Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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konnte etwa eine Mole infolge einer «geilen Einbildung, ohne Be-<br />
gattung», entstehen 27 . Und wenn vollends unpassende Bilder in die<br />
Gebärmutter hineingeraten - kommt es zu hysterischen Einbil-<br />
dungsleiden im engeren Sinne. Der Uterus wird dann Sitz patho-<br />
gener Bilder - aber nicht «solche Miltz-süchtige verfluchte Bilder»,<br />
schreibt Helmont, «welche einem andern zu schaden gereichen, wie<br />
die Zauberinnen thun: Sondern ihnen selbst sind die Weibs-Bilder<br />
nur schädlich, und sich allein bezaubern, bethören und schwächen<br />
sie damit [das Wort ,Weibsbild‘ kriegt hier eine neue Dimension].<br />
Nemlich in sich pregen sie solche Bilder ein, von denen sie ... ge-<br />
trieben, und zu ... Dingen fortgerissen werden, die sie sonst nicht<br />
verlangen würden, also dass sie über ihrer eignen wider ihren Wil-<br />
len in ihnen entstandenen Unsinnigkeit nicht genug klagen kön-<br />
nen.» Helmont spricht dann von den Mutter-<strong>Krankheit</strong>en: die Hy-<br />
sterie entsteht für ihn «mehrentheils aus gewissen Gemüths-Bewe-<br />
gungen, und daraus entstandenen Bildern ...; also dass (nicht an-<br />
ders als wäre ein Wespen-Nest zerstöret worden) dadurch offtmals<br />
... die gantze Person ... zu Grunde gehet».<br />
So sind diese Ein-Bildungs-Leiden eigentlich pathologische<br />
Schwängerungen und Geburten. Die hysterische Schwangerschaft<br />
ist davon nur ein Spezialfall. «Nun kommen ... die Mutter-<br />
Kranckheiten nicht her aus einem verdorbenen Samen», schreibt<br />
Helmont, «sondern dieses sind vielmehr ... Früchte, ... die auf die<br />
Bilder ... erfolgen 276 .<br />
Aber auch die so häufig beobachtete Mutter-Ähnlichkeit von<br />
Kindern konnte man sich mit der Imaginatio erklären, und sogar<br />
besser als Aristoteles, ohne damit gleich einen weiblichen Samen an-<br />
nehmen zu müssen. Starke Mutterähnlichkeit eines Kindes konnte<br />
so darauf hinweisen, dass die Schwangere allzuviel Zeit hoffärtig<br />
vor dem Spiegel verbracht habe.<br />
Wenn aber Kinder statt dem Vater dem Nachbarn oder Haus-<br />
freunden glichen, musste das nicht unbedingt bedeuten, dass die<br />
Mutter sich diesen etwa in unzüchtiger Weise zugewendet hätte.<br />
An dieser Implikation der Imaginationslehre waren vor allem im-<br />
mer wieder die Gerichtsmediziner interessiert. Denn diese tendier-<br />
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