22.07.2013 Aufrufe

Revitalisierung erzgebirgischer Moore - Naturpark Erzgebirge ...

Revitalisierung erzgebirgischer Moore - Naturpark Erzgebirge ...

Revitalisierung erzgebirgischer Moore - Naturpark Erzgebirge ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Moore</strong> im<br />

<strong>Naturpark</strong> „<strong>Erzgebirge</strong> /Vogtland“


Impressum<br />

Autoren:<br />

Anke Haupt<br />

Ralf Uhlmann<br />

Herausgeber:<br />

Zweckverband<br />

<strong>Naturpark</strong> „<strong>Erzgebirge</strong> / Vogtland“<br />

Schlossplatz 8<br />

09487 Schlettau<br />

0 37 33/ 62 21 06<br />

FAX 0 37 33/ 62 21 07<br />

www. naturpark-erzgebirge-vogtland.de<br />

Titelbild:<br />

NSG "Grosser Kranichsee"<br />

Schmalblättriges Wollgras (S. 29)<br />

3. Umschlagseite:<br />

Reflexionen zum Moor von C.H. Westenburger<br />

4. Umschlagseite:<br />

Moorlandschaft<br />

Tusche-Gouache von C.H. Westenburger<br />

Bildnachweis:<br />

Archiv <strong>Naturpark</strong> "<strong>Erzgebirge</strong> / Vogtland"<br />

D. Schubert, Olbernhau<br />

C.H. Westenburger, Tannenberg<br />

Copyright:<br />

Diese Broschüre ist urheberrechtlich geschützt.<br />

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen<br />

und der fotomechanischen Wiedergabe, sind dem<br />

Herausgeber vorbehalten.<br />

Inhalt<br />

Impressum 2<br />

Einleitung 3<br />

Grundlagen der Moorkunde 3<br />

Was sind <strong>Moore</strong>? 3<br />

Welche Moortypen gibt es? 4<br />

Ökologische Moortypen<br />

Hydrologisch - entwicklungsgeschichtliche<br />

4<br />

Moortypen 5<br />

<strong>Moore</strong> im <strong>Naturpark</strong> „<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Überblick über die <strong>Moore</strong> in Sachsen und im<br />

6<br />

<strong>Erzgebirge</strong><br />

Entwicklung der (Hoch-) <strong>Moore</strong> im<br />

6<br />

<strong>Erzgebirge</strong> 8<br />

Der Mensch und die <strong>Moore</strong><br />

Heutige Situation der <strong>Moore</strong> im <strong>Naturpark</strong><br />

9<br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Regeneration, Renaturierung und<br />

Schutz der <strong>Moore</strong> im <strong>Naturpark</strong><br />

11<br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Regeneration und Renaturierung<br />

17<br />

in <strong>Moore</strong>n<br />

Regenerationserscheinungen in<br />

Hochmooren des <strong>Naturpark</strong>s<br />

17<br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Renaturierungsmaßnahmen in <strong>Moore</strong>n des<br />

19<br />

<strong>Naturpark</strong>s "<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland" 20<br />

Schutz der <strong>Moore</strong> 26<br />

<strong>Moore</strong> erleben im <strong>Erzgebirge</strong> und Vogtland 26


Einleitung<br />

Kaum jemand kann sich der Faszination der<br />

<strong>Moore</strong> entziehen.<br />

Schwankender nasser Torfboden mit zahlreichen<br />

Moosen und den weißen Fruchtständen des<br />

Wollgrases, urige Moorkiefern, schwarze<br />

Kreuzottern und alte Sagen von versunkenen<br />

Menschen - geheimnisvolle Landschaften im<br />

<strong>Naturpark</strong> „<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“.<br />

Die <strong>Moore</strong> nehmen mit ihren Torfkörpern in<br />

der Natur eine Sonderstellung ein. In ihrer<br />

Funktion als Wasserspeicher, Stoffsenke und<br />

Lebensraum für spezielle an Feuchtigkeit angepasste<br />

Pflanzen und Tiere stellen die <strong>Moore</strong> einzigartige<br />

Naturerscheinungen dar. Sie besser<br />

kennen zu lernen, dazu soll dieses Heft dienen.<br />

Es wird erläutert welche verschiedenen Moortypen<br />

es gibt, wie die <strong>Moore</strong> entstanden und<br />

wer in ihnen lebt. Natürlich geht es auch darum,<br />

wie der Mensch viele <strong>Moore</strong> zerstörte, welche<br />

„Selbstheilungskräfte“ die <strong>Moore</strong> besitzen<br />

und wie inzwischen mit großem Engagement<br />

versucht wird, die verbliebenen <strong>Moore</strong> im<br />

<strong>Naturpark</strong> „<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“ zu erhalten.<br />

