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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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Aussagen über die <strong>Frau</strong> an sich ihrer sozialen Aussagekraft und ih-<br />

res Symbolwerts und damit die Menstruation ihrer Aktualität et-<br />

was beraubte.<br />

Sozialgeschichtlich gesehen ist die mit den beiden Weltkriegen<br />

in breiterem Umfange durchdringende Emanzipation der <strong>Frau</strong> der<br />

wohl wichtigste Hintergrund des Interesseverlusts der Menstrua-<br />

tion. Mit einigem Verzug scheinen die Verhältnisse im Gebiet der<br />

Lehre vom Klimakterium, die mit der Lehre von der Menstruation<br />

natürlich vielfach verquickt ist, ähnlich zu liegen zu kommen.<br />

Auch hier spielen sozialgeschichtliche Faktoren offenbar eine be-<br />

deutende Rolle 179 . Zum Teil ist die <strong>Frau</strong>enemanzipation eine eigen-<br />

ständige Entwicklung, zum Teil ist sie mit ökonomischen, kulturel-<br />

len und medizinischen Entwicklungen verquickt. Gerade die Anti-<br />

konzeption hat sie wahrscheinlich entscheidend vorangetrieben, in-<br />

dem sie die Beziehung zwischen der <strong>Frau</strong> als solcher und der Fort-<br />

pflanzung etwas lockerte. Damit verliert, was an der <strong>Frau</strong> im<br />

Dienst der Fortpflanzung steht, an Bedeutung als pars pro toto und<br />

damit auch die Menstruation an Symbolwert. Zudem ist, was die<br />

Menstruation in unserem Zusammenhange symbolisierte, nämlich<br />

die <strong>Krankheit</strong>sartigkeit des <strong>Frau</strong>seins an sich bzw. die körperliche<br />

und geistige Minderwertigkeit der <strong>Frau</strong> gegenüber dem Mann, aus<br />

der offiziellen Diskussion in intimere Bereiche zurückgedrängt<br />

worden, vielfach geradezu dem Tabu verfallen und damit natürlich<br />

- für den Augenblick - auch die zugehörige wissenschaftliche Un-<br />

termauerung einer derartigen Annahme.<br />

Ferner scheint die emanzipatorische Erweiterung des Spektrums<br />

der für die <strong>Frau</strong> zugelassenen sozialen Tätigkeits- und Ausdrucks-<br />

formen einerseits zum Abbau der im 19. Jahrhundert offenbar üp-<br />

pig florierenden Ressentiments und Aggressionen vieler <strong>Frau</strong>en ge-<br />

genüber ihren Gatten und Familien beigetragen zu haben, so ist es<br />

der <strong>Frau</strong> ja seit rund 100 Jahren (in Amerika länger, in Deutschland<br />

weniger) auch verstattet, Medizin zu studieren und sich gynäkolo-<br />

gisch, psychiatrisch, medizingeschichtlich zu äussern - auch über<br />

die Menstruation, wenn sie derartiges beschäftigt - was ja dann<br />

wiederum seine Rückwirkung auf die offiziellen Lehrmeinungen<br />

haben kann.<br />

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