Die Anwaltswoche Daten für Anwalt - Anwalt-Suchservice
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sich allerdings in ihrer Eröffnungsrede<br />
skeptisch bis zugeknöpft. Spaßeshalber<br />
sprach sie davon, dass viel Wissen Kopfweh<br />
bereite, um dann aber zuzugestehen,<br />
dass Wissen ein wichtiger Marketingfaktor<br />
sei. Allerdings habe der Gesetzgeber<br />
1994 mit Einführung der allgemeinen<br />
Fortbildungspflicht bewusst auf eine Fortbildung<br />
verzichtet. „Ich halte das nach wie<br />
vor <strong>für</strong> richtig“, sagte Zypries. <strong>Die</strong> Eigeninitiative<br />
in Sachen Fortbildung habe<br />
sich bei den Anwälten bewährt. Im Übrigen<br />
sei fraglich, ob eine sanktionierte<br />
Fortbildung mit der Selbstbestimmung<br />
eines freien Berufes zu vereinbaren sei.<br />
Jedenfalls bedürfe es guter Gründe, um in<br />
diesem Bereich eine gesetzliche Reglementierung<br />
in Angriff zu nehmen.<br />
Schließlich sei die Ausbildungsqualität<br />
der deutschen Anwälte sehr hoch. Der<br />
Standard sei mit der letzten Ausbildungsreform<br />
bei Studenten und Referendaren<br />
nochmals verbessert worden. Außerdem<br />
gebe es vielfältige Ausbildungsangebote<br />
<strong>für</strong> Anwälte. Zypries verwies<br />
zudem auf die fortschreitende Spezialisierung<br />
der <strong>Anwalt</strong>schaft mit mittlerweile<br />
über 18.000 Fachanwälten – „und es<br />
werden immer mehr“, stellte sie fest. Freilich<br />
– die Tür ganz verschließen wollte<br />
Zypries denn auch nicht. Aber sie ließ<br />
keinen Zweifel daran, dass „der Aufwand<br />
<strong>für</strong> ein stimmiges Konzept“ erheblich sei.<br />
Denn die Satzungsversammlung müsse<br />
sowohl Ausbildungszeiträme als auch<br />
Ausbildungsinhalte festlegen. Außerdem<br />
stelle sich die Frage, wie der Nachweis der<br />
regelmäßigen Fortbildung geführt werden<br />
soll. So müsste zum Beispiel die<br />
Inhouse-Fortbildung anders bewertet werden<br />
als die externe Fortbildung. Ein Fortbildungskonzept<br />
wäre in jedem Fall am<br />
Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen.<br />
Insgesamt führe die sanktionierte und<br />
gesetzlich normierte Fortbildung zu mehr<br />
Regulierung statt – wie auf europäischer<br />
Ebene favorisiert – zur Deregulierung des<br />
Berufsrechts.<br />
Europäische Anwälte mehrheitlich<br />
<strong>für</strong> überprüfbare Fortbildung<br />
Natürlich wird Zypries <strong>für</strong> diese Meinung<br />
bei der Mehrheit der Anwälte Sympathien<br />
geweckt haben. Ein Beobachter des<br />
Kongresses äußerte denn auch hinter vorgehaltener<br />
Hand den Verdacht, dass der<br />
Wahlkampf bereits begonnen habe. Tatsache<br />
ist aber: <strong>Die</strong> Qualitätsoffensive der<br />
BRAK kommt letztendlich nicht nur den<br />
Verbrauchern zu Gute, sondern liegt auch<br />
ganz im Trend der europäischen Nachbarländer.<br />
So leben die Angelsachsen<br />
Länder ohne Fortbildungspflicht<br />
In Bulgarien, Dänemark, Israel, Lettland, Liechtenstein,<br />
Österreich, Polen, Slowakei, Slowenien,<br />
Tschechien, Türkei sowie Ungarn gibt es derzeit<br />
keine (überprüfbare) Fortbildungspflicht,<br />
wobei in einigen Ländern die Diskussion hierüber<br />
erst einsetzt oder Kommissionen mit der<br />
Ausgestaltung eines Fortbildungsmodells beauftragt<br />
wurden.<br />
bereits seit Anfang der 90er Jahre sehr gut<br />
mit der überprüfbaren Fortbildungspflicht.<br />
Und die Franzosen haben gerade nachgelegt.<br />
Der dortige Kammerpräsident<br />
Michel Benichou erwies sich denn auch<br />
in Berlin als leidenschaftlicher Verfechter<br />
<strong>für</strong> ein Fortbildungssystem. Der <strong>Anwalt</strong>sberuf<br />
dürfe kein Beruf ohne Regeln<br />
sein. „Wir sind keine Händler oder Rechtsverkäufer“,<br />
betonte Benichou. Der Qualitätsehrgeiz<br />
in Frankreich fuße auf der<br />
Erkenntnis, dass die Solidarität der Anwälte<br />
untereinander das Image des Berufes<br />
insgesamt verbessere. Über die nächsten<br />
3 Jahre gebe die Kammer 10 Mio.<br />
Euro an Werbung aus, um der Bevölkerung<br />
