Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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Ausschnitt aus einem Titelblatt zu Fidelis’ «De relationibus ...», auf welchem in solchen<br />
Bildchen die Hauptthemen der seinerzeitigen Gerichtsmedizin dargestellt sind.<br />
tion über die Jungfernschaft, wer gegen so viele berühmte medi-<br />
zinische Autoren aufrecht erhalten wollte, diese Membran finde<br />
sich bei allen Jungfrauen und man könne hieraus ein sicheres Urteil<br />
über die Virginität ableiten 208 .<br />
Interessant ist ein Einleitungsgedicht zu Fidelis’ Werk aus der<br />
Leipziger Ausgabe von 1674, welches die Frage der Virginität<br />
gleich als erste anführt, während sie im Werke selbst als eine eher<br />
seltene Frage bezeichnet wird. Wieviel Tränen, wieviel Ehrverlust,<br />
heisst es da sinngemäss, wenn die Jungfrauschaft bezweifelt wird!<br />
Die Hebamme kommt dann, berührt die Jungfrau, sucht nach dem<br />
Hymen und urteilt danach - «o falsa matrum signa!» durch welche<br />
kaum zwischen Buhldirne und der Reinheit der Jungfrau unter-<br />
schieden wird 209 . Hier erscheint der medizinische Begutachter also<br />
als Erretter der Angeklagten - ein immer wiederkehrendes Motiv<br />
der poetischen Seite des Faches - und gerade das verlangt ihm die<br />
Ablehnung von Hebammen und Hymen ab.<br />
Die Auffassung, es gebe keinen Hymen und die Verwendung<br />
dieser Auffassung als Argument gegen die Gutachtertätigkeit und<br />
gegen die Sachkunde der Hebammen überhaupt, finden sich auch<br />
im weiteren Verlauf des Jahrhunderts. Sie findet sich in Roderico a<br />
Castros (um 1 46-1627) «Medicus politicus» von 1614 210 und noch<br />
1704 in dem brillanten und einflussreichen Buch des Leipzigers<br />
Johannes Bohn (1640-1718) «De officio medici duplici, clinici nimi-<br />
rum ac forensis» 211 . Bohn tritt zwar «männlich und gründlich», wie<br />
ihm ein späterer Historiker zuerkennt 212 , bereits sehr allgemein ge-<br />
gen alle Gutachtertätigkeiten der Hebammen auf, doch sein erstes<br />
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