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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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Lehrbuchs der zweiten Jahrhunderthälfte, lehnt die Imaginations-<br />

lehre ab. Sein Werk enthält übrigens als einzige Illustrationen vier<br />

Abbildungen von Missgeburten «ex Museo Autoris» - eine davon<br />

zeigt den Schädel eines mit Hasenscharte geborenen Kindes 29 . 177<br />

folgte Johann Friedrich Blumenbachs (17 2-1840) Arbeit über die<br />

menschlichen Rassen 296 , nach welcher die Imaginationstheorie in<br />

gewissen, jetzt als typisch betrachteten Fällen, nur mehr «eine<br />

schlechte Ausrede» blieb für <strong>Frau</strong>en, deren Kinder «Spuren eines<br />

mit einem Asiaten, Africaner u. d. gl. begangenen Ehebruchs» an<br />

sich tragen 297 .<br />

In Ploucquets zusammenfassendem Werk über die Erbfähigkeit<br />

samt Legitimität (1779) bleibt für die Einbildungskraft kaum mehr<br />

Raum: Rassenverschiedenheiten zwischen Vätern und Kindern er-<br />

klären sich leichter durch Ehebruch der Mutter, und im übrigen<br />

kann überhaupt «die vermeyntlich erforderliche Ähnlichkeit der<br />

Gestalt mit Vatter oder Mutter ... nichts entscheiden, da ein neuge-<br />

bohren Kind keine bestimmte Physiognomie hat, und Meynung<br />

oder Einbildung hier Ähnlichkeit und Unähnlichkeit nach belie-<br />

ben schaffen oder vertilgen kan» 298 . Man beachte den Bedeutungs-<br />

wandel des Begriffs der «Einbildung»: dass «Einbildung ... Ähn-<br />

lichkeit und Unähnlichkeit ... schaffen» könne, hätte man hundert<br />

Jahre früher durchaus auch sagen können, es hätte nur etwas an-<br />

deres bedeutet. Derselbe Bedeutungswandel spricht auch aus einem<br />

Zusatz zum Kapitel «Missgeburten» der Hallerschen Vorlesungen<br />

(1782): «Man schrieb in ältern Zeiten die Entstehung solcher We-<br />

sen auch auf Rechnung der Einbildungskraft. In den unsern nimmt<br />

man sie aber nur zu Hülfe, um die Misgeburten im Reiche der<br />

Wissenschaften daraus zu erklären» 299 .<br />

So hat die Einbildung auch hier mit der Zeit an Realitätswert<br />

verloren. Gestalt und Missgestalt von Kindern sind aus dem Bann-<br />

kreis der hysterischen Phänomene - im weitesten Sinne - hinaus-<br />

gerückt.<br />

Weitgehend erhalten hat sich die Lehre von der Imaginatio hin-<br />

gegen im engeren Umkreis des Hysterie. Im 18. Jahrhundert, einer<br />

Zeit des Liberalismus und des Gleichberechtigungsgedankens auch<br />

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