Museumspädagogische Arbeitsmaterialien zur Sonderausstellung ...

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22.07.2013 Aufrufe

Rembrandts Landschaften Rembrandt strebte schon früh eine Karriere als Historienmaler an. Obwohl Historienbilder das höchste Ansehen innerhalb der Hierarchie malerischer Genres genossen, wagte er sich auch an die Landschaftsmalerei, vermutlich, um hiermit sein vielseitiges Können zu betonen. Die Zahl der Gemälde in diesem Genre blieb jedoch auf eine Handvoll beschränkt. Anders stellt sich dies bei Rembrandts Œuvre auf Papier dar, wo die Landschaften einen ansehnlichen Teil ausmachen. Von keinem anderen Meister des 17. Jahrhunderts, der nicht explizit auf Landschaften spezialisiert war, sind so viele nach der Natur geschaffene Blätter erhalten geblieben. Rembrandt schloss sich in vielerlei Hinsicht mit seinen Landschaftszeichnungen und -drucken einer langen Tradition an, wich aber dennoch in gewissem Sinne von den gängigen Normen ab. Dies mag daran gelegen haben, dass er sich als Nichtspezialist weniger an diese gebunden fühlte und sich bestimmte Freiheiten herausnahm, was im Ergebnis zu einem besonders vielfältigen und unübertroffenen Œuvre von gezeichneten und radierten Landschaften führte. 1. Die gemalten Landschaften 1.1 Geschichte der Ölmalerei Die Ölmalerei entstand nach und nach im 15. Jahrhundert auch aus dem Bedürfnis heraus, die Grenzen der eher linear betonten Technik der Temperamalerei zu überwinden. Die ältesten bekannten Rezepte finden sich im Straßburger Manuskript. Die entscheidende Vervollkommnung dieser neuen Technik und wesentliche Impulse zu deren Verbreitung werden vor allem dem niederländischen Maler Jan van Eyck (um 1390-1441) zugeschrieben. Antonello da Messina (um 1430-1479) brachte sie nach Italien, wo sie sich zunächst wesentlich langsamer als in Nordeuropa verbreitete. Noch während des 16. Jahrhunderts war es dort üblich, die Technik mit Temperafarben zu kombinieren, aber auch andere Maler wie beispielsweise Rubens verwendeten parallel Temperafarben. 1.2 Technik der Ölmalerei Als Malgrund dient in der Regel eine Temperaschicht auf Holz oder Leinwand in weiß oder in Form einer Untermalung, auf die pastose, deckende, halbdeckende, „nass-in-nass“ oder in mehreren getrennten Schichten aufgetragene, lasierende Ölfarben mit Pinsel oder (vor allem in der Moderne) mit Malspachtel und direkt aus der Tube Ölfarbe aufgebracht werden. Die lange Trocknungszeit des Malmittels erlaubt es, dass die Farben relativ lang vermalbar und damit korrigierbar bleiben. Dass die Ölmalerei als „klassische Königsdisziplin“ der Kunst gilt, liegt vor allem an den guten Eigenschaften des überwiegend verwendeten Malmittels Leinöl (fast immer zusammen mit Terpentin). Um dessen Eigenschaften weiter zu verbessern und um bei der Alterung Rissbildung und Vergilben zu vermeiden, wird das Gemälde nach vollständiger Trocknung und Aushärtung (oft erst nach über einem Jahr) meist mit einem Firnis überzogen – man unterscheidet hierbei Zwischenfirnisse und Schlussfirnisse. 4