Und außerdem gibt es Tipps, wo man diese<br />

außergewöhnlichen Biotope „hautnah“ erleben<br />

kann.<br />

Grundlagen der Moorkunde<br />

Was sind <strong>Moore</strong>?<br />

Der Begriff „Moor“ wird von verschiedenen<br />

Wissenschaftszweigen unterschiedlich definiert.<br />

So bildet aus der Sicht von Geologie und<br />

Bodenkunde eine mindestens 30 cm mächtige<br />

Torfschicht ein Moor. Dabei versteht man unter<br />

Torf organische, von unten her aufgewachsene<br />

Ablagerungen, die überwiegend aus abgestorbenem,<br />

nicht vollständig zersetztem Pflanzenmaterial<br />

bestehen. Aufgrund des unvollständigen<br />

Abbaus der Pflanzen sind diese zumindest<br />

teilweise noch erkennbar und ermöglichen<br />

damit die Unterscheidung verschiedener Torfarten<br />

sowie Schlussfolgerungen auf die<br />

Entstehung der <strong>Moore</strong>.<br />

In der Moorkunde wird die Bezeichnung<br />

„Moor“ umfassender verwendet, nämlich für alle<br />

Landschaften, die gegenwärtig durch die Bildung<br />

von Torf oder durch oberflächig anstehenden<br />

Torf gekennzeichnet sind. Beide Moordefinitionen<br />

schließen auch entwässerte, „tote“<br />

<strong>Moore</strong> ein, die keinen Torf mehr bilden können<br />

bzw. keine natürliche Moorvegetation mehr<br />

besitzen. Im engeren Sinne wird der Begriff<br />

jedoch nur für die „lebenden“ <strong>Moore</strong> genutzt,<br />

die durch Wasserüberschuss geprägt sind und<br />

in denen zeitweilig oder stellenweise Torf gebildet<br />

wird.<br />

Diese wachsenden <strong>Moore</strong> unterscheiden sich von<br />

allen anderen Ökosystemen der Erde durch ihre<br />

positive Stoffbilanz. Das bedeutet, dass in ihnen<br />

die Zersetzung der organischen Substanz so<br />

stark gehemmt ist, dass sie langsamer als die<br />

Neubildung abläuft. Grundvoraussetzung ist<br />

dafür eine fast ständige Wassersättigung, die zu<br />

einem starken Sauerstoffmangel und damit zu<br />

einer weitestgehenden Konservierung der<br />

Pflanzenreste führt. Statt der vollständigen<br />

Mineralisierung der organischen Stoffe kommt<br />

es zur Humifizierung. Ein weiterer Aspekt für<br />

das Moorwachstum ist die gegenüber Mineralböden<br />

stark verringerte Zahl der Bodentiere,<br />

wodurch die abgestorbenen Pflanzenteile kaum<br />

zerkleinert werden. Eine wichtige Rolle spielen<br />

dabei auch niedrige Temperaturen, da sie die<br />

Geschwindigkeit der Abbauprozesse verringern<br />

und die verdunstungsbedingten Wasserverluste<br />

begrenzen. Große Bedeutung kommt der Vegetation<br />

der <strong>Moore</strong> zu, da sie das Ausgangsmaterial<br />

für den Torfbildungsprozess liefert, aber<br />

auch die Standortbedingungen durch Stoffabgaben<br />

beeinflussen kann. Beispiele für letzteres<br />

sind die Abgabe von Sauerstoff über Pflanzenwurzeln<br />

oder von Wasserstoffionen über die<br />

Torfmoosblättchen.<br />

3


Welche Moortypen gibt es?<br />

Moor ist nicht gleich Moor und so gibt es ganz<br />

verschiedene Typen von <strong>Moore</strong>n. Sie lassen sich<br />

zum Beispiel nach ökologischen, chemischen<br />

und hydrologischen Gesichtspunkten oder<br />

anhand ihrer Entwicklungsgeschichte differenzieren.<br />

Bei den meisten <strong>Moore</strong>n ist jedoch zu<br />

beobachten, dass sie sich aus einem Mosaik der<br />

verschiedenen Typen zusammensetzen. Dieses<br />

Mosaik entwickelt und verändert sich sowohl<br />

räumlich als auch zeitlich.<br />

Ökologische Moortypen<br />

Unter ökologischen Gesichtspunkten ist in<br />

Mittel und Osteuropa eine Dreigliederung der<br />

<strong>Moore</strong> allgemein gebräuchlich, bei der zwischen<br />

Hochmooren (= Armmoore), Niedermooren (=<br />

Reichmoore, auch Flachmoore genannt) und<br />

den eine Übergangsstellung einnehmenden<br />

Zwischenmooren (= Übergangsmoore) unterschieden<br />

wird.<br />

Niedermoore sind an das vorhandene mineralische<br />

Grund- und/oder Oberflächenwasser<br />

gebunden und lassen sich in nährstoffreiche<br />

Niedermoore, in nährstoffarme, kalkreiche<br />

Niedermoore und nährstoffarme, kalkarme<br />

Niedermoore unterscheiden. Als geeignetes<br />

Maß für die Verfügbarkeit von Pflanzennährstoffen<br />

gilt der Stickstoffgehalt bezogen auf den<br />

Kohlenstoffgehalt. Je höher der Stickstoffanteil<br />

gegenüber dem Kohlenstoff ist, desto nährstoffreicher<br />

sind die <strong>Moore</strong>. Dagegen lassen die<br />

Gehalte an Phosphor und Kalium keine eindeutigen<br />

Schlussfolgerungen auf die Nährstoffsituation<br />

in dem jeweiligen Moor zu. Die Unterscheidung<br />

zwischen kalkarmen und kalkreichen<br />

<strong>Moore</strong>n erfolgt am einfachsten über den pH-<br />

Wert, der bei kalkreichen <strong>Moore</strong>n über 6,5<br />

liegt. Wichtige Hinweise zum jeweiligen Moortyp<br />

gibt natürlich auch die Vegetation.<br />

So sind die nährstoffreichen Niedermoore durch<br />

Röhrichte, Großseggenriede oder Erlenbrüche<br />

gekennzeichnet. Entsprechend herrschen die<br />

Torfarten Schilf-, Erlenbruch- und Grobseggentorf<br />

vor. Der Erlenbruchtorf ist zum Beispiel<br />

4<br />

durch die weichen, rotbraunen Holzreste der<br />

Erle in einer braunen bis schwarzen Grundmasse<br />

charakterisiert. Bei den nährstoffarmen<br />

Niedermooren werden die kalkreichen Formen<br />

von Braunmoos-Kopfried- und Schneidenrieden<br />

geprägt, während in den kalkarmen Niedermooren<br />

Kleinseggenriede mit Braun- oder Torfmoosen<br />

vorkommen. Daraus entwickeln sich<br />

beispielsweise Schneidentorfe, Feinseggen-<br />

Braunmoos-Torfe oder Feinseggen-Torfmoos-<br />

Torfe.<br />

Wächst ein Niedermoor durch die Torfakkumulation<br />

langsam über den Grundwasserspiegel,<br />

so kommt entweder das Moorwachstum<br />

zum Stillstand oder es entwickelt sich über ein<br />

Zwischenmoorstadium ein Hochmoor.<br />

Zwischenmoore werden sowohl von<br />

Mineralboden- als auch von Regenwasser beeinflusst.<br />

Dementsprechend zeigt die Vegetation<br />

Übergänge zwischen Nieder- und Hochmoor.<br />

Die Hochmoore werden ausschließlich durch<br />

Niederschlagswasser versorgt und sind damit an<br />

Gebiete gebunden, in denen der Niederschlag<br />

höher als die Verdunstung ist. Entscheidend ist<br />

außerdem das Vorkommen von Torfmoosen, die<br />

ihre Umwelt durch positive Rückkopplung so<br />

verändern können, dass für die Torfbildung notwendige<br />

Standortbedingungen hervorgerufen<br />

werden. Diese Torfmoose sind in der Lage,<br />

große schwammartige Polster zu bilden und<br />

dabei den mooreigenen Wasserspiegel über das<br />

allgemeine Grundwasserniveau zu heben.<br />

Während die Spitzen der Torfmoose unbegrenzt<br />

emporwachsen, sterben die unteren Teile ab und<br />

werden als Torf abgelagert, so dass Torfkörper<br />

entstehen können, die sich mehrere Meter über<br />

ihre Umgebung aufwölben. Die Hochmoore<br />

sind durch besonders nährstoffarme und saure<br />

Verhältnisse gekennzeichnet. Die Vegetation<br />

wird durch Zwergstrauch-Wollgras-Torfmoosrasen<br />

geprägt. Es herrschen Torfmoos-, Reiserund<br />

Wollgrastorfe sowie deren Mischformen<br />

vor. Reisertorfe weisen einen hohen Anteil von<br />

Zwergstrauchresten auf. Der Wollgrastorf ist<br />

durch die faserigen Blattscheiden des<br />

Scheidigen Wollgrases, die in braunen, oft mehr<br />

als 10 cm langen Bündeln mit hoher


Reißfestigkeit auftreten, charakterisiert. Meist<br />

tritt er in Mischung mit Torfmoostorf auf.<br />

Hydrologisch - entwicklungsgeschichtliche<br />

Moortypen<br />

In Mitteleuropa werden acht hydrologische<br />

Moortypen unterschieden, die nach der Wasserherkunft<br />

den Grundwassermooren (Niedermooren)<br />

oder den Regenmooren (Hochmooren)<br />

zugeordnet werden (Tab. 1). Diese Typen treten<br />

oft in spezifischen Kombinationen auf oder lösen<br />

einander im Laufe der <strong>Moore</strong>ntwicklung ab.<br />

Die Übergänge zwischen den einzelnen Moortypen<br />

sind oft fließend.<br />

Grundwassermoore<br />

- Entstehung unter dem Einfluss von mineralstoffreichem<br />

Grund- und Oberflächenwasser (minerogen)<br />

- Grund- und Oberflächenwasser bestimmen den<br />

Moorwasserspiegel<br />

durch stehendes Wasser durch fließendes Wasser<br />

gekennzeichnet (topogen) gekennzeichnet (soligen)<br />

Verlandungsmoor Quellmoor<br />

Versumpfungsmoor Hangmoor<br />

Kesselmoor Durchströmungsmoor<br />

Überflutungsmoor (periodisch überflutet)<br />

In den Grundwassermooren entwickelten sich<br />

die Torfschichten durch die Zuleitung von<br />

mineralstoffreichem Überschusswasser aus den<br />

umliegenden Einzugsgebieten. Dabei ist das<br />

Wassereinzugsgebiet stets größer als die Vermoorung<br />

selbst.<br />

Die Verlandungs-, Versumpfungs- und Kesselmoore<br />

wuchsen unter dem Einfluss von stehendem<br />

Grund- und Oberflächenwasser.<br />

Versumpfungsmoore entwickeln sich in<br />

Senken und Niederungen mit sehr oberflächennah<br />

anstehendem Grundwasser, die periodisch<br />

durch den Zufluss von Oberflächenwasser überstaut<br />

werden. Sie sind in Mitteleuropa am wei-<br />

Schema eines Versumpfungsmoores<br />

testen verbreitet, treten jedoch im Mittelgebirgsraum<br />

nur vereinzelt auf.<br />

Verlandungsmoore entwickelten sich in<br />

Stillgewässern, wo sich einerseits durch die<br />

Ablagerung von organischen und anorganischen<br />

Schwebstoffen so genannte Mudden bilden und<br />

damit das Gewässer langsam von unten her auf-<br />

Regenmoore<br />

- Entstehung durch<br />

mineralstoffarmes<br />

Niederschlagswasser<br />

(ombrogen)<br />

- eigener<br />

grundwasserunabhängiger<br />

Moorwasserspiegel<br />

Regenmoor<br />

Hydrologisch-entwicklungsgeschichtliche Moortypen und ihre Abhängigkeit vom Wasserregime (nach: SCHOPP-GUTH, 1999;<br />

S.30)<br />

Schema eines Verlandungsmoores<br />

füllen und andererseits von den Ufern her torfbildende<br />

Verlandungsvegetation eindringt. Die<br />

Mudden werden aufgrund ihres Anteils an<br />

organischer Substanz im weitesten Sinn zu den<br />

Torfbildungen gezählt. Verlandungsmoore<br />

sind charakteristisch für gewässerreiche<br />

5


Landschaften wie das Voralpenland und die<br />

Jungmoränengebiete des südlichen Ostseeraumes.<br />

Kesselmoore entwickelten sich in der jungeiszeitlichen<br />

Landschaft auf Verlandungsmooren in<br />

meist unter einem Hektar großen Toteislöchern.<br />

Überflutungsmoore sind durch einen kaum<br />

schwankenden, ständig hohen Grundwasserspiegel<br />

und lang anhaltende Überflutungen mit<br />

Fremdwasser charakterisiert. Während Küsten-<br />

Schema eines Auenüber-Flutungsmoores<br />

Überflutungsmoore, wie sie an den Südküsten<br />

von Nord- und Ostsee vorkommen, durch die<br />

Überflutung mit Meerwasser gekennzeichnet<br />

sind, werden Auen-Überflutungsmoore durch<br />

Bäche und Flüsse überschwemmt. Sie treten vor<br />

allem an gefällearmen Fließgewässerabschnitten<br />

auf.<br />

Langsam fließendes Wasser kennzeichnet die<br />

Quell-, Hang- und Durchströmungsmoore. Die<br />

Quellmoore sind an dauerhafte, gleichmäßige<br />

und ergiebige Quellschüttungen gebunden und<br />

treten in der Regel nur kleinflächig über den<br />

Wasseraustrittsstellen auf. Neben den kalkreichen<br />

Ausbildungen in Kalkstein- und Lößgebieten<br />

kommen sie relativ häufig als saure<br />

Ausbildungen in kristallinen Mittelgebirgen<br />

wie dem <strong>Erzgebirge</strong> vor.<br />

Die Durchströmungsmoore wachsen als<br />

sekundäre Moorbildungen auf schon bestehenden<br />

<strong>Moore</strong>n auf, wenn zum Beispiel durch<br />

Klimaänderungen oder durch die Entwaldung<br />

des Wassereinzugsgebietes mehr Wasser als vorher<br />

anfällt. Weil die Torfe bei Wasserüberschuss<br />

aufschwimmen, sind Überflutungen ausgeschlossen.<br />

Durchströmungsmoore treten z.B.<br />

in den Flusstälern Nordostdeutschlands aber vor<br />

allem im Alpenvorland auf.<br />

Die Hangmoore bilden sich flächenhaft an<br />

flach geneigten Hängen aufgrund ständiger<br />

6<br />

Wasserzufuhr und stark stauenden Bodenschichten<br />

direkt auf dem mineralischen Untergrund.<br />

Durch den Stau des von oben zufließenden<br />

Wassers beim Eindringen in den<br />

Torfkörper wachsen sie den Hang aufwärts.<br />

Hangmoore kommen vor allem in den Mittelgebirgen<br />

und den Alpen auf silikatischen Verwitterungsböden<br />

vor.<br />

Die Regenmoore entwickeln sich grundwasserunabhängig<br />

unter dem Einfluss der mineralstoffarmen<br />

Niederschläge und entsprechen dem<br />

ökologischen Moortyp Hochmoor. Oft wachsen<br />

sie als sekundäre Moorbildungen in nährstoffarmen<br />

Bereichen anderer Moortypen auf. Regenmoore<br />

weisen im zentralen Teil ein nasses, in<br />

der Regel gehölzarmes oder freies Plateau auf.<br />

Nach außen schließt sich das stärker geneigte<br />

und daher relativ trockene und zumeist bewaldete<br />

Randgehänge an. Wo sich am Rand das<br />

Moorwasser mit dem Mineralbodenwasser der<br />

Umgebung mischt, bildet sich ein so genanntes<br />

Lagg aus, welches je nach Nässe baumfrei oder<br />

gehölzbestanden ist. Das ebene bis schwach geneigte<br />

Plateau ist oft durch den Wechsel von<br />

trockeneren Erhebungen, die Bulte genannt<br />

werden, und nassen Vertiefungen, die als<br />

Schlenken bezeichnet werden, geprägt. Außerdem<br />

können Rüllen als Wasserabflussbahnen<br />

auf der Mooroberfläche auftreten.<br />

<strong>Moore</strong> im <strong>Naturpark</strong><br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Überblick über die <strong>Moore</strong> in<br />

Sachsen und im <strong>Erzgebirge</strong><br />

Heute kaum vorstellbar waren noch im 12./13.<br />

Jahrhundert ca. 20 % der Fläche von Sachsen<br />

vermoort. Inzwischen liegt der Flächenanteil<br />

der <strong>Moore</strong> in Sachsen unter 0,5 %. Damit<br />

gehört Sachsen zu den moorärmsten<br />

Bundesländern.<br />

Die Verbreitungsschwerpunkte der verbliebenen<br />

<strong>Moore</strong> liegen im <strong>Erzgebirge</strong>, im Lausitzer<br />

Tiefland und in der Dübener- und Dahlener<br />

Heide. Im Gegensatz zu den Grundwasser-


Karte der Moorgebiete des mittleren und westlichen <strong>Erzgebirge</strong>s nach geologischer Spezialkarte 1 : 25000 (Deutschland) bzw.<br />

