Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger
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die Einbildungs-Krafft genennet wird, weil sie von den eingebilde-<br />
ten Dingen Bilder oder Gestalten formieret» 2 6 .<br />
An sich konnte jedes Organ als Sitz irgendeines untergeordneten<br />
Archaeus Ort von Imaginationes sein. So konnte das Blut, das<br />
Herz, der Magenmund, bei der <strong>Frau</strong> auch die Gebärmutter, Sitz<br />
pathogener Einbildungen werden. Ein Hauptsitz blieb aber immer,<br />
mindestens beim Mann, ihrer Beziehung zum obersten Archaeus<br />
wegen, die Milz. «Der Milz», schreibt Helmont, «hat seine stelle<br />
mitten in dem Stamm des Leibes» - zwischen Magen, Herz und<br />
Uterus, «weil er gleichsam die Wurtzel ist des gantzen Leibes.»<br />
<strong>Krankheit</strong> aber nimmt ihren Anfang oft «von einer gewissen unbän-<br />
digen Einbildungs-Krafft, so sich unter die Macht des Willens nit<br />
zwingen läst, und ihren Sitz in dem Miltz hat.» Die Milz ist da also<br />
ein Zentrum, «ein Brunn-Quell», sagt Helmont, «so wohl der jeni-<br />
gen Bilder, die formiret werden in der Einbildung des Menschen,<br />
als auch der Bilder des Lebens-Geistes» 2 7 . Auch Träume entstehen<br />
in der Milz - und die fleischlichen Begierden, namentlich die des<br />
Mannes 2 8 . Bei der <strong>Frau</strong> kommt als zweiter Brunn-Quell die Gebär-<br />
mutter hinzu - «woraus ... zu sehen ist, dass in einem Weibs-Bilde<br />
ein zweyfaches Regiment zu finden sey». «Nemlich es ist die Mut-<br />
ter ... gleichsam wie ein ander Miltz.» «Und ist demnach eine<br />
Weibs-Person wol eine elende Creatur, die einer solchen Obrigkeit<br />
unterthänig seyn muss: Denn sie ist erstlich vielen Kranckheiten<br />
unterworffen als ein Mensch; und muss hernach denselben eben<br />
auch abermal unterworffen seyn, von dem Wesen, das aus der<br />
Mutter herkommt. Nemlich sie muss biss auf den heutigen Tag eine<br />
zwiefache Straffe ausstehen, eben als wenn sie sich in Eva doppelt<br />
versündiget hätte» 2 9 .<br />
Damit stehen die vom Uterus und die von der Milz ausgehenden<br />
Einbildungs-<strong>Krankheit</strong>en bei Helmont sozusagen als Modellkrank-<br />
heiten. Wir wollen diese beiden Modelle nun ins 18. und 19. Jahr-<br />
hundert verfolgen und sehen, was daraus geworden ist.<br />
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