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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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nen allzubald gläuben und meynen, es könne solche ihre Aussag<br />

nicht fehlen, manchmal sehr unbilliche Urtheil. Denn dass diese<br />

freche unnd unverschämpte Weiber von diesem Häutlin nichts ge-<br />

wisses haben können, ist auss diesem gnugsam abzunemen, dieweil<br />

etliche auss ihnen fürgeben, es (dieses Häutlin) beruhe aller eusserst<br />

und in dem ersten Anblick zwischen den Wänden oder Lefftzen<br />

dess Gemächts, etliche in der Mitte dess Halses oder Eingangs in die<br />

Gebärmutter: etliche weitter darinnen, nächst bey dem inwendi-<br />

gern Mundtloch der Gebärmutter ... Und fürwar, so kan man von<br />

einem solchen Ding, so dermassen selten erscheinet, unnd auch wi-<br />

der die Natur ist, meines Erachtens nichts gewisses schliessen ...» 19 .<br />

Natürlich taucht beim Lesen dieses Textes die Frage nach der<br />

realen Basis einer derartigen Stellungnahme auf. Diese Frage ist<br />

letztlich wahrscheinlich nicht lösbar, weil Erwartungsstruktur und<br />

Erfahrung auch in der Geschichte als eine Einheit gesehen werden<br />

müssen, deren innere Organisation immer höchstens teilweise er-<br />

schlossen werden kann. Im vorliegenden Falle glaubt man aller-<br />

dings, die Vermengung von Hymen und Atresie 196 und die alte ter-<br />

minologische Verwirrung um das weibliche Genitale durchzuspü-<br />

ren, welche sich aus der Galen’schen Analogie ergab (vgl. S. 14-16).<br />

Ähnlich wie Pari und auf diesen sich stützend äussert sich der Leib-<br />

chirurg Philipps II. (regierte 1 6-1 98), Juan Fragoso - auch ihm<br />

ist der Hymen kein aussagekräftiges Virginitätszeichen. Er schreibe<br />

über diese Sache, beschliesst Fragoso sein Kapitel über die Jungfern-<br />

schaftsbestimmung, damit die Richter den Hebammen nicht immer<br />

Glauben schenkten, wenn diese darüber aussagten, auch, um die<br />

Ärzte und Chirurgen zu unterrichten 197 .<br />

Giovanni Battista Codronchi (1 47-1628), der wohl erste medizini-<br />

sche Autor, der das Thema Gerichtsmedizin einigermassen zusam-<br />

menfassend behandelte, ist ebenfalls der Meinung, die Virginitäts-<br />

untersuchung sollte den Medizinern übertragen werden. Denn die<br />

Hebammen, denen die Rechtsgelehrten die Sache zu überlassen<br />

pflegten, irrten sich wieder und wieder, weil sie - mangels Sach-<br />

kenntnis - die Virginität nach Kriterien beurteilten, deren erstes,<br />

ein Häutchen, Hymen genannt, nach der Meinung der gewiegte-<br />

sten Anatomen kaum je vorhanden ist - wenn aber, so wird es oft-<br />

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