VYMOP Praha (Tschechien)<br />

mooren, die ursprünglich insbesondere in<br />

Talauen und Quellmulden weit verbreitet<br />

waren, beschränkt sich das Vorkommen von<br />

Regenmooren fast ausschließlich auf das<br />

<strong>Erzgebirge</strong>.<br />

Im <strong>Erzgebirge</strong> konzentrieren sich die Moorvorkommen<br />

vor allem auf die westlichen und mittleren<br />

Gebirgsteile. MÄNNEL (1896) schätzte<br />

die Fläche der zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />

im <strong>Erzgebirge</strong> vorhandenen Moor- und Torfstandorte<br />

etwa auf insgesamt 60 km². Besondere<br />

Schwerpunkte auf der sächsischen Seite des<br />

Gebirges befinden sich am Oberlauf der Zwickauer<br />

Mulde, um Carlsfeld, südwestlich von<br />

Johanngeorgenstadt und von Schneeberg, zwischen<br />

Scheibenberg und dem Geyerschen Wald<br />

sowie südlich von Marienberg bei Satzung -<br />

Reitzenhain - Kühnhaide - Rübenau. Nicht<br />

wenige besonders großflächige und guterhaltene<br />

<strong>Moore</strong> liegen in dem zur Tschechischen<br />

Republik gehörenden Bereich des <strong>Erzgebirge</strong>s<br />

bei Hora Sv. Šebestiána, Bozí Dar - Abertamy<br />

sowie Prebuz.<br />

Mit Ausnahme der kalkreichen Niedermoore<br />

kommen im <strong>Erzgebirge</strong> alle oben genannten<br />

ökologischen Moortypen vor. Die nährstoffreichen<br />

Niedermoore spielen jedoch nur eine<br />

untergeordnete Rolle. Eine Ursache für die<br />

zumeist nährstoffarmen, sauren Verhältnisse in<br />

den <strong>Moore</strong>n ist in dem geologischen Untergrund<br />

aus sauren kristallinen Erstarrungs- und<br />

Schiefergesteinen zu suchen. Das Vorkommen<br />

von Hochmooren konzentriert sich im <strong>Erzgebirge</strong><br />

auf die hohen Berg- bzw. Kammlagen.<br />

Das <strong>Erzgebirge</strong> gehört zu den Landschaften, in<br />

denen in Bezug auf die hydrologischen Moortypen<br />

vor allem Gebirgsregenmoore und<br />

Hangmoore auftreten. Ebenfalls relativ häufig<br />

aber meist nur kleinflächig ist das Vorkommen<br />

von Quellmooren. Außerdem spielen Versumpfungsmoore<br />

eine nicht unerhebliche Rolle.<br />

Vereinzelt existieren auch Verlandungs- und<br />

Überflutungsmoore. Bei den Mittelgebirgs-<br />

Regenmooren kann man hinsichtlich ihrer<br />

äußeren Gestalt zwischen Plateau- und<br />

Gehänge-Regenmooren unterscheiden.<br />

7


Gehänge-Regenmoore<br />

Bereits der Name deutet auf den Beginn der<br />

Moorbildung als Hangmoor hin. In den Hangmooren<br />

kommt es infolge des Nährstoffentzuges<br />

durch die Vegetation zu einer hangabwärts<br />

zunehmenden Nährstoffverarmung. Dies ermöglicht<br />

auch den an stark saure und sehr nährstoffarme<br />

Verhältnisse angepassten Hochmoorpflanzen<br />

sich zu etablieren. Mit zunehmendem<br />

Torfwachstum nimmt der Einfluss des Niederschlagswassers<br />

mehr und mehr zu. Es bleibt<br />

jedoch ein mineralisches Einzugsgebiet bestehen,<br />

dessen Wasserspeisung oft am oberen Rand<br />

der <strong>Moore</strong> zur Ausbildung eines Oberkantenlaggs<br />

führt. Es kann sich hangabwärts am<br />

Moorrand als wasserzügiges Seitenkantenlagg<br />

fortsetzen.<br />

Infolge ihrer Hanglage sind die Gehänge-<br />

Regenmoore durch eine exzentrische Form<br />

kennzeichnet und weisen ein auffällig stark<br />

abfallendes unteres Randgehänge auf. Die Torfe<br />

können in den nur von Regenwasser gespeisten<br />

Moorbereichen beachtliche Mächtigkeiten von<br />

mehr als 10 m erreichen. Neben den oberflächlichen<br />

Rüllen treten manchmal auch unterirdische<br />

Wasserabzugsbahnen auf, die zu einer<br />

inneren Erosion führen. Dadurch können<br />

Senkungen der Mooroberfläche und Einsturztrichter<br />

entstehen. Man bezeichnet dieses<br />

Phänomen als Moorkarst.<br />

Profilschnitt durch die Lehmheide<br />

Gehängeregenmoor (nach Rascher, 2000)<br />

Die Gehänge-Regenmoore stellen den weitaus<br />

größten Teil der Regenmoore des <strong>Erzgebirge</strong>s.<br />

8<br />

Das besterhaltene Moor dieser Art im <strong>Naturpark</strong><br />

ist das Moor Kleiner Kranichsee.<br />

Durch das hangaufwärts gerichtete Moorwachstum<br />

kann es zum Übergreifen der Gehänge-Regenmoore<br />

über Plateaus, Bergrücken<br />

und Sattel kommen, so dass sich Wasserscheidenmoore<br />

bilden. Ein Beispiel dafür ist die<br />

Mothhäuser Heide.<br />

Plateau-Regenmoore<br />

Plateau-Regenmoore werden ausschließlich von<br />

Niederschlag genährt. Sie besitzen bei optimaler<br />

Ausbildung eine allseitige Wölbung, so dass<br />

überschüssiges Wasser aus dem Moorzentrum in<br />

Profilschnitt durch das Friedrichsheider Hochmoor -<br />

Sattelregenmoor (nach Succow, 1988)<br />

alle Richtungen abfließen kann. Sie entwickeln<br />

sich entweder nach der Versumpfung einer flachen<br />

Mulde oder durch das Zusammenwachsen<br />

zweier Gehänge-Regenmoore über einen Bergsattel.<br />

Plateau-Regenmoore kommen im <strong>Erzgebirge</strong><br />

meist nur kleinflächig vor und weisen selten<br />

eine Torfmächtigkeit von mehr als 4 m auf. Als<br />

gutes Beispiel gilt im <strong>Erzgebirge</strong> das Friedrichshaider<br />

Hochmoor bei Aue.<br />

Entwicklung der (Hoch-)<br />

<strong>Moore</strong> im <strong>Erzgebirge</strong><br />

Die Entwicklung der <strong>Moore</strong> lässt sich gut<br />

anhand der verschiedenen übereinander gelagerten<br />

Torfschichten nachvollziehen. Die darin<br />

enthaltenen Pflanzenreste geben Aufschluss<br />

über die damals vorhandene Vegetation. Die<br />

erzgebirgischen Hochmoore gingen teilweise<br />

erst in historischer Zeit aus Waldversumpfungen<br />

hervor. Großflächige Entwaldungen<br />

durch Waldbrände oder die mittelalterlichen<br />

Rodungen führten zu Vernässungserscheinugen


und förderten damit die Vermoorung der<br />

Gebiete.<br />

Jedoch setzte bei einem Teil der <strong>Moore</strong> des<br />

<strong>Erzgebirge</strong>s das Moorwachstum bereits mit der<br />

Klimaerwärmung nach der letzten Eiszeit ein.<br />

Wesentliche Grundlagen für die Entstehung der<br />

Hang- und Versumpfungsmoore waren Quellund<br />

Hangwasseraustritte sowie wasserstauende,<br />

obere Bodenschichten. Frühestens vor etwa<br />

9000 Jahren entwickelten sich in flach geneigten<br />

Mulden, an Hängen und Sätteln erste<br />

nährstoff- und kalkarme Niedermoore, die zur<br />

Ablagerung von Riedtorfen (vor allem Braunmoos-Seggentorf)<br />

führten. Als die Niedermoore<br />

über den natürlichen Grundwasserstand gewachsen<br />

waren, stellte sich oft eine Bewaldung<br />

ein und es konnten so genannte Stubbenhorizonte<br />

mit holzreichem Birken-Bruchtorf entstehen.<br />

Unter nährstoffreicheren Bedingungen<br />

kamen auch Erlenbruchwälder und Schilfröhrichte<br />

vor. Ab etwa 5500 v. u. Z., besonders aber<br />

im niederschlagsreichen Atlantikum konnten<br />

sich Torfmoose ansiedeln, die im Laufe der Zeit<br />

geschlossene Moosdecken bildeten und langsam<br />

über den Grundwasserspiegel herauswuchsen.<br />

Auf diese Weise erfolgte der Übergang zu den<br />

Hochmooren. Während der Torfzuwachs in dieser<br />

Zeit noch relativ gering war, trat ab dem<br />

Subatlantikum (ab 1000 v. u. Z.) mit seinem<br />

kühleren, feuchten Klima ein verstärktes<br />

Moorwachstum ein. Es bildeten sich Gebirgsregenmoore<br />

mit mächtigen Torfmoos- und<br />

Torfmoos-Wollgras-Torfen.<br />

Zeitweilig trockeneres Klima führte zur<br />

Verheidung und Gehölzausbreitung auf den<br />

<strong>Moore</strong>n, in deren Folge wieder Stubbenhorizonte<br />

(besonders aus Moorkiefern) entstanden.<br />

Außerdem fand durch die Trockenheit eine tiefgründige<br />

Zersetzung der älteren Hochmoortorfe<br />

statt. Infolge dessen färbten sich die Torfe dunkel<br />

(Schwarztorf) und unterscheiden sich deutlich<br />

von den über dem Stubbenhorizont abgelagerten<br />

jüngeren, hellen Hochmoortorfen<br />

(Weißtorf). Der Weißtorf entstand, nachdem<br />

erneute kühle und feuchte Klimabedingungen<br />

zu einem verstärkten Moorwachstum führten.<br />

Die Torfmoosdecken und die Wollgräser konn-<br />

ten sich in die umliegenden Wälder ausdehnen<br />

und dort zum Absterben der Bäume führen.<br />

Beendet wurde diese Phase des intensiven<br />

Moorwachstums etwa um 1800 u. Z., wenn sie<br />

nicht bereits vorher durch Entwässerungsmaßnahmen<br />

und/oder Torfabbau unterbrochen<br />

wurde. In der nachfolgenden Zeit bis heute fand<br />

ein aktives Moorwachstum nur noch vereinzelt<br />

statt.<br />

Der Mensch und die <strong>Moore</strong><br />

<strong>Moore</strong> stellten in der Vergangenheit und für<br />

manchen auch heute noch etwas Mystisches,<br />

Unheimliches dar. In vielen Sagen und<br />

Geschichten spielen <strong>Moore</strong> eine Rolle. Das<br />

Tanzen der Irrlichter, die seltsamen Geräusche,<br />

das Verschwinden von Mensch und Tier im<br />

Moor; all dies führte zunächst zu einer ablehnenden<br />

Haltung der Menschen gegenüber den<br />

<strong>Moore</strong>n. In einigen Kulturen stellten die <strong>Moore</strong><br />

heilige Orte oder Kultstätten dar. In Norddeutschland<br />

und auch in Skandinavien „nutzte“<br />

man <strong>Moore</strong>, um Verbrecher und Sündige zu<br />

steinigen. So wurden in verschiedenen <strong>Moore</strong>n<br />

Leichen gefunden, die den Tod nicht erst im<br />

Moor fanden. Mit der zunehmenden wirtschaftlichen<br />

Nutzbarmachung der <strong>Moore</strong> verschwanden<br />

die heute schauerlich anmutenden Bräuche.<br />

Während in anderen Regionen die Nutzung<br />

bereits vor unserer Zeitrechnung begann, war<br />

das <strong>Erzgebirge</strong> bis zum 12. Jahrhundert ein<br />

großes, im Naturzustand befindliches Waldgebiet,<br />

worauf auch der ursprüngliche Name<br />

„Miriquidi“ (= Dunkelwald) hinweist. Der<br />

menschliche Einfluss auf die <strong>Moore</strong> des <strong>Erzgebirge</strong>s<br />

war von Beginn an eng mit der<br />

Bergbau- und Siedlungsgeschichte verbunden.<br />

Dabei wurden jedoch anfangs die <strong>Moore</strong> nicht<br />

nur beeinträchtigt oder zerstört. Durch Holzeinschlag<br />

und Rodungen fehlte die Verdunstungswirkung<br />

der Bäume, so dass es zu Bodenvernässungen<br />

kam und damit unfreiwillig die<br />

Moorbildung gefördert wurde. Andererseits erlitten<br />

einige <strong>Moore</strong> schon während der 1.<br />

Bergbauperiode (12.-14. Jh.) Beeinträchtigungen<br />

im Zuge der Zinngewinnung aus<br />

9


Fließgewässerablagerungen. Solche so genannten<br />

Seifen gab es zum Beispiel im Umfeld des<br />

Friedrichshaider Hochmoores und später in den<br />

Hochmooren bei Bozí Dar (Gottesgab).<br />

Mindestens seit der 2. Bergbauperiode (ab dem<br />

16. Jh.) wurden auch in <strong>Moore</strong>n Gräben angelegt.<br />

In einigen Fällen waren sie Bestandteil<br />

ausgeklügelter Floßgrabensysteme, mit deren<br />

Hilfe Holz aus entlegenen Gebieten vor allem<br />

zu den Erzhütten transportiert wurde. Teilweise<br />

dienten sie auch der Gewinnung von Aufschlagwasser<br />

für die bergmännischen „Wasserkünste“<br />

wie z.B. beim Georgenfelder Hochmoor.<br />

Bereits frühzeitig wurden auch<br />

Handelswege über den Erzgebirgskamm nach<br />

Böhmen durch die Moorgebiete hindurch gelegt.<br />

Die Auswirkungen der Wege auf die<br />

<strong>Moore</strong> dürften jedoch nur sehr gering gewesen<br />

sein. Die stärksten Beeinträchtigungen der<br />

<strong>Moore</strong> resultierten aus dem Torfabbbau sowie<br />

der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung.<br />

Torfabbau<br />

Wahrscheinlich wurde schon ab dem 12. Jh.,<br />

mit den ersten Besiedlungen des <strong>Erzgebirge</strong>s,<br />

Torf abgebaut. Allgemein wurde der Schwarztorf<br />

als Feuerungsmaterial und der Weißtorf als<br />

Torfstreu (Einstreu für die Ställe) genutzt. Da es<br />

jedoch ausreichend Holz gab, erlosch die<br />

Nutzung des Torfes als Brennmaterial zunächst<br />

wieder. Im 16. Jahrhundert lebte die Torfgewinnung<br />

wieder auf. Das intensive Bergbaugeschehen<br />

im <strong>Erzgebirge</strong> erforderte große Mengen<br />

an Holz nicht nur im Berg selbst, sondern<br />

vor allem bei der Verhüttung und in den<br />

Hammerwerken. Zu dieser Zeit nutzte man den<br />

Torf vor allem für Brennzwecke. Für die<br />

Torfgewinnung wurden zu dieser Zeit die ersten<br />

Entwässerungsgräben angelegt.<br />

Die Blütezeit des Torfstechens war in der Mitte<br />

des 19. Jh. Es war eine mühsame und körperlich<br />

sehr schwere Arbeit. Es wurde zwischen Streichund<br />

Stichtorfgewinnung unterschieden. Für den<br />

Streichtorf wurde der Torf abgehackt, in eine<br />

wassergefüllte Grube geworfen, dort meist mit<br />

den Füßen getreten/geknetet und dann in<br />

10<br />

Formen auf einem Trockenfeld unter mehrmaligem<br />

Wenden getrocknet. Die Torfsoden für den<br />

Stichtorf stach man direkt mit einem<br />

Torfmesser und setzte sie in Horden zum<br />

Trocknen.<br />

Arbeiter beim Torfstechen<br />

Der als Brennstoff gewonnene Torf wurde<br />

hauptsächlich zur Hausfeuerung aber auch in<br />

der zunehmenden Industrie eingesetzt. Zum<br />

Beispiel verwendete man Torf aus der<br />

Moosheide bei Marienberg zum Brennen von<br />

Kalk im Kalkwerk Lengefeld.<br />

Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes und den<br />

damit verbundenen Transportmöglichkeiten für<br />

Kohlebriketts wurde die Brenntorfgewinnung<br />

aus wirtschaftlichen Gründen gegen Ende des<br />

19. Jh. weitestgehend eingestellt. Zu einem<br />

erneuten Aufleben der Brenntorfgewinnung<br />

kam es in den wirtschaftlichen Krisenzeiten<br />

während und nach den Weltkriegen.<br />

Im 20. Jahrhundert setzte außerdem in einzelnen<br />

<strong>Moore</strong>n der industrielle Abbau von Torf für<br />

gärtnerische Zwecke ein. Am bekanntesten ist<br />

hierfür die Torfgewinnung im ehemaligen Torfwerk<br />

Reitzenhain. Teilweise wurde auch durch<br />

die Forstwirtschaftsbetriebe Torf für ihre Baumschulen<br />

gestochen. Torf wurde und wird aber<br />

auch in der Bäderkunde zu Heilzwecken verwendet.<br />

Hierbei werden besondere Ansprüche<br />

an den Torf gestellt. Für die vogtländischen<br />

Kurorte Bad Elster und Bad Brambach wurde<br />

der Torf nach Erliegen der örtlichen Lager im<br />

Jahnsgrüner Hochmoor abgebaut. Mit dem<br />

Ende der DDR kam der Torfabbau völlig zum


Erliegen. Zum einen führten wirtschaftliche<br />

Gründe zur Einstellung des Abbaus, zum anderen<br />

gewann der schon in den achtziger Jahren<br />

begonnene Moorschutz immer mehr an<br />

Bedeutung.<br />

Landwirtschaftliche und<br />

forstliche Nutzung<br />

Die landwirtschaftliche Nutzung vor allem der<br />

Nieder- und Talauenmoore im <strong>Erzgebirge</strong> begann<br />

bereits im 13. Jahrhundert. Mit einer einschürigen<br />

Mahd wurde von den Seggenriedern<br />

Streu gewonnen. Später wurden auch Hochmoor-Randbereiche<br />

und Abtorfungsflächen für<br />

eine bescheidene bäuerliche Grünlandnutzung<br />

erschlossen. Daran erinnern heute noch mancherorts<br />

die stark gefährdeten Borstgras-<br />

Scheidenwollgras-Torfwiesen. Im 20. Jahrhundert<br />

wurde die Nutzung der Niedermoorstandorte<br />

durch die mineralische Düngung und<br />

eine effektivere Entwässerung deutlich intensiviert.<br />

Auf einem Teil dieser Standorte wurde in<br />

den letzten Jahren die Nutzung wieder aufgegeben,<br />

so dass jetzt Hochstaudenfluren feuchter<br />

Standorte mit einem erheblichen Anteil an<br />

Brennnessel die brach gefallenen Flächen dominieren.<br />

Die nachweisliche forstliche Nutzung<br />

der <strong>Moore</strong> im <strong>Erzgebirge</strong> geht bis zum Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts zurück. Mit der Einführung<br />

