Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007
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72 III. Ausgewählte Forschungsgebiete<br />
Haupteigenschaften dar, die von jeder Theorie über großräumige<br />
Sternbildung erklärt werden müssen.<br />
Frühere Studien, in deren Rahmen Gas mit der<br />
Sternbildung verglichen wurde, zeigten eine erstaunliche<br />
Korrelation zwischen der Gasdichte und der<br />
Sternbildung pro Flächeneinheit im großen Maßstab.<br />
Diese Studien haben entweder Durchschnittswerte aus<br />
gesamten Galaxienscheiben gebildet oder sehr große<br />
Bereiche berücksichtigt und Durchschnittswerte aus<br />
Daten gebildet, um ein Radialprofil der Galaxie erstellen.<br />
Ein zentrales Ziel der Si n g S- und Th i n g S-Studien<br />
bestand daher darin, diese Messung auf kleinere Skalen<br />
auszudehnen, die eher der Skala entsprachen, auf der<br />
sich Molekülwolken bilden, aus denen Sterne hervorgehen.<br />
MPIA-Wissenschaftler kombinierten Daten aus der<br />
ga l e x-Durchmusterung, Th i n g S, Si n g S und der ir a m-<br />
Studie, um eine der ersten einheitlichen Messungen dieser<br />
Beziehung unterhalb der Kiloparsec-Skala durchzuführen.<br />
Sie schätzten die Rate der jüngsten Sternbildung<br />
durch die Kombination von UV- und Infrarotlicht, um so<br />
direkt sichtbare wie auch durch Staub verdeckte Sterne<br />
zu zählen.<br />
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Menge an<br />
molekularem Gas in einem vorgegebenen Teil der Galaxie<br />
alleine ein sehr guter Indikator <strong>für</strong> Sternbildung ist (Abb.<br />
II.8.8): Die Plots zeigen, wie die Sternbildungsrate entlang<br />
einer Sichtlinie durch eine Galaxie (y-Achse) von<br />
der Menge des atomaren Gases (x-Achse im linken oberen<br />
Plot) und des molekularen Gases (x-Achse im rechten<br />
oberen Plot) entlang derselben Sichtlinie abhängt.<br />
Die Sternbildung wird aus FUV-Daten der ga l e x NGS-<br />
Studie und 24-µm-Daten aus der Si n g S-Studie abgeleitet.<br />
Das atomare Gas wird anhand der Th i n g S-Karten bestimmt,<br />
während das molekulare Gas auf der Grundlage<br />
der ir a m 30 m CO-Karten geschätzt wird. Das rechte<br />
Bild zeigt, dass H 2 und die Sternbildung nahezu einer<br />
1-zu-1-Relation unterliegen, während das linke Bild<br />
die HI-Menge entlang der Sichtlinie zeigt, von der die<br />
Sternbildungsrate nur wenig abhängt.<br />
Darüber hinaus fanden sie nur wenige Abweichungen<br />
in der Anzahl der Sterne, die sich aus jedem Teilabschnitt<br />
des molekularen Gases bilden. Obwohl bekannt ist, dass<br />
molekulares Gas unter extremem Druck – wie er in den<br />
Starburst-Galaxien vorliegt – Sterne sehr effizient bildet,<br />
waren die hier untersuchten Galaxien in den meisten<br />
Fällen normale Spiralgalaxien, die Sterne nur mit moderater<br />
Geschwindigkeit bilden. Die Forscher hatten daher<br />
angenommen, dass die offensichtliche Einheitlichkeit<br />
der Anzahl der gebildeten Sterne pro Einheit des molekularen<br />
Gases darauf hinweist, dass in Spiralgalaxien<br />
die Sternbildung in Molekülwolken stattfindet, die weitestgehend<br />
überall gleich aussehen und sich möglicherweise<br />
nicht sehr von den in unserer eigenen Milchstraße<br />
