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Krankheit Frau - Esther Fischer-Homberger

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greift, schreibt Graaf, alles in sich, was bisher als Hymen, caruncu-<br />

lae myrtiformes, jungfräuliche Verschliessung der Scheide beschrie-<br />

ben worden sei - man müsse sie allerdings von der Atresie scharf<br />

unterscheiden. Graafs Werk enthält auch eine Abbildung dieser<br />

Coarctatio - sie lässt sich von einem modernen Hymen nicht unter-<br />

scheiden. Als Stützen seiner Befunde zieht Graaf Autoritäten wie<br />

Berengario, Vesal, Falloppio herbei, aber auch solche, die wir als Geg-<br />

ner des Hymens kennengelernt haben, wie Vallesius, Fernel - und<br />

eben Riolan: so ist die von den Medizinern immer als Virginitätszei-<br />

chen anerkannte, nur ihrer Simulierbarkeit wegen skeptisch be-<br />

trachtete «Enge der Geburtswege» 22 zum nominell verworfenen<br />

«Hymen» umfunktioniert.<br />

Dem «Vater der Gerichtsmedizin», Paolo Zacchias (1 84-16 9),<br />

aber hat Pineaus Version am meisten eingeleuchtet. Wollten die<br />

Rechtsgelehrten wissen, schreibt er, ob eine Jungfernschaft ver-<br />

letzt sei, gäben sie, wo das Urteil der Hebammen kein sicheres sei,<br />

oder diese unter sich uneinig seien, diese Frage an die Ärzte weiter.<br />

Und wenn auch die Menge glaubt, es gebe sichere Virginitätszei-<br />

chen, namentlich den Hymen, so stimmten doch alle neueren Au-<br />

toren - Paré, Augenius, Joubert, Codronchi, Fidelis, Vallesius usw. -<br />

darin überein, dass der Hymen nicht als solches gelten könne. Denn<br />

wenn er überhaupt vorhanden ist, so muss er doch beim Beischlaf<br />

keineswegs zerreissen, namentlich wenn er hoch liegt, hart oder<br />

von der Menstruation etwas aufgeweicht ist. Es bestehe somit im<br />

Bezug auf den Hymen eine grosse Verwirrung. Wenn man unter<br />

dem Hymen aber mit Pinaeus vier durch Membranen verbundene<br />

Carunkeln versteht, welche aussehen wie Myrtenblätter, so ist die<br />

Sache klarer. Dieses Gebilde lässt auch Schlüsse über die Virginität<br />

zu. Und zwar ist auf Farbe, Grösse und Zusammenhalt der Carun-<br />

keln zu achten, denn diese sind bei Jungfrauen fetter, roter und<br />

durch vier Membranen verbunden. Diese Zeichen, wenn sie alle<br />

vorhanden sind, lassen nun allerdings doch einen gewissen Wahr-<br />

scheinlichkeitsschluss auf bestehende Virginität zu 226 .<br />

Unter dem grossen Einfluss Zacchias’ haben sich die Carunculae<br />

dann in der Gerichtsmedizin sehr lange gehalten. Gaspare a Rejes<br />

(geb. um 1600) nennt es mehr als sicher, dass es keinen Hymen<br />

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