der nachhaltigen Forstwirtschaft auf<br />

der Grundlage der Lehren von Heinrich von<br />

Cotta begann man aufgrund der bestehenden<br />

Holzknappheit auch mit der Erschließung der<br />

Hochmoore. Nach dem Anlegen der Entwässerungsgräben<br />

wurden die Moorstandorte meist<br />

mit Fichten bepflanzt.<br />

Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam<br />

man anhand der bisherigen Erfahrungen zu der<br />

Erkenntnis, dass die Entwässerung und Aufforstung<br />

von Moorflächen nur bei Torfmächtigkeiten<br />

bis zu etwa einem Meter sinnvoll ist.<br />

Trotzdem wurde die Bewirtschaftung auch auf<br />

den mächtigeren Standorten weitergeführt.<br />

Weil die Gräben immer wieder mit Torfmoosen<br />

zuwuchsen, mussten sie stets nachgebessert werden.<br />

Da viele der Gräben mit technischem<br />

Gerät nicht erreichbar waren, griff man im 20.<br />

Jahrhundert zum Mittel der Sprengung. In der<br />

Hühnerheide bei Rübenau wurden 1988 noch<br />

reichlich 3 km Gräben gesprengt. Erst mit den<br />

Richtlinien zum ökologischen Waldumbau und<br />

den veränderten ökonomischen Parametern nach<br />

1990 entfiel die weitere Räumung der Gräben<br />

in den <strong>Moore</strong>n und anderen Nassstandorten der<br />

Wälder. Lediglich in der Mothhäuser Heide gab<br />

man die Grabenräumung bereits Ende des 19.<br />

Jahrhunderts wieder auf.<br />

In den Zeiten der intensiven Rauchgasbelastungen<br />

starben die Fichtenwälder auf den<br />

<strong>Moore</strong>n zuerst ab. Die Wiederaufforstung erfolgte<br />

größtenteils mit fremden rauchtoleranten<br />

Arten wie Blaufichte und Murraykiefer. Diese<br />

Baumarten verändern die entwässerten <strong>Moore</strong><br />

und die Bodenvegetation durch ihre Nadelstreu<br />

und die starke Beschattung zusätzlich.<br />

Heutige Situation der <strong>Moore</strong><br />

im <strong>Naturpark</strong><br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Bis vor wenigen Jahren existierte noch keine<br />

Gesamtübersicht über den aktuellen Zustand<br />

der erzgebirgischen <strong>Moore</strong>. Aus den zwanziger<br />

und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts lagen<br />

Beschreibungen ausgewählter Torfkörper vor.<br />

Außerdem wurden nach dem zweiten Weltkrieg<br />

zahlreiche Torflagerstätten auf ihre Abbauwürdigkeit<br />

hin überprüft. Dabei wurden im heutigen<br />

Regierungsbezirk Chemnitz etwa 12 km²<br />

Torflager erfasst, wovon auf 7,4 km² die Torfe<br />

mächtiger als 1 m waren. In den siebziger<br />

Jahren wurden einige als Naturschutzgebiete<br />

ausgewiesene <strong>Moore</strong> hinsichtlich ihres Zustandes,<br />

ihrer Vegetation und einzelner Tierartengruppen<br />

näher untersucht.<br />

Im Auftrag des Landesamtes für Umwelt und<br />

Geologie erarbeiteten Mitarbeiter des <strong>Naturpark</strong>es<br />

„<strong>Erzgebirge</strong> / Vogtland“ 1999 bis 2000<br />

eine Vorstudie zum geplanten Schwerpunktprojekt<br />

zum Schutz der erzgebirgischen <strong>Moore</strong>.<br />

Diese Studie beinhaltete auch eine aktuelle<br />

Inventarisierung der Moor- und Torfstandorte<br />

11


im <strong>Naturpark</strong> sowie einiger nördlich vorgelagerter<br />

Gebiete. Aus den zwischen 1886 und<br />

1935 herausgegebenen alten Geologischen<br />

Spezialkarten wurden alle Torfstandorte ab<br />

0,5 ha herausgesucht und nahe beieinanderliegende<br />

Moorkörper unter Berücksichtigung ihrer<br />

hydrologischen Beziehungen zu einem Objekt<br />

zusammengefasst. Auf diese Weise konnten 166<br />

Moorobjekte mit einer Gesamtfläche von ca.<br />

60 km² ermittelt werden, die zumindest vor<br />

etwa 100 Jahren noch im sächsischen Teil des<br />

<strong>Erzgebirge</strong>s existierten. Anhand weiterer vorliegender<br />

Daten wie der selektiven Biotopkartierung<br />

und der forstlichen Standortkartierung<br />

wurden jene Bereiche ausgegrenzt, in denen bis<br />

heute mit großer Wahrscheinlichkeit noch<br />

<strong>Moore</strong> bzw. Torflager existieren. Die nachfolgende<br />

Begehung der Flächen beinhaltete neben<br />

der Beurteilung des Moortyps sowie des<br />

Entwässerungs- und Beeinträchtigungsgrades<br />

auch eine stichprobenhafte Erfassung der<br />

Torfmächtigkeiten. Dabei wurden außerdem die<br />

charakteristischen und dominierenden Pflanzenarten<br />

notiert und wenn vorhanden das Grabennetz<br />

beurteilt.<br />

Die Untersuchung ergab für das sächsische <strong>Erzgebirge</strong>,<br />

dass heute noch 14 km² von <strong>Moore</strong>n,<br />

Moorwäldern, Moorwiesen oder offenen Regenerationsstadien<br />

eingenommen werden. Dies<br />

entspricht etwa einem Viertel der auf den historischen<br />

geologischen Karten angegebenen<br />

Torfstandorte. Auf lediglich 8 km² befinden<br />

sich noch Torflager mit einer Mächtigkeit von<br />

über 0,8 m.<br />

Die Bewertung des aktuellen Zustandes der<br />

erfassten Moor- und Torfstandorte erfolgte<br />

anhand ihrer maximalen Torfmächtigkeit, der<br />

Intensität von Torfabbau und Entwässerung,<br />

der Ausdehnung noch vorhandener Moor- oder<br />

Regenerationsflächen sowie der für Hoch- und<br />

Zwischenmoore typischen Vegetation. Die 166<br />

Objekte wurden wie folgt eingeordnet:<br />

Die wenigen, als naturnah bis gering gestört<br />

eingeschätzten <strong>Moore</strong> gehören alle zu Naturschutzgebieten.<br />

Es handelt sich dabei um die<br />

Mothhäuser Heide, den Kleinen und Großen<br />

Kranichsee, die Kriegwiese, das Hochmoor<br />

12<br />

Weiters Glashütte und das Friedrichshaider<br />

Hochmoor.<br />

Anteile der Zustandsklassen der <strong>Moore</strong> im <strong>Naturpark</strong><br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Etwa jedes fünfte Moor wurde als mäßig gestört<br />

eingeschätzt bzw. weist eine fortgeschrittene<br />

Regeneration auf. Dazu zählen weitere Schutzgebiete<br />

wie z.B. das Grünhaider Hochmoor, das<br />

Jägersgrüner Hochmoor und das Moor am<br />

Pfahlberg, aber auch nicht als Schutzgebiete<br />

ausgewiesene <strong>Moore</strong>, die sich im Raum Kühnhaide<br />

- Reitzenhain konzentrieren.<br />

Zur Klasse der stark gestörten <strong>Moore</strong> gehören<br />

knapp ein Drittel der untersuchten Objekte. Es<br />

handelt sich dabei neben kleinflächig erhaltenen,<br />

teilweise als Flächennaturdenkmal ausgewiesenen<br />

Hochmoorresten (z.B. Moosheide bei<br />

Marienberg und Siebensäure bei Neudorf) insbesondere<br />

um stark degradierte und zunehmend<br />

vergraste <strong>Moore</strong> und Moorwälder (z. B. Achterheide<br />

und Schwarze Heide bei Rübenau).<br />

Hinsichtlich der vorher genannten Verbreitungsschwerpunkte<br />

der <strong>Moore</strong> im sächsischen<br />

<strong>Erzgebirge</strong> ergibt sich folgendes aktuelles<br />

Bild: In den kammnahen Gebieten um<br />

Carlsfeld, südwestlich von Johanngeorgenstadt<br />

und südlich von Marienberg sind die relativ<br />

kompakten, mächtigen Hochmoore trotz Entwässerung<br />

und teilweisen Abbaus in ihrer morphologischen<br />

Struktur noch einigermaßen<br />

erhalten. Sie weisen jedoch eine zunehmende<br />

Verheidung auf. Im Bereich von Satzung -<br />

Reitzenhain - Kühnhaide - Rübenau wurden sie<br />

nach dem immissionsbedingten Absterben der<br />

Fichten häufig mit Birken (Schneesaat) oder<br />

fremdländischen Nadelbaumarten (Murraykiefern,<br />

Blaufichten) aufgeforstet.


Die südwestlich von Schneeberg gelegenen<br />

<strong>Moore</strong> sind heute weitgehend abgetorft. Auf<br />

einigen dieser Flächen setzte jedoch eine bemerkenswerte<br />

Regeneration ein (z.B. Moosheide am<br />

Seidelsberg, Jahnsgrüner Hochmoor).<br />

Die flächenmäßig größten Verluste an Torfstandorten<br />

sind in den Verbreitungsgebieten im<br />

Oberlauf der Zwickauer Mulde sowie zwischen<br />

Scheibenberg und Geyerschem Wald zu verzeichnen.<br />

Gerade in diesen Bereichen besteht<br />

wegen der nach wie vor für die Moorbildung<br />

geeigneten morphologisch-hydrologischen Bedingungen<br />

ein sehr hohes Entwicklungspotential<br />

für Moor(neu)bildungen. Dies findet seinen<br />

Ausdruck in den hier vergleichsweise häufigen<br />

Neuversumpfungen und Zwischenmoorbildungen<br />

auf flachen organischen oder mineralischen<br />

Nassstandorten. Zwischen Scheibenberg und<br />

Geyerschem Wald prägen nach fast vollständiger<br />

Abtorfung kleinflächige Strukturen mit<br />

mehr oder weniger feuchten Wiesen, offenen<br />

Zwischenmooren, Birkenmoorwäldern, Feuchtgebüschen,<br />

bruchwaldartigen Birken-Erlen-<br />

Gehölzen u.a. die ehemaligen Moorbereiche. Im<br />

Einzugsgebiet der oberen Zwickauer Mulde, wo<br />

sich noch am Ende des vergangenen Jahrhunderts<br />

die größten zusammenhängenden Moorgebiete<br />

des <strong>Erzgebirge</strong>s befanden, sind die noch<br />

kleinflächig erhaltenen Torflager in vielen<br />

Fällen als Moorwälder ausgebildet oder zeigen<br />

entsprechende Entwicklungstendenzen (z.B.<br />

Moorgebiete Woderich und Am alten Floßgraben).<br />

Vegetation<br />

Die Vegetation auf den <strong>Moore</strong>n gibt wichtige<br />

Hinweise auf den Zustand und Störungsgrad<br />

des Standortes. Schon bei einer geringen Absenkung<br />

des mooreigenen Wasserspiegels verlangsamt<br />

sich der Zuwachs der Torfmoose so<br />

sehr, dass das Wachstum von Hochmooren<br />

schnell zum Erliegen kommt. Es setzt eine Verheidung<br />

der Mooroberfläche ein, da die Zwergsträucher<br />

durch eine Entwässerung begünstigt<br />

werden. Zwar kann es auch unter natürlichen<br />

Bedingungen in trockenen Zeiträumen zu<br />

einem Stillstand der Torfbildung kommen,<br />

doch setzt in einer folgenden niederschlagsreichen<br />

Zeit eine Erholung der Torfmoose und ein<br />

erneutes Moorwachstum ein. Dem gegenüber<br />

führt die langfristige Wirkung der Entwässerungsmaßnahmen<br />

zum Überschreiten der Grenzen<br />

der Selbstregulation wachsender Hochmoore<br />

und damit zum Absterben der<br />

Torfmoose. So fehlen heute in den allermeisten<br />

Hochmooren des sächsischen <strong>Erzgebirge</strong>s die<br />

für die Kernbereiche typischen torfmoosdominierten<br />

Bult-Schlenken-Komplexe.<br />

Die Entwässerung hat über die Torfmoose hinaus<br />

auch gravierende Auswirkungen auf die<br />

übrigen, an die nassen, nährstoffarmen und sauren<br />

Lebensbedingungen der Hochmoore angepassten<br />

Pflanzenarten. Viele dieser spezialisierten<br />

Arten sind bereits stark gefährdet oder vom<br />

Aussterben bedroht. Zu den typischen, aber<br />

inzwischen sehr seltenen Moorpflanzen gehören<br />

z.B. die Rosmarinheide, die Krähenbeere, der<br />

Rundblättriger Sonnentau<br />

13


Sumpfporst, die Zwergbirke, die Schlammsegge<br />

und die verschiedenen „fleischfressenden“<br />

Sonnentau-Arten. Letztere decken ihren Nährstoffbedarf<br />

unter anderem durch den Fang von<br />

Insekten, die an den Klebfäden der Blätter hängen<br />

bleiben.<br />

Häufiger, aber bereits auch gefährdet sind das<br />

Scheidige und das Schmalblättrige Wollgras<br />

sowie die Rauschbeere und die Moosbeere.<br />

Diese Arten sind zum Teil auch noch in den<br />

gestörten <strong>Moore</strong>n zu finden. Die Wollgräser<br />

gelten neben den Torfmoosen als weitere wichtige<br />

Torfbildner. Während die Blüten der<br />

Wollgräser im Frühjahr eher unscheinbar sind,<br />

fallen im Sommer die an Baumwolle erinnernden<br />

weißen, wolligen Samenbüschel auf.<br />

Scheidiges Wollgras<br />

Zu den vom Aussterben bedrohten Pflanzen<br />

gehört auch die aufrecht wachsende Form der<br />

Moorkiefer, die so genannte Spirke, die zusammen<br />

mit der Latschenform das Erscheinungsbild<br />

der stärker geneigten Randbereiche zahlreicher<br />

<strong>erzgebirgischer</strong> <strong>Moore</strong> prägte.<br />

14<br />

Während sich die Moorkiefer auf den wenigen<br />

relativ gut erhaltenen <strong>Moore</strong>n durch die verän-<br />

Moorkiefern in der Mothhäuser Heide<br />

derten Klimaverhältnisse und leichten Entwässerungen<br />

bis in die Kernbereiche ausbreiten<br />

konnte, wurde sie auf den meisten Hochmooren<br />

durch sehr starke Entwässerung,<br />

Torfabbau und Fichtenaufforstungen weitestgehend<br />

verdrängt.<br />

Nach den Untersuchungen der Vorstudie nehmen<br />

Moorkieferngehölze und Moorkiefern-<br />

Fichten-Mischbestände im sächsischen Teil des<br />

<strong>Erzgebirge</strong>s nur noch etwa 80 bis 90 ha ein.<br />

Auf den stark entwässerten <strong>Moore</strong>n dominieren<br />

heute Moorwälder und Nadelholzforsten, in<br />

denen die torfbildende Vegetation weitgehend<br />

oder völlig fehlt. In der Krautschicht herrschen<br />

dann Zwergsträucher wie die Preisel- und die<br />

Heidelbeere vor. Die weitere Verschlechterung<br />

des Zustandes führt zur zunehmenden Vergrasung<br />

mit Schlängelschmiele und Wollreitgras.


