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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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ahndeten Delikten - Todesstrafe - gehörte 118 . Andrerseits scheint<br />

das seinerzeitige Interesse an der Pubertät auch vom romantischen<br />

Interesse an der Metamorphose sich genährt zu haben.<br />

Ernst Plattier (1744-1818), der Schöpfer des in der Praxis, Theorie<br />

und Geschichte der forensischen Psychiatrie so wichtig gewesenen<br />

Begriffs der «amentia occulta», des «versteckten Wahnsinns»<br />

(1797), gibt im zweiten seiner beiden berühmt gewordenen Artikel<br />

über diesen Gegenstand die Geschichte einer Brandstifterin wieder:<br />

«Ein Mädchen auf dem Lande, noch nicht völlig 17 Jahr alt, legt<br />

zweimal in dem Gehöfte ihres Dienstherrn Feuer an ... Dabei war<br />

sie so begierig auf das Feuer, dass sie, als dasselbe allmälich zum<br />

Ausbruche kam ... in eine Art von angenehmer Erwartung gerieth<br />

...» Dieses Mädchen hatte keinerlei Zwist gehabt mit ihrem Dienst-<br />

herrn noch irgendein «deutliches Zeichen von Wahnsinn verrathen<br />

... Aber ihr körperliches Übelbefinden war ausser allem Zweifel»,<br />

denn sie litt an epileptischen Krämpfen, «und von den Anfällen<br />

dieser <strong>Krankheit</strong> wurde sie dann um so heftiger heimgesucht, wenn<br />

sie in die Zeit fielen, wo ihre Regeln bevorstanden. Denn dieses<br />

Ankämpfen zweier sich entgegengesetzter Anstrengungen quälte<br />

und peinigte das Mädchen auf bewundernswürdige Weise; dies<br />

war ihr gerade wenige Tage vor dem Anlegen des Feuers begeg-<br />

net.» Die medizinische Fakultät zu Leipzig nahm Zusammenhänge<br />

an zwischen der Tat dieses Mädchens und ihren Krampfleiden und<br />

Menstruationsverhältnissen und befand, «es stehe ... nicht ... zu be-<br />

haupten, dass die Inquisitin, ihrer körperlichen Beschaffenheit<br />

nach, zu den Zeiten, als sie Feuer angelegt, den freien Gebrauch ih-<br />

res Verstandes gehabt habe» 119 .<br />

Friedrich Benjamin Osiander (17 9-1822) hat die Brandstiftungsten-<br />

denz junger Mädchen mit deren hämatologischer Situation in eng-<br />

ste Beziehung gebracht. Junge Mädchen sind von einer übermässi-<br />

gen «Venosität» beherrscht. «In dieser Venosität ist ... eine beson-<br />

dere ... Eigenschaft der Seele in den Entwickelungsjahren des<br />

weiblichen Geschlechts begründet, nemlich die Feuerlust, oder der<br />

Hang Feuer anzulegen 120 ... Wahrscheinlich liegt diese Feuerlust,<br />

diese ausserordentliche Lichtgier in der Entweichung des arteriösen<br />

Blutes an einer, und Anhäufung des venösen Blutes an einer andern<br />

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