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Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007

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48 II. Highlights<br />

FeII / MgII<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0<br />

Dietrich et al. 2003<br />

Maiolino et. al. 2003<br />

Freudling et. al. 2003<br />

Iwamuro et. al. 2004<br />

Barth et. al. 2003<br />

This work<br />

Iwamuro et al. 2002<br />

Thompson et al. 1999<br />

1 2 3 4 5 6<br />

Rotverschiebung z<br />

Abb. II.6.4: Das Linienverhältnis Fe II/Mg II in Abhängigkeit<br />

von der Rotverschiebung z. Die fünf Werte der neuen Studie<br />

um z 6 sind mit einem Kreuz im Kreis (gelb) dargestellt.<br />

nach sich selbst bei großen Rotverschiebungen kein<br />

Entwicklungstrend abzeichnet. Da das Universum bei<br />

z 6 etwa 900 Millionen Jahre alt war, muss die Anreicherung<br />

mit schweren Elementen bereits zuvor sehr<br />

weit fortgeschritten gewesen sein. Nimmt man eine typische<br />

Anreicherungszeit von 300 Millionen Jahren an,<br />

so muss die Ära der Sternentstehung bereits bei Rot verschiebungen<br />

jenseits von z 8 eingesetzt haben. Dieses<br />

Ergebnis setzt Maßstäbe <strong>für</strong> zukünftige Versuche, die erste<br />

Sterngeneration (Population III) nachzuweisen.<br />

Die Massen der zentralen Schwarzen Löcher<br />

Wie eingangs geschildert, ist die Entwicklung der zentralen<br />

Schwarzen Löcher eng an die der Galaxien gekoppelt.<br />

Die Entwicklung der Massen der Schwarzen<br />

Löcher könnte Aufschluss über diese noch unbekannte<br />

Wechselbeziehung geben. Aus den neuen Daten lassen<br />

sich diese Massenwerte auf drei unterschiedliche Arten<br />

ermitteln.<br />

1. Die direkteste Methode besteht darin, die gesamte bolometrische<br />

Leuchtkraft der Quasare zu bestimmen.<br />

Nimmt man nun an, dass das Schwarze Loch mit der<br />

maximal möglichen Rate Materie aus der Umgebung<br />

aufsammelt, so halten sich der Strahlungsdruck<br />

und die Schwerkraft die Waage. Man spricht dann<br />

von der Eddington-Leuchtkraft, mit der der Quasar<br />

strahlt. Setzt man die Eddington-Leuchtkraft gleich<br />

der bolometrischen Leuchtkraft, so erhält man die<br />

minimale Masse, die das Schwarze Loch haben<br />

muss, um diese Energie abstrahlen zu können.<br />

2. Eine andere Methode beruht darauf, dass das<br />

Schwarze Loch von einer Gasregion umgeben ist, in<br />

der die Emissionslinien des Quasars entstehen. Diese<br />

Region nennt man Broad Line Region (BLR), weil<br />

die Linien durch die schnelle Rotation dieser Re-<br />

gion stark verbreitert sind. Die Zentralmasse ergibt<br />

sich dann aus dem Radius der BLR und der<br />

Geschwindigkeit des darin befindlichen Gases. Beide<br />

Größen lassen sich unter gewissen Annahmen aus<br />

dem Spektrum, insbesondere aus der Mg II-Li nienbreite,<br />

ableiten.<br />

3. Eine dritte Methode beruht auf einer empirischen<br />

Relation zwischen der Zentralmasse und der Kontinuumsleuchtkraft<br />

bei 135 nm Wellenlänge und der<br />

C-IV-Linienbreite. Auch hier gehen Eigenschaften<br />

der BLR ein.<br />

Alle drei Methoden wurden auf die Spektren der fünf<br />

Quasare angewandt. Da sie alle gewisse Unsicherheiten<br />

haben, liefern sie erwartungsgemäß auch unterschiedliche<br />

Massen (typischerweise um Faktoren zwei bis drei<br />

verschieden), wobei die C-IV-basierte Methode durchweg<br />

die größten Werte ergab. Insgesamt ergab sich ei ne<br />

Spanne von 300 Millionen bis 5.2 Milliarden Son nenmassen.<br />

Die 300 Millionen Sonnenmassen stellen den<br />

kleinsten bislang bei hoch rotverschobenen Quasaren gemessenen<br />

Wert dar. Dennoch ergaben sich überwiegend<br />

sehr hohe Massenwerte, was auf ein rasches Wachstum<br />

der supermassereichen Schwarzen Löcher nach dem<br />

Urknall hindeutet. Zum Vergleich: Das Schwarze Loch<br />

im Zentrum unserer Galaxis hat eine Masse von nur 3,6<br />

Millionen Sonnenmassen. Dieses Phänomen des schnellen<br />

Wachstums zu erklären, gehört zu den vornehmsten<br />

Aufgaben der Kosmologie.<br />

In diesem Zusammenhang wäre es sehr interessant<br />

herauszufinden, ob bei diesen hochrotverschobenen<br />

Quasaren die eingangs erwähnten Korrelationen<br />

zwi schen den Massen der Schwarzen Löcher und den<br />

Massen beziehungsweise Geschwindigkeitsdispersionen<br />

der Bulges Gültigkeit besitzt – eine schwer zu beantwortende<br />

Frage, weil die entsprechenden Messdaten dieser<br />

extrem weit entfernten Quasare noch recht ungenau<br />

sind. Die Massen der Bulges lassen sich mit Hilfe von<br />

Beobachtungen des molekularen Gases in den Galaxien<br />

abschätzen, wie Dominik Riechers 2006 zeigen konnte<br />

(<strong>Jahresbericht</strong> 2006, S. 40).<br />

Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die<br />

hoch rotverschobenen Galaxien von der bekannten Relation<br />

zwischen den Massen der Schwarzen Löcher und den<br />

Massen beziehungsweise Geschwindigkeitsdispersionen<br />

der Bulges abweichen. Danach hat es den Anschein, als<br />

hätten sich die Schwarzen Löcher schneller entwickelt<br />

als die Galaxienbulges. Doch sind die Ergebnisse noch<br />

umstritten, und Computersimulationen können zudem<br />

noch keine klaren Voraussagen liefern.<br />

Falls sich diese ersten Vermutungen bestätigen, so<br />

schließen sich sofort faszinierende Fragen an: Waren erst<br />

die Schwarzen Löcher da und bildeten sich dann erst die<br />

Galaxien? Wirkten die Schwarze Löcher womöglich als<br />

»Kondensationskeime«, um die herum sich die Galaxien<br />

formierten? Forschergruppen des MPIA gehen diesen<br />

spannenden Frage nach, erste Ergebnisse werden in naher<br />

Zukunft erwartet.

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