Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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semble von Blut, Schleim, gelber Galle und schwarzer Galle.<br />
<strong>Krankheit</strong> war die Folge eines Ungleichgewichts in dieser Vier-<br />
heit, einer Dyskrasie, ähnlich wie <strong>Krankheit</strong> für Helmont die Folge<br />
einer Störung im Ideen-Haushalt war. Interessant ist allerdings, dass<br />
auch im Rahmen der Humoralpathologie die Milz eine besondere<br />
Rolle spielte: sie war nämlich der Ort der Bildung oder mindestens<br />
der Anstauung der schwarzen Galle. Die schwarze Galle aber war<br />
im Rahmen der Viersäftelehre sozusagen der pathogene Saft par<br />
excellence. Sie trug, in einem gewissen Gegensatz zu den drei an-<br />
deren Säften, sozusagen von Anfang an den Keim zum Pathologi-<br />
schen in sich. Ein Übermass an schwarzer Galle machte die «Me-<br />
lancholie» aus (melas = schwarz; chole = die Galle) - die schwarze<br />
Galle konnte ursprünglich für Verstimmungen, aber auch für<br />
Magen-Darm-Leiden, Krebs und Malaria verantwortlich sein. Bei<br />
Malaria konnte man die von schwarzer Galle aufgeschwollene<br />
Milz ja sogar palpieren und die schwärzlich-gallig verfärbte Haut<br />
sehen.<br />
Die «Hypochondrie» des 18. Jahrhunderts hat in gewissem Sinne<br />
die klassische Melancholie abgelöst. Das 18. Jahrhundert glaubte<br />
nicht mehr so recht an die Viersäftelehre, und es waren Zweifel<br />
daran durchgedrungen, ob es einen schwarzgalligen Saft wirklich<br />
gebe. Man war anatomischer und lokalistischer geworden. So<br />
sprach man nun lieber von der Milz und der «hypochondrischen<br />
Gegend» als von der schwarzen Galle, lieber von «Hypochondrie»<br />
als von «Melancholie». In Form schwarzer oder schwärzlicher<br />
Dünste und Dämpfe allerdings mochte der alte schwarze Saft noch<br />
nachspuken. Solche Dämpfe im Oberbauch verursachten die<br />
berühmten Blähungen der Hypochonder des 18. Jahrhunderts und<br />
ihre Winde, um die sie sich so liebevoll und intensiv kümmerten,<br />
dass man die Hypochondrie bzw. die Milzsucht auch «windige<br />
Melancholey», «Blähsucht», «Windsucht» nannte, in England «va-<br />
pours», in Frankreich «les vapeurs» 262 .<br />
Die Hypochondrie des 18. Jahrhunderts konnte die allermannig-<br />
faltigsten Symptome haben, nicht anders als die ältere Melancholie<br />
und die Störungen des Milz-Archaeus des Helmont. Wie diese war<br />
sie ursprünglich ein keineswegs harmloses Leiden - es konnten<br />
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