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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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vierte sich der Aspekt der Menstruation als Brunst und nichtausge-<br />

lebte Schwangerschaft. So schrieb Robert Remak (181 -186 ), einer<br />

der hervorragendsten Mikroskopiker seiner Zeit, der sich 1847 an<br />

der Universität Berlin habilitierte, und so der erste jüdische Privat-<br />

dozent in Preussen wurde, 1839 eine Arbeit (publiziert erst 1843)<br />

«Über Menstruation und Brunst». Bemerkenswerterweise erscheint<br />

die Menstruation in dieser Publikation wiederum, wie schon um<br />

die Wende zum 19. Jahrhundert, als Ausfluss einer pathologischen<br />

weiblichen Sexualität. Nur ist es diesmal nicht die unterdrückte,<br />

sondern die überreizte Sexualität, die da pathogen ist. Remaks Ar-<br />

beit ist unter dem Titel «Die abnorme Natur des Menstrualblutflus-<br />

ses erläutert» offenbar auch separat gedruckt erschienen 136 . «Der<br />

Menstrualblutfluss wird hier aus der Physiologie vor das Forum der<br />

Pathologie verwiesen», heisst es da. Die physiologische Menstrua-<br />

tion geht ohne Blutung vonstatten. Eine begleitende Blutung ist<br />

pathologisch, bedingt durch die sexuelle Freiheit im Intermen-<br />

struum, also ausserhalb der eigentlichen Brunstzeit - «spontane Be-<br />

gierde bei <strong>Frau</strong>en ist wohl immer ein krankhaftes Zeichen». Sie<br />

lässt sich verhindern durch «Leibesübungen, passende geistige Be-<br />

schäftigung und Vermeidung aller psychischen und somatischen<br />

geschlechtlichen Aufregungen» 137 .<br />

Den Aspekt der Menstruation als nichtausgelebte Schwanger-<br />

schaft hebt demgegenüber Virchow, der Schöpfer der Zellularpa-<br />

thologie und spätere Papst der Medizin seiner Zeit 1848 hervor.<br />

«Seitdem die Physiologen sich dahin geeinigt haben, dass jede<br />

Menstruation mit der Loslösung einer Eizelle und dem Übergehen<br />

derselben in die Geschlechtswege verbunden ist, musste natürlich<br />

der absolute Unterschied zwischen Schwangerschaft und Men-<br />

struation fortfallen», schreibt Virchow. «Die Menstruation ist eine<br />

Schwangerschaft im kleinsten Maassstabe ...» Dass eine Schwan-<br />

gerschaft im grösseren Massstabe aber das Gesundere gewesen<br />

wäre, deutet sich im pathologisch-anatomischen Befund an, den<br />

Virchow erhebt: «eine leicht verdickte, succulente, hyperämische<br />

Schleimhaut, vermehrte Absonderung von Schleim (...) und Epi-<br />

thelialzellen mit Beimischung von Blut, so wird jeder pathologi-<br />

sche Anatom, dem man nicht vorher von Menstruation geredet<br />

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