Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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teile, das Analog des männlichen Präputium, noch am Rumpf. Die<br />
Galensche Analogie ist z. T. für die bis in die Neuzeit andauernde<br />
Begriffsverwirrung um Cervix und Vagina verantwortlich. Galen<br />
hat der <strong>Frau</strong> in hippokratischer Tradition eigenen Samen zuer-<br />
kannt, doch spärlicheren, dünneren und kälteren als dem Manne 7 .<br />
16<br />
III. MITTELALTER<br />
Das Mittelalter, speziell mit und nach der sogenannten arabischen<br />
Rezeption 8 , hat dieses Gedankengut neben der hippokratisch-so-<br />
ranischen Überlieferung mehr praktischer Art gepflegt, wobei die<br />
körperlich-seelische Minderwertigkeit und Schwäche der <strong>Frau</strong><br />
Züge der theologischen Minderwertigkeit annahm (im 19. Jahr-<br />
hundert sollte demgegenüber die nervöse Minderwertigkeit in den<br />
Vordergrund treten, vgl. S. 44 und 72-80, speziell 77-78). Schon<br />
der Kirchenvater Tertullian (nach 1 0 bis um 22 ) hatte der <strong>Frau</strong><br />
geraten, als Angeklagte Gottes zu leben. «Du bist die Pforte des<br />
Teufels», spricht er sie an, «du hast jenen Baum angetastet (wört-<br />
lich: entsiegelt), du hast dich zuerst vom göttlichen Gesetz abge-<br />
wendet, du hast denjenigen verführt, dem der Teufel nichts an-<br />
haben konnte ... Du verdienst den Tod ...» «Du gebärst in Angst<br />
und Schmerzen, <strong>Frau</strong> ... und vergisst, dass du Eva bist?» 9 Den Süh-<br />
necharakter des Gebärens hatte schon Paulus ausformuliert 10 .<br />
Den Scholastikern (etwa Thomas von Aquin) wurde solches Den-<br />
ken sehr geläufig 11 . Sozusagen gegen ihre Absichten kam es dabei<br />
aber zu einem gewissen Verlust der männlich-kirchlichen Kon-<br />
trolle über wesentliche Bereiche des täglichen Lebens und zu ent-<br />
sprechenden Ängsten. Die Praxis der Gynäkologie und Geburts-<br />
hilfe kam wieder sehr in die Hände von Nichtgelehrten und vor al-<br />
lem von <strong>Frau</strong>en - die denn diesen Kompetenzbereich auch eifer-<br />
süchtig hüteten. Als Hebammen konnten <strong>Frau</strong>en zu angesehenen<br />
Stellungen, ja zu klerikalen Würden kommen. So wurde den<br />
Stadthebammen vielfach das Recht zuerkannt, zu taufen, damit un-<br />
ter der Geburt sterbende Kinder dieses Sakramentes nicht verlustig