Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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im Bezug auf die Geschlechter, sah es zwar aus, als ob die Hysterie<br />
ihre Beziehung zu <strong>Frau</strong> und Uterus verlieren und als ein nervöses<br />
Leiden mit der Hypochondrie identisch werden wollte (vgl. S. 39).<br />
Auch die hysterische Einbildung hätte damit ihre körperliche<br />
Wirklichkeit verloren. Das 19. Jahrhundert aber hat aus Hysterie<br />
und Hypochondrie wieder zweierlei gemacht: Die Hysterie wurde<br />
wieder vermehrt als ein spezifisch weibliches Leiden betrachtet, sei<br />
es in ihrer alten Beziehung zum Uterus, in ihrer moderneren Be-<br />
ziehung zum Ovar (vgl. S. 24-2 , 72-78) oder in ihrer modernsten<br />
Beziehung zur spezifischen Zartheit und Schwäche des weiblichen<br />
Nervensystems (vgl. S. 42, 72-80). Die Einbildungen wurden dabei<br />
wieder weitgehend in ihre alten ätiologischen Funktionen einge-<br />
setzt. Dies mag einerseits damit zusammenhängen, dass die <strong>Frau</strong>,<br />
ursprünglich repräsentiert in ihrem Uterus, traditionellerweise ein<br />
Prädilektionsort von realitätswirksamen Einbildungen ist. Andrer-<br />
seits findet man historisch nicht so selten, dass sich altes Ideengut im<br />
Rahmen der Lehre von der Seele eher konserviert als im Rahmen<br />
der somatischen Medizin, und innerhalb der somatischen Medizin<br />
eher im Rahmen der <strong>Frau</strong>enheilkunde als in anderen Fächern. So<br />
wird die Hysterielehre im 19. Jahrhundert recht eigentlich zum Re-<br />
servat der alten Lehre von den krankmachenden Vorstellungen und<br />
Bildern - mit Vorliebe sexuellen Inhalts. Sie wird zum Paradigma<br />
der Lehre von der psychogenen <strong>Krankheit</strong>. Gegen Ende des Jahr-<br />
hunderts wird Jean Martin Charcot (182 -1893), der weltbekannte<br />
Neuropathologe, am Beispiel Hysterie eine Psychogenielehre ent-<br />
werfen - speziell eine Lehre von der ideogenen Entstehung hysteri-<br />
scher (traumatisch-hysterischer) Lähmungen 300 . Auch für Joseph<br />
Babinski (18 7-1932) und Pierre Janet (18 9-1947), die beide in der<br />
unmittelbaren Umgebung Charcots arbeiteten, war die Hysterie das<br />
Paradigma eines psychischen, psychogenen Leidens mit körperli-<br />
chen Symptomen 301 . In Wien arbeitete Moriz Benedikt (183 -1920)<br />
mit dem Begriff des «Seelen-Binnenlebens», eines psychischen Ge-<br />
heimbereiches, der «Werkstätte der Einbildungskraft». «Unver-<br />
gleichlich reicher als beim männlichen Geschlechte ist im Allge-<br />
meinen das Binnen-Seelenleben beim weiblichen entwickelt. Die<br />
<strong>Frau</strong> muss in ihrem Existenzkampfe so unvergleichlich mehr von<br />
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