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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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logie zu deuten: im späten 18. und 19. Jahrhundert haben die sich<br />

selbst bewegenden und dem Menschen gehorchenden Maschinen<br />

dem physiologischen Denken Modell gestanden, in der Antike wa-<br />

ren es die Vorgänge in Küche und bäuerlichem Betrieb: Gerin-<br />

nung, Gärung und vor allem das Kochen. Wie man durch Kochen<br />

rohes Material zu feinen Gerichten verarbeitete, so verarbeitete der<br />

menschliche Organismus kraft seiner Wärme die aufgenommene<br />

Nahrung zu Feinerem; zu Säften und Geweben. Wenn die <strong>Frau</strong><br />

nun infolge ihrer Kälte beziehungsweise ihrem Mangel an Wärme<br />

statt hellen Samens rotes Menstrualblut hervorbrachte, so war das<br />

im Grunde Zeichen eines physiologischen Mangels. Ihr Organis-<br />

mus, namentlich Leber und Venen, war unfähig, die aufgenom-<br />

mene rohe Nahrung so gut durchzukochen und zu vervollkomm-<br />

nen wie der des Mannes. Dies erscheint um so einleuchtender, als<br />

Aristoteles umgekehrt den männlichen Samen als hämatogen, d. h.<br />

in den Blutgefässen hergestellt, betrachtete. Aristoteles setzt kon-<br />

tinuierliche Übergänge zwischen Venen und Samenkanälen vor-<br />

aus, die der kontinuierlichen Verarbeitung des roheren Blutes zum<br />

Feinsten, dem männlichen Samen, dienen. Nach sexuellen Exzessen<br />

nimmt dieser daher bisweilen blutartigen Aspekt an 78 . «Somit ist<br />

die <strong>Frau</strong> eine Art zeugungsunfähiger Mann. Denn Weibchen sein<br />

bedeutet eine gewisse Schwäche, weil es nicht imstande ist, aus der<br />

letzten Nahrungsstufe Samen ausreifen zu lassen. Diese Stufe ist<br />

Blut ... und der Grund ist die Kälte des Wesens. Wie nun in den<br />

Gedärmen bei Verdauungsstörungen der Durchfall entsteht und in<br />

den Adern sonstige Blutflüsse, so ist auch der Monatsfluss aufzufas-<br />

sen. Auch dieser ist ein Blutfluss. Aber» - Aristoteles scheint sich<br />

von der Idee distanzieren zu wollen, dass man die Menstruation<br />

mithin als <strong>Krankheit</strong>ssymptom aufzufassen habe - «Aber während<br />

jene krankhaft sind, ist dieser natürlich» 79 . Dies wieder passt zu<br />

Aristoteles’ Auffassung der <strong>Frau</strong> als Missbildung bzw. Minderge-<br />

burt, die aber aus Gründen der Arterhaltung unentbehrlich sei 80 -<br />

Auffassung, die das Abendland in zahllosen Modifikationen und<br />

Ausformungen weiter gepflegt hat 81 .<br />

Soranus von Ephesus (vgl. S. 12) hat der Frage nach der Nützlich-<br />

keit der Menstruation ein ganzes Kapitel gewidmet, in welchem er<br />

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