Vernässte Bereiche mit moortypischen Arten<br />

findet man oft nur noch in Gräben und<br />

Torfstichen.<br />

Neben der Entwässerung und dem Torfabbau<br />

stellen die Stoffeinträge aus der Luft ein ernsthaftes<br />

Problem dar. So reagieren Torfmoose sehr<br />

empfindlich auf Schwefeldioxid. Außerdem verursachen<br />

die seit einigen Jahren verstärkt auftretenden<br />

Stickstoffeinträge Verschiebungen im<br />

Konkurrenzgefüge zum Nachteil der hochmoortypischen<br />

Arten.<br />

In den Niedermooren dominieren neben den<br />

teilweise vorhandenen Torfmoosen vor allem<br />

verschiedene Gräser. Bei den nährstoffärmeren<br />

Ausbildungen sind es meist Kleinseggen wie<br />

Grau-, Wiesen-, Hirse- und Stern-Segge. Den<br />

Übergang zu den nährstoffreicheren Formen<br />

markiert die Schnabel-Segge. Die nährstoffreichen<br />

Formen werden von Großseggen wie der<br />

Schlank- oder der Ufer-Segge und Röhrichtpflanzen<br />

wie Schilf, Rohrglanzgras oder Rohrkolben<br />

beherrscht. In den Niedermooren kommen<br />

auch zahlreiche gefährdete Pflanzen wie<br />

das Sumpf-Blutauge, der Fieberklee und Orchideen<br />

wie das Breitblättrige Knabenkraut vor.<br />

Blüte des Fieberklee<br />

Tierwelt<br />

Die <strong>Moore</strong> sind durch extreme Standort- und<br />

Lebensbedingungen charakterisiert und stellen<br />

einen erdgeschichtlich sehr jungen Lebensraumtyp<br />

dar. Die Folge davon ist, dass die Tierwelt<br />

zwar artenarm, aber teilweise sehr stark<br />

spezialisiert ist. Es kann zwischen Arten die<br />

schwerpunktmäßig und Arten die ausschließ-<br />

lich in <strong>Moore</strong>n vorkommen unterschieden werden.<br />

Natürlicherweise stehen Tierarten, die existenziell<br />

auf Moorlebensräume angewiesen sind<br />

im Zentrum des Naturschutzinteresses. Einen<br />

hohen Anteil von Arten mit Moorbindung weisen<br />

die Insekten auf. Hervorzuheben sind dabei<br />

die Libellen und die Tagfalter. Ein Beispiel für<br />

die Tagfalter ist der sehr seltene Hochmoorgelbling,<br />

der in seinem Larvenstadium an<br />

Rauschbeerenbestände der <strong>Moore</strong> gebunden ist.<br />

Die Falter benötigen demgegenüber offene<br />

Waldschneisen, Grabenränder oder nahe liegende<br />

Wiesen mit Blütenpflanzen für die<br />

Nektaraufnahme. Weitere moortypische Tagfalter<br />

des <strong>Erzgebirge</strong>s sind der Hochmoor-<br />

Perlmutterfalter und der Hochmoor-Bläuling.<br />

Hochmoorgelbling an Rauschbeere<br />

Vertreter der Libellen mit hoher Moorbindung<br />

sind im <strong>Erzgebirge</strong> die Alpen-Smaragdlibelle,<br />

die Arktische Smaragdlibelle und die<br />

Hochmoor-Mosaikjungfer. Weitere Libellen<br />

sind in den <strong>Moore</strong>n z.B. die Torf-Mosaikjungfer<br />

und die Kleine Moosjungfer. Bei einigen der<br />

Libellen wie z.B. der Alpen-Smaragdlibelle handelt<br />

es sich um sogenannte Eiszeit-Reliktarten.<br />

Diese Arten konnten nach der Eiszeit nur in den<br />

besonders kühlen Bereichen wie den<br />

Hochmooren mit ihrem Mikroklima überleben.<br />

15


Kreuzotter<br />

Die Libellen benötigen kleinere bis größere<br />

offene Moorwasserflächen für die Larvenentwicklung.<br />

Durch die später beschriebenen<br />

Renaturierungsmaßnahmen mit den dabei entstehenden<br />

Wasserflächen können die Libellenpopulationen<br />

stabilisiert werden.<br />

Eine nicht unerhebliche Bedeutung als<br />

Lebensraum haben die <strong>Moore</strong> auch für<br />

Amphibien und Reptilien. Exemplarisch sei<br />

hier die Kreuzotter genannt, die zwar nicht<br />

direkt an <strong>Moore</strong> gebunden ist, aber in den offe-<br />

Alpen - Smaragdlibelle<br />

16<br />

neren Moorbereichen wichtige Rückzugsgebiete<br />

findet. In den erzgebirgischen <strong>Moore</strong>n kann<br />

man auch die seltenere schwarze Form der einzigen<br />

Giftschlange des <strong>Erzgebirge</strong>s antreffen. Der<br />

Volksmund bezeichnet sie auch als Moorotter.<br />

Zu den Vogelarten, die in den <strong>Moore</strong>n geeignete<br />

Lebensräume finden, gehören das Birkhuhn,<br />

die Krickente und die Bekassine. Das Birkhuhn,<br />

einst bis ins Erzgebirgsvorland hinein<br />

vorkommend, gilt jetzt in Sachsen als vom Aussterben<br />

bedroht. Nur noch in wenigen Hochmooren<br />

und deren benachbarten Offenlandflächen<br />

im grenznahen Bereich des<br />

Erzgebirgskammes ist es zu finden. Die stabileren<br />

Populationen beschränken sich inzwischen<br />

auf die tschechische Seite des Gebirges. Neben<br />

den flachen, offenen Balzplätzen benötigt das<br />

Birkhuhn lückige, lichte Wälder mit reicher<br />

Zwergstrauchvegetation. Weitere wesentliche<br />

Habitatansprüche sind nicht zu trockenes Gelände<br />

sowie Übergangsbereiche zwischen dem<br />

Wald und der offenen Landschaft, die zu der


notwendigen reichen Gliederung des Lebensraums<br />

beitragen. Entscheidend sind außerdem<br />

die inzwischen kaum noch vorhandene großflächige<br />

Verteilung geeigneter Biotope sowie<br />

deren Störungsarmut.<br />

Regeneration, Renaturierung und<br />

Schutz der <strong>Moore</strong> im <strong>Naturpark</strong><br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Regeneration und Renaturierung in<br />

<strong>Moore</strong>n<br />

Wie in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben,<br />

wurden die meisten der erzgebirgischen<br />

Hochmoore durch den Menschen negativ beeinflusst.<br />

Insbesondere durch die Entwässerungen<br />

kam das Torfwachstum meist vollständig zum<br />

Erliegen und die ehemalige torfbildende Vegetation<br />

verschwand mehr und mehr. Mit der<br />

Entwässerung liefen weitere Prozesse ab, die zu<br />

bleibenden Veränderungen von physikalischen,<br />

Birkhahn<br />

chemischen und biologischen Eigenschaften des<br />

Torfkörpers führten. Dazu gehört die Moorsackung,<br />

bei der es durch den fehlenden Auftrieb<br />

in den entwässerten, oberen Torfschichten<br />

in allen tiefer liegenden Schichten zur Verdichtung<br />

des Torfes und damit zur Verdrängung<br />

von Grundwasser kommt. Außerdem konnte<br />

durch die Entwässerung in größeren Tiefen Luft<br />

in den Torf eindringen, so dass sich dort der<br />

Abbau der organischen Stoffe deutlich verstärkte.<br />

Der damit einhergehende Verlust an organischer<br />

Substanz wird als Torfschwund bezeichnet.<br />

Statt der früheren Speicherfunktion des<br />

<strong>Moore</strong>s kommt es jetzt zu einer Freisetzung<br />

großer Stoffmengen (vor allem Kohlendioxid)<br />

und das Moor wird damit zum belastenden<br />

Lebensraum.<br />

In solchen geschädigten <strong>Moore</strong>n können sich<br />

jedoch unter bestimmten Voraussetzungen<br />

Mechanismen der Selbstregulation einstellen.<br />

Die Gesamtheit der in den Regenmooren nach<br />

einer Störung ablaufenden selbstregulierenden<br />

17


Prozesse wird als Regeneration bezeichnet. Die<br />

dabei wirkenden natürlichen Prozesse sind auf<br />

die Wiedereinstellung des Moorwachstums gerichtet.<br />

Sie müssen jedoch nicht zwingend zur<br />

Wiederherstellung eines wachsenden <strong>Moore</strong>s<br />

führen. Verschiedene Mechanismen der Selbstregulation<br />

wirken aber nicht nur bei menschlichen<br />

Eingriffen, sondern auch bei Störungen des<br />

<strong>Moore</strong>s durch klimatische Veränderungen oder<br />

durch Wasserbilanzänderungen im Einzugsgebiet.<br />

Da sich die Hochmoore des <strong>Erzgebirge</strong>s nahe<br />

einer ökoklimatischen Verbreitungsgrenze befinden<br />

und da die Regeneration mehr Wasser<br />

braucht, als für die Existenz eines intakten<br />

18<br />

<strong>Moore</strong>s nötig ist, sind oft sogenannte Renaturierungsmaßnahmen<br />

zur Unterstützung der<br />

Regeneration notwendig.<br />

Bei der Renaturierung werden Lebensräume<br />

durch technische Maßnahmen in einen natur-<br />

näheren Zustand versetzt.<br />

Die Renaturierungsmaßnahmen in <strong>Moore</strong>n zielen<br />

zumeist auf die Wiederherstellung eines<br />

oberflächennahen Wasserstandes auf einem<br />

möglichst großen Teil der Torfflächen als<br />

Grundvoraussetzung für die (Wieder-) Ansiedlung<br />

einer torfbildenden Vegetation. Hierfür<br />

gibt es verschiedene Möglichkeiten, die in der<br />

folgenden Abbildung dargestellt sind.<br />

Schematische Darstellung möglicher Wiedervernässungsmaßnahmen<br />

für hängige, grundwassegenährte<br />

<strong>Moore</strong> (nach KOSKA & STEGMANN, 2001)<br />

1. Grabenanstau (in mehreren Stufen am Hang,<br />

durch Stauwehre oder Verfüllungen)<br />

2. Grabenverfüllung (mit Torf,<br />

Materialentnahme in Nähe der Gräben in<br />

Form kleiner Torfstiche)<br />

3. Bewässerungs-Quergräben (oberhalb der<br />

Wehre abzweigend, parallel zu den<br />

Höhenlinien)<br />

4. Querverwallungen aus Torfmaterial ( bei<br />

Torfstichen, Materialentnahme von nahegelegenen<br />

Torfrücken)<br />

5. Torfkörper-Perforation („Entlastungsbrunnen“)<br />

6. Torfabgrabung bzw. extensiver Torfabbau:<br />

Eine Möglichkeit für Flächen, die auf Grund<br />

irreversibler hydrologischer Veränderungen<br />

mit dem verfügbaren Grundwasser nicht<br />

vollständig wiedervernässt werden können.<br />

Dieses Verfahren ist nur in besonderen<br />

Fällen anzuwenden.