zu zeigen, was Anwälte alles zu leisten<br />
im Stande sind. Zu diesen Kompetenzen<br />
gehöre die regelmäßige Weiterbildung<br />
zwingend dazu. Deshalb bestehe<br />
eine Pflicht der Kammern, Fortbildungsregeln<br />
zu erlassen, „um niemand<br />
auf unserem gemeinsam festgelegten Weg<br />
außen vor zu lassen. Wir wollen eine<br />
Rechtsanwalts-Gemeinschaft sein und<br />
bleiben – der Gedanke der Solidarität und<br />
Ethik spielt dabei eine entscheidende<br />
Rolle“, so Benichou. Und in Richtung<br />
Länder mit eingeschränkter Fortbildungspflicht<br />
THEMA<br />
Brüssel schickte er gleich hinterher: „Damit<br />
verfolgen wir auch die Strategie der<br />
Lissabon-Beschlüsse“.<br />
Fortbildung ist wichtiges<br />
Positionierungsinstrument<br />
Dass die sanktionierte Fortbildung zu<br />
zeitlichen und finanziellen Mehrbelastungen<br />
gerade in den kleinen <strong>Anwalt</strong>skanzleien<br />
führt – daran kann kein Zweifel<br />
bestehen. Der Vorstoß der BRAK muss<br />
allerdings auch strategisch beurteilt werden.<br />
Denn der <strong>Anwalt</strong>schaft drohen mit<br />
dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz<br />
weitere Umsatzeinbußen, weil über die<br />
so genannte Annexkompetenz andere<br />
nicht verkammerte <strong>Die</strong>nstleistungsberufe<br />
Rechtsrat erteilen dürfen. Damit wird die<br />
<strong>Anwalt</strong>sdienstleistung aber erheblich verwässert.<br />
Deshalb muss sich die BRAK<br />
etwas einfallen lassen, um die Alleinstellungsmerkmale<br />
des Berufsstandes als<br />
Ganzes zu sichern und dauerhaft zu festigen.<br />
Europa erweist sich in diesem Zusammenhang<br />
als echter Hemmschuh.<br />
Denn mit der künftigen Einführung von<br />
Bachelor- und Masterstudiengängen,<br />
über die die Ausbildungszeiten erheblich<br />
reduziert werden, wird die Qualität der<br />
<strong>Anwalt</strong>sausbildung zwangsläufig leiden.<br />
Darauf wies in Berlin der Leiter der Abteilung<br />
Ausbildung bei der CCBE, Julian<br />
Lonbay, hin. „Der Druck auf weniger<br />
strenge Zugangsqualifikationen ist unverkennbar.“<br />
Damit aber dürfte auch der<br />
Verweis von Brigitte Zypries auf die gute<br />
Ausbildung deutscher Anwälte schon<br />
bald in sich zusammenbrechen.<br />
Deutschland<br />
Eine sanktionierte Fortbildungspflicht kennt das deutsche <strong>Anwalt</strong>srecht nur bei den<br />
Fachanwälten, die der zuständigen Kammer jährlich 10 Stunden nachweisen müssen.<br />
Im Extremfall kann die fehlende Fortbildung die Fachanwaltszulassung kosten.<br />
<strong>Die</strong> allgemeine Fortbildungspflicht nach § 43a VI der BRAO wird als zahnloser<br />
Tiger angesehen, weil weder Umfang noch Art der Fortbildung vorgegeben werden und ein Verstoß<br />
weitestgehend ohne Sanktionen bleibt. Erst wenn sich im Rahmen eines Regressprozesses herausstellen<br />
sollte, dass ein Rechtsanwalt seine Fortbildungspflicht vernachlässigt hat, drohen berufsrechtliche<br />
Konsequenzen. <strong>Die</strong> BRAK hat demzufolge einen Antrag beim Bundesjustizministerium<br />
gestellt, künftig eine sanktionierte Fortbildungspflicht einzuführen.<br />
Schweiz<br />
Bei den Eidgenossen besteht ebenfalls keine generelle Pflichtfortbildung. Ausnahmen gelten<br />
aber <strong>für</strong> die Mediation, den Bereich der Geldwäsche bei Anwälten, die als so genannte<br />
Finanzintermediäre tätig sind, sowie den Fachanwälten. Letztere müssen sich jährlich<br />
an zwei Tagen weiterbilden, was sie alle drei Jahre gegenüber den Fachkommissionen<br />
nachweisen müssen. Fachanwälten und Mediatoren, die ihrer Fortbildungsverpflichtung nicht<br />
nachkommen, kann der Titel im Extremfall entzogen werden.<br />
Spanien<br />
In Spanien besteht eine Fortbildungspflicht nur im Rahmen der Prozesskostenhilfe<br />
<strong>für</strong> spezielle Rechtsgebiete. Da die Anwälte schon bisher an den nicht verpflichtend<br />
angebotenen Fortbildungsprogrammen der Kammer teilnehmen, wird eine Pflichtfortbildung<br />
nicht als dringend angesehen.<br />
3 / 2005 anwaltsreport<br />
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