Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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Generations- und Gestationsgeschäftes des Weibes entwickeln, eine<br />
Sonderstellung einräumen zu sollen ... Das eingehende Studium<br />
der Symptomatologie und des Verlaufes, die Herausstellung der<br />
grossen <strong>Krankheit</strong>skreise des manisch-melancholischen Irreseins<br />
und der Dementia praecox, das tiefere Eindringen in das Wesen<br />
der reaktiven, psychogenen Psychosen und die Zusammenfassung<br />
aller symptomatischen Psychosen in den exogenen Reaktionsfor-<br />
men hat aber schliesslich zu der Erkenntnis geführt, dass hier doch<br />
wohl eine Überschätzung des ätiologischen Faktors vorlag, dass<br />
man ein propter hoc für das post hoc setzte, und so hat die Betrach-<br />
tung der Generationspsychosen ... weitgehend mehr historisches<br />
Interesse.» Interessanterweise bespricht Ewald die Generationspsy-<br />
chosen als Anhang zu «Psychosen bei akuten Infektionen, bei All-<br />
gemeinleiden und bei Erkrankungen innerer Organe» - wobei er<br />
allerdings betont, «dass man weder die Generations- noch die Ge-<br />
stationsvorgänge als ,Erkrankungen der Genitalorgane‘ bezeichnen<br />
darf ...» 174 . Auch der Aufschwung der medizinischen Psychologie<br />
und der Psychogenielehre, den die Weltkriege nach sich zogen 17 ,<br />
trug zur Entthronung der Menstruation bei. Manches, was vor die-<br />
sen Kriegen als körperliche Ursache psychischer Erscheinungen an-<br />
gesprochen worden ist, ist nachdem zum psychogenen Symptom<br />
geworden 176 . «Einen nicht geringen Prozentsatz von menstruellen<br />
Psychosen», schreibt Ewald 1927, «dürften ... die psychogenen Psy-<br />
chosen stellen.» Ein Jahr später aber statuiert er, «dass man in Um-<br />
kehr der Verhältnisse die Menstruationsstörungen für das verursa-<br />
chende Moment» mancher Psychosen gehalten habe. «Heute wis-<br />
sen wir, dass die so häufige Amenorrhoe im Verlauf der Psychosen<br />
nur eine körperliche Begleiterscheinung der psychischen Erkran-<br />
kung ist ...» 177 . Selbst Hauptmann, der seine «Menstruation und Psy-<br />
che» (1924) eigentlich den ihm problematisch und unergiebig er-<br />
scheinenden «psychologisierenden Tendenzen» seiner Zeit entge-<br />
genstellt, berücksichtigt den Aspekt der Menstruation als «Erleb-<br />
nis» 178 . Insgesamt kann man den Aufschwung der medizinischen<br />
Psychologie nach den Weltkriegen als ein Zeichen eines gewissen<br />
Vertrauens- und Prestigeverlusts der somatisch-naturwissenschaft-<br />
lich begründeten Medizin betrachten, welcher körpermedizinische<br />
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