21.07.2013 Aufrufe

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ziehen sich individuell und leichtfertig Leiden zu, denen die <strong>Frau</strong><br />

allgemein und unvermeidlicherweise unterworfen ist. Die Ana-<br />

logie von Menstruation und männlicher Samenausschüttung ist<br />

alt und wichtig. Der weibliche periodische Blutverlust wird der<br />

episodischen Samenausschüttung des Mannes analog gesetzt -<br />

um so mehr als die Menstruation ja auch im 19. Jahrhundert die<br />

Zeit der Empfängnis, nach Karl Ernst von Baers Entdeckung des<br />

weiblichen Eis, die Zeit des Eisprungs ist. Die Menstruation hat<br />

Brunst-Charakter. Die monatliche nervöse Krise der <strong>Frau</strong>,<br />

welche nach der massgebenden Menstruationstheorie Eduard<br />

Pflügers alle möglichen nervösen Erscheinungen und Krämpfe<br />

bis hin zur hysterischen Attacke auslöst, genital aber Eisprung<br />

und Blutung, hat Orgasmuscharakter. Nur dass dieses Ereignis<br />

nicht mit Lust verbunden ist und vor allem, dass sie unvermeid-<br />

lich, automatisch, regelmässig ist, während der gesunde und<br />

normale Mann über seinen Stoff- und nervösen Kräftehaushalt<br />

selbst bestimmt. »Nichts schwächt den Organismus in so hohem<br />

Grade«, schreibt der Psychiater und Psychotherapeut Paul<br />

Dubois (1848-1918), »wie die häufige Wiederholung jener ner-<br />

vösen Krisis.« Onanie zehre, so schreibt er, das nervöse Kapital<br />

des Mannes auf. Das nervöse »Kapital«: Samen - Geld - Geist,<br />

all das also, was der Mann der <strong>Frau</strong> voraus hat. Und wiederum<br />

schaden andererseits Onanie und sexuelle Exzesse, die bei<br />

<strong>Frau</strong>en allerdings Zeichen einer Abweichung sind, diesen weni-<br />

ger als den Männern.<br />

Durch sexuelle Exzesse und übermässige Verausgabung nervöser<br />

Kräfte kann der Mann auch für Geisteskrankheiten anfällig<br />

werden; die <strong>Frau</strong> ist es von vornherein. »In Wirklichkeit«,<br />

schreibt der massgebende Psychiater Emil Kraepelin (1856-1926)<br />

1896, »dürfte es kaum zweifelhaft sein, dass das Weib mit seiner<br />

zarteren Veranlagung, mit der geringeren Ausbildung des Ver-<br />

standes und dem stärkeren Hervortreten des Gefühlslebens<br />

weniger Widerstandsfähigkeit gegen die körperlichen und psy-<br />

chischen Ursachen des Irreseins besitzt, als der Mann. Allein die<br />

Bedeutung dieser Veranlagung für die wirkliche Häufigkeit<br />

psychischer Erkrankungen wird ausgeglichen durch die verhält-<br />

112

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!