22.07.2013 Aufrufe

Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007

Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007

Max-Planck-Institut für Astronomie - Jahresbericht 2007

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

24 II. Highlights<br />

in der Scheibe maximal zur Verfügung. Die Beobachtung<br />

von TW Hya b liefert erstmals eine echte obere Grenze<br />

<strong>für</strong> die zur Planetenentstehung erforderliche Zeitspanne:<br />

Sie kann nicht mehr als acht bis zehn Millionen Jahre betragen<br />

haben. Somit ist TW Hya der ideale Prüfstein <strong>für</strong><br />

numerische Modelle der Bildung von Planeten.<br />

TW Hya b steckt zum einen den Zeitrahmen <strong>für</strong> die<br />

Planetenentstehung ab. Gleichzeitig stellt der Planet die<br />

Theoretiker erneut vor die Frage, wie ein derart massereicher<br />

Körper seinen Zentralstern in solch geringem<br />

Abstand umkreisen kann. Unter den bislang bekannten<br />

Exoplaneten gibt es eine Reihe dieser heißen<br />

Jupiter. Sie alle sind nach der heute gängigen Theorie<br />

der Planetenentstehung nicht dort entstanden. Nahe am<br />

Stern war stets zu wenig Materie vorhanden und es war<br />

dort zu heiß. Daher geht man davon aus, dass sich die<br />

Planeten in den weiter außen liegenden, kühlen und<br />

dichten Bereichen der zirkumstellaren Scheibe bilden.<br />

Anschließend führt ein Austausch von Drehimpuls zwischen<br />

dem Scheibenmaterial und dem Planeten dazu,<br />

dass dieser langsam auf einer spiralförmigen Bahn an<br />

den Zentralstern heranwandert.<br />

Computersimulationen, wie sie auch am MPIA durchgeführt<br />

werden, haben gezeigt, dass ein Planet, der<br />

in einem Abstand von fünf Astronomischen Einheiten<br />

von seinem Zentralstern entsteht, innerhalb von mehreren<br />

tausend Jahren eine Lücke in der Scheibe frei fegt<br />

(<strong>Jahresbericht</strong> 2006, S. 27). Gleichzeitig wandert er nach<br />

innen. Bereits nach wenigen zehntausend Jahren hat er<br />

seinen Abstand zum Stern halbiert und seine Masse verdoppelt,<br />

denn während der Migration sammelt er Materie<br />

aus seiner Umgebung auf.<br />

Eine entscheidende Frage ist nun: Wann und wodurch<br />

kommt die Wanderung zum Stillstand? Ist das nahezu<br />

materiefreie Loch im Zentrum einer Scheibe hier<strong>für</strong><br />

verantwortlich? Die Bahn von TW Hya b am Innenrand<br />

der Scheibe scheint diese Hypothese zu unterstützen.<br />

Theoretisch zwingend ist sie jedoch nicht. Ob weitere<br />

Bremseffekte, wie Magnetfelder oder Gezeitenkräfte eine<br />

Rolle spielen, ist zur Zeit Gegenstand der Forschung.<br />

Letztlich wird auch eine alternative Theorie untersucht,<br />

bei der ein Planet nicht durch langsames Aufsammeln von<br />

Staub und Gas aus der Umgebung, sondern wie ein Stern<br />

durch direkte Kontraktion entsteht. Möglicherweise kann<br />

TW Hya b in Zukunft weitere Hinweise zur Entscheidung<br />

zwi schen den beiden Möglichkeiten liefern.<br />

Ein weiterer Planet um HD 70573<br />

Die Astronomen des MPIA konnten bei ihrem<br />

Suchprogramm noch einen weiteren Erfolg verbuchen.<br />

Bei dem 150 Lichtjahre entfernten Stern HD 70573<br />

entdeckten sie eine periodische Doppler-Verschiebung<br />

mit einer Periode von 852 Tagen. Auch hier ergab die<br />

Bisektor-Analyse keine Korrelation mit Signaturen der<br />

Sternaktivität, so dass die wahrscheinlichste Erklärung<br />

wiederum ein unsichtbarer Planet ist. Da in diesem Fall<br />

die Bahnneigung unbekannt ist, lässt sich <strong>für</strong> seine Masse<br />

nur eine untere Grenze von 6.1 Jupitermassen angeben.<br />

Hierbei wird angenommen, dass der Stern, ein G-Zwerg,<br />

eine Masse von genau einer Sonnenmasse besitzt.<br />

HD 70573 gehört der Herkules-Lyra-Assoziation an,<br />

einer Bewegungsgruppe, deren Alter auf 200 Millionen<br />

Jahre geschätzt wird. Eine Analyse des Sternspektrums<br />

(Äquivalentbreite der Lithium-Linie bei 670.8 nm) ergab<br />

ein Alter zwischen 78 und 125 Millionen Jahren. Damit<br />

ist der gleichaltrige Planet nach TW Hya b der zweitjüngste<br />

bekannte extrasolare Planet.<br />

Der Fund eines Planeten bei HD 70573 ist auch deswegen<br />

bedeutend, weil dieser Stern zu einem Forschungsprogramm<br />

am Weltraumteleskop sp i t z e r gehört (sp i t z e r /<br />

Fe p s Legacy Program), in dem die Beziehung zwischen<br />

älteren Staubscheiben (sogenannten Debris-Scheiben)<br />

und Planeten untersucht wird.<br />

Die beiden beschriebenen Entdeckungen haben bewiesen,<br />

dass es trotz anfänglicher Bedenken durchaus<br />

möglich ist, Planeten bei jungen Sterne nachzuweisen.<br />

Dies eröffnet insbesondere der Erforschung der<br />

Planetenentstehung ganz neue Möglichkeiten. Neben diesem<br />

Programm werden am MPIA gegenwärtig Beobachtungsinstrumente<br />

der nächsten Generation entwickelt<br />

und gebaut, die extrasolare Planeten auch mit anderen<br />

Methoden aufspüren sollen: direktes Abbilden, astrometrische<br />

Messung der scheinbaren Bewegung des Sterns<br />

am Himmel und die Messung der Helligkeitsveränderung<br />

des Zentralsterns, wenn der Planet vor ihm vorbeizieht<br />

(Transitphotometrie).<br />

Johny Setiawan, Thomas Henning,<br />

Ralf Launhardt, André Müller,<br />

Patrick Weise, Martin Kürster

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!