21.07.2013 Aufrufe

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Phantasie des Mannes, schreibt Schleich 1920, beinhalte<br />

vornehmlich seine Stellung in Staat und Öffentlichkeit, Helden-<br />

haftigkeit, Eis und Pole, Grenze der Atmosphäre, Trieb nach<br />

vorwärts in Kunst und Wissenschaft, Fortentwicklung, Un-<br />

sterblichkeit seines Namens, Führerschaft, Sehnsucht, Höhe<br />

»und die Gemeinschaft der Männerphantasie hat ja der Erde<br />

beinahe eine elektrische Hirnorganisation durch Apparate und<br />

Bewegungsträger aufgezwungen durch Schaffung von städti-<br />

schen Gehirnzentralen und eines telegraphischen Netzes von<br />

Signalen, welche in jedem Stücke ein Riesenabbild der Nerven-<br />

organisation unseres eigenen Gehirntastapparates ist. Im Gegen-<br />

satz hierzu geht die Phantasie der <strong>Frau</strong> von Natur auf Erhaltung<br />

ihrer hohen Begehrbarkeit, im letzten Sinne auf die Möglichkeit<br />

der Mutterschaft aus«.<br />

Das 19. Jahrhundert also als die Zeit einer »Sexualisierung des<br />

Geistes«: wie sollte es erstaunen, dass der wissenschaftliche<br />

Ausfluss dieses Geistes dahin lautet, dass die <strong>Frau</strong> ärztlich-<br />

medizinischer Zuwendung und Hilfe unbedingt bedürfe?<br />

Wie erlebt nun dieser Geist die eigentliche, nicht-geistige,<br />

sozusagen niedrige, unverfeinerte Sexualität? Wie steht der<br />

Mann, der sich mit dieser Geistigkeit identifiziert, der <strong>Frau</strong> als<br />

der Verkörperung der Sexualität gegenüber?<br />

Offensichtlich muss die Sexualität wo immer möglich dem Geiste<br />

untergeordnet, offensichtlich muss die <strong>Frau</strong> als deren Projek-<br />

tionsfeld vom Manne kontrolliert und be»herr«scht und in ihrer<br />

Rebellionstendenz behandelt werden. Passivität ist ihre erste<br />

Pflicht, wiewohl sie ihre Mangelhaftigkeit ausmacht. »La femme<br />

sent plus qu’elle ne pense, [. . .] l’homme pense plus qu’il ne<br />

sent; [. . .] De ce fait découle presque entièrement toutes les<br />

conséquences relatives au caractère de l’homme et de la femme;<br />

[. . .] empire de Tun, [. . .] soumission de l’autre«, schreibt<br />

Etienne-Jean Georget (1795-1828) schon 1821 (»De laphysiolo-<br />

gie du système nerveux«). Die <strong>Frau</strong> bezieht ihre Daseinsberech-<br />

tigung aus ihrer Rolle als Helferin des Mannes und Produktions-<br />

mittel zur Herstellung der Familie - Zelle des Staatskörpers. Als<br />

104

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!