Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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die Themen Sterilität, Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett,<br />
Uterus, Menses, Lochien und andere Flüsse. Soran, der wichtigste<br />
antike Autor auf diesem Gebiet, der auch auf das Mittelalter über-<br />
ragenden Einfluss ausübte, hat zusätzlich die alexandrinische<br />
Kenntnis vom Ovar, doch kümmert er sich um dieses anatomische<br />
Detail nicht weiter. Die Sterilität kommt als behandlungsbedürfti-<br />
ges Leiden wie als therapeutisches Ziel vor - namentlich Soran gibt<br />
eine ausführliche antikonzeptionelle Beratung, da er Schwanger-<br />
schaft und Geburt für zwar normale, den betroffenen <strong>Frau</strong>en aber<br />
unzuträgliche Ereignisse ansieht. Er weist darauf hin, dass die<br />
Grenzen zwischen Antikonzeption und Abort oft fliessend sind. Er<br />
diskutiert auch die ethische Seite des Problems, namentlich das hip-<br />
pokratische Abtreibungsverbot 4 ; er selbst zieht die Antikonzeption<br />
dem Abort aus gesundheitlichen Gründen vor.<br />
Die Frage, inwieweit die <strong>Frau</strong> als solche ein zwar normales, aber<br />
doch nicht vollwertiges, ein hilfsbedürftiges Wesen sei, zeichnet<br />
sich schon hier ab. Soran hält nicht nur Schwangerschaft und Ge-<br />
burt, sondern auch die Menstruation für ein zwar normales, aber<br />
der <strong>Frau</strong> nicht zuträgliches Geschehen. Der hippokratische Autor<br />
stellt die Menstruation im Gegenteil als eine Reinigung der <strong>Frau</strong><br />
von schädlichen Säften dar, als einen Aderlass der Natur, dessen<br />
Ausbleiben eine allenfalls tödliche Störung des inneren Säftegleich-<br />
gewichts zur Folge haben kann (vgl. S. 49- 0). Auch da ist die <strong>Frau</strong><br />
indessen ihrem Wesen nach therapiebedürftig.<br />
Dem empirischen Zugang zum Phänomen <strong>Krankheit</strong>, beim Hip-<br />
pokratiker auch der humoralpathologischen Orientierung entspre-<br />
chend, finden Mensesanomalien, rote und weisse Flüsse, Lochien,<br />
Gonorrhoe (Fluss von weiblichem Samen) in den genannten<br />
Schriften grosses Interesse. Der Uterus ist der zentrale Teil des<br />
weiblichen Organismus. Auch darauf ist zurückzuführen, dass die<br />
Antike und ihre Nachfolger zwischen Gynäkologie und Geburts-<br />
hilfe nicht unsere scharfe Trennung machten. Dislokationen des<br />
Uterus sind ein wichtiges pathologisches Kapitel. Diese Dislokatio-<br />
nen konnten in den heute noch bekannten Lageveränderungen be-<br />
stehen. Der antike Uterus war indessen in noch viel weiteren<br />
Grenzen beweglich. Er konnte sich in den Oberbauch bewegen,<br />
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