Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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21.07.2013 Aufrufe

indessen die traditionelle Ordnung in Frage zu stellen. Hysterie habe mit Frauen nichts zu tun, schreibt er 1920, sei keine Ungezogenheit junger und alternder Mädchen, sondern »eine Ausschweifung der Phantasie, ein Gewaltstreich derselben, ein Einbruch in die Fluren und Heimstätten friedlicher Zellager, [. . .] eine Orgie der Phantasie«. Und als Therapie empfiehlt er »systematische Übungen am Mechanismus der Phantasieor- gane«. Und heute? Die alten Muster sind vielfach umgewertet, hinter- fragt, reflektiert, kritisiert und sogar überholt worden. Dort freilich, wo ein Umdenken soziale, wirtschaftliche und politi- sche Interessen in Frage stellt, fasst es nicht so leicht Wurzeln, provoziert es sogar Verhärtungen, Vertiefungen, Verwissen- schaftlichungen und Zynifikation der alten gedanklichen Ge- wohnheiten. Viele fürchten daher heute nicht so sehr den Staatsstreich der Phantasie als vielmehr die Verkrebsung der ehemals geordneten und friedlichen Zellager unserer vom Be- reich des Emotionellen abgespaltenen Vernunft und Geistigkeit. Aber es gibt auch Hoffnung auf differenzierende Kontakte. Für Marie-Luise Könneker, 1982 121

indessen die traditionelle Ordnung in Frage zu stellen. Hysterie<br />

habe mit <strong>Frau</strong>en nichts zu tun, schreibt er 1920, sei keine<br />

Ungezogenheit junger und alternder Mädchen, sondern »eine<br />

Ausschweifung der Phantasie, ein Gewaltstreich derselben, ein<br />

Einbruch in die Fluren und Heimstätten friedlicher Zellager,<br />

[. . .] eine Orgie der Phantasie«. Und als Therapie empfiehlt er<br />

»systematische Übungen am Mechanismus der Phantasieor-<br />

gane«.<br />

Und heute? Die alten Muster sind vielfach umgewertet, hinter-<br />

fragt, reflektiert, kritisiert und sogar überholt worden. Dort<br />

freilich, wo ein Umdenken soziale, wirtschaftliche und politi-<br />

sche Interessen in Frage stellt, fasst es nicht so leicht Wurzeln,<br />

provoziert es sogar Verhärtungen, Vertiefungen, Verwissen-<br />

schaftlichungen und Zynifikation der alten gedanklichen Ge-<br />

wohnheiten. Viele fürchten daher heute nicht so sehr den<br />

Staatsstreich der Phantasie als vielmehr die Verkrebsung der<br />

ehemals geordneten und friedlichen Zellager unserer vom Be-<br />

reich des Emotionellen abgespaltenen Vernunft und Geistigkeit.<br />

Aber es gibt auch Hoffnung auf differenzierende Kontakte.<br />

Für Marie-Luise Könneker, 1982<br />

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