Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
weiblichen Ei assoziierte und die weiblichen Hoden deshalb Ova- rien nannte, ist hier vor allem zu nennen 23 . Das Ovar aber sollte zum Kristallisationskern einer von der weiterhin gebärmutterzen- trierten Geburtshilfe losgelösten selbständigen Gynäkologie wer- den. Die wissenschaftliche Eigenwürde, die Ovar und Ei der Frau verliehen, wurde natürlich nicht unwidersprochen hingenommen. Geradezu anekdotenhaft mutet der Streit der «Animalculisten» ge- gen die «Ovisten» an, welcher am Anfang des 18. Jahrhunderts ent- brannte. Die einen, so etwa Leeuwenhoek, leiteten den Menschen ganz aus dem neuentdeckten Spermatozoon her - sie sahen ihn da auch mikroskopisch vollständig vorgebildet - während die anderen das Ei als den ursprünglichen Keim betrachteten. Gemeinsam war den streitenden Parteien die Annahme der sogenannten «Präforma- tion» des Keimes in der Keimzelle - ihr Streit nahm denn auch sein Ende mit dem Durchdringen der «Epigenese»-Theorie, die in der Samentierchen, wie es der Animalkulist Nicolaas Hartsoeker (16 6-172 ) sah. 2
Keimentwicklung nicht ein allmähliches Erscheinen von Vorbeste- hendem, sondern einen allmählichen Bildungsvorgang erblickte 24 . Doch das «Ovar» blieb fortan im Bewusstsein der Mediziner, die sich beruflich um die Frau kümmerten, und verdrängte da allmäh- lich den Uterus aus seiner zentralen Stellung. Ganz deutlich wurde dies dann im 19. Jahrhundert - 1828 durch Karl Ernst von Baers (1792-1876) Entdeckung des Säugetiereis neu aktualisiert 2 (Graaf hatte das Ei erst postuliert, gesehen hatte er nur die Follikel). Nicht mehr Johann Baptista van Helmonts (1 79-1644) «nur der Uterus macht die Frau zu dem, was sie ist», sei als richtig zu be- trachten, wird auch der hochberühmte Rudolf Virchow (1821-1902) 1848 schreiben, sondern: «Das Weib ist eben Weib nur durch seine Generationsdrüse » 26 . Doch die Betrachtung der Frau als eine Folge ihrer Ovarien und die ersten operativen Behandlungen ovarieller Krankheiten (vgl. «Eine Wärterin, welche Sims’ Speculum hält.» Die physikalisch-diagnostischen Rituale und Instrumente des früheren 19. Jahrhunderts dienten unter anderem auch der Überwin- dung der Scheu vor der körperlichen Berührung des Patienten durch den Arzt, die bis dahin keineswegs gebräuchlich gewesen war. Für das Speculum gilt dies wohl in beson- derem Masse. 26
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Keimentwicklung nicht ein allmähliches Erscheinen von Vorbeste-<br />
hendem, sondern einen allmählichen Bildungsvorgang erblickte 24 .<br />
Doch das «Ovar» blieb fortan im Bewusstsein der Mediziner, die<br />
sich beruflich um die <strong>Frau</strong> kümmerten, und verdrängte da allmäh-<br />
lich den Uterus aus seiner zentralen Stellung. Ganz deutlich wurde<br />
dies dann im 19. Jahrhundert - 1828 durch Karl Ernst von Baers<br />
(1792-1876) Entdeckung des Säugetiereis neu aktualisiert 2 (Graaf<br />
hatte das Ei erst postuliert, gesehen hatte er nur die Follikel).<br />
Nicht mehr Johann Baptista van Helmonts (1 79-1644) «nur der<br />
Uterus macht die <strong>Frau</strong> zu dem, was sie ist», sei als richtig zu be-<br />
trachten, wird auch der hochberühmte Rudolf Virchow (1821-1902)<br />
1848 schreiben, sondern: «Das Weib ist eben Weib nur durch seine<br />
Generationsdrüse » 26 .<br />
Doch die Betrachtung der <strong>Frau</strong> als eine Folge ihrer Ovarien und<br />
die ersten operativen Behandlungen ovarieller <strong>Krankheit</strong>en (vgl.<br />
«Eine Wärterin, welche Sims’ Speculum hält.» Die physikalisch-diagnostischen Rituale<br />
und Instrumente des früheren 19. Jahrhunderts dienten unter anderem auch der Überwin-<br />
dung der Scheu vor der körperlichen Berührung des Patienten durch den Arzt, die bis<br />
dahin keineswegs gebräuchlich gewesen war. Für das Speculum gilt dies wohl in beson-<br />
derem Masse.<br />
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