DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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— 276 — Das bestätigt die vorangegangenen Unterscheidungen zwischen »möglicher Erfahrung« und »Möglichkeit selbst«; auch Raum und Geometrie sind nicht selbst transzendentale Erkenntnisse, sondern nur die Erkenntnis ihres Zustandekommens heißt transzendental. Gleichwohl soll auch der Begründungsversuch der Anwendbarkeit auf Gegenstände der Erfahrung transzendental heißen können. Ich halte es für entscheidend, daß Kant hier diesen Unterschied zwischen Möglichkeit als Ermöglichung und Möglichkeit als Anwendung aufrecht erhält. § 2 Verstand und Anschauung Zur Klärung der transzendentalpsychologischen Voraussetzungen zwischen rationaler Psychologie und rationaler Physiologie des transzendentalen Subjekts bietet sich der Anfang des § 17 der transzendentalen Deduktion an: Dort wird die Möglichkeit aller Anschauung einmal als auf die Sinnlichkeit und einmal als auf den Verstand bezogen erklärt. »Der oberste Grundsatz der Möglichkeit aller Anschauung in Beziehung auf die Sinnlichkeit war laut der transzendentalen Ästhetik: daß alles Mannigfaltige derselben unter den formalen Bedingungen des Raumes und der Zeit stehe. Der oberste Grundsatz eben derselben in Beziehung auf den Verstand ist: daß alles Mannigfaltige der Anschauung unter Bedingungen der ursprünglich-synthetischen Einheit der Apperzeptionstehe°. Unter dem ersteren stehen alle mannigfaltige Vorstellungen der Anschauung, so fern sie uns gegeben werden, unter dem zweiten so fern sie in einem Bewußtsein müssen verbunden werden können [...].« °»Der Raum und die Zeit und alle Teile derselben sind Anschauungen, mithin einzelne Vorstellungen mit dem Mannigfaltigen, das sie in sich enthalten (siehe die transzendentale Ästhetik), mithin nicht bloße Begriffe, durch die eben dasselbe Bewußtsein, als in vielen Vorstellungen, sondern viel Vorstellungen als in einer, und deren Bewußtsein, enthalten, mithin als zusammengesetzt, folglich die Einheit des Bewußtseins, als synthetisch,
— 277 — aber doch ursprünglich angetroffen wird. Diese Einzelheit derselben ist wichtig in der Anwendung (siehe § 25)« 12 Die Untersuchung der transzendentalen Ästhetik wie zum § 13 der Prolegomena haben gezeigt, daß die reinen »synthetischen Urteile a priori«, anders als in der Geometrie, hier nunmehr bloß die Regeln der Verbindung des gegebenen Mannigfaltigen in der Anschauung sein können, auch dann, wenn sie die Merkmale, die nur die Konstruktion der Figur ausmachen, enthalten und diese dann für sich gar nicht mehr beinhaltet als die vom Konstruktionsbegriff in die reine Anschauung hineingelegte Mannigfaltigkeit. Sie stehen demnach schon zwischen den Bedingungen der Einheit der Apperzeption als die eine Bedingung der Synthesis und der anderen Bedingung der Möglichkeit der Anschauung, der formalen Bedingung von Raum und Zeit. So ist im vorher gegebenen Zitat aus den Obersten Grundsätzen aller synthetischer Urteile offensichtlich die reine Anschauung den reinen synthetischen Urteilen gegenübergestanden, deren Verhältnisse nur insofern objektive Gültigkeit erhalten können, als daß sie Formen möglicher Erfahrung sind; noch mehr, schließlich sogar zur Konstitution der empirischen Anschauung vorauszusetzen sind. In § 17 steht aber transzendental-analytisch der »Möglichkeit selbst« nicht die reine, sondern die der reinen Anschauung vorausgesetzte formale Anschauung der Verbindung der Mannigfaltigkeit durch dem Verstand gegenüber. In der Anmerkung zum zweiten gegebenen Zitat aus dem § 17 gibt Kant anhand der Darstellung der Teile der Anschauungsform als Vorstellungen, die Mannigfaltiges, also »viel Vorstellungen als in einer« enthalten, einen Kommentar zu einer notorischen Schwierigkeit in der Bestimmung der Stellung von Anschauung und Vorstellung im Gang der Deduktion. Zunächst nochmals die Anmerkung: »Der Raum und die Zeit und alle Teile derselben sind Anschauungen, mithin einzelne Vorstellungen mit dem Mannigfaltigen, das sie in sich enthalten (siehe die transzendentale Ästhetik), mithin nicht bloße Begriffe, durch die eben dasselbe Bewußtsein, als in vielen Vorstellungen, sondern viel Vorstellungen als in einer, und deren Bewußtsein, enthalten, mithin als zusammengesetzt, folglich die Einheit des Bewußtseins, als synthetisch, aber doch ursprünglich angetroffen wird. Diese Einzelheit derselben ist wichtig in der Anwendung (siehe § 25)« 13 12 B 136 f. 13 B 136 f.
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Das bestätigt die vorangegangenen Unterscheidungen zwischen<br />
»möglicher Erfahrung« und »Möglichkeit selbst«; auch Raum und<br />
Geometrie sind nicht selbst transzendentale Erkenntnisse, sondern nur die<br />
Erkenntnis ihres Zustandekommens heißt transzendental. Gleichwohl soll<br />
auch der Begründungsversuch der Anwendbarkeit auf Gegenstände der<br />
Erfahrung transzendental heißen können. Ich halte es für entscheidend,<br />
daß Kant hier diesen Unterschied zwischen Möglichkeit als Ermöglichung<br />
und Möglichkeit als Anwendung aufrecht erhält.<br />
§ 2 Verstand und Anschauung<br />
Zur Klärung der transzendentalpsychologischen Voraussetzungen<br />
zwischen rationaler Psychologie und rationaler Physiologie des<br />
transzendentalen Subjekts bietet sich der Anfang des § 17 der<br />
transzendentalen Deduktion an: Dort wird die Möglichkeit aller<br />
Anschauung einmal als auf die Sinnlichkeit und einmal als auf den<br />
Verstand bezogen erklärt.<br />
»Der oberste Grundsatz der Möglichkeit aller Anschauung in Beziehung<br />
auf die Sinnlichkeit war laut der transzendentalen Ästhetik: daß alles<br />
Mannigfaltige derselben unter den formalen Bedingungen des Raumes<br />
und der Zeit stehe. Der oberste Grundsatz eben derselben in Beziehung auf<br />
den Verstand ist: daß alles Mannigfaltige der Anschauung unter<br />
Bedingungen der ursprünglich-synthetischen Einheit der<br />
Apperzeptionstehe°. Unter dem ersteren stehen alle mannigfaltige<br />
Vorstellungen der Anschauung, so fern sie uns gegeben werden, unter<br />
dem zweiten so fern sie in einem Bewußtsein müssen verbunden werden<br />
können [...].«<br />
°»Der Raum und die Zeit und alle Teile derselben sind Anschauungen,<br />
mithin einzelne Vorstellungen mit dem Mannigfaltigen, das sie in sich<br />
enthalten (siehe die transzendentale Ästhetik), mithin nicht bloße Begriffe,<br />
durch die eben dasselbe Bewußtsein, als in vielen Vorstellungen, sondern<br />
viel Vorstellungen als in einer, und deren Bewußtsein, enthalten, mithin<br />
als zusammengesetzt, folglich die Einheit des Bewußtseins, als synthetisch,