In den Moorrenaturierungsprojekten im <strong>Naturpark</strong>gebiet<br />

wurden bisher Grabenanstaue,<br />

Grabenverfüllungen und Bewässerungsgräben<br />

angelegt. Mit der Verbesserung der hydrologischen<br />

Bedingungen im Moor wird auch die<br />

Fähigkeit der Wasserrückhaltung gefördert,<br />

welche besonders bei stärkeren Niederschlägen<br />

zu einer Verzögerung der Abflüsse und damit<br />

zu einer Verringerung der Hochwassergefahr<br />

führt. Mit dem Wiedereinsetzen des Torfwachstums<br />

können die <strong>Moore</strong> erneut ihre landschaftsökologische<br />

Funktion als Stoffsenke<br />

erfüllen.<br />

Regenerationserscheinungen in<br />

Hochmooren des <strong>Naturpark</strong>s<br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Die natürliche Regeneration in geschädigten<br />

Hochmooren wird in drei Phasen unterteilt:<br />

a.) Initialphase<br />

Diese Phase dauert im allgemeinen Jahre bis<br />

Jahrzehnte und ist vorwiegend von Rückbildungsprozessen<br />

wie z.B. Moorsackung und<br />

Torfzersetzung geprägt. Bereits in dieser Phase<br />

laufen verschiedene hydrologische Selbstregulationsmechanismen<br />

gestörter Hochmoore ab:<br />

Durch die mit Moorsackung und Torfzersetzung<br />

verbundene Verdichtung des Torfes<br />

verringert sich die Wasserdurchlässigkeit, wodurch<br />

die vertikale und horizontale Wasserströmung<br />

gehemmt wird und eine Stauwirkung<br />

eintreten kann. Aufgrund der besseren Durchlüftung<br />

verdichtet sich der Torf an den Grabenrändern<br />

und den Torfstichkanten besonders<br />

schnell, so dass bei gleichbleibender Regenwasserspeisung<br />

der Wasserstand zwischen den<br />

Gräben wieder ansteigt.<br />

Die Moorsackung und der Torfschwund führen<br />

zu einer langsamen Annäherung der Mooroberfläche<br />

an den entwässerungsbedingten Wasserstand,<br />

solange eine Erneuerung und Vertiefung<br />

der Entwässerungsgräben unterbleibt. Die mit<br />

der Entwässerung verbundene Bewaldung führt<br />

zusätzlich zu einer effizienteren Belüftung der<br />

oberen Torfschichten und damit zu einem<br />

schnelleren Torfschwund. Dadurch kann ein<br />

oberflächennaher Wasserstand schneller erreicht<br />

werden.<br />

Da die Entwässerungsgräben zu den nassesten<br />

Bereichen entwässerter Hochmoore zählen,<br />

kann sich in ihnen wieder eine torfbildende<br />

Vegetation entwickeln. Die einsetzende Torfablagerung<br />

kann über einen längeren Zeitraum<br />

dazu führen, dass die Gräben völlig zuwachsen<br />

und ihre Entwässerungsfunktion zumindest<br />

teilweise verlieren. Gleichzeitig kann sich dabei<br />

auch der Wasserstand in der Umgebung der<br />

Gräben erhöhen, so dass ein Ausbreiten der<br />

torfbildenden Vegetation über die Gräben hinaus<br />

möglich wird.<br />

Die Initialphase der Regeneration ist in den<br />

meisten der erzgebirgischen Hochmooren, die<br />

nicht vollständig abgetorft wurden, in unterschiedlichen<br />

Ausprägungen zu beobachten.<br />

Dies betrifft neben den zumeist aufgeforsteten<br />

<strong>Moore</strong>n auch jene, die zwar für den Torfabbau<br />

entwaldet und entwässert, jedoch nicht abgebaut<br />

wurden. Letzteres trifft z.B. auf einzelne<br />

Bereiche der Stengelhaide bei Reitzenhain zu.<br />

Beginnende Grabenverlandung in der Hühnerheide<br />

19


.) Aufrichtungsphase<br />

Kennzeichnend für diese zweite, Jahrzehnte bis<br />

Jahrhunderte dauernde Phase ist das räumlich<br />

und zeitlich gestaffelte Wiedereinsetzen des<br />

Moorwachstums. Durch den ansteigenden<br />

Moorwasserspiegel sterben die Bäume ab und<br />

schaffen beim Fallen schlenkenartige<br />

Vertiefungen. Diese wiederum füllen sich mit<br />

Wasser und regen das Torfmooswachstum weiter<br />

an.<br />

Mothhäuser Heide<br />

Ein Beispiel für ein Moor in der Aufrichtungsphase<br />

ist die Mothhäuser Heide im mittleren<br />

<strong>Erzgebirge</strong>.<br />

Die dort angelegten Entwässerungsgräben wurden<br />

vor über hundert Jahren aufgegeben. Durch<br />

die Mächtigkeiten des <strong>Moore</strong>s war der Aufwand<br />

der ständigen Grabenräumung zu hoch und unwirtschaftlich.<br />

Dieser Verzicht auf eine weitere<br />

Entwässerung führte zu einer für den sächsischen<br />

Teil des <strong>Erzgebirge</strong>s bisher einzigartigen<br />

Regeneration.<br />

c.) Abstimmungsphase<br />

In dieser Jahrhunderte währenden Phase<br />

schließen sich die bisher kleinflächig regenerierenden<br />

Moorökotope zusammen. Es kann sich<br />

eine neue Bulten-Schlenken-Struktur herausbilden.<br />

Abhängig von den bis dahin entwickelten<br />

Strukturen und den vorhandenen äußeren<br />

Bedingungen wird die Regeneration noch weitere<br />

Bewaldungs- und Verbuschungsstadien<br />

durchlaufen.<br />

Auf der sächsischen Seite des <strong>Erzgebirge</strong>s fehlen<br />

<strong>Moore</strong> dieser Regenerationsphase. Einige der<br />

großen böhmischen <strong>Moore</strong> befinden sich derzeit<br />

20<br />

im Übergang von der Aufrichtungs- zur<br />

Abstimmungsphase. Als Beispiel sei das Moor<br />

Klinové rašelinište genannt.<br />

Auch in den Torfstichen finden entsprechende<br />

Regenerationsprozesse statt. Die bäuerlichen<br />

und kleinindustriellen, im Stichverfahren<br />

durchgeführten Abtorfungen gehören heute zu<br />

den wenigen Standorten, in denen noch eine<br />

Torfbildung stattfindet oder wenigstens die entsprechenden<br />

Moorarten überdauern konnten.<br />

Oft sind aber auch die Torfstiche zu trocken, so<br />

dass sich in ihnen sekundäre Moorwälder,<br />

Zwergstrauchheiden oder Pfeifengras-Stadien<br />

entwickeln.<br />

Abgetorfte Bereiche im Moor Siebensäure bei Neudorf<br />

(im Hintergrund Torfstichkante)<br />

Renaturierungsmaßnahmen in<br />

<strong>Moore</strong>n des <strong>Naturpark</strong>s<br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“<br />

