Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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IV. NEUZEIT<br />
In der Neuzeit wurde dann Frankreich zum Land der grossen Heb-<br />
ammen; Louise Bougeois/Boursier (1 63-1636), geschworene Heb-<br />
amme der Stadt Paris und Hebamme der Maria von Medici, Gattin<br />
eines Chirurgen, die auch den Steinschnitt und andere chirurgische<br />
Operationen ausführte, ist hier zu nennen, ferner z. B. Marie-Louise<br />
Lachapelle (1769-1821), ebenfalls Chirurgengattin und Tochter<br />
einer Hebamme und eines Chirurgen. Mme Lachapelles Neffe, spä-<br />
terer Professor der Geburtshilfe in Montpellier, hat die Lehren<br />
seiner Tante in Buchform herausgegeben, ihre Schülerin Marie-<br />
Anne-Victoire Boivin (1773-1841) hat es mit ihrem selbstverfassten<br />
Werk zum Ehrendoktor der Universität Marburg gebracht, wäh-<br />
rend es in den deutschen Landen nur eine ebenso namhafte Heb-<br />
amme gegeben hat: die chur-brandenburgische Hof-Wehe-Mut-<br />
ter Justine Siegemundin (1648/ 0-170 ), welche ebenfalls ein Buch<br />
geschrieben hat 13 . «Dieses Buch ... soll, weil ich keine Kinder zur<br />
Welt gebohren, das seyn, was ich der Welt hinterlasse: Habe ich<br />
also nicht nöthig weitläufftig die Ursachen des Drucks zu rechtfer-<br />
tigen» 14 .<br />
Doch die Emanzipation der Gynäkologie und Geburtshilfe (zum<br />
medizinischen Fach) eilte der Emanzipation der <strong>Frau</strong> (zur Medi-<br />
zinerin) voraus 1 . Sie war deshalb zunächst mit einem allmählichen<br />
Übergang in männliche Hände verbunden. So äussert sich schon<br />
der Autor des ersten Hebammenlehrbuchs («Der Swangern <strong>Frau</strong>en<br />
Rosengarten», 1 13), der Chirurge Eucharius Roesslin (gest. 1 26),<br />
recht abschätzig über «die hebammen alle sampt, die also gar kein<br />
wissen handt» 16 . Sogar in Frankreich haben die Hebammen vor<br />
männlichen Geburtshelfern zurücktreten müssen. Der berühmte<br />
Renaissance-Chirurg Ambroise Paré (1 10-1 90), dessen Lehrbuch<br />
ein ausführliches gynäkologisch-geburtshilfliches Kapitel enthält,<br />
hat seine diesbezüglichen Schüler hinterlassen - Frangois Mauriceau<br />
(1637-1709) sollte dann der erste Chirurg werden, der sich fast aus-<br />
schliesslich mit Geburtshilfe und Gynäkologie befasste. Mauriceau<br />
hat an der Gebärabteilung des Pariser Hôtel-Dieu gewirkt, die<br />
vielleicht unter dem Einfluss der Mme Louise Boursier entstanden