Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007
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42 II. Highlights<br />
Mit diesen Werten wurde der Versuch unternommen,<br />
die weiter außen liegenden Sterne ebenfalls zu identifizieren<br />
– ein schwieriges Unterfangen, weil in mehreren<br />
Schritten Vordergrundsterne und Hintergrundgalaxien<br />
identifiziert werden mussten. Letztere konnten zum<br />
Großteil eliminiert werden, weil sie im Gegensatz zu den<br />
Sternen nicht punktförmig, sondern ausgedehnt erscheinen.<br />
Die restlichen, punktförmig erscheinenden Hintergrundgalaxien<br />
konnten aufgrund ihrer Farben ausgeson<br />
dert werden. Feldsterne, die nicht zur Herkules-<br />
Zwerg ga laxie gehören, ließen sich mit Hilfe eines Hel-<br />
5<br />
5<br />
Abb. II.5.3: Die Konturdarstellung der Sterndichte in der<br />
Herkules-Zwerggalaxie offenbart deren langgestreckte Form.<br />
lig keitskriteriums sowie durch den Vergleich mit einem<br />
benachbarten Himmelsgebiet ausschließen (Abb. II.5.2<br />
rechts).<br />
Mit diesen beiden Verfahren wurden rund 85 Prozent<br />
aller Objekte im FHD entfernt. Nun ließ sich die<br />
räumliche Ausdehnung und Struktur der Herkules-<br />
Zwerggalaxie ermitteln. Wie Abb. II.5.3 zeigt, ist dieses<br />
Sternsystem elliptisch geformt mit einem außergewöhnlich<br />
großen Achsenverhältnis von 3 : 1; die Länge der<br />
großen Halbachse beträgt 550 Lichtjahre.<br />
Ein derart großes Achsenverhältnis wurde bislang<br />
bei keiner anderen Zwerggalaxie beobachtet. Lediglich<br />
die 65 000 Lichtjahre entfernte Sagittarius-Zwerggalaxie<br />
weist eine ähnlich kuriose Form auf. Hier hat sie ihren<br />
Ursprung in den starken Gezeitenkräften des Milchstraßensystems.<br />
Ein ähnliches Schicksal erleidet auch die<br />
230 000 Lichtjahre entfernte Ursa-Minor-Zwerggalaxie,<br />
deren Achsenverhältnis etwa 2 : 1 beträgt. Doch diese beiden<br />
Sternsysteme stehen dem Milchstraßensystem viel<br />
näher als die Herkules-Zwerggalaxie. Eine Abschätzung<br />
zeigt, dass Gezeitenkräfte die Herkules-Zwerggalaxie<br />
nur dann erheblich verformen können, wenn diese nicht<br />
weiter als 24 000 Lichtjahre vom Milchstraßensystem<br />
ent fernt ist (alle Entfernungsangaben beziehen sich auf<br />
das Zentrum des Milchstraßensystems). Da der heutige<br />
Abstand 400 000 Lichtjahre beträgt, können Ge zeitenkräfte<br />
nur dann <strong>für</strong> die elliptische Form verantwortlich<br />
sein, wenn die Herkules-Zwerggalaxie das galaktische<br />
Zentrum auf einer hoch exzentrischen Bahn (Exzentrizität<br />
e 0.9) umläuft und sich derzeit etwa an ihrem<br />
fernsten Punkt befindet. Weitere Analysen müssen<br />
zeigen, ob dieses Modell glaubwürdig ist.<br />
Die andere Erklärung wäre, dass die elliptische Form<br />
die Folge einer schnellen Rotation der Zwerggalaxie<br />
ist. Doch ist kein weiteres Sternsystem dieser Art bekannt,<br />
das auch nur annähernd so schnell rotiert wie<br />
man es <strong>für</strong> die Herkules-Zwerggalaxie fordern müsste.<br />
Weitere spektroskopische Beobachtungen sind deshalb<br />
nötig, um diese Möglichkeit zu überprüfen. In jedem<br />
Fall aber ist die Herkules-Zwerggalaxie ein überraschendes<br />
Objekt, das Modellen <strong>für</strong> die Entwicklung des<br />
Milchstraßensystems eine weitere interessante Facette<br />
hinzufügt.<br />
Komplexe Sternentstehungsgeschichten in Canes<br />
Venatici I und Leo T<br />
Zwei weitere Zwerggalaxien namens Canes Venatici I<br />
und Leo T wurden in den Daten des SDSS gefunden.<br />
Canes Venatici I ist mit 730 000 Lichtjahren ebenfalls<br />
sehr weit von unserer Galaxis entfernt und war deshalb<br />
auch bisherigen Himmelsdurchmusterungen entgangen.<br />
Ihre Masse beträgt 10 7 bis 10 8 Sonnenmassen.<br />
Eine erste Untersuchung bestätigte zunächst die Vermutung,<br />
dass dieses Sternsystem – wie <strong>für</strong> Zwerggalaxien<br />
in dieser großen Entfernung üblich – sehr alt ist. Doch