Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
menwirken ... sonst getrennter Organe weist auf eine Intervention des Nervensystemes hin.» Pflüger geht von der Reflexlehre aus. Sehr schwache Reize vermögen, wenn sie nur kurz dauern, die ih- nen entsprechende motorische Reflexaktion oft nicht auszulösen. Wenn sie aber anhalten, können sie sich summieren und so zu periodischen Entladungen führen. Pflüger erinnert hier an das seiner Zeit geläufige Konzept von der Reflexepilepsie mit periodischer Entladung. «Periodische Krämpfe nach schwachen aber dauernden Anlässen, die nicht die epileptische Form anzunehmen brauchen, sind keine seltnen Erfahrungen im Gebiete der Pathologie. Dieses Reflexprincip enthält, scheint mir, den Schlüssel zur Erklärung der rhythmischen Action der weiblichen Genitalien.» Das fortwäh- rende Wachstum von Zellen im Eierstock führt zu einer sehr schwachen aber kontinuierlichen Reizung der «Ovarialnerven», diese summiert sich im «menstrualen Reflexcentrum des Rücken- markes» und wenn ein kritischer Wert erreicht ist, «erfolgt der reflectorische Ausschlag als gewaltige Blutcongestion nach den Ge- nitalien», die sowohl den Eisprung als auch die menstruale Blutung «Sitzbad. Da sich im Becken die wichtigsten Vorgänge abspielen, ist auch die Beeinflus- sung des unteren Rumpfes durch Wasser von grösster Bedeutung. Das sogenannte Sitzbad ... ist daher eine viel gebräuchliche Badeform geworden.» 73
auslöst. Die Molimina menstrualia, das regelmässige Unwohlbefin- den, sind ein anderer Effekt des nervösen Ausnahmezustandes wäh- rend der Menstruation 149 . Mit dieser Lehre nimmt Pflüger die Tendenz seiner Zeit auf, die Menstruation als Phänomen aus dem Umkreis der Hysterie und der Nervosität zu betrachten 1 0 - in deren Ätiologie ja Genitalorgane und Nervensystem ebenfalls in mannigfaltiger Weise verquickt sind - und verschafft dieser Tendenz ein plausibles neurophysiolo- gisches Rationale. Damit wurde er zur massgebenden Autoriät in Menstruationssachen und das Nervensystem zum zentralen Träger des Menstruationsprozesses bis zum Aufkommen der Hormone. Die Menstruation aber war nun klarer Ausdruck einer chronischen Reizung des Nervensystems und ein Analog reflexepileptischer und anderer pathologischer Krampferscheinungen. Die Reflexepilepsie aber war im 19. Jahrhundert ein wohlbe- kanntes Modell der Neurosen und Psychosen, die man ja damals gerne auf Funktionsstörungen in Organen zurückführte 1 1 . Reflex- neurotische Mechanismen wurden vielfach für die zahlreichen Symptome der Neurasthenie und für die zahllosen Symptome der Hysterie verantwortlich gemacht. In beiden Fällen wurde das ge- «Sitzbad mit nachfolgendem Bauch- und Kreuzguss. Nach einem warmen Sitzbad wir- ken diese Güsse ... sehr kräftigend.» 74
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Sehr schwache Reize vermögen, wenn sie nur kurz dauern, die ih-<br />
nen entsprechende motorische Reflexaktion oft nicht auszulösen.<br />
Wenn sie aber anhalten, können sie sich summieren und so zu<br />
periodischen Entladungen führen. Pflüger erinnert hier an das seiner<br />
Zeit geläufige Konzept von der Reflexepilepsie mit periodischer<br />
Entladung. «Periodische Krämpfe nach schwachen aber dauernden<br />
Anlässen, die nicht die epileptische Form anzunehmen brauchen,<br />
sind keine seltnen Erfahrungen im Gebiete der Pathologie. Dieses<br />
Reflexprincip enthält, scheint mir, den Schlüssel zur Erklärung der<br />
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rende Wachstum von Zellen im Eierstock führt zu einer sehr<br />
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diese summiert sich im «menstrualen Reflexcentrum des Rücken-<br />
markes» und wenn ein kritischer Wert erreicht ist, «erfolgt der<br />
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«Sitzbad. Da sich im Becken die wichtigsten Vorgänge abspielen, ist auch die Beeinflus-<br />
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... ist daher eine viel gebräuchliche Badeform geworden.»<br />
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