Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007
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Die HerkulesZwerggalaxie<br />
Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts waren neun kugelförmige<br />
Zwerggalaxien (dwarf spheroidal galaxies) als<br />
Begleiter unserer Galaxis bekannt. Durch den Sloan<br />
Digital Sky Survey (SDSS), an dem auch das MPIA<br />
beteiligt ist, hat sich diese Zahl innerhalb von nur drei<br />
Jahren verdoppelt. Diese kleinen Galaxien besitzen eine<br />
sehr geringe Flächenhelligkeit und sind daher sehr<br />
schwer zu entdecken und zu studieren.<br />
Von den bereits untersuchten Objekten dieser Art ist<br />
bekannt, dass Dunkle Materie den größten Teil ihrer Gesamtmasse<br />
ausmacht. Außerdem weisen sie sehr unterschiedliche<br />
Entwicklungsgeschichten auf, was sich im<br />
Alter ihrer Sternpopulationen widerspiegelt. Die Untersuchung<br />
dieser lichtschwachen Sternsysteme erfordert leistungsstarke<br />
Teleskope, weswegen unser Wissensstand<br />
über sie noch sehr lückenhaft ist. Insbesondere ist<br />
noch weitgehend unklar, auf welche Weise Entstehung<br />
und Entwicklung dieser Satellitengalaxien mit derjenigen<br />
unserer Milchstraße verwoben sind. Warum ist<br />
das Verhältnis von Dunkler zu normaler Materie in den<br />
Zwerggalaxien viel höher als im Milchstraßensystem?<br />
Dies sind nur zwei von vielen weitgehend ungeklärten<br />
Fragen.<br />
V [mag]<br />
18<br />
20<br />
22<br />
24<br />
26<br />
Zentralregion<br />
Fehlerbalken <strong>für</strong> c 1<br />
–0.5<br />
II.5. Zwerggalaxien unter der Lupe 41<br />
Die Zwerggalaxie im Sternbild Herkules wurde erst<br />
kurz vor den hier beschriebenen LBT-Beobachtungen<br />
in den Daten des SDSS entdeckt. Sie ist etwa 456 000<br />
Lichtjahre entfernt und ihr Masse-Leuchtkraft-Verhältnis<br />
weist einen extrem hohen Wert von 332 M /L (mit<br />
einer Unsicherheit von 50 %) auf. Zum Vergleich: Das<br />
Masse-Leuchtkraft-Verhältnis des Milchstraßensystems<br />
liegt bei einem Wert von 50 bis 100 M /L . Mehr war<br />
bis zu Beobachtungen von Coleman und Kollegen über<br />
die Herkules-Zwerggalaxie nicht bekannt.<br />
Für seine photometrischen Untersuchungen nahm<br />
das Team die Herkules-Zwerggalaxie durch drei Filter<br />
(B, V und r) auf. Die Aufnahmeserien erreichten eine<br />
untere Grenzhelligkeit von 25.5 mag, so dass <strong>für</strong> diese<br />
Galaxie erstmals ein nahezu vollständiges Farben-<br />
Helligkeits-Diagramm (FHD) erstellt und die gesamte<br />
Population modelliert werden konnte (Abb. II.5.2). Die<br />
besten Werte ergaben sich <strong>für</strong> eine einzige 13 Milliarden<br />
Jahre alte Sterngeneration mit einer entsprechend geringen<br />
Metallizität. Die Entfernung ergab sich zu 132 kpc<br />
(430 000 Lj). Diese Werte wurden zunächst <strong>für</strong> die Sterne<br />
im Kernbereich ermittelt.<br />
Abb. II.5.2: Das Farben-Helligkeitsdiagramm der Zentralregion<br />
des Herkules-Zwerggalaxie (links) und die Sterne einer nahen<br />
Feldregion. (rechts).<br />
Feldregion<br />
0 0.5 1 1.5 –0.5 0 0.5 1 1.5<br />
c1 = 0.944 (B–V) 0.330 (V –r)