Die erwähnte Vorstudie für das Schwerpunktprojekt<br />

zum Schutz der erzgebirgischen <strong>Moore</strong><br />

enthält neben der Inventarisierung der Moorund<br />

Torfstandorte auch einen Maßnahmenkatalog.<br />

Darin erfolgte eine Prioritätensetzung<br />

nach kurz-, mittel- oder langfristig anzustrebenden<br />

Maßnahmen als Grundlage für die<br />

Auswahl der Renaturierungsobjekte des <strong>Naturpark</strong>s<br />

„<strong>Erzgebirge</strong>/Vogtland“. Insgesamt 47 der<br />

untersuchten Moor- und Torfstandorte wurden<br />

für Renaturierungsmaßnahmen vorgeschlagen.<br />

Bevor jedoch in einem Moor gezielte Renaturierungsmaßnahmen<br />

durchgeführt werden können,<br />

sind zunächst umfangreiche Erhebungen<br />

und Analysen notwendig. Dazu gehören


die Recherchen zum Zeitpunkt und Umfang<br />

von Torfabbau und Grabenentwässerung. Für<br />

den Erhalt und die Renaturierung von großer<br />

Bedeutung sind die Bedingungen, die bei der<br />

Entstehung des einzelnen <strong>Moore</strong>s ausschlaggebend<br />

waren. Außerdem ist die Vegetation zu<br />

erfassen. Anhand der Kraut- und Moosschicht<br />

lassen sich wichtige Rückschlüsse auf den derzeitigen<br />

Entwässerungszustand des <strong>Moore</strong>s ziehen.<br />

Den wichtigsten Teil der Vorarbeiten nehmen<br />

die hydrologischen Untersuchungen ein.<br />

Voraussetzung dafür ist in der Regel eine Vermessung<br />

des <strong>Moore</strong>s mit seinem Grabensystem.<br />

Dadurch lässt sich unter anderem das Gefälle<br />

auf der Mooroberfläche und in den Gräben ermitteln.<br />

Diese Angaben sind für die Wahl der<br />

Regenerationsmaßnahmen sehr wichtig. Bei der<br />

Grabenkartierung werden zusätzliche Angaben<br />

wie z.B. die Wasserführung und Fließrichtung<br />

in den Grabenabschnitten, das Vorhandensein<br />

von Verlandungsvegetation erfasst. Nach diesen<br />

Arbeiten entstehen die so genannten Grabenkarten.<br />

Weiterhin fließen z.B. die Betrachtung des<br />

Wassereinzugsgebietes und die chemischen<br />

Analysen des im Moor vorhandenen Wassers in<br />

die Planung ein.<br />

Im Ergebnis der Voruntersuchungen entsteht<br />

ein detailliertes Maßnahmekonzept, welches die<br />

Lage und den Umfang der notwendigen Renaturierungsmaßnahmen<br />

beinhaltet. Die Erfahrungen<br />

haben gezeigt, dass die Maßnahmen in<br />

vielen Fällen räumlich und zeitlich zu staffeln<br />

sind. Häufig ist es sinnvoll, zunächst die Gräben<br />

in den Kernbereichen zu verschließen, da sie<br />

meist ein geringeres Gefälle und eine geringere<br />

Erosionsneigung aufweisen. Oft konnte sich in<br />

ihnen schon eine torfbildende Vegetation entwickeln,<br />

die durch die Maßnahmen in ihrem<br />

Wachstum unterstützt werden soll. Während<br />

Teile der Voruntersuchungen wie die Vegetations-<br />

und Grabenkartierung oft im Rahmen<br />

von Diplom- und Praktikumsarbeiten realisiert<br />

werden konnten, war insbesondere bei der<br />

Vermessung und den hydrologischen Gutachten<br />

die Vergabe an Fachfirmen notwendig. Bevor<br />

Grabenkarte Moor am Auerhahnweg<br />

das Maßnahmekonzept umgesetzt werden kann,<br />

sind Abstimmungen mit den Flächeneigentümern<br />

und weiteren Betroffenen durchzuführen.<br />

Teilweise ist für die Umsetzung eine wasserrechtliche<br />

Genehmigung erforderlich.<br />

Entsprechend der standörtlichen Faktoren wie<br />

z.B. der Grabenbreite und -tiefe sowie der<br />

Torfmächtigkeit unter der Grabensohle muss<br />

für jeden Maßnahmestandort die optimale Verbauvariante<br />

ausgewählt werden. Im Folgenden<br />

werden die bisher praktizierten Methoden der<br />

Wasserrückhaltung mit ihren Vor- und Nachteilen<br />

vorgestellt.<br />

Rundholzdamm:<br />

Das Grundprinzip dieser Dämme ist der Bau<br />

von zwei „Wänden“ mit waagerecht aufeinander<br />

liegenden oder senkrecht nebeneinander stehenden<br />

Stangen, deren Zwischenraum mit Torf<br />

verfüllt wird. Der Vorteil dieser Dämme liegt<br />

in der kostengünstigen Gewinnung der Rundhölzer<br />

vor Ort im Rahmen von Bewirtschaftungs-<br />

und Pflegemaßnahmen. Deshalb wurde<br />

diese Verbaumethode anfangs favorisiert. Die<br />

Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass diese<br />

Art des Grabenanstaus nur in kleineren Gräben<br />

mit schwachem Gefälle anwendbar ist. In tieferen<br />

und steileren Gräben wird der eingebrachte<br />

Torf meist aus- oder durchgespült.<br />

21


Durchgespülter Damm in der Hühnerheide<br />

Einerseits liegen die Stangen durch ihre Wuchsform<br />

nicht genau übereinander und andererseits<br />

kann der eingefüllte Torf nicht so verdichtet<br />

werden, dass er wasserundurchlässig wird.<br />

Während der Schneeschmelze tritt ein zusätzliches<br />

Problem auf: Der verfüllte Torf im Damm<br />

bleibt länger gefroren und wird durch die Anomalie<br />

des Wassers nach oben gedrückt. Dadurch<br />

entstehen Hohlräume, die zusammen mit dem<br />

reichlich ankommenden Schmelzwasser das<br />

Durchspülen des Dammes begünstigen.<br />

Korsettbauweise:<br />

Bei dieser Verbaumethode können ebenfalls<br />

Stangen von der Maßnahmenfläche verwendet<br />

werden. Angespitzt schlägt man diese Stangen<br />

wie Palisaden in den Boden. Dabei entsteht ein<br />

Oval, das über die Grabenbreite hinausragt.<br />

Danach wird das Innere des Ovals bis zum<br />

Mineralboden ausgehoben. Der entstandene<br />

Zwischenraum ist mit Lehm oder Ton zu verfüllen<br />

und zu verdichten. Der Lehm- bzw. Tonkern<br />

übernimmt die Abdichtung, während das<br />

Palisaden-Korsett nur Stütz- und Schutzfunktion<br />

besitzt.<br />

Die Korsettbauweise wurde bisher vor allem<br />

durch das Naturschutzzentrum Annaberg zur<br />

Wasserrückhaltung in ehemaligen Torfstichen<br />

verwendet (z.B. Moor an der Burg bei Crottendorf<br />

und Siebensäure bei Neudorf). Auch in der<br />

Scheibenberger Heide wurde die Verbaumethode<br />

angewandt. Sehr gute Erfolge stellten<br />

sich bisher bei dem Verbau von kleineren<br />

Gräben mit geringer Hangneigung ein.<br />

22<br />

Prinzipiell ist die Korsettbauweise nur für<br />

Gräben im mineralischen Untergrund mit fehlender<br />

oder geringer Torfauflage anwendbar.<br />

Bretterdamm:<br />

Für den Bretterdamm muss quer zum Graben<br />

eine Arbeitsgrube bis zum Mineralboden in den<br />

Torf ausgehoben werden. Diese Grube sollte<br />

beidseitig je einen Meter breiter als die<br />

Grabenoberkante sein. Nach dem Ausheben der<br />

Grube sind zwei bis vier Stützpfähle einzurammen.<br />

An diese werden gehobelte Lärchenholz-<br />

Bohlen mit einer Stärke von 5 bis 8 cm horizontal<br />

angenagelt. Auf der Wasserseite wird ein<br />

GEO-Textil aus versteppten Kokosfasern angebracht.<br />

Waldarbeiter beim Verfüllen eines Bretterdammes<br />

Es setzt sich später mit den Feinteilen des<br />

Moorwassers zu und dichtet den Damm zusätzlich<br />

ab. Zum Abschluss wird beidseits des<br />

Dammes das Aushubmaterial angefüllt, um


durch das ständige Durchfeuchten des Holzes<br />

dessen Zersetzung zu verlangsamen. In<br />

Kombination mit der Verwendung von<br />

Lärchenholz von entsprechender Stärke kann<br />

eine lange Haltbarkeit der Dämme erreicht<br />

werden.<br />

Dies ist auch notwendig, da der Arbeitsaufwand<br />

für solche Dämme immens ist. Eine<br />

Waldarbeiterbrigade von 3 Personen benötigt<br />

für den Bau eines Dammes im Durchschnitt<br />

einen Tag. Mit Bretterdämmen ist der Einstau<br />

von Gräben im Torf und im mineralischen<br />

Untergrund möglich. Die Grenzen der<br />

Umsetzbarkeit werden bei Torfmächtigkeiten<br />

von über 2,50 m erreicht. Die Arbeiten an solchen<br />

Bauwerken werden oftmals durch das<br />

ankommende Wasser behindert und erfordern<br />

zusätzliche Hilfsgeräte, wie Stromaggregat und<br />

Schmutzwasserpumpe.<br />

Im Rahmen des <strong>Naturpark</strong>projektes werden die<br />

Bretterdämme erst seit drei Jahren gebaut.<br />

Gelungene Beispiele existieren inzwischen<br />

unter anderem im Moor am Löffelsbach, im<br />

Butterwegmoor sowie in der Lehmheide. Die<br />

bis jetzt sichtbaren Erfolge und die längerfristigen<br />

Erfahrungen aus anderen Moorgebieten lassen<br />

den hohen Arbeits- und Materialaufwand<br />

für diese Verbaumethode gerechtfertigt erscheinen.<br />

Spundwand:<br />

Die so genannten Spundwände sind im<br />

Vergleich zu den vorher beschriebenen<br />

Methoden einfach zu bauen. Benötigt werden<br />

zwei Balken aus Lärchenholz, die zwei Meter<br />

länger sind, als der Graben breit ist. Außerdem<br />

werden etwa 3 cm starke Nut- und Federbretter<br />

aus Lärchenholz gebraucht, die doppelt so lang<br />

sind, wie der Graben tief ist. Die beiden Balken<br />

werden im Brettabstand quer über den<br />

Graben als Führung gelegt. Sie geben später<br />

dem Bauwerk zusätzliche Stabilität. Der Bau<br />

der Spundwand beginnt in der Mitte des Grabens.<br />

Dafür wird das erste Brett beidseitig angespitzt<br />

und senkrecht zwischen den Führungsbalken<br />

in den Torf unter der Grabensohle<br />

Bau einer Spundwand<br />

geschlagen. Alle weiteren Bretter werden nur<br />

noch einseitig angeschrägt. Sie sind abwechselnd<br />

an das jeweilige vorhergehende Brett zu<br />

fügen. Durch die Anschrägung sowie die Verbindung<br />

von Nut und Feder entsteht eine dichte<br />

Bretterwand. Ein weiterer Vorteil dieser Verbaumethode<br />

ist der minimale Eingriff in die<br />

vorhandene Grabenvegetation.<br />

Im Rahmen des <strong>Naturpark</strong>projektes wurden die<br />

Spundwände bisher nur bei größeren Torfmächtigkeiten<br />

gebaut.<br />

Unter den Spitzen der Bretter sollte noch ausreichend<br />

Torf sein, um nicht in die Kontaktzone<br />

zwischen Torf und Mineralboden zu gelangen.<br />

Dort könnten sich Wasserbahnen bilden,<br />

die den Staueffekt verringern bzw. in Frage stellen.<br />

Eine zusätzliche Einschränkung ergibt sich<br />

aus der notwendigen Brettlänge. Zum Beispiel<br />

sollten die Bretter bei einem 1 m tiefen Graben<br />

eine Länge von 2 m besitzen. Diese Länge ist<br />

nur noch mit einer erhöhten Arbeitsfläche einzuschlagen,<br />

woraus sich Probleme der<br />

23


Arbeitssicherheit ergeben. Die Verbaumethode<br />

wurde erfolgreich in der Lehmheide und im<br />

Moor am Auerhahnweg umgesetzt.<br />

Unabhängig von der Art der bisher genannten<br />

Grabenverbaumethoden kann aufgrund des in<br />

den Gebirgsregenmooren vorhandenen Gefälles<br />

meist nur eine kleinflächige Vernässung erreicht<br />

werden. Für eine optimale Wasserrückhaltung<br />

sind deshalb je nach Gefälle mehrere Staustufen<br />

notwendig. So entstehen in manchen Gräben<br />

regelrechte Kaskaden von Dämmen.<br />

Kaskade von Bretterdämmen in der Lehmheide<br />

Verfüllen von Gräben:<br />

Bei dieser Methode wird der Graben entweder<br />

mit dem noch vorhandenen Grabenaushub oder<br />

durch auf der Fläche gewonnene Materialien<br />

verfüllt. Es können auch die Grabenränder in<br />

den Graben „hineingezogen“ werden, so dass<br />

24<br />

eine breitere Mulde entsteht. In der Stengelhaide<br />

bei Reitzenhain wurden zwei Gräben mit<br />

Hilfe eines Baggers verfüllt. Dabei hat sich<br />

gezeigt, dass diese Methode im Bereich geringer<br />

Torfmächtigkeiten sehr wirkungsvoll sein kann.<br />

Voraussetzung ist jedoch ein sehr geringes<br />

Gefälle des Grabens. Empfehlenswert ist das<br />

Verfüllen insbesondere in Bereichen von alten<br />

Torfstichen, die fast gänzlich abgebaut wurden.<br />

Der Einsatz von Technik sollte sich auf die<br />

Wintermonate mit Bodenfrost und leichter<br />

Schneedecke beschränken, um die Schäden an<br />

der vorhandenen Vegetation gering zu halten.<br />

Verfüllen eines Grabens mit einem Bagger<br />

Anlegen von Bewässerungsgräben:<br />

Im Zusammenhang mit dem Anstau von<br />

Entwässerungsgräben ist es in manchen Fällen<br />

notwendig, kurze Bewässerungsgräben anzulegen,<br />

um das Wasser aus den angestauten<br />

Gräben in die zu vernässende Fläche zu leiten.<br />

Im Rahmen des <strong>Naturpark</strong>projektes wurden<br />

erstmals im Jahr 2004 solche Bewässerungsgräben<br />

am Rande des Torfstichgebietes Wirtsgarten<br />

bei Kühnheide manuell angelegt. Durch<br />

einen Entwässerungsgraben war der Torfstich<br />

von seinem Wassereinzugsgebiet getrennt worden.<br />

Nach dem Anstau des Grabens durch partielles<br />

Verfüllen wurde das Wasser durch drei<br />

Bewässerungsgräben wieder in die Torfstichfläche<br />

geleitet.<br />

Voraussetzung für das Anlegen dieser Gräben<br />

war die genaue Vermessung des Geländereliefs,<br />

damit das Wasser tatsächlich in die Fläche ge-


langt. Im Normalfall sollte die Umleitung des<br />

Wassers durch entsprechende Bewässerungsgräben<br />

dem Errichten von Überläufen an den<br />

Stauwerken vorgezogen werden.<br />

Da in den meisten Fällen die entwässerten<br />

Hochmoore zum Landesforst gehören, erfolgt<br />

die Umsetzung der Maßnahmen häufig durch<br />

die Waldarbeiter des jeweiligen Forstreviers. In<br />

anderen Fällen werden bzw. wurden die Maßnahmen<br />

auch durch die Naturschutzstationen,<br />

ehrenamtliche Naturschützer oder durch ABM-<br />

Kräfte realisiert.<br />

Um die Wirksamkeit der Maßnahmen beurteilen<br />

zu können, ist es notwendig, ein sogenanntes<br />

Monitoring durchzuführen. Dabei werden<br />

langfristig bestimmte Parameter wie z.B. im<br />

<strong>Naturpark</strong>projekt die Vegetationsentwicklung<br />

und die Moorwasserstände beobachtet und ausgewertet.<br />

Da die <strong>Moore</strong> sehr lange Zeiträume<br />

für ihre Entwicklung und Regeneration benötigen,<br />

sind in den ersten Jahren nach der Durchführung<br />

der Maßnahmen nur wenige Veränderungen<br />

feststellbar.<br />

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die 24 im <strong>Naturpark</strong> sowie in angrenzenden Bereichen liegenden<br />

Moorgebiete, die derzeit Gegenstand der Bearbeitung sind oder in denen die Umsetzung der Maßnahmen bereits<br />

abgeschlossen wurde. Die Reihenfolge stellt keine Wertigkeit dar.<br />

Name Fläche in ha Bearbeitungsstand<br />

Am Salzflüsschen bei Holzhau 2 B<br />

Alter Torfstich Rübenau 6 D<br />

Achterheide bei Rübenau 15 D<br />

Hochmoor Deutscheinsiedel 40 C-D<br />

Lehmheide bei Rübenau 12 D<br />

Nordöstlich Elterlein (Putenfarm) 2 D<br />

An der Roten Pfütze 32 D<br />

Scheibenberger Heide 17 A-D<br />

Bei Crottendorf (Moor an der Burg) 6 D<br />

Im Streitwald bei Grumbach 16 D<br />

Am Erdmannsbach bei Marienberg 20 B<br />

Moosheide bei Marienberg 14 A<br />

Neue Welt Kühnhaide (Wirtsgarten) 7 C-D<br />

Stengelhaide / Torfwerk Reitzenhain 90 D<br />

Meierheide bei Reitzenhain 16 A<br />

Bauernheide bei Kühnhaide 40 A<br />

Am Auerhahnweg bei Reitzenhain 14 C-D<br />

Hühnerheide bei Rübenau 34 A-D<br />

Philippheide bei Satzung 37 B<br />

Am Geigenbach / Woderich 100 A-D<br />

Löffelsbach bei Muldenberg 45 B-D<br />

Schönheider Hochmoor 6 A-C<br />

Am Butterweg bei Johanngeorgenstadt 7 C-D<br />

Siebensäure bei Neudorf 6 D<br />

Aktueller Bearbeitungsstand in den Moorgebieten (Aug.2004)<br />

A Grundlagenermittlung C Umsetzung<br />

B Erarbeitung des Maßnahmekonzeptes D Monitoring<br />

25


Vegetationsraster<br />

Pegel zum Messen des Moorwasserstandes<br />

26<br />

Schutz der <strong>Moore</strong><br />

Von den im sächsischen Teil des <strong>Erzgebirge</strong>s<br />

vorkommenden <strong>Moore</strong>n sind ca. 1317 ha als<br />

Naturschutzgebiete ausgewiesen. Die meisten<br />

von ihnen wurden bereits genannt. Als älteste<br />

erzgebirgische Moorschutzgebiete sind die<br />

Mothhäuser Heide seit 1911 und der Große<br />

Kranichsee seit 1912 geschützt. Etwa 60 ha<br />

kleinerer Moorflächen besitzen den Schutzstatus<br />

eines Flächennaturdenkmals. Doch auch ohne<br />

die Ausweisung als Schutzgebiet stehen alle<br />

<strong>Moore</strong> und Moorwälder gemäß §26 Sächsisches<br />

Naturschutzgesetz unter besonderem Schutz.<br />

Nicht nur in Sachsen, sondern auch im übrigen<br />

Deutschland und in vielen anderen europäischen<br />

Ländern sind die <strong>Moore</strong> mit ihren speziellen<br />

Tier- und Pflanzenarten bedroht. Deshalb<br />

wurden unter anderem die Hoch- und Zwischenmoore<br />

sowie die Moorwälder als besonders<br />

schützenswerte Lebensraumtypen in der so<br />

genannten FFH (Fauna, Flora, Habitat) -Richtlinie<br />

der Europäischen Union festgelegt. Um<br />

die bedrohten Lebensräume zu erhalten, wurden<br />

daher in den Mitgliedsländern der EU zahlreiche<br />

FFH-Gebiete ausgewiesen. Diese Gebiete<br />

umfassen in Sachsen auch einen großen Teil der<br />

noch vorhandenen <strong>Moore</strong>.<br />

Doch auch jeder Einzelne kann zum Schutz der<br />

<strong>Moore</strong> beitragen. Dazu gehört als erstes die<br />

Einhaltung der Naturschutzbestimmungen, da<br />

durch Trittschäden Erholungssuchender besonders<br />

die Moosdecke schwer beschädigt wird.<br />

Außerdem sind Arten wie das Birkhuhn besonders<br />

auf die Störungsarmut in den <strong>Moore</strong>n<br />

angewiesen. Hinweise, wie man trotzdem Moor<br />

erleben kann, finden sich im folgenden Kapitel.<br />

Zum Schutz der <strong>Moore</strong> gehört auch der<br />

Verzicht auf Gartenerden und Bodenverbesserer<br />

auf Torfbasis. Immer noch werden in<br />

Deutschland und Europa jährlich Millionen von<br />

Kubikmeter Torf für gärtnerische Zwecke abgebaut.<br />

Jeder gekaufte Sack Torf ist ein Stück vernichtetes<br />

Moor mit seiner einzigartigen Tierund<br />

Pflanzenwelt. Dabei existieren inzwischen<br />

ausreichend Alternativen für die Verbesserung<br />

des Bodens, ohne dass Torf verwendet werden<br />

muss. Ein gutes Beispiel dafür sind die im<br />

Handel angebotenen Kokosfasern, die den<br />

Boden ebenso auflockern und die Feuchtigkeit<br />

halten wie der Torf.


