Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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ganze Welt; das Aufbauen seiner Familie geht nebenher. Hilfs-<br />
kräfte und Schüler sind seine eigentlichen Söhne. Nie hat man so<br />
selbstverständlich von »Vätern« von Entwicklungen, Betrieben,<br />
Schulen, Erfindungen, Gesetzen etc. gesprochen wie in dieser<br />
Zeit. Im Kampf ums Dasein setzt er seine Potenz auch gegen<br />
andere - Rivalen - ein.<br />
Fliessend geht seine schöpferische Potenz in zerstörerische über:<br />
militärische Erektionen und Ejakulationen bezeichnen einen<br />
Höhepunkt seiner Männlichkeit. Denn der Krieg ist der »Vater«<br />
allen Fortschritts. »Kriegstüchtig sei der Mann und gebärtüchtig<br />
das Weib«, heisst es in dem sehr verbreiteten Lehrbuch der<br />
Gynäkologie von Max Runge.<br />
Auch die <strong>Frau</strong> begehrt den Mann anscheinend in seiner Geistig-<br />
keit. »Das Weib wird in der Wahl des Lebensgefährten viel mehr<br />
durch geistige als durch körperliche Vorzüge bestimmt«,<br />
schreibt Krafft-Ebing in seiner »Psychopathia sexualis« (1886).<br />
»Deshalb sehnt sich auch normaler Weise das junge Mädchen<br />
nach einem [. . .] unternehmenden, geistig ihr überlegenen<br />
Manne«, folgert der sehr namhafte Psychiater August Forel<br />
(1848-1931) in seinem in zahllosen Auflagen erschienenen und in<br />
viele Sprachen übersetzten Buch »Die sexuelle Frage«. Die<br />
Libido der <strong>Frau</strong>en werde durch geistige Überlegenheit mehr<br />
erregt als durch Schönheit. Und Otto Weininger fügt hinzu, es<br />
könne junge Mädchen »befremden, ja sexuell abstossen [. . .],<br />
wenn der Mann [. . .], was sie sagen, [. . .] nicht gleich besser<br />
sagt als sie«, weil die <strong>Frau</strong> »es eben als Kriterium der Männlich-<br />
keit fühlt, dass der Mann ihr auch geistig überlegen sei«. Für<br />
Weininger ist Geistigkeit ein männliches Geschlechtsmerkmal.<br />
Auch für die geschlechtliche Zuchtwahl war im Falle des Men-<br />
schenmannes die Intelligenz entscheidender als die rohe Physis.<br />
Cesare Lombroso (1836-1909) und sein Schwiegersohn Gugliel-<br />
mo Ferrero leiten in ihrem gemeinsamen Werk über »das Weib<br />
als Verbrecherin und Prostituirte« (italienisches Original 1893)<br />
die höhere Intelligenz des Mannes daraus ab, dass der Mann seine<br />
Rivalen eben wesentlich durch geistige Mittel aus dem Felde<br />
schlage.<br />
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