Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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heitsursachen zu ersetzen und so allenfalls strafwürdige Hexen vor<br />
dem Scheiterhaufen zu retten. Sie antagonisiert hier also die Effekte<br />
der Misogynie.<br />
Das 18. Jahrhundert ist im ganzen ein eher frauen-freundliches<br />
Jahrhundert. Die Aufklärung tritt für bisher sozial benachteiligte<br />
Gruppen ein, auch für <strong>Frau</strong>en. Den Hexen- und Dämonenglauben<br />
lässt sie als Aberglauben fallen.<br />
Auch die <strong>Frau</strong>enkrankheit Hysterie tritt in den Hintergrund.<br />
Sydenham hatte Hysterie und Hypochondrie identisch genannt, für<br />
ihn war es dieselbe <strong>Krankheit</strong>, die bei den <strong>Frau</strong>en Hysterie, bei den<br />
Männern Hypochondrie heisse 49 . Nach seinem Muster löst sich nun<br />
im 18. Jahrhundert die <strong>Krankheit</strong> Hysterie in der Hystero-Hypo-<br />
chondrie oder einfach in der Hypochondrie weitgehend auf (Black-<br />
more, Whytt und andere) 0 .<br />
Das 19. Jahrhundert, das sogenannte «Jahrhundert der <strong>Frau</strong>en-<br />
emanzipation», das Jahrhundert auch der Reaktionen auf die Eman-<br />
zipation der <strong>Frau</strong>en, hat, besonders in seiner zweiten Hälfte, eine<br />
Renaissance platonischen <strong>Frau</strong>enhasses - und des medizinischen In-<br />
teresses an der Hysterie - gebracht.<br />
Die Theologie neigte wieder vermehrt zum Glauben an die He-<br />
xerei. 1886 kam eine Schrift des Pastors Ernst Muehe bereits in<br />
2. Auflage heraus, in welcher es unter anderem heisst: «Die ... He-<br />
xen stehen als Werkzeuge und Agenten der unsichtbaren Geister-<br />
wesen im Besitz grosser Macht. ... Sie massen sich ... die Stellung<br />
Gottes selbst an. Das ist aber die eigentliche Stellung des Teufels, ...<br />
der Höhepunkt menschlicher Teufelei» und später: «Der Glaube an<br />
Hexen hat viel Unfug in der Welt angerichtet, und manche arme<br />
... <strong>Frau</strong> mag durch den ‚Hexenhammer‘ unschuldig ... verbrannt<br />
sein. Doch wollen wir’s uns nicht verhehlen, dass doch auch man-<br />
ches Wahre daran ist.» Der Pastor bedauert: «Leider bietet die neue<br />
Gesetzgebung den Obrigkeiten keine genügende Handhaben, um<br />
diesem Frevel wirksam zu steuern.» 1 Die Tendenz, die Wirklich-<br />
keit des Hexenwesens in Betracht zu ziehen, scheint bis in unser<br />
Jahrhundert hinein noch zugenommen zu haben. Während im<br />
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