vorkommenden Wolken unterscheiden.<br />
Das Team zog bei der Betrachtung des atomaren Gases<br />
völlig andere Schlussfolgerungen. Das Verhältnis<br />
zwi schen dem atomaren und dem molekularen Gas sowie<br />
die Sternbildungsrate pro Flächeneinheit des atomaren<br />
Gases variieren erheblich innerhalb und zwischen<br />
ver schiedenen Galaxien. Je nach Standort kann dieselbe<br />
Men ge atomaren Gases entweder starke oder fast keine<br />
Sternbildungen beinhalten. Das Team folgerte aus diesen<br />
Ergebnissen, dass, obwohl die Entstehung von Sternen<br />
aus Molekülwolken ein relativ einheitlicher Prozess<br />
ist, die Bildung dieser Wolken stark von den Umge<br />
bungsbedingungen der Galaxie abhängt. Sie betonten,<br />
dass die Rolle alter Sterne in diesem Prozess darin besteht,<br />
das Gas durch ihre Graviationswirkung zu komprimieren,<br />
sodass das Gas in der Nähe tiefer durch die<br />
Sterne verursachter Potenzialsenken dichter ist als in den<br />
Randbereichen der Galaxien.<br />
Staub und Gas in der extremen Umgebung von<br />
Zwerggalaxien<br />
Wir haben bereits am Rande erwähnt, dass nahe Galaxien<br />
eine Vielzahl verschiedener Umgebungen beinhalten,<br />
die die Entstehung von Sternen und der Wolken, aus denen<br />
diese hervorgehen, unterstützen oder beeinträchtigen<br />
können. Wir haben auch das häufig angeführte Argument<br />
erwähnt, dass insbesondere Zwerggalaxien Bedingungen<br />
aufweisen, die den Zuständen im frühen Universum entsprechen:<br />
geringe Vorkommen schwerer Elemente, intensive<br />
Strahlungsfelder, große Mengen atomarer Gase, aber<br />
relativ wenig Staub. Der letzte Punkt ist besonders wichtig<br />
<strong>für</strong> die Sternbildung, da der Staub hilft, Molekülwolken<br />
abzuschirmen und als Ort der meisten molekularen<br />
Wasserstoffbildung dient. Diese Behauptungen wurden<br />
oft aufgestellt, doch die Messung der physikalischen<br />
Bedingungen in nahen Zwerggalaxien ist ebenso schwierig<br />
wie <strong>für</strong> das Verständnis der Sternbildung in extremen<br />
Umgebungen wichtig.<br />
MPIA-Forscher kombinierten die Thi n g S- und<br />
Si n g S-Studien genau zu diesem Zweck. Sie nutzten die<br />
Infrarot-Emission, um die Eigenschaften des Staubs<br />
in den unregelmäßigen Zwerggalaxien der nahegelegenen<br />
M 81-Gruppe zu messen. Sie fanden heraus,<br />
dass die Staubmenge noch geringer war als die reichhaltigen<br />
Mengen an schweren Eementen vermuten ließen,<br />
und entdecken Anzeichen da<strong>für</strong>, dass intensive<br />
Strahlungsfelder den Staub auf höhere Temperaturen<br />
erhitzen als üblicherweise in Spiralgalaxien gemessen.<br />
Das Team stellte außerdem fest, dass die thermische<br />
Emission kleiner Staubkörner über das Kontinuum im<br />
mittleren Infrarot und die PAH-Emissionseigenschaften<br />
auch zwischen Zwerggalaxien mit ansonsten vergleichbaren<br />
Eigenschaften erheblich variieren. Obwohl diese<br />
kleinen Körner hinsichtlich ihrer Masse nur einen kleinen<br />
Bestandteil der Galaxien darstellen, sind sie <strong>für</strong> einen<br />
großen Teil der lichtabsorbierenden Oberfläche der<br />
Staubteilchen verantwortlich und ihre Anwesenheit oder<br />
Abwesenheit kann die Wärmebilanz des ISM daher erheblich<br />
beeinflussen.