Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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männlichen Anteile gelebt? Wobei ich gleich sagen möchte, dass<br />
ich die Worte »männlich« und »weiblich« überhaupt nur histo-<br />
risch, soziologisch und linguistisch verstehen und gebrauchen<br />
kann. Unsere Rollenteilung und Geschlechtsstereotypisierung<br />
ist ja so etwas wie ein Kernverhängnis mit der Folge, dass beide,<br />
Männer und <strong>Frau</strong>en, halbiert herumlaufen. Ich meine auch, dass<br />
die Dominanz, welche dem Merkmal Geschlecht unter allen<br />
möglichen Merkmalen, gewöhnlich unreflektiert, zuerkannt<br />
wird - im Deutschen auch die armen Bäume, Wolken und Steine<br />
beherrschend - mindestens hinterfragt werden muss. Für manche<br />
Indianersprachen z. B. sind Unterscheidungen zwischen »leb-<br />
los« und »lebend« oder »von Menschen nicht berührt« und »von<br />
Menschen berührt« konstituierender als »männlich« und »weib-<br />
lich«.<br />
Wie weit also habe auch ich mir als <strong>Frau</strong> der Wissenschaft deren<br />
herkömmliche Männlichkeit angezogen, wie weit meine männli-<br />
chen Traditionen in meine Wissenschaftlichkeit gekleidet? An-<br />
gezogen: ja natürlich, zunächst den Status, welchen beharrliche<br />
wissenschaftliche Tätigkeit mit sich bringt. So etwas wie Achsel-<br />
polster und Verdienstorden, unsichtbar natürlich, da Wissen-<br />
schaftler mit ihrem Rang nicht protzen und solches einer <strong>Frau</strong><br />
vollends schlecht anstünde, trotzdem spürbar im Reflex des mir<br />
begegnenden Verhaltens. Noch jetzt panzere ich mich zuweilen<br />
mit dem Titel, wenn ich mich mit blossem Namen nicht in den<br />
Kampf getraue.<br />
Auch das Geld machte mich in gewisser Hinsicht zum Manne,<br />
Geld als historisch gewordenes Samenäquivalent, weithin sicht-<br />
barer Ausfluss sozialer Potenz. Lange Zeit war ich es, die das<br />
regelmässige und hauptsächliche Familieneinkommen nach Hau-<br />
se brachte. Dabei ist mir auch der und jener typische Männer-<br />
frust begegnet, so wie: Ich arbeite den ganzen Tag, und wenn ich<br />
nach Hause komme, ist noch nicht mal das Essen fertig; oder: Ich<br />
verdiene sauer, und die geben es lustig aus. Und in Restaurants<br />
habe nicht selten ich bezahlt.<br />
Aber das sind ja noch wenig wissenschaftsspezifische und eigent-<br />
lich nie so ganz meine Sachen gewesen.<br />
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