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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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IV. DIE ANERKENNUNG DES HYMENS<br />

Es ist immer eine Portion Willkür bei Periodisierungen und der<br />

Bezeichnung von Autoren als Vorläufer, Väter oder Nachzügler.<br />

In gewissem Sinne leitet Sebitz jene dritte Phase, in welcher die<br />

Jungfernhaut «Hymen» genannt und als Virginitätszeichen aner-<br />

kannt wird, schon 1630 ein - aber man hat sich seinerzeit nicht auf<br />

seine Lösung des Problems geeinigt. Eine solche Einigung kam vor<br />

allem im 18. Jh., und zwar wahrscheinlich unter dem Einfluss des<br />

Giovanni Battista Morgagni (1682-1771) zustande. Der junge<br />

Morgagni hat am Anfange jenes Jahrhunderts (1706) 23 bereits ver-<br />

kündet, der Hymen könne bei Jungfrauen regelmässig gefunden<br />

werden - schon Vesal habe ihn beschrieben - und wer die caruncu-<br />

las myrtiformes als Hymen ansehe, habe entweder keine Jung-<br />

frauen seziert oder nicht genau beobachtet, denn die Carunculae<br />

seien nur die Überreste des Hymens, und nur bei Entjungferten zu<br />

sehen. In dieser Sache sei dem gelehrten Riolan 236 und Munnickius<br />

(Johannes Munnicks, 16 2-1701) zuzustimmen. Tatsächlich findet<br />

man in Munnicks «Anatomia nova» (1699) die Bemerkung, die drei<br />

carunculae myrtiformes - die Zahl der Carunkeln variiert im Laufe<br />

der Geschichte 237 - seien nichts als die Überreste des infolge des Bei-<br />

schlafs zerrissenen Hymens 238 . Morgagni hat diese Ansicht später<br />

wiederholt und noch weitere Autoritäten dafür beigebracht 239 .<br />

Und diese Lösung hat sich dann, wohl auch im Zusammenhang<br />

mit Morgagnis wachsender Autorität, im Laufe des Jahrhunderts<br />

durchgesetzt.<br />

Teichmeyer kannte Morgagnis Ansicht bereits 240 ; sein prominenter<br />

Schwiegersohn Albrecht von Haller aber, der aufgrund von Teich-<br />

meyers Lehrbuch gerichtsmedizinische Vorlesungen hielt, hat sie of-<br />

fenbar zur seinen gemacht. Die myrtenförmigen Drüsen, heisst es<br />

in der Übersetzung einer Niederschrift seiner Vorlesungen, «hätte<br />

... der Autor aus der Zal der Zeichen ausstreichen sollen ... diss von<br />

Pinaeus zuerst gelehrte, und durch ihn nach der Hand in so manches<br />

Buch eingeschlichne falsche Zeichen, ist weiter nichts, als ein desto<br />

deutlicheres Merkmal einer verabschiedeten Keuschheit» 241 . Wäh-<br />

rend Haller weder an der Existenz des Hymens noch an seiner

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