21.07.2013 Aufrufe

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

106<br />

AUS DER MEDIZINGESCHICHTE<br />

DER EINBILDUNGEN (1978)<br />

I. EINBILDUNG, IDEE UND KREATIVITÄT:<br />

PSYCHOGENIE DER ERSCHEINUNG<br />

IM 16./17. JAHRHUNDERT<br />

Wenn man im Brockhaus, Ausgabe 1960, unter «Einbildung» nach-<br />

schlägt, so findet man diese definiert als «Vorstellung, der keine<br />

Wirklichkeit entspricht». Als zweite Bedeutung steht da noch «der<br />

Dünkel» - auch der dünkelhaften Vorstellung von der eigenen Per-<br />

son entspricht ja keine Wirklichkeit 246 .<br />

Wenn man nun aber die «Einbildung» im neuesten Brockhaus von<br />

1968 sucht, findet man sie nicht mehr. Hingegen findet man da,<br />

zum Hauptschlagwort aufgerückt, die viel ernster genommene, mit<br />

der Phantasie und schöpferischer Potenz verwandte «Einbildungs-<br />

kraft» 247 .<br />

Nun, das könnte ein Zufall sein, ein Versehen, ein personeller<br />

Wechsel in der Brockhaus-Redaktion. Es könnte aber auch die Wi-<br />

derspiegelung einer Entwicklung sein, die seit den späteren 60er<br />

Jahren tatsächlich ein ganz neues Ernstnehmen der Einbildungs-<br />

kraft mit sich gebracht hat, ein Ernstnehmen, welches in der Auf-<br />

fassung der Einbildung als «Vorstellung, der keine Wirklichkeit<br />

entspricht» unsicher gemacht hat. Tatsächlich erscheint heute die<br />

Beziehung zwischen Einbildung und Wirklichkeit auch weiteren<br />

Kreisen nicht mehr so einfach wie noch 1960, und keineswegs mehr<br />

einfach die eines gegenseitigen Ausschlusses.<br />

Historisch gesehen kann man dieses neue Ernstnehmen der Kraft<br />

der Einbildung als eine Renaissance bezeichnen - als eine Wieder-<br />

geburt alten Gedankenguts in neuer Form. In ähnlicher Weise wie<br />

manche moderne Gelehrte nahmen die Gelehrten der frühen Neu-<br />

zeit die Einbildung, die Idee, die Phantasie ernst. Sie gestanden den<br />

Einbildungen vielfach einen erheblichen Wirklichkeitscharakter zu<br />

und sprachen dabei respektvoll auch von «Imaginatio». Auch die<br />

Medizin rechnete mit der Realität von Einbildungen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!