Blick in den kleinen Kranichsee<br />

<strong>Moore</strong> erleben im <strong>Erzgebirge</strong> und<br />

Vogtland<br />

Eine Devise unter den Natur- und Moorschützern<br />

lautet: „Nur was man kennt, achtet und<br />

schützt man“. Aus diesem Grund wurden in<br />

einigen <strong>Moore</strong>n Lehrpfade und Beobachtungsstände<br />

geschaffen. Hier kann man Wissenswertes<br />

erfahren und die <strong>Moore</strong> mit ihrer Tier- und<br />

Pflanzenwelt praktisch erleben. Da viele Arten<br />

der <strong>Moore</strong> sehr empfindlich auf Störungen reagieren,<br />

können aber nur wenige Standorte für<br />

Besucher zugänglich gemacht werden. Insbesondere<br />

die naturnahen <strong>Moore</strong> sollten sich<br />

ungestört weiterentwickeln können. In folgenden<br />

Moorgebieten ist der Besuch jedoch ausdrücklich<br />

erwünscht:<br />

Von dem Bohlenweg aus, der durch das<br />

Georgenfelder Hochmoor bei Zinnwald führt,<br />

können viele der typischen Hochmoorpflanzen<br />

wie das Wollgras, der Sumpfporst oder der<br />

Sonnentau betrachtet werden. Das über die<br />

tschechische Grenze reichende Moor gehört zu<br />

den am besten erhaltenen Krummholzkiefernmooren.<br />

Geöffnet ist der Lehrpfad von Ostern<br />

bis Ende Oktober täglich von 9.00 bis 17.00<br />

Uhr.<br />

Bei Johanngeorgenstadt befindet sich das<br />

besterhaltene Kammmoor im sächsischen Teil<br />

des <strong>Erzgebirge</strong>s, der Kleine Kranichsee. Der<br />

poetische Name des <strong>Moore</strong>s leitet sich wahrscheinlich<br />

vom slawischen „granica“ (Grenze)<br />

ab. Als „Seihe“ oder „Sehe“ wurden früher moorige<br />

Gebiete bezeichnet. Ein Zusammenhang zu<br />

den eleganten Vögeln lässt sich nicht herstellen.<br />

Vom Kammweg bei den Henneberghäusern<br />

führt ein schmaler Weg in das Moor, der im<br />

letzten Teil als Knüppeldamm angelegt ist. Die<br />

nassen Wiesenflächen beiderseits des Weges<br />

gehörten früher zum Moor, wurden jedoch im<br />

Laufe der Zeit ausgetorft. Am Ende des<br />

Knüppeldammes befindet sich ein hölzerner<br />

Aussichtsturm, von dem man den Kernbereich<br />

des <strong>Moore</strong>s überblickt. Das Bild des <strong>Moore</strong>s<br />

wird inzwischen vor allem von den verschiedenen<br />

Wuchsformen der Moorkiefer geprägt.<br />

27


Denn durch veränderte klimatische und hydrologische<br />

Bedingungen wächst der vor 30 Jahren<br />

noch fast offene Kernbereich langsam von den<br />

Seiten her zu. Hier lohnt es sich, diese Entwicklung<br />

durch den Besuch in Abständen von mehreren<br />

Jahren zu verfolgen.<br />

Der Moorlehrpfad Stengelhaide führt durch<br />

das vom Torfabbau geprägte Gelände des ehemaligen<br />

Torfwerkes Reitzenhain. Der Knüppelweg<br />

verläuft durch Fichten- und Birkenmoorwald,<br />

offene Torfflächen und wiedervernässte<br />

Bereiche, in denen sich erneut torfbildende<br />

Arten ausbreiten. Auf den beweglichen Lehrpfadelementen<br />

werden die Geschichte des<br />

<strong>Moore</strong>s und des Torfabbaus sowie die Pflanzen<br />

und Tiere der Stengelhaide vorgestellt. Außerdem<br />

erfährt man Wissenswertes zu den durchgeführten<br />

Renaturierungsmaßnahmen. Der<br />

Lehrpfad kann in der Zeit von Anfang Mai bis<br />

Ende Oktober besucht werden.<br />

Eine weitere Möglichkeit, die Regeneration<br />

eines Torfstiches zu sehen, befindet sich im<br />

Auf dem Moorlehrpfad Stengelhaide<br />

28<br />

Moor Am alten Floßgraben in der Nähe von<br />

Muldenberg. Dort ist sehr eindrucksvoll das<br />

Verlanden des auf der Torfstichsohle entstandenen<br />

Flachgewässers zu beobachten.<br />

Fieberklee Biotop Hochmoor<br />

Tusche-Rohrfederzeichnung von<br />

C.H. Westenburger


Literatur<br />

AUTORENKOLLEKTIV (1978):<br />

Die Torfvorkommen des Bezirkes Karl-<br />

Marx-Stadt. - Kenntnisstandanalyse des<br />

Rates des Bezirkes Karl-Marx-Stadt, Abt.<br />

Geologie, unveröff.<br />

COLDITZ, G. (1994):<br />

Auen, <strong>Moore</strong>, Feuchtwiesen. Gefährdung<br />

und Schutz von Feuchtgebieten. - Birkhäuser<br />

Verlag, Basel Boston Berlin<br />

EDOM, F., GOLOMBEK, E. & GOLUBCOV A.A.<br />

(1993): Erarbeitung wissenschaftlicher<br />

Grundlagen zum Ökosystemverhalten geschützter<br />

und unterschiedlich genutzter<br />

Erzgebirgsmoore sowie Ableitung von<br />

Schutzkonzepten bzw. Grundsätzen einer<br />

ökologisch ausgerichteten Bewirt<br />

schaftung. - Bericht vom Lehrstuhl<br />

Landeskultur und Naturschutz, TU<br />

Dresden, Tharandt<br />

ELLENBERG, H. (1996):<br />

Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen<br />

in ökologischer, dynamischer und historischer<br />

Sicht. - 5., stark veränderte und verbesserte<br />

Aufl. - Eugen Ulmer Verlag,<br />

Stuttgart<br />

HUTTER, C-P. (Hrsg.), KAPFER, A. &<br />

POSCHLOD, P. (1997): Sümpfe und<br />

<strong>Moore</strong>. Biotope erkennen, bestimmen,<br />

schützen. - Weitbrecht Verlag, Stuttgart<br />

Wien Bern<br />

MÄNNEL, H. (1896):<br />

Die <strong>Moore</strong> des <strong>Erzgebirge</strong>s und ihre forstwirtschaftliche<br />

und nationalökonomische<br />

Bedeutung. - Diss., München (M. Riegersche<br />

Universitätsbuchhandlung)<br />

NAUMANN, A. (1927):<br />

Zur Geschichte unserer <strong>Moore</strong>. - In:<br />

Mitteilungen des Landesvereins<br />

Sächsischer Heimatschutz, Band XVI,<br />

Dresden, S. 37-61<br />

RASCHER, J. & FISCHER, J. (2000):<br />

Hydrologisches Gutachten zur Renaturierung<br />

Moorgebiet Lehmheide,<br />

GEO-montan Freiberg, unveröff.<br />

30<br />

SÄCHSISCHE AKADEMIE FÜR NATUR UND<br />

UMWELT IN DER SÄCHSISCHEN<br />

LANDESSTIFTUNG NATUR UND<br />

UMWELT (Hrsg.) (1998): Ökologie und<br />

Schutz der <strong>Moore</strong> im <strong>Erzgebirge</strong> -<br />

Dresden<br />

SCHOPP-GUTH, A. (1999):<br />

Renaturierung von Moorlandschaften. -<br />

Schriftenreihe für Landschaftspflege und<br />

Naturschutz Heft 57, Bundesamt für<br />

Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg<br />

SCHREITER, B. (2004):<br />

Analyse und Bewertung der Regeneration<br />

in einem degradierten Erzgebirgshochmoor.<br />

- Dipl.-Arb. Universität Leipzig,<br />

Institut für Geographie, unveröff.<br />

STAATLICHES UMWELTFACHAMT CHEMNITZ<br />

(Hrsg.) (2000): Arten- und Biotopschutzbericht<br />

der Region Chemnitz-<strong>Erzgebirge</strong>.<br />

SUCCOW, M. & JESCHKE, L. ( 1990):<br />

<strong>Moore</strong> in der Landschaft. - 2. Aufl.,<br />

Urania Verlag, Leipzig<br />

SUCCOW, M. & JOOSTEN, H. (2001):<br />

Landschaftsökologische Moorkunde. - 2.<br />

Auflage, Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung,<br />

Stuttgart<br />

THURN, V. (1996):<br />

Das Moor hat seine Schuldigkeit getan. -<br />

In: natur + kosmos 7/96, München, S. 60<br />

- 64<br />

UHLMANN, R. (2002):<br />

Naturschutzfachliche Würdigung eines<br />

Moorgebietes im <strong>Erzgebirge</strong> und<br />

Ableitung eines Maßnahmekonzeptes. -<br />

Dipl.-Arb. Hochschule Anhalt (FH)<br />

Bernburg, unveröff.<br />

ZINKE, P. (2002):<br />

Nutzungsgeschichte, Zustand und <strong>Revitalisierung</strong><br />

der <strong>Moore</strong> im <strong>Erzgebirge</strong>. - In:<br />

TELMA 32, Hannover , S. 267 - 280<br />

ZWECKVERBAND NATURPARK<br />

„ERZGEBIRGE / VOGTLAND“ (2000):<br />

Vorstudie Landesschwerpunktprojekt<br />

„Erzgebirgische <strong>Moore</strong>“. - erstellt im<br />

Auftrag des Sächsischen Landesamt für<br />

Umwelt und Geologie, Schlettau, unveröff.


C.H. Westenburger<br />

Unsere Einbildungskraft wird beflügelt durch<br />

„Schöpferisches Naturerleben“. Ich weiß, dass<br />

die „Lehrmeisterin Natur“ mir viele Schichtungen<br />

gezeigt hat, die übereinander liegen, miteinander<br />

verwoben sind auf wunderbare Weise.<br />

Zu diesen Schichtungen gehören die Nähe und<br />

die Ferne, das Große und das Kleine, die Haut<br />

der Erde mit ihren Farben und Düften, die<br />

Spiele des Lichtes sowie die Atmosphäre. Vielen<br />

Bildwelten bin ich begegnet - man muß zu<br />

ihnen gehen - mit oft einmaligen Erlebnissen<br />

und Erscheinungen, die wie Erschütterungen<br />

auf mich wirkten. Für mich ist das Bekenntnis<br />

zur schutzbedürftigen Natur und daraus entstandene<br />

praktische Naturschutzarbeit eine<br />

besondere Art der Verdichtung mit meinem<br />

Beruf.<br />

Wo es sich anbietet, kann man der Natur<br />

gestalterisch zu Hilfe kommen und mit guter<br />

Sachkenntnis Naturkleinodien neu beleben. Die<br />

Kultur eines Landes, einer Landschaft, bedarf<br />

zunehmend solcher wegweisender Zeichen für<br />

eine neue menschenfreundliche, gesunde, erlebnisreiche<br />

Zukunft. Menschen mit der Kraft der<br />

Vision und der Gestaltungsfähigkeit werden<br />

großem Naturverbrauch und -vernichtung auch<br />

entgegenwirken.<br />

Die Gegenkraft zur Zerstörung, dem Schrecklichen,<br />

muß eine humane Gegenkraft sein,<br />

wenn der Künstler sie nicht hat, gibt es Verluste<br />

in seiner Mission!<br />

Die Wachheit wird auch durch die Qualität der<br />

„Lust der Sinne“ gespeist. Alles ist in uns - wir<br />

müssen nur wollen.<br />

Menschen, die das Leben in seiner Ganzheit<br />

wahrnehmen, werden mit der Zeit auch fähig,<br />

neue Kultur zu entwickeln.<br />

Was wissen wir, was die nach uns kommenden<br />

Generationen dringend nötig haben an Natur<br />

und Heilstoffen aus der Natur? Mit Verschwinden<br />

von Pflanzen geht auch Heilkraft verloren<br />

für den Menschen. Wir haben aber zu bewahren<br />

und zu mehren.<br />

Eine ethische Aufgabe. Bewahrung von Kultur.<br />

Und als Künstler sage ich, der Mensch braucht<br />

auch reiche Seherlebnisse, Nahrung für seine<br />

Gefühls- und Gedankenwelt, sein Innenleben,<br />

Nahrung für schöpferisches künstlerisches Tun,<br />

nicht zuletzt aus erlebnisreicher Natur - Umwelt<br />

und dem Werk des Menschen.<br />

Tag für Tag verliert das Auge abwechslungsreiche<br />

Landschaft an Kuppen, Senken, Bäche,<br />

Bäume, Hohlwege, Hecken, eine Vielfalt für<br />

Geist und Herz. Ein Kapital an Formen wird<br />

gelöscht. Ordnungsfanatismus und ökonomische<br />

Interessen räumen die Landschaft aus.<br />

Reichtum und Vielfalt werden so ausgelöscht<br />

für immer.<br />

Tannenberg, September 2004


Moorlandschaft mit Wollgrasblüte 1993

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!