1.3 Rembrandt als Maler in Öl 1.3.1 Landschaftsmalerei zu Rembrandts Zeit Die Darstellung von Landschaften hatte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einer eigenen Gattung entwickelt. Zuvor im Fensterausschnitt oder als Hintergrundfolie für Historienbilder stark eingeschränkt, hatten Künstler wie Joachim Patinir und Herri met de Bles das Verhältnis zugunsten der Landschaft umgekehrt: Nun fand man die Figuren in weiten Landschaften klein eingebettet. Die holländischen Maler im 17. Jahrhundert spezialisierten sich mehr und mehr auf einzelne neuartige Gattungen der Landschaft: Bei dem einen sind es die Flussufer, beim nächsten die Dünen, selbst norwegische Gebirge oder der nächtliche Mondschein konnten zur Spezialität eines Malers werden. Gemeinsam ist den meisten dieser Landschaftsmaler das Ziel, eine möglic hst wahrhaftige Wiedergabe der Natur zu schaffen. Landschaftsgemälde waren meist wesentlich preiswerter als Porträts oder Historien. Der Grund liegt sicher in der traditionellen Hierarchie der Gattungen, die die Historien- und Porträtmalerei über die Landschaftsmalerei stellte. Rembrandt selbst wird sich als Historienmaler gesehen haben. Landschaften zeichnete er bei Wanderungen in der Umgebung Amsterdams eher zu seinem persönlichen Vergnügen. Dies erklärt auch, warum er nur wenige Landschaftsgemälde schuf, die sich darüber hinaus sehr von denen seiner Zeitgenossen unterscheiden. 1.3.2 Inszenierte Wirklichkeit im Gemälde Das Insolvenz-Inventar Rembrandts führt 1656 zwölf wenig präzise benannte Landschaftsgemälde von seiner Hand auf, die meist nur allgemein als kleine Werke und mit dem Zusatz „naer ’t leven“ (nach dem Leben) gekennzeichnet werden. Wie die Zeichnungen aus der Umgebung Amsterdams wird Rembrandt auch diese Gemälde als ganz persönliche „Weltbilder“ geschaffen haben. Er führte sie unabhängig von den damaligen erfolgreichen Spezialisten im Fach der Landschaftsmalerei aus und behielt offensichtlich die meisten für sich. Nach heutigem Wissensstand haben sich nur acht originale Landschaftsgemälde Rembrandts erhalten, von denen die Flußlandschaft mit Windmühle von einem Nachfolger großenteils überarbeitet bzw. vollendet wurde. Sechs dieser originalen Werke sind in der Ausstellung zu sehen. Mit der frühen Gewitterlandschaft von 1637/38 schuf Rembrandt eine „Weltlandschaft“ im Sinne des 16. Jahrhunderts, die mit seinen spätesten Landschaften konfrontiert wird. Diese könnten unterschiedlicher nicht sein: die wirklichkeitsnahe Winterlandschaft von 1646 und die ungewöhnliche Nachtlandschaft mit der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten von 1647. Phantastische Inszenierungen sind die drei Gemälde Landschaft mit Schloss (1640-42), Die Mühle (um 1645) und Flusslandschaft mit Windmühle (um 1640 und später). Sie alle vereinen Grundzüge einer Komposition, die jeweils ein signifikantes Bauwerk erhöht vor dem Himmel aufragen lässt. Bildbeispiele: • Rembrandt, Gewitterlandschaft, um 1637/38, Öl auf Holz, Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig • Rembrandt (und Nachfolger), Flußlandschaft mit Windmühle, und 1640 und später, Öl auf Holz, Staatliche Museen Kassel, Gemäldegalerie • Rembrandt, Landschaft mit Schloss, um 1640/42, Öl auf Holz, Louvre, Paris • Rembrandt, Die Mühle, Öl auf Leinwand, The National Gallery of Art, Washington • Rembrandt, Winterlandschaft, 1646, Öl auf Holz, Staatliche Museen Kassel, Gemäldegalerie 5

1.3 Rembrandt als Maler in Öl<br />

1.3.1 Landschaftsmalerei zu Rembrandts Zeit<br />

Die Darstellung von Landschaften hatte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einer eigenen<br />

Gattung entwickelt. Zuvor im Fensterausschnitt oder als Hintergrundfolie für Historienbilder stark<br />

eingeschränkt, hatten Künstler wie Joachim Patinir und Herri met de Bles das Verhältnis<br />

zugunsten der Landschaft umgekehrt: Nun fand man die Figuren in weiten Landschaften klein<br />

eingebettet. Die holländischen Maler im 17. Jahrhundert spezialisierten sich mehr und mehr auf<br />

einzelne neuartige Gattungen der Landschaft: Bei dem einen sind es die Flussufer, beim<br />

nächsten die Dünen, selbst norwegische Gebirge oder der nächtliche Mondschein konnten <strong>zur</strong><br />

Spezialität eines Malers werden. Gemeinsam ist den meisten dieser Landschaftsmaler das Ziel,<br />

eine möglic hst wahrhaftige Wiedergabe der Natur zu schaffen.<br />

Landschaftsgemälde waren meist wesentlich preiswerter als Porträts oder Historien. Der Grund<br />

liegt sicher in der traditionellen Hierarchie der Gattungen, die die Historien- und Porträtmalerei<br />

über die Landschaftsmalerei stellte. Rembrandt selbst wird sich als Historienmaler gesehen<br />

haben. Landschaften zeichnete er bei Wanderungen in der Umgebung Amsterdams eher zu<br />

seinem persönlichen Vergnügen. Dies erklärt auch, warum er nur wenige Landschaftsgemälde<br />

schuf, die sich darüber hinaus sehr von denen seiner Zeitgenossen unterscheiden.<br />

1.3.2 Inszenierte Wirklichkeit im Gemälde<br />

Das Insolvenz-Inventar Rembrandts führt 1656 zwölf wenig präzise benannte<br />

Landschaftsgemälde von seiner Hand auf, die meist nur allgemein als kleine Werke und mit dem<br />

Zusatz „naer ’t leven“ (nach dem Leben) gekennzeichnet werden. Wie die Zeichnungen aus der<br />

Umgebung Amsterdams wird Rembrandt auch diese Gemälde als ganz persönliche „Weltbilder“<br />

geschaffen haben. Er führte sie unabhängig von den damaligen erfolgreichen Spezialisten im<br />

Fach der Landschaftsmalerei aus und behielt offensichtlich die meisten für sich.<br />

Nach heutigem Wissensstand haben sich nur acht originale Landschaftsgemälde Rembrandts<br />

erhalten, von denen die Flußlandschaft mit Windmühle von einem Nachfolger großenteils<br />

überarbeitet bzw. vollendet wurde. Sechs dieser originalen Werke sind in der Ausstellung zu<br />

sehen. Mit der frühen Gewitterlandschaft von 1637/38 schuf Rembrandt eine „Weltlandschaft“ im<br />

Sinne des 16. Jahrhunderts, die mit seinen spätesten Landschaften konfrontiert wird. Diese<br />

könnten unterschiedlicher nicht sein: die wirklichkeitsnahe Winterlandschaft von 1646 und die<br />

ungewöhnliche Nachtlandschaft mit der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten von 1647.<br />

Phantastische Inszenierungen sind die drei Gemälde Landschaft mit Schloss (1640-42), Die<br />

Mühle (um 1645) und Flusslandschaft mit Windmühle (um 1640 und später). Sie alle vereinen<br />

Grundzüge einer Komposition, die jeweils ein signifikantes Bauwerk erhöht vor dem Himmel<br />

aufragen lässt.<br />

Bildbeispiele:<br />

• Rembrandt, Gewitterlandschaft, um 1637/38, Öl auf Holz, Herzog Anton Ulrich-Museum,<br />

Braunschweig<br />

• Rembrandt (und Nachfolger), Flußlandschaft mit Windmühle, und 1640 und später, Öl auf<br />

Holz, Staatliche Museen Kassel, Gemäldegalerie<br />

• Rembrandt, Landschaft mit Schloss, um 1640/42, Öl auf Holz, Louvre, Paris<br />

• Rembrandt, Die Mühle, Öl auf Leinwand, The National Gallery of Art, Washington<br />

• Rembrandt, Winterlandschaft, 1646, Öl auf Holz, Staatliche Museen Kassel, Gemäldegalerie<br />

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