmen.<br />

Nordirland<br />

In Nordirland praktizierende Solicitor sind derzeit zu 15 Fortbildungsstunden jährlich<br />

verpflichtet, von denen mindestens 10 Stunden in so genannten „Group Studies“<br />

erfolgen müssen, also Kursen mit drei Teilnehmern oder mehr. <strong>Die</strong> Law Society<br />

wacht über die Einhaltung der Regeln, die disziplinarrechtlich sanktionierbar sind.<br />

Schottland<br />

Jeder schottische Solicitor muss jährlich 20 Stunden ran. Das Pflichtfortbildungsprogramm<br />

umfasst dabei Themen wie Praxismanagement und -verwaltung, Kommunikation<br />

und Mandantenumgang, sowie Rechtsgebiete, auf die sich der Solicitor<br />

spezialisiert hat. Wer das Programm versäumt, muss nachsitzen. Danach droht die Sanktionskeule.<br />

anwaltsreport 3 / 2005<br />

Viele Einzelfragen noch ungeklärt<br />

Dass die derzeitige Bundesregierung dennoch<br />

nicht bereit sein wird, der Satzungsversammlung<br />

bei der BRAK quasi<br />

einen Blankoscheck zur eigenverantwortlichen<br />

Regelung der Pflichtfortbildung<br />

auszustellen, daran ließ auch BMJ-<br />

Ministerialrat Kurt Franz in seiner Rede<br />

keinen Zweifel. <strong>Die</strong> BRAK wird ihren<br />

Vorschlag daher weiter verfeinern müssen,<br />

um sich im BMJ Gehör zu verschaffen.<br />

Dazu zählt zunächst auch der<br />

Nachweis, dass die Fortbildung weiter<br />

Teile der <strong>Anwalt</strong>schaft tatsächlich verlottert.<br />

Außerdem muss sie sich dazu<br />

erklären, auf welchen Gebieten genau<br />

sich die Anwälte weiterbilden und welche<br />

Fortbildungsmittel und -medien<br />

dazu eingesetzt werden müssen. Während<br />

der Berliner Konferenz wurde zudem<br />

deutlich, dass nicht alle Kammern<br />

in Deutschland glücklich über die künftigen<br />

neuen Kotrollaufgaben im Zusammenhang<br />

mit der Weiterbildung sind. In<br />

den angelsächsischen Ländern hat man<br />

dieses Problem aber letztlich auch in den<br />

Griff bekommen. Stichprobenartige<br />

Kontrollen dürften sicherstellen, dass der<br />

Verwaltungsaufwand nicht uferlos aufgebläht<br />

wird. Zudem könnte eine elektronische<br />

<strong>Daten</strong>bank per Internet viel<br />

Papierkrieg ersparen. Darin könnten die<br />

Anwälte ihren Punktestand in Sachen<br />

Fortbildung selbst eintragen. Wie auch<br />

immer man zu der neuen Fortbildungsdiskussion<br />

stehen mag – die BRAK hat<br />

mit der europäischen Konferenz einen<br />

sachlichen Beitrag dazu geleistet, dieses<br />

heiße Eisen anzupacken. Und das gegen<br />

den teilweise erbitterten und polemischen<br />

Widerstand vieler Berufsträger, der<br />

in der Äußerung des Kölner Kammerpräsidenten<br />

gipfelte, jeder <strong>Anwalt</strong> habe<br />

ein grundrechtlich verbrieftes Recht auf<br />

Faulheit. Zu viele faule Äpfel könnten<br />

aber am Ende den gesamten Berufsstand<br />

in Misskredit bringen. Für die Faulheit<br />

einzelner zahlen dann alle.<br />

Link zum Thema:<br />

Presseerklärung der BRAK zur<br />

Pflichtfortbildung<br />

www.brak.de/seiten/04_05_10.php<br />

Zur Paralleldiskussion bei den Ärzten:<br />

Bundesministerium <strong>für</strong> Gesundheit<br />

und Soziale Sicherung<br />

www.die-gesundheitsreform.de/glossar/fortbildungspflicht_fuer_